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Die Gleich beit

englischen Arbeiterinnenorganisationen( mit über zwet Millionen Mitgliedern). Die Genoffin Hanna war leider wie die übrigen deutschen   Delegierten durch Schwierigkeiten bei der Ueberfahrt an der Teilnahme verhindert.

Das Arbeitsamt seibst hat seinen Sig in Genf  , in einer schloß­artigen Billa   oberhalb der Stadt, mit wunderbarer Aussicht auf See und Montblanc  . Direktor ist der französische   Genosse Albert Thomas  . Unter den 200 Angestellten sind 120 Engländer, 60 Franzosen, 1 Deutscher! Es bestehen besondere Abteilungen fitr Arbeitsrecht, Statistif, Erwerbslofenfragen, Genossenschafts wesen usw. Wissenschaftliche Forschungen und propagandistische Tätigkeit laufen nebeneinander her. Ein Archiv enthält die An­fänge umfassender Sammlungen der gewerkschaftlichen Literatur aller Länder.

In jeder dieser Abteilungen arbeiten Frauen. Jede einzelne Abteilung kann sich bei zielbewußter Tätigkeit zu unabsehbarer Bedeutung entwickeln.

der heute nur Ganz einerlei, ob es gelingt, den Völkerbund ein Bund der Regierungen ist allmählich zu demokratisieren. und so auf dem Wege organischer Entwicklung zur sozialistischen  Weltgemeinschaft zu kommen, oder ob wir dazu über seine Trümmer schreiten müssen, das Internationale Arbeitsamt wird als erster schwacher Versuch zu einem Weltparlament der Arbeit scine Bedeutung behalten.

Und ganz besonders wir Frauen sollten seine Entwicklung mit Aufmerksamkeit verfolgen als mächtiger Hebel zur Erreichung der wirtschaftlichen Gleichberechtigung, die wir noch zu erkämpfen haben und ohne die alle politischen Rechte Trug sind.

E. Kaemmerer- Leonhard.

Ledige Mütter

Es ist in vielen Dingen noch immer wie einst- Selbst­überhebung und Vorurteil herrschen ruhig weiter in unserem Bolf.

Obwohl wir wissen, daß die Hälfte aller sterbenden Säug­linge am Leben erhalten bleiben könnte, wenn die Mutter in die Lage versezt werden würde, nur zwei Monate lang ihr Kind zu nähren, ist unsere gesellschaftliche Fürsorge noch völlig unzureichend, um den ledigen Müttern diese Mutter­aufgabe zu ermöglichen.

Wie weit die menschliche Selbstüberhebung in der Ver­urteilung lediger Mütter geht, ist bereits in Nr. 30 der Gleichheit" von Henriette Fürth   in dem Beitrag Ein Frauenverband zur Unehelichfeitsfrage" dargelegt. Aber fie jagt darin auch sehr treffend: Wir können und wir wer den in Zufunft niemals wieder darauf verzichten, Wert, Würde und Recht der Mutterschaft nach dem einzig zulässigen Maßstab des Verhaltens der Mutter zu ihrem Kinde zu bewerten." Und dieser Grundsatz ist auch für uns maßgebend gewesen, daß wir in unserem fleinen landwirtschaftlichen Betrieb von 20 Morgen nahe bei Brandenburg   stets nur ledige Mütter als Mitarbeiterinnen beschäftigten.

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Unter den ledigen Müttern, die vom Lande stammen und nur nach der Großstadt gingen, um dort ihre Niederkunft abzuwarten, befinden sich viele, die sich mit allen Jajern ihres Herzens wieder aufs Land zurückjehnen. In ihren Heimatort dürfen sie zumeist nicht zurückfehren, da die An­gehörigen das böse Urteil der andern" fürchten und die Edande" solange als möglich vor ihnen verborgen sein soll. Bietet sich diesen Müttern feine Hand, die sie zu geregel ter Arbeit zurückführt und ihnen eine Heimat für sich und das Kind gibt, so bleibt den Müttern nur der eine Beg nämlich ihr Kind in Pflege zu geben und das große Heer der ungelernten Arbeiterinnen in der Großstadt zu ver­mehren. Die Kosten für die Pflege des Kindes übersteigen aber heute gar oft den Arbeitsverdienst der Mutter. In Berlin   wird zurzeit für einen Säugling monatlich 150 bis 200 Marf flegegeld gefordert. Und wenn die Mutter Sann als Dienstmädchen Stellung angenommen hat, wird ihr barer Arbeitsverdienst meistens nur 100 bis 120 Mart betragen. Daß auf diese Weise die Muttergefühle oftmals verschwinden, weil die wirtschaftliche Laft für die Mutter

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zu groß wird, ist menschlich verständlich. Und daß auf diese Weise auch mindestens die Hälfte der Kinder im ersten Lebensjahr sterben, ist leider feststehende Tatsache.

