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Die Gleichheit
Erster Satz aus dem Herzen gesprochen:„ Die bürgerliche Verfassung muß republikanisch sein." Sie gründe sich auf das Prinzip der Freiheit und Gleichheit aller Staatsbürger. Die republikanische Verfassung ist dem reinen Quell des Rechts begriffes entsprungen und die einzige, welche die Aussicht hat den ewigen Frieden herbeizuführen. Jm republikanischen Staat ist der Untertan Staats genosse und hat bei der Entscheidung ,, ob Krieg sein soll oder nicht", das größte Interesse daran, das Unglück zu verhüten. Schon deshalb, weil er verpflichtet werden müßte, die Kosten des Krieges selbst zu tragen, die Verwüstungen zu verbessern, eine ungeheure Schuldenlast zu übernehmen, Dinge, die so schwer seien, daß er gern die Finger vom Kriege ließe. Anders bei den Fürsten , die
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dokument des vereinigten Militarismus und Rapitalismus unters zeichnet, diese Satire auf seine eigene Lehre; ein Beweis vici leicht seiner Schwäche.
Wir trauern. Aber: Die Sonne Homers , fiehe, fie lächelt auch uns. Sie wird die Blütenträume dennoch einige Früchte werden lassen. Freilich erst dann, wenn wir eins sind in der Anschauung: Fluch allen Kriegen! Segen und Ehre der Weltvernunft!
Rückblick auf die Wahlbeteiligung der
nicht Staatsgenossen, sondern Staats eigentümer find, durch Frau zur verfassunggebenden National
den Krieg nichts einbüßen, an ihren Tafeln, Jaaden, Hoffesten in Ewigkeit schwelgen und dem diplomatischen Korps die Rechtfertigung gleichgültig überlassen können.
Es ist ein beißendes Urteil, das hier ausgesprochen wird, und es wäre zu wünschen, daß die monarchischen Brüder, die die alten Bustände herbeiwünschen, sich diese Stelle recht genau ansehen und im Original ganz lejen möchten!
Der zweite Definitivartikel enthält die große Sehnsucht vom Wölferbund.
Was hat man über dieses inhaltsschwere Wort gespottet, so lange der Sieges- und Eroberungstaumel das deutsche Volk beherrschte! Wie einen Fastnachtsscherz hat man den hohen Gedanken behandelt, wie eine Narretei wurden die Prediger der neuen doch so alten Bibellehre von der Verbrüderung der Menschheit überschüttet.
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Wie betrunken waren die Menschen. Sie lachten, lachten, wenn man ihnen sagte, daß der alte Mose schon verlangt: Du sollt nicht stehlen! Und daß„ Annegion" Diebstahl sei an Leib und Seele eines Volfes. Nichts wollten sie davon wissen.
Sant gründet seine Volterbundsidee auf das, was der Menschheit fast zu allen Zeiten mangelte: Auf die Vernunft. Das Völkerrecht, das eigentlich ein Wölferunrecht wäre, fei abzuschaffen und ein neues Recht für die menschliche Gesellschaft zu gründen. Dem Kriegsrecht soll der Garaus gemacht werden. Die Völfer müssen den Krieg als Rechtsweg schlechterdings verdammen lernen. Der Friedenszustand muß durch Ver= trag der Völker untereinander zur unmittelbaren Pflicht gemacht, der Vertrag zum Friedensbund er= hoben werden, der alle Kriege ein für allemal ab= jchafft.
Ehe dieses neue Völferrecht nicht geschaffen ist, werde es nic mals Friede geben; die Völfer werden den ewigen Frieden in dem weiten Grabe finden, das alle Greuel der Gewalttätigkeiten jamt ihren Urhebern deckt."
Die Krönung des Völkerbundes wäre der Völlerstaat, die Welt republik , die alle Wölfer der Erde umfassen müßte. Dann wäre der ewige Friede auf Erden eingetreten. Mit diesem Völkerstaat, der den ganzen Weltkreis umschließt, wäre auch der Welt= bürger geschaffen, dem alle Länder der Erde offen stehen und wonach jedem Menschen das gleiche Recht auf den Besitz der Erde zustände, ein wahres Völkerfriedensrecht.
Kant, der Meister der Vernunft, will das ganze Leben der Menschheit unter die Gesetze der Philosophie stellen und eine Berflärung schaffen durch die Idee der Güte und des Nechte s. Jedes Ma cht gefüjte jei ausgeschaltet. Darum fordert er in einem ,, Geheimartikel", den er aber mit lauter Stimme verkünden will, daß die Magimen der Philosophie über die Be dingungen der Möglichkeit des öffentlichen Friedens von den zum Kriege gerüsteten Staaten zu Rate gezogen werden."
