Nr. 25

Die Gleichheit

lich mit denen der sozialdemokratischen Frauenbewegung zusammen, sondern sind auch ursächlich mit ihnen verknüpft. Tatsächlich übt der Ausbau der politischen Frauenorganisation die günstigste Wirkung auf die Entwicklung der Gewerkschaften aus. Durch die politische Aufklärungsarbeit werden Kräfte ausgelöst, die dann weit über den politischen Rahmen hinaus unter den Arbeiterinnen der Werkstätten und Fabrifen fortwirken. Denn selbstverständlich geht auch in Oster­ reich   das Bestreben der sozialistischen   Frauenbewegung dahin, die Arbeiterinnen nicht nur politisch zu schulen, sondern sie auch zu ge­werkschaftlichen Stämpferinnen zu erziehen. a. p.

Notizenteil.

Dienstbotenfrage.

Allgemeine Hausordnung für das Dienstpersonal

bei 1. in Hamburg  .

1. Des Morgens ist präzise nach der Weckuhr( um 6 Uhr) auf­zustehen und um 6% Uhr mit der Arbeit im Hause zu beginnen.

2. Der Herrschaft gegenüber ist stets ein freundliches und höf­liches Wesen an den Tag zu legen.

6. Es ist stets auf das Telephon zu achten und jede aufgenom­mene Mitteilung in Abwesenheit der Herrschaft sofort auf den Telephonpapierblod niederzuschreiben respektive sofort nach Rüd­tehr der Herrschaft die Niederschrift zu übergeben.

11. Jn Abwesenheit der Herrschaft ist die Arbeit auch ohne über­wachung stets fortzusehen und zu vollenden. Herumstehen, aus dem Fenster schauen während der Arbeitszeit, Bücher, Zeitungen lesen oder Briefe schreiben ist auf das strengste untersagt.

12. Bergeßlichkeit, ob absichtlich oder unabsichtlich, muß unter­bleiben oder eingeschränkt werden durch Notizen auf Zettel usw. 13. Naschen und Lügen muß unter allen Umständen unterbleiben. Es wird in jeder Weise offenes Wesen und Wahrheitsliebe verlangt. 14. Der Hund ist immer gut zu behandeln und ist streng dar­auf zu achten, daß ihm stets frisches Wasser und Futter zugänglich ist. Das Tier darf niemals mit fettem Fleisch und vor allem nicht mit Knochen gefüttert werden.

15. Mit Speisen ist niemals verschwenderisch umzugehen, alles, was genießbar ist, muß aufgegessen werden.

15a. An Ausgehetagen muß beim Fortgehen Abmeldung erfolgen und darf bei Rückkehr niemals vergessen werden, die Gartenpforte und die Haustür zu verschließen.

17. Die Benutzung der Toilette ist auf das= tigste zu beschränken.

18. Vor dem Betreten eines Zimmers ist stets anzuklopfen. 19. Lieferanten usw. sind stets in der Vorhalle abzufertigen. Bei Meldungen oder Einforderungen von Instruktionen sind die Lieferanten usw. während dieser Zeit in der Vorhalle zu belassen und die Haustür ist geschlossen zu halten, damit in der Zwischen­zeit Entwendungen, Diebstähle, Einschleichungen usw. vermieden werden.

21. Die eingeteilte Tagesarbeit ist stets ganz zu vollenden und soll nicht zu jeder Arbeit eine Extraaufforderung erfordert werden. 22. Mit den anvertrauten Hausgegenständen, Geld für Be­sorgungen usw. ist derartig sorgfältig umzugehen, als wenn es sich um eigene Interessen handelt.

23. Es ist immer darauf zu achten, daß die Gartenpforte ge­schlossen ist. Papierstücke usw. im Vorgarten speziell sind zu ent­fernen, Kindern das Abreißen von Blumen und Sträuchern zu verbieten, eventuell sofort energisch einzuschreiten.

24. Die Ausgangszeit in der Woche währt bis 11 Uhr und an Sonntagen bis 12 Uhr. Für etwaige spätere Termine müßte vor­her Erlaubnis eingeholt werden. Hausschlüssel wird im allgemeinen nicht, sondern nur in besonderen Fällen und bei ausdrücklich vorher eingeholter Erlaubnis gewährt.

25. Horchen auf den Treppen und an den Türen sowie neu­gieriges Durchwühlen von Schränken und Kommoden usw. ist auf das strengste untersagt.

26. Besuche seitens Verwandter usw. im Hause sind auf das nötige zu beschränken.

27. Des Morgens ist jedes Mitglied der Haushaltung unter Nennung des Namens zu grüßen und des Abends hat Abmeldung respektive Gute Nacht!-Wunsch ebenfalls unter Nennung des Na­mens zu erfolgen.