Das Verhalten der Mutter zu ihrem Kinde ist der einzig zulässige Maßstab sür die ledige Mutter, und wenn sie das Verlangen hat, mit ihrem Kinde zusammen leben zu wollen und den Lebensunterhalt für sich und das Kind durch ehr­liche Arbeit erringen will, dann muß jeder helfen, ihr Arbeit und Heimstatt zu verschaffen, sofern es in seinent Bereich liegt so dachten wir. Aber unsere Gemeinde­berwaltung( zu welcher wir seit 18 Monaten gehören) dachte anders und schickte mir kürzlich folgende Anfrage: 1. Wie kommt es, daß Ihre Haushaltung stets und ausschließlich mit solchen Dienstmädchen arbeitet, die erst furze Zeit entbun­den und jedenfalls, wohl in den meisten Fällen, einfach sozu. sagen herrenlos sind, dann bei Ihnen mit Kind aufgenom­nen werden? 2. Liegt für die Gemeinde Ihrerseits Garan­tie vor, daß, im Falle einer gänzlichen Verarmung, auch in dem Falle, welche die gejeßlichen Bestimmungen betrefffen, wenn ein solches Mädel nicht mehr in Ihren Diensten steht, gänzlich unbemittelt an die Gemeinde zurückfallen würde und die Gemeinde hätte dadurch etwaige Armenkosten zu ihren Lasten? Dieses lehnt die Gemeinde energisch ab und verlangt Haftung für solches Mädel Ihrerseits bis zum Ablauf der Gesetzesbestimmungen noch hinaus.

Auf dieses Kulturdokument antwortete ich, daß m E. alle Menschen die gleiche Daseinsberechtigung hätten, und daß eine ledige Mutter, wenn sie sich und ihr Kind durch ehrliche Arbeit ernähren wolle, Anspruch auf Arbeit und Heimstatt habe und nicht als herrenios" zu bezeichnen sei. Und auf die Garantiefrage würden wir erst dann näher eingehen, wenn mitgeteilt würde, laut welcher geset lichen Bestimmung diese Garantie von uns verlangt wird. Eine Antwort ist darauf nicht eingegangen. In münd licher Rücksprache wurde mir aber gesagt, daß das Orts­statut verlange, daß jeder Besitzer die Verpflichtung hätte, dafür Sorge zu tragen, daß weder durch ihn, noch durch seine Leute der Gemeinde Nachteil und Schaden entstehe...

Als ich darauf erflärte, es sei nie unsere Absicht gewesen, der Gemeinde Nachteil oder Schaden zu verursachen, indem wir ledigen Müttern eine Heimstatt, Arbeit und Lohn geben, wie letzterer ihren Leistungen entspricht, da war der Fall erledigt. Aber uns allen legt dieses Erlebnis doch die Ver pflichtung auf, immer mehr dafür zu sorgen, daß Heim­stätten geschaffen werden, in denen Mutter und Kind zu sammenbleiben fönnen und wo erstere gute und lohnende Arbeit findet. M. Friedel Schneider.

Die Entwicklung der Hausangestellten­bewegung

Als die Vorbereitungen für die am 18. Juni stattfindende Protestversammlung der Hausangestellten gegen die überlange Arbeitszeit in Angriff genommen wurden, da wandte sich der Zentralverband der Hausangestellten an die in der sozialdemo Iratischen Partei organisierten Frauen mit der Bitte, ihn bei der Propaganda zu unterstüben. In den Frauenabenden wurde diese Bitte besprochen und dabei stellte sich heraus, daß verschiedene Genossinnen vom Zentralverband der Hausangestellten noch nichts

wußten.

Im Johre 1909 fand eine Konferenz von Vertretern der Haus angestelltenvereine statt, die zur Gründung des Zentralverbandes einberufen worden war. This 14 Städten Deutschlands   waren die Solleginnen anwesend, und im Beisein der Generalfommiſſion erfolgte nach eingehender Beratung dann die beabsichtigte Gris dung. Festgestellt wurde, daß in 18 Städten Hausangestellten

bereine mit insgesamt 5711 Mitgliedern bestanden.

Das war der Grundstein des Zentralverbandes, und seit dieser so log Zeit wird unermüdlich weiter gearbeitet. Wenn dieser Verband das an den ungünstigen Verhältnissen, die ihm das Dasein schwerten. In Deutschland   bestanden 44 Gesindeordnungen,

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