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Falls die Auszahlung der Unterstützung an einen Vertreter erfolgen foll, so muß er die Vertretungsmacht nachweisen und auf Berlangen eine Vollmacht vorlegen. Diese ist von einer Person zu beglaubigen, bie berechtigt ist, ein öffentliches Giegel zu führen.
Ganz besonders wichtig ist, daß länger als drei Monate rückwärts vem Tage des Antrages an gerechnet feine Unterstüßung gezahlt wird. Ausnahmsweise ist aber gesetzlich angeordnet, bei Anträgen, bie vor dem 1. April 1922 gestellt sind, die Unterstützungen, soweit bie gefeßlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, vom 1. Oktober 1921 ab nachzuzahlen.
Es ist also allen Rentenempfängern, die für eine Unterstützung in Frage zu fommen glauben, bringend zu empfehlen, unverzüglich thre Anträge einzureichen, damit sie möglichst bald und evtl. vom 1. Oftober 1921 ab in den Genuß der Unterstützung fommen. Aus der Frauenbewegung des Auslandes Frauenreichstonferenz der tschechoslowakischen sozialdemokratischen Partei
Die Sozialdemokratische Partei der tschechoslowakischen Repu blit, die unserer USP. gleichfommt, hielt in der ersten Hälfte des Dezember 1921 in Tetschen- Bodenbach ihren Parteitag ab. Borauf ging eine Reichsfrauenkonferenz, die von 61 Delegierten beschickt war. Als Vertreterin der Unabhängigen Sozialistischen Partei Deutschlands war Mathilde Wurm erschienen. Genosse Gold, fchmidt( Teplitz ) gab einen Bericht für das Frauenreichstomitee und die„ Sozialdemokratin", das Organ der dortigen sozialistischen Frauen. In dem Bericht kominen lebhafte Klagen über die Schä bigungen durch die Spaltung zum Ausdruck, die man den Kom munisten zu verdanken hat. Durch das Treiben der Kommunisten haben sich viele Frauen von der Bewegung abgewandt, und den Nuhen davon haben die Christlichsozialen. Die zweite Rednerin, Genoffin Burod( Karlsbad ), sprach über Organisations- und Agitationsfragen. Es wurden Anträge angenommen, einen Leit faden für Funktionärinnes. herauszugeben, Frauen- Werbeaktionen einzuleiten und Funktionärinnenkurse abzuhalten. Dann referierte Genoffin Abg. Rirpal über den politischen Rampf um die Frauen". Sie schildert, wie die bürgerlichen Parteien es versuchen
zum Teil auch mit Erfolg- Arbeiterinnen für sich einzufangen. Am schlimmsten gehen dabei die Klerikalen vor.
Die organisierten Frauen in der tschechoslowakischen Sozialdemo. fratischen Partei bilden ungefähr ein Biertel der gesamten Organi fation.
Frankreich . Wie das ,, Berliner Tageblatt" meldet, hat Poin earé fürzlich in Paris einen Vortrag über das Frauenstimm recht gehalten. Die französischen Frauen knüpfen große Hoff nungen an die Tatsache, daß sich Poincaré öffentlich für die poli tische Gleichberechtigung der Frauen ausspricht. Gentsprechender Gefeßentwurf ruht schon seit zwei Jahren im Genat und man glaubt, daß nunmehr die Beratung des Entwurfs nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
Aus unserer Bewegung
Genoffin!
Heute ist Frauenabend. Die Leitung hat für eine Referentin geforgt. Die Helferinnen eilten am Tage vorher nochmals von Tür zu Tür, um die Säumigen besonders einzuladen. Man verspricht, biesmal ganz bestimmt zu kommen. Glücklich, soviel Zusagen er halten zu haben. gehen die Genossinnen heim, um ihre Hausfrauenpflichten zu erledigen. Sie sind am festgesetzten Abend selbst pünkt lich zur Stelle. Langsam kommen einzelne heran. Ein großer Teil der Eingeladenen aber fehlt, bleibt, wie so oft schon, daheim. Welche Enttäuschung für die immer rührigen Frauen. Genoffin, hast Du Dir schon einmal überlegt, wie schmerzlich es für die Frauen ist, ihre aufgewandte Mühe und Zeit so schlecht gelohnt zu fehen? Wie schnell bist Du mit einer billigen Ausrede zur Hand!
Die Leiterin des Abends bittet die Anwesenden, die Fehlenden zu besuchen, mit ihnen einmal eine gründliche Aussprache herbeizu führen, um die Gründe zu hören, die die Abwesenheit rechtfertigen Pönnen. Arbeit, wirtschaftliche Notlage schüßen die meisten vor. Doch, Genossin, die zwei Stunden reiten Dich nicht! Sie können Dir aber vieles bringen, Schäße, aus denen Du besonders in Stunden geistiger Not schöpfen kannst. Da werden z. B. an einem Albend Gedichte von Ada Negri , Heine, Löns vorgelesen. Sie werfen Feuerbrände in Deine Seele, laffen Dich aufjauchzen, geben Dir Kraft, den Kampf zu wagen. Du fühlst Dich glücklich, zu hören, wie andere vor Dir den Weg zur Befreiung ebnen wollten. Ein anderer
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Abend wieder bringt Dir frohe, heitere Stunden, in denen der All tag versinkt. Doch auch Deiner geiftigen Weiterbildung ist gedacht. Vorträge, furz, bestimmt gehalten, führen Dich ein in die soziale Gefeßgebung, in das Strafgesetzbuch, besonders soweit es uns Frauen betrifft, zeigen Dir die Rechte als Staatsbürgerin, aber auch die Pflichten, helfen Dir in Fragen der Kindererziehung, der seguellen Aufklärung dem heranwachsenden Geschlecht gegenüber. Unser Programm, das der Menschheit den Weg weist zu einem glücklichen, gerechten Zusammenleben, das die Befreiung der Menschheit zur Wirklichkeit machen will, bietet soviel Stoff zum Besprechen und bringt tausend Anregungen, die Du Dir nicht ent gehen lassen solltest. Vor allem eins werben Dir die Zusammenfünfte geben, das starte Bewußtsein: Keiner ist zu schwach, um helfen zu fönnen, feiner zu gering, um an dem menschheitbefreienden Werke mitzuarbeiten.
