Nr. 8
Di« Gleichheit
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glieder der britischen   Bergarbeitervrganisationen die Arbeit ein­stellen. Die g roste Bewegung im britischen   Kohlenbergbau wird auch auf Deutschland   ihre Wirkung ausüben. G Ein Tänzeriunenstreik. Die Tänzerinnen des Balletts des Theaters in Montpellier   sind in den Ausstand getreten. Sie fordern halbmonatliche Gagenznhlung, wie sie die Mitglieder des Chors schon haben. Bisher wurde die Gage monatlich und überdies erst fünf Tage nach dem Verfalltag gezahlt. o. x.
Genossenschaftliche Rundschau. Uber Stand und Entwicklung der deutschen Konsumvereine im eben' verflossenen Jahre 19ll ent­nehmen wir der Konsumgenossenschaftlichen Korrespondenz fol­gende Angaben. Die mahgebende Organisation, der Zentralver­band deutscher Konsumvereine, hat eine Zunahme von 19 Ver­einen zu verzeichnen, er zählt jetzt 1179. Es sind in vielen Fällen die bestehenden kleinen Konsumvereine zu Bezirkskonsumvereinen verschmolzen, und es ist auch planmäßig daran gearbeitet worden, daß die Gründung von Konsumvereinen nur erfolgte, wenn e» unmöglich war, daß ein in der Nähe gelegener Verein eine Waren­verteilungsstelle einrichtete. Die Statistik wird gegenwärtig erst aufgenommen; man kann aber damit rechnen, daß die dem Zentralverband deutscher Konsumvereine angeschlossenen Organi­sationen 1911 ihre Mitgliederzahl auf 1>/- Millionen gesteigert haben. Es ist also eine Ausdehnung und eine innere Stärkung Hand in Hand gegangen. Der Unterstützungskasse des Zentral- verbandcs find jetzt 219 Genossenschaften angeschlossen, die rund 9999 Personen als Mitglieder angemeldet haben. Die Beiträge be­liefen sich auf S7ö 999 Mk. Das ist gegen das Borjahr eine Steige­rung von 12S 999 Mk. Das Vermögen der Kasse hat die zweite Million überschritten. Nach Ablauf der fünfjährigen Karenzzeit hat die Kasse mit der Auszahlung von Renten begonnen. Es wur­den 3L64 Mk. für Invaliden- und Altersrenten und 1131 Mk. Witwen- und Waisenrenten gezahlt. Die Summe scheint unerheb­lich, doch darf man nicht vergessen, dah die Kasse erst sechs Ge­schäftsjahre zählt, und daß ihr natürlich nicht von Anfang an so viele Mitglieder wie jetzt angehörten. Die Großeinkaufsgefellschaft schätzt ihren Gesamtumsatz im Jahre 1911 aus 195 bis 197 Mil­lionen Mark. Die Vermehrung des Umsatzes hat allerlei Reue- rungen zur Folge. So werden in Gröba   und Nürnberg  neue Lagerhäuser errichtet. In Gröba   werden ferner neue Fabrik­gebäude und ein neues Verwaltungsgebäude gebaut. Wie stark sich die Tätigkeit der Grostcinkaufsgesellschaft ausdehnt, sieht man am besten daran, daß die von ihr vor einem Jahre in Benutzung ge- nommenen neuen Räume in Hamburg  , die eine sehr erhebliche Erweiterung des alten Geschäftshauses brachten, bereits wieder voll befetzt find. Auch der Verlagsanstalt des Zentralverbandes, die gegenwärtig im Geschäftshaus der Großeinkaufsgesellschaft zur Miete wohnt, werden die Räume zu enge, so daß sie sich wohl in absehbarer Zeit ein eigenes Geschäftshaus wird bauen müssen. Sie ist im Laufe weniger Jahre zu einem respektablen Grost­bctrieb mit mehr als 2 Millionen Mark Umsatz geworden. An der Ausdehnung der Verlagsanstalt hat auch die konsumgenossenschaft­liche Presse teilgenommen. Die Konsumgcnossenschaftliche Rund­schau zählt jetzt etwa 19 999 Bezieher, während das Volksblatt in einer Auflage von 999 999 Exemplaren gedruckt wird. Seit dem 1. August v. I. erscheint für den Verband rheinisch-westfälischer Konsumvereine eine Sonderausgabe des Volksblattes, seit dem 1. Januar eine solche des Verbandes nordwestdeutscher Konsum­vereine. Können so die deutschen Konsumvereine recht zufrieden auf das Jahr 1911 zurückblicken, so müssen sie sich jedoch darüber klar sein, daß die Zahl ihrer Feinde gewachsen ist. Die Vorgänge im preußischen Abgeordnetenhaus bei der Erörterung des Antrags Hammer sowie verschiedene andere Tteucrpläne zeigen das zur Genüge. Bisher aber haben alle Versuche, die Konsumvereine zu bekämpfen, nur die eine Folge gehabt, sie enger zusammenzu­schließen. Hoffen wir, daß das auch im neuen Jahre der Fall sein wird. Die moderne Arbeiterbewegung wird jedenfalls das Ihrige dazu beitragen, die Konsumvereine mehr und mehr zu machtvollen wirtschaftlichen Organisationen der unbemittelten Massen des Volkes zu entwickeln. Um so mehr, als die Konsum- bereine von allen Seiten bekämpft werden, und die bürgerlichen Parteien bis auf unbedeutende Reste sich im Wahlkampf feindlich gegen die Arbeitergenossenschaften stellen. Wenn die Konsum­vereinsmitglieder die vom Zentrakverband ausgegebene Parole befolgen wollen: nur konsumvereinsfreundkiche Kandidaten zu wählen, bleibt ihnen nichts übrig, als bei allen Wahlen nur Sozialdemokraten die Stimme zu geben. Das trifft auf
