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ie Gleichheit

die Polizei Tag für Tag aus ihrer Wohnung geholt und im ganzen Lande herumgeschleppt. In jeder Stadt, in der sie zum 3wede der Organisierung der Tabafarbeiterinnen seinerzeit ge= sprochen hatte, wurden Prozesse gegen sie geführt, und immer wieder wurde sie mit einer neuen Gefängnisstrafe be­legt, so daß sie dann insgesamt zu etwa 17 Jahren Zucht= haus verurteilt wurde. Dabei ist Genossin Keresztény   Mutter von zwei kleinen Kindern. Dennoch mußte sie den Weg nach Maria Nosztra gehen, später wurde sie mit den übrigen Austauschgefangenen( etwa vierhundert an der Zahl) an die Sowjetregierung freigegeben. ( Schluß folgt)

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Die Frau als Richter

Da die Mehrzahl der Frauen sich ganz passiv verhält, wenn es gilt, ein neues Recht für sie gesetzlich zu erringen, haben die Feinde der Frauenrechte es so leicht, dagegen zu kämpfen. Gleichgültig wartet das große Heer der Frauen auf die Dinge, die da kommen follen. Doch mithelfen, mitringen, sich am Rampfe um ihr Recht zu beteiligen, das überlassen sie gern anderen. Warum? Warum ist die Frau in den meisten Fällen so stumpf und gleichgültig? Weil sie letzten Endes doch noch zu oft ein Werkzeug des männ­lichen Geistes ist. Seit dem November 1918 ist sie ja in vielen Dingen frei geworden, aber sie macht von der erhaltenen Freiheit viel zu wenig Gebrauch. Nur darum ist es auch für den männ­lichen Juristen so leicht, der Frau die Befähigung zur Ausübung des Richteramtes abzusprechen. Immer wieder sucht er die Un­fähigkeit der Frau zu beweisen, um zu verhindern, daß sie als fühlender Mensch über angeklagte Mitmenschen urteilt. Man be= hauptet auf dieser Seite, die körperlichen und geistigen Unterschiede der beiden Geschlechter seien maßgebender Grund, die Frau vom Richteramte auszuschalten. Für mich ist gerade diese naturgesetz­liche Verschiedenheit der Geschlechter der Hauptgrund, zu ver­langen, daß auch Frauen zur richterlichen Funktion zugezogen worden. Denn wie fann der Mann das in manchen Dingen anders empfindende Wesen einer Frau restlos richtig verstehen? Wie will ein männlicher Richter die weibliche Psyche richtig er­fassen, wenn er die Frau für geiftig und förperlich minderwertiger hält, als den Mann?!

Es ist wohl notwendig, daß wir Frauen für die Zulassung des weiblichen Richters geschlossen eintreten. Wenn es Frauen gibt, die gegen diefe Forderung sprechen, so kann ich ihnen den Vorwurf der Ungerechtigkeit nicht ersparen; denn es find sicher nur solche Geschlechtsgenoffinnen, die durch Befiß von Geld und Gütern vor jeder Gefahr und Versuchung gesetzlichen Unrechtes geschützt sind und daher nichts von der Not der Armen wissen. Wir aber fordern, daß über Recht oder Unrecht einer Geschlechtsgenossin nicht allein nur Männer, sondern auch Frauen mit urteilen sollen. Ob die Tat eines Menschen zu verurteilen ist, läßt sich nicht immer allein nach dem Gesetzesbuchstaben entscheiden. Oft müssen die Be­weggründe mit viel Verständnis und Mitempfinden erforscht wer­den. Und das ist der Frau gegenüber auch nur einer Frau als Richterin möglich. Friedel Schneider.

Aus der Frauenbewegung des Auslandes Im Mai fand im Haag in Holland   eine Sigung des Gesamtvor­standes des Internationalen Frauenbundes statt, die, einer Mitteilung des Schweizer Frauenblattes" zufolge, sich mit der gleichen Moral für Mann und Frau beschäftigte, ferner mit der Rechtsstellung der Frau, dem Kinderschutz, Erziehungsfragen, Frauenberufsfragen, Frauenstimmrecht, Kampf gegen die Ge­schlechtskrankheiten, Abschaffung des Mädchenhandels, sowie dem Ausbau des Friedensgedankens.

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England. Das Unterhaus genehmigte mit 206 gegen 60 Stim­men die Einbringung eines Gefeßentwurfes durch Lord Robert Cecil  , wodurch den Frauen das gleiche Wahlrecht wie den Männern gegeben werden soll. Bekanntlich besitzen die Engländerinnen wohl das Wahlrecht, aber noch nicht auf völlig gleicher Basis wie der Mann. Sie gelangen erst in einem höheren Alter als er zur Ausübung ihres Rechtes. ( ,, Schw. Frauenblatt.")

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Japan   wünscht die Geburtskontrolle nicht. Der japanische Generalfonful in San Franzisko hat von seiner Regierung die Anweisung erhalten, dem Paß der Mrs. Margaret Fanger, der

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Präsidentin der amerikanischen   Liga für Geburtskontrolle, das Visum zu versagen. Mrs. Fanger hatte eine Vortragsreise durch Japan   beabsichtigt. Die japanische   Regierung will thr jedoch nicht gestatten, Japan   zu betreten.