Wieviel ist Dir schon verloren gegangen! Gile, bas Bersäumte nachzuholen! Besuche die Frauenabende, damit Du die Wahrheit bes Sages erkennst: Wissen ist Macht!" Alma Röhle.
Wohlfahrtspflege
Aus der Arbeit der Ausschüsse für Arbeiterwohlfahrt Im Bezirk Mittelschlesien bestehen neben dem Bezirksaus. schuß in Breslau eine große Anzahl örtlicher Ausschüsse für Arbeiterwohlfahrt. Die Genossen gehen von dem richtigen Grund. fat aus, daß nicht private Wohltätigkeit, sondern öffentliche Wohl fahrtspflege das Erstrebenswerte ift. Es werden deshalb Mit arbeiter für die verschiedenen Deputationen, die Armenämter und -direktionen gestellt. Die Erhöhung der Armenunterstützung von 5 bis 6 Mt. auf 30 Mt. ist wesentlich der Mitarbeit unserer Geroffen zu verdanken. Die Einrichtung der Hauspflege soll eine der nächsten Arbeiten werden,
In Elberfeld sind im November folgende Unterstügungsfäße festgesetzt worden; alleinstehende Personen erhalten pro Woche 80 Mr., bei Familien erhält der Mann pro Woche 70 ML., die Frau 50 Mr. und pro Kind 40 Mt. Sachlieferungen, wie Kartoffeln und Kohlen, werden eingerechnet, ebenso die Mietunterstützung. Kleine Renten werden nicht angerechnet. In Barmen erhalten Allein. stehende 49 Mt., das Familienoberhaupt 49 Mr., die Frau 39 Mr. und jedes Kind 29 Mt. in der Woche. Außerdem werden Kartoffelbeihilfen im Betrage von 6 Mt. pro Person und Woche und alle 14 Tage 1 Zentner Rohlen geliefert. Dazu fommen 60 Proz der Miete. In Vohwinkel werden Alleinstehenden und Fa milienvätern 60 Mt., der Frau und den Kindern je 36 Mt. für die Woche gezahlt. Zwei Zentner Kohlen werden monatlich geliefert und die Miete wird ganz gezahlt. Aehnlich sind die Berhältnisse im ganzen Unterbezirk Elberfeld . In besonderen Notfällen werden auch Unterstüßungen für Bekleidung und Lebensunterhalt gewährt. Im Freistaat Sachsen , soweit er zum Bezirk Dresden gehört, bestand bis vor kurzem nur ein, allerdings sehr rühriger Drtsausschuß für Arbeiterwohlfahrt in Dresden selbst. Jezt hat sich dieser Ausschuß zum Bezirksausschuß erweitert, und wir hoffen, bald von der weiteren Gründung örtlicher Ausschüsse für Arbeiter. wohlfahrt Mitteilung zu erhalten. Im Rahmen dieses Bezirks ausschusses für Arbeiterwohlfahrt ist eine besondere Kommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge gebildet worden, die sich be sonders der mißhandelten, vernachlässigten, sittlich gefährdeten Rinder annimmt und die vor allem auch bei der Jugendgerichts. hilfe mitarbeitet. Es wird über diese Arbeit folgende interessante Schilderung gegeben:
„ Ein großes Arbeitsgebiet bieten die Diebstahlsdelikte bei Kin bern und Jugendlichen, die meist mit Gefängnis oder Unterbringung in einer Anstalt bestraft werden. Hier gilt es, die Bestohlenen von der Stellung des Strafantrages abzubringen und sie davon zu überzeugen, daß durch Gerichtsstrafen dem jungen Menschen die ganze Zukunft versperrt wird. Auf das Ehrgefühl des Schuldigen aber muß mit aller Energie eingewirkt werden. Schwieriger ge stalten sich die Dinge, wo das Gericht schon eingegriffen hat. Aber auch da gelingt es oft, die Geftrauchelten vor der Anstaltserziehung zu bewahren. Durch das Anerbieten von Schußaufsichten durch die mitarbeitenden Genossen wird den Schuldigen oft Strafaufschub gewährt. Biele unserer Mitglieder sind vom Jugendfürsorgeamt als Fürsorger bestellt und haben die Aufgabe, den Anstaltsentlasse< nen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Ein sehr düsteres Bild entrollt die Polizeipflegearbeit, die für bie weiblichen sowie männlichen Jugendlichen, namentlich bei Sitt lichkeitsdelikten, Diebstahl und nächtlichem Umhertreiben in An wendung fommt. Biel Energie und Kraft muß aufgewendet wer den, um die Gestrauchelten wieder auf den richtigen Weg zu