Mit der Politif, die den Satz liebt: Seid flug wie die Schlangen", wünscht er die Moral verkündet und als einschränkende Pedingung: ohne Falsch wie die Tauben". Der Staatsfunst gibt er die zwei furzen Sätze zu bedenken:„ EhrlichTeit ist die beste Politik und Ehrlichkeit ist besser als alle Politik." Wenn die Staatskunst nach diesen Grundsäken verfährt, wenn sie das als Pflicht erfüllt, was ihr die Vernunft vorschreibt, tönne der Völkerfriede, der lehte Schlußstein aller Religionen der Erde, Einzug halten unter den schwerbedrängten Menschenkindern.
So schließt der Weise mit dem Ausblick, daß die Idee des elvigen Friedens feine leere Jdee sei, sondern eine Aufgabe, die nach und nach aufgelöst ihrem Ziele beständig näher fommt." Soffen wir mit Kant, daß die Menschheit ihrem Ziel enigegen reise. Der Friede zum Weltkrieg ist geschlossen. Wilson, der Philosoph und Schüler( nicht Jünger!) Kants, hat das Blut
versammlung
Von M. Friedel Schneider.
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Nur wenige Wochen trennen uns von der neuen Wahlperiode und wir Frauen sind mit dafür verantwortlich wie unsen, von schweren Lasten und Sorgen beladenes Etaatsschiff gesteuert wird. Clara Bohm- Schuch schreibt in Nr. 15 der Gleichheit" sehe treffend: Putsch oder Demokratie, Republik oder Monarchie, Völferhaß mit neuem Krieg oder endliche Völkerversöhnung und Friede werden die Losung im tommenden Wahlkampf fein. Wir Frauen werden mitentscheiden, wohin der Weg gehen soll; wir werden also von neuem mit an der Verantwortung für das Geschid unseres Volfes tragen müssen." Da ist es denn zived mäßig, Rückschau zu halten, um zahlenmäßig zu erkennen, wie die Frau sich an den ersten Wahlen, die im Frühjahr 1919 ftattfanden, beteiligt hat. Nach den Ermittlungen des Statistischen Reichsamts waren 46 Proz. Männer und 54 Proz. Frauen wah!- berechtigt. Da die Demobilmachung noch nicht ganz durchgeführt war und die in Feindesland befindlichen- Kriegsgefangenen auch noch nicht in die Wählerlisten aufgenommen waren, war der Frauenüberschuß etwas größer als er in Wirklichkeit ift.
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Insgesamt waren 15 061 114 Männer und 17 710 872 Frauen wahlberechtigt.
In der Altersgliederung zeigen sich bei der Wahlbeteiligung bemerkenswerte Unterschiede zwischen Mann und Frau, obwohl die Wahlbeteiligung bei beiden fast die gleiche war, bei dere Männern 82,4 Proz. und bei den Frauen 82,3 Proz.
Die Wahlbeteiligung der Männer im Alter von 20 Jahren betrug 249 775 Personen, wahlberechtigt waren 418 933.
Von den 1717 619 Wahlberechtigten im Alter von 21 bis 25 Jahren wählten 1211 715, und von den 12 924 562 Männern, die über 25 Jahre alt waren, wählten 10 959 677.
Bei den wahlberechtigten Frauen war die Wahlbeteiligung in den beiden jüngeren Altersklassen erheblich stärker als bei den Männern. Dagegen beteiligten sich die Männer über 25 Jahre viel stärker an der Wahl als die Frauen über 20 Jahre.
Von 531 070 wahlberechtigten Frauen im 21. Lebensjahr wähl ten 427 448.
Im Alter von 21 bis 25 Jahren wählten von 2413 027 Wah!- berechtigten, 1953 271, und von den über 25 Jahre alten Frauen machten von 14 766 775 Wahlberechtigten nur 12 191 626 von ihrem Wahlrecht Gebrauch.
Der Grund, warum die ältere Frau weniger start ihrer Staatsbürgerpflicht nachgekommen ist als der gleichaltrige Mann, liegt zum Teil in der häuslichen Gebundenheit, zum Teil aber auch in ihrer Gleichgültigkeit politischen Dingen gegenüber.
Gar viele ältere Frauen haben unsere politijche Gleichberechti gung mit dem Mann als ein lästiges Geschenk hingenommen, daß man eben einfach beiseite stellte. Aber das Murren und Schelten über die Geseze und ihre Wirkungen ist geblieben. Diese Frauen bedachten nicht, daß das neue Recht, auch die Pflicht einschließt, nach bester Ueberzeugung an der Wahl der Volksvertretung teilzunehmen. Das Wahlergebnis in bezug auf die gewählten Frauen ist zur verfassunggebenden Nationalversammlung für die Frauen noch sehr bescheiden. Von insgesamt 421 Abgeordneten sind nur 39 Frauen in die Nationalversamm Tung eingezogen.
Die Wahlbeteiligung zu den einzelnen verfassunggebenden Landesversammlungen und für die Gemeindepertretungen war noch geringer, weil die Bedeutung der Wichtigkeit auch dieser Wahlen noch lange nicht allen Menschen, und namentlich nicht allen wahlberechtigten Frauen, flar ist.-