die Landtags- und Gemeindewahlen ebenso zu wie auf die Neichs- tagswahll Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen." Und wenn in diversen Bundesstaaten und-stätchen des Deutschen Reiches U m- satz steuern gegen die Konsumvereine gemacht wer­den, muß auch das kleine F ü rftentum Reutz ä. L. dabei sein. So dachte offenbar die Mehrheit des aus ganzen 12 Mitgliedern bestehenden Landtags des Miniaturftaats. Mit 7 gegen 5 Stim­men wurde eine Umsatzsteuer nach folgenden Grundsätzen be­schlossen. Die Besteuerung trifft die natürlichen oder juristischen Personen, die das stehende Gewerbe des Klein-(Detail-)Handels mit Waren aus mehr als einer der folgenden vier Warengruppen (folgen die im H 9 des preußischen Warcnhaussteuergesetzes auf­geführten Gruppen) betreiben und einen Jahresumsatz von 199 999 Mk. oder mehr im Detailhandel erzielen. Ferner ohne Rücksicht auf die Höhe des Umsatzes diejenigen, die in einer Ge­meinde des Fürstentums im kleinen Waren auch nur einer der genannten Warengruppen von mehr als einer Verkaufsstelle auS oder in einer Niederlassung eines auswärtigen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Unternehmens feilbieten. Auch wenn der tat­sächliche Reingewinn der erfaßten Organisationen geringer ist, sind mindestens 7 Prozent des erreichten Jahresumsatzes als Ein­kommen auS dem Detailhandel zu versteuern. Das Fürstentum Reuß ä. L. wird sich also künftig nicht mehr begnügen, die Er­sparnisse der organisierten Konsumenten zu Unrecht zu versteuern, es wird für diese Versteuerung auch ein Maßstab angewendet werden, der ein weiteres Unrecht bedeutet. Hoffentlich antworten die Konsumenten damit, daß sie sich in größerer Zahl den Konsum­vereinen anschließen und durch Kräftigung derselben die schika­nöse Belastung illusorisch machen. ll.
Notlzenteil. Dienstbotenfraa«. Reifezeugnifse fürGesinde" der besseren Gesellschaft. Dem letzten Reichstag lag ein Aktenstück vor, das von einem Apotheker G. aus dem be rühmten schlesischen Weinort Grimberg stammte. Dieser Herr mediziniert an dem Dienstbotenproblem herum und ver­ordnet für die bessere Versorgung der guten Gesellschaft mit standes­gemäßen Dienstboten folgendes Rezept: 1. Es soll neben deni Ge­sind edienstbuch auch ein Führungsbuch für weibliches Haus­personal obligatorisch gemacht werden. 2. Der Erwerb dieses Buches soll davon abhängig gemacht werden, daß die Bewerberinnen einen selbstgeschriebenen Antrag nebst kurzer Lebensbeschrei­bung einreichen und 19 Mk. erlegen. Der Apotheker erhofft von der erbetenen Ausschmückung der nnttelalterlichen Gesetze, die unter demStandesbegriff" Gefindeverschiedenartige Elemente" zu­sammenfassen, eine Abhilfe dagegen, daß seit Jahren die Dienst­botenzahl zurückgeht. Die romanhaft klingende Begründung spiegelt getreulich die Ansichten großer bürgerlicher Kreise wider. So heißt es darin: Viele junge Bürgertöchter, besonders solche in Neinen Städten, möchten heutzutage gerne eine Stellung haben und be­neiden die Hausmädchen feiner Häuser um ihre hübsche Kleidung und sauberen Hände. Sie können sich im elterlichen Hause nicht so tragen und müssen dort gröbere Arbeit verrichten. Diese Bürger­töchter würden aber Anstoß nehmen an dem kleinen, abscheulich klingenden WortGesinde", und so gehen sie als häusliche Hilfs­kräfte den Frauen verloren, die solche suchen. Mädchen dieser Art wären jedoch angenehmere und zuverlässigere Hansgenossinnen als die gewöhnlichen Dieirstboten, viel Arger könnte durch ihre Arbeit im Haushalt abgewendet, viel Schädliches erspart werden. Denn der größere Fonds guter häuslicher Erziehung, den sie mitbringen, würde die Anpassung an fremde Verhältnisse erleichtern und die Mäd­chen dankbar für alle? Gute machen. Sorrst werde jetzt alles Gute mehr al» selbstverständlich, das scheinbar Unangenehme als unerträg­licher Druck empfunden. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß die Kinder der Herrschaft nicht mehr durch die unfeine Unterhaltung und bösen Angewohnheiten der Dienstboten schlecht beein­flußt würden, weim diese durch Bürgertöchter erfetzt werden könnten. Nachdem der Apotheker so mit Nachdruck gezeigt hat, wie daS Niveau der Bourgeoisfamitie durch gebildetere Dienstmädchen gehoben werden kann, sucht er die Bürgertöchter zu beruhigen, die etwa eine harte Gefindearbeit scheuen sollten. Er verweist auf das, was die mo­derne Ächnik zur Erleichterimg der häuslichen Arbeiten in den Grotzstadtwohnungen geschaffen hat beziehungsweise schaffen kann: Wasserleitung, Zentralheizung, Gas, elektrisches Licht usw. In der Folge sei die Gesindearbeit so erleichtert, daß sie kaum noch einem jungen Mädchen lästig fallen könnte. Bei gnter Ernährung sei die