28. Besucher und Gäste sind mit der größten Höflichkeit und Achtung zu behandeln.

Besucher und Gäste sind mit der größten Höflichkeit und Ach­tung zu behandeln." Und hierin geht die Herrschaft ihrem Dienst­

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personal mit gutem Beispiel voran: Sie haben geklöhnt, halten Sie ihr Maul!" wurde zu einem Mädchen gesagt, das mit einem Nebenmädchen gesprochen hatte. Den Paragraph 17 aber, der die Benuzung der Toilette auf das nötigste beschränkt", ergänzt die Herrschaft in der Praxis folgendermaßen: Wenn die Mädchen vor es befindet sich nur eine acht Uhr morgens die Toilette benüßen in dieser Villa-, so wird ihnen gesagt, was ihnen einfiele, sie wüßten doch, daß der Herr um 8 Uhr herunterkäme, und der hätte nicht Lust, in den Gestank zu sitzen, der von den Mädchen ver­ursacht würde. Die Mädchen also, die präzise nach der Weckuhr um 6 Uhr aufzustehen haben", müssen etwaige Bedürfnisse zwei Stunden lang unterdrücken, bis der Herr" ausgeschlafen und seine Bedürfnisse befriedigt hat. Erst dann dürfen sie die Klause auffuchen, die nach Benüßung durch solch einen gebildeten Herrn wohl nur nach Rosen duftet. Doch weitere Worte könnten die auf­reizende Sprache dieser Hausordnung nur abschwächen. Wir wiederholen zum Schlusse noch einmal die Paragraphen 14 und 15, die da lauten: Der Hund ist immer gut zu behandeln und ist streng darauf zu achten, daß ihm stets frisches Wasser und Futter zugänglich ist. Das Tier darf niemals mit fettem Fleisch und vor allem nicht mit Knochen gefüttert werden." Mit Speisen ist niemals verschwenderisch umzugehen, alles, was genießbar ist, muß aufgegessen werden", nämlich von den Dienst boten.

Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.

Die Ausbeutung der Arbeiterinnen in den Zeiter Fliegen­fängerfabriken kam in einer für die Arbeiterschaft dieser Betriebe veranstalteten Versammlung zur Sprache, in der Genossin Bach­Weißenfels referierte. Der Anreiz für die Kapitalisten, Frauen in wachsender Zahl in der Industrie zu beschäftigen, liegt in deren leichter Ausbeutungsmöglichkeit. Das erweisen nicht zu­letzt die menschenunwürdigen Arbeitsverhältnisse in den Fliegen­fängerfabriken zu Zeit. Frauen arbeiten hier für Stunden­löhne von 12 bis 15 f., ja sogar von 10 Pf. Dieser schamlosen Entlohnung entspricht natürlich die Behandlung. In der Fliegenfängerfabrik Union" hatten es die Arbeiterinnen einiger Abteilungen gewagt, sich während der Arbeit zu setzen. Die Betriebsleiterin duldete dies, bis eines Tages die Frau eines der Mitinhaber der Fabrit erschien und über die Unverschämtheit und Faulheit der Arbeiterinnen loszeterte. Gegen 800 Frauen und Mädchen sind zur Zeit in Zeit in der Fliegenfängerindustrie tätig, in der die Heimarbeit eine Rolle spielt. Auch Männer sind in den Betrieben dieser Industrie beschäftigt, aber natürlich müssen die Frauen ihnen zu Lohndrückerinnen werden, wenn sie sich mit den angeführten Hungerlöhnen zufrieden geben. Ein kleiner Teil der Arbeiterinnen mag ja einen etwas besseren Lohn erhalten, deswegen dürfen diese sich aber nicht dem Kampfe entziehen, der für die große Masse ihrer Arbeitsschwestern geführt werden muß. Denn dieser Kampf sichert auch ihren Lohn, und er wird am wirk­samsten geführt durch den Zusammenschluß aller Ausgebeuteten in der Organisation. Darum ergeht an die Arbeiterinnen wie an die Arbeiter in der Fliegenfängerindustrie von Zeit der Ruf: Organisiert euch, tretet ein in den Fabritarbeiterver= band! Nur vereinigt könnt ihr bessere Arbeitsbedingungen erringen.

Fürsorge für Mutter und Kind.

Vom Kinderelend in Stuttgart  . Unbeschreibliches Kinderelend enthüllen die trockenen Zahlen des vor kurzem veröffentlichten Medizinisch- Statistischen Jahresberichtes der Stadt Stuttgart   für das Jahr 1910". Der im Neben­amt als Schularzt wirkende erste Stadtarzt, Dr. Gast par, teilt mit, daß er von 18 591 Volksschulkindern 14 325 untersucht habe. Nur bei 18,6 Prozent der 9890 Stadtkinder und 20,8 Prozent der 4435 Vorortskinder konnte die Ernährung als" gut" bezeichnet werden. Als ,, mittel" wurde die Ernährung bei 36,6 Prozent der Stadtkinder und 34,5 Prozent der Vorortskinder befunden, als mittel mit anämischen Zustand"( Anämie gleich Blutarmut  ) bei 21,5 bezw. 24,6 Prozent. Gering" war der Ernährungszustand bei 11,8 Prozent der Stadtkinder und 10,7 Prozent der Vorortskinder, gering mit Anämie" 11,5 Prozent der Stadtkinder, 9,4 Prozent der Vor­ortskinder.

Noch nicht der fünfte Teil der untersuchten Kinder war demnach ausreichend genährt, ein Drittel der Kinder leidet an Blutarmut  . Daß die chronische Unterernährung ein Heer von Krankheiten im Gefolge hat, ist bekannt. Es litten denn auch an