Aus unserer Bewegung

Die Frauengruppe in Kiel

Bor ungefähr Jahren gründeten wir hier in Kiel   eine Frauengruppe, um die Werbetätigkeit unter den Frauen intensiver betreiben zu können, als es im Rahmen der allgemeinen Partei­arbeit möglich ist. Da Kiel   in neun Distrikte eingeteilt und in jedem Distrift eine Genossin Vorstandsmitglied ist, bilden diese Genossinnen den Vorstand der Frauengruppe. Als Vorsitzende des Vorstandes der Frauengruppe wurde die Genoffin Toni Jensen ( M. d. Pr. L.) gewählt. Da dieselbe jedoch durch ihre Tätigkeit im preußischen Landtag meistens von Kiel   abwesend ist, wurde ihr eine zweite Borsigende mit gleichen Rechten zur Seite gestellt.

Im verflossenen Geschäftsjahr haben wir zunächst unsere Frauen­hauptversammlungen mit verschiedenen Referentinnen abgehalten. Da im Sommer bekanntlich weniger Interesse für Versammlungen vorhanden ist, haben im Sommerhalbjahr keine besonderen Frauenversammlungen mehr stattgefunden. Statt dessen wurden, um die Verbindung unter den Genossinnen aufrechtzuerhalten, gemeinsame Ausflüge unternommen, die sich einer zahlreichen Be­teiligung erfreuten.- Unsere Winterarbeit leiteten wir durch einen öffentlichen Frauenwerbeabend ein, an welchem die Arbeiter jugend und die freie Turnerschaft durch verschiedene Dar bietungen die Erschienenen erfreuten. Dann aber wurde, um den Frauen entgegenzukommen, damit für die einzelne der Weg nicht weit ist, die Hauptarbeit in die Distrikte verlegt. Es wurden mit sehr gutem Erfolg Distriktsfrauenabende abgehalten. Diese Abende waren ausgefüllt durch einen Vortrag mit freier Aussprache und daran anschließend durch einen gemüt lichen Teil. Es haben im ganzen 23 Diftriftfrauenabende mit durchschnittlich 75 Teilnehmern stattgefunden. In Anbetracht der örtlichen Verhältnisse dürfen wir mit dem Erfolg, der 120 Gleich heits" Bestellungen und 60 Aufnahmen betrug, zufrieden sein. In der seinerzeit in unserem Bezirk abgehaltenen Werbewoche hatte Kiel   160 Frauenaufnahmen. Als Abschluß unserer Winterarbeit veranstalteten wir am 10. Mai eine öffentliche Frauenversamm lung, in der Genossin Reize, M. d. R., über Die Frauenfrage in der Gegenwartspolitik" sprach. Frau N. Kurfürft.

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Anhalt. Der Bezirk Magdeburg- Anhalt hat schon im vergange nen Geschäftsjahr gute Erfahrungen mit der Abhaltung von Frauenkonferenzen für kleinere Gebiete gemacht. Am 24. und 25. April tagten wieder zwei sehr gut besuchte Unterbezirkskonfe renzen in Dessau   und Bernburg  . Die Genofsinnen, deren poli tische und organisatorische Entwicklung in dem einen Jahr sichtbare Fortschritte gemacht haben, konnten zu ihrer Freude ihre Bezirks­sekretärin begrüßen. Möge es gelingen, den alten schönen Geist im Bezirk zu pflegen, aber auch die Frauenbewegung zahlenmäßig zu stärken. Der Verlauf beider Konferenzen war ein so guter, daß diese Hoffnung begründet ist.

Am Abend fanden in beiden Orten zwei glänzend besuchte Ver fammlungen statt, in denen die Genoffin Juch a c3 über Steuer­tompromiß und Genua  " referierte.

Soziale Rundschau

Sozialversicherungspflicht für Heimarbeiter

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Ein kurz vor den Osterferien im Reichstag angenommener Gesetzentwurf sieht die Kranken- und Invalidenversicherungspflicht für Heimarbeiter wieder vor. Jeder Heimarbeiter und jede Heim­arbeiterin muß also seitens der Arbeitgeber bei der zuständigen Krankenkasse und zur Invalidenversicherung angemeldet werden.

Wohlfahrtspflege

Aufgaben und Ziele der neuzeitlichen Wohlfahrtspflege Daß in einer so traurigen Zeit wie der unfrigen Wohlfahrts. pflege mehr denn je nötig ist, empfindet wohl jeder, und so müssen wir Schriften wie die der Genoffin Helene Simon, Auf. Ziele gaben und Wohl. der neuzeitlichen fahrtspflege", die kürzlich im Verlag Diez Nachf.- Vorwärts, Berlin  , Lindenstraße 3, erschienen ist, dankbar aufnehmen. Mit flaren Blicken durchschaut die Verfasserin die Unzulänglichkeit der bestehenden Einrichtungen und sucht Hilfe im Sozialismus, zu