Nr. 19

Für unsere Mütter und Hausfrauen

im Jelinschen Hause als Dienfiboten; und in Basel   kam Hebel am 10. Mai 1760 zur Welt. Schon ein Jahr nach der Geburt des Sohnes starb der Vater. Die Mittel waren knapp, und der junge Hebel mußte, sobald er sich bewegen konnte, hart mitschaffen und sein Brot verdienen. Er hatte Holz einzusammeln, Wasser und Kohlen zu schleppen und arbeitete im Knabenalter an einem nahen Hochofen als Handlanger für schlechten Lohn. In dem Gedicht über den Schmelzofen erinnert sich Hebel mit Behagen der männ lichen Gebärden des Kindes.

Do fangt e Büebli z'raucha a

und meint, er hönn' s as wie ne Ma, se macht der Schmelzer churze Bricht und zieht em' s Pfifli usem Gficht.

Er feit' s ins Füür und balgt derzu:

"

Du dunderschießige Lappi du,

fug ame Störzli Habermark,

weisch? Habermart macht Bube start!"

Die drückenden Verhältnisse machten das Kind von Anfang an zur Selbstbescheidung geneigt. Der Nerv, der sich zum sozialen Protest frampft, war ihm ohnehin nicht gegeben. Die gute Mutter, der die durch Jahrhunderte vererbte Bauerndemut und Herren furcht tief im Gemüt saß, tat das übrige, um den Knaben im Re­spekt vor allen Autoritäten zu erziehen. Wie Berthold Auerbach  in seiner lesenswerten Arbeit über Hebel, Schrift und Volk er­zählt, hat Hebel später einmal ausdrücklich zu Freunden darüber gesprochen.

" Ihr habt gut reden, ihr seid des Pfarrers Sohn aus N..... Ihr wart noch nicht zwölf Jahre alt, so hat schon mancher euch Herr Gottlieb geheißen, und wenn ihr mit eurem Herrn Vater über die Straße gingt, und es begegnete euch der Vogt oder ein Schreiber, so zogen sie den Hut ab, und erst, wenn euer Water den Gruß zu rückgab, habt auch ihr euer Räpplein gelüpft. Ich aber bin... als Sohn einer armen Hintersassenwitwe... aufgewachsen, und wenn ich mit meiner Mutter nach Schopfheim  , Lörrach   oder Basel  ging, und es kam ein Schreiber an uns vorüber, so mahnte fie: , Peterle, zieh'' 3 Ghäppli ra,' 3 chumt e Her! Wenn uns aber der Herr Landvogt oder der Herr Hofrat begegnete, so rief sie mir zu, ehe wir ihnen auf zwanzig Schritte nahe famen:, Peter, blib doch stoh, zieh' gschwind di Chäppli ra, der Her Landvogt chumt. Nun könnt ihr euch vorstellen, wie mir zumute ist, wenn ich daran und in der Kammer sitze denke und ich denke noch ost daran mitten unter Freiherren  , Staatsräten, Ministern und Generalen, vor mir die Standesherren, Grafen   und Fürsten   und die Prinzen. des Hauses...."

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Die erste Schulbildung empfing Hebel in der Haufener Bolts­schule. Weilte die Mutter zur Arbeit im Jfelinschen Haufe, so ging Hebel in die Basler Münsterschule. Die Liebe und der verständige Ehrgeiz der Mutter brachten die Mittel auf, die nötig waren, das mit Hebel hernach die Schopfheimer Lateinschule besuchen fonnte. Da gab es zweimal täglich einen Marsch von einer Stunde. Nach einiger Zeit nahm dann ein Schopfheimer Oberlehrer den jungen Hebel zu billigen Bedingungen ins Haus. Das war im Frühling 1778. Jm Herbst darauf starb das treue Mütterlein. Ein winziges Vermögen, das nachblieb, genügte gerade, um die Weiterbildung Hebels dürftig zu ermöglichen. Der Vormund schickte den jungen Menschen Ostern 1774 nach Karlsruhe   ans Gymnasium illustre. Hebel hatte schon damals die ausgesprochene Absicht, Theolog zu

werden.

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Die Neigung war natürlich konventionell, denn jeder Bauernbub, der Lateinisch lernt, will Pfarrer werden, weil er eben den G'studierten bloß als den Pfarrer kennt. Der Karlsruher   Hof­diakon Preuschen nahm Hebel unentgeltlich ins Haus und wirkte ihm für jeden Tag der Woche einen Freitisch aus. So lebte Hebel in bildsamen Jahren von der Gnade guter Leute vielleicht da und dort mit einem kleinen, mit einem halben Gesinnungsopfer. Eine solche Jugend ist dem Wachsen aufrechter und harter Charak tere nicht günstig. 1778 war Hebel fertig. Er ging an die Uni­versität Erlangen, genoß als Mitglied der Verbindung der Ami­zisten das übliche studentische Leben, das schon damals aus leeren Treibereien große Geschichten machte, zechte beträchtlich mit und machte 1780 ein flaues Examen. Bei einem Schwarzwälder Pfarrer fand er Stellung als Privatvitar und Hauslehrer. Nach zwei Jahren beim Hertinger Pfarrer erhielt Hebel dann seine erste offi­zielle Anstellung als Lehramtspraktikant am Pädagogium in Lörrach  - als Präzeptoratsvitari, wie man damals fagte. Das Gehalt war lumpig, so daß der anspruchslose Hebel sich mit dem Gedanken trug, Mediziner zu werden. Dazu kam es nun nicht, wohl aber zu einer heiteren, treuen Geselligkeit und auch zu einem ernsthaften Liebesroman mit der schönen Gustave Fecht  , der fein förmliches

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Ende fand und von vielen feinen, verschwiegenen Kämpfen gewußt hat. Hebel gründete mit einigen Freunden einen halb fomischen, halb ernsten Geheimbund, den der Proteuser, der das in jenen Jahren klassische liberalisierende Geheimbund- und Logenwesen ironi­sierte, eine vertrackte Geheimsprache und gewisse wichtigtuerische Formalitäten besaß und seine Weisheit nach einem Hauptberg des füdlichen Schwarzwaldes, dem Belchen, den Belchismus nannte. Hinter der oft reichlich primitiven Satire stat ein positiv wertvoller Kern. Die Freunde trieben einen innigen, sehr unlutherischen Natur­gottesdienst von sinnlich froher Farbe. In jenem Zeitalter gestei gerten Naturgefühls, im Zeitalter des Göttinger Hainbundes, Rous­seaus und der Wertherromane, im Zeitalter des Sturms und Drangs war dieser Kultus geschichtlich wohl am Plazze, zeichnete sich aber durch eine geschmackvolle Zurückhaltung und eine in jenen Iyrisch redseligen Tagen nicht allgemein übliche Scheu vor dem Aussprechen aus. Der Bund der Proteuser hatte weiter einen aus­gesprochenen Haß gegen alles philosophische Systematisieren, Ab­ftrahieren und Klaffifizieren, einen naiven und gesunden Haß gegen alle anspruchsvoll rasselnde Begriffswirtschaft. In einem Brief an seinen lieben Zenoides, den Pfarrer Hitzig in Rötteln, schrieb nach der Lörracher   Zeit, im Jahre 1797, Parmenides  , Hebel felber, von der Entbehrlichkeit der Philosophey" als dem eigentlichen Glaubenssatz der Proteuser, die vieler Verwandlungen fähig die Dinge nicht vom Standpunkt eines und desselben Systems, son­dern ein jegliches mit einem neuen Auge betrachteten. Im näm lichen Briefe heißt es auch einmal: Ich hab' angefangen, die Kan­tische Philosophie zu studieren auf Anraten eines sehr gelehrten Ungarn  ... und laß es nun wieder bleiben auf Anraten meiner. Sie sei dem Desegelisgeinet* im Augenblick seiner schlimmsten Laune preisgegeben mit allen Kategorien." Das war die Reaktion auf die Übermacht des theoretischen Philosophierens, die der mächtige Kopf des Königsbergischen Philosophen geschaffen hatte. Dr. Wilhelm Hausenstein  ,

Für die Hausfrau.

Honig als Nähr- und Heilmittel. Es wird immer noch nicht genügend gewürdigt, daß wir im Honig ein Lebensmittel haben wie faum ein zweites, was Leichtverdaulichkeit, Nährkraft und Wohl­geschmack anbelangt. Es ist hier natürlich nur von reinem Bienens honig die Rede, nicht von den unter allerhand Decknamen int Handel befindlichen Kunstprodukten, die meist aus fünstlichem Frucht zucker bestehen und außer der Süßigkeit in feiner Beziehung mit dem echten Honig etwas gemein haben. Wie das Wasser im Körper unmittelbar in die Blutgefäße übergeht und keinen Rückstand hinter­läßt, wie auch ein reines Öl im Darme in bestimmter Menge in eine Emulsion umgewandelt in das Blut aufgenommen wird, ge= nau so geht der Honig, ohne auch nur die geringste Spur eines Rückstandes zu hinterlassen, unmittelbar in die Blut- und Nähr­säste über. Der Beweis dafür liegt schon in der Tatsache, daß die Nachkommenschaft der Bienenkönigin, die ja ausschließlich mit Honig gefüttert wird, solange diese Fütterung erfolgt, zwar einen Mund und eine Art Darm besitzt, jedoch keinen After eben weil sie ihn nicht nötig hat, da das gesamte Nährmaterial, der Honig, vollständig verdaut und resorbiert wird; Rückstände, die aus dem Körper entfernt werden müßten, gibt es nicht. Ganz ebenso vers hält es sich mit der Verdauung des Honigs im menschlichen Or ganismus: was wir von ihm zu uns nehmen, kommt diesem un­beschränkt zu, und es bleibt nichts übrig, alles wird in das Blut aufgenommen. Bei seiner chemischen Umwandlung im Körper dient der Honig zur Erzeugung von Wärme und lebendiger Kraft. Er ist somit, wenn er auch nicht für sich allein genügt, das Leben zu erhalten, einer der ausgezeichnetsten Nährstoffe.

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Wenn der Tourist sich durch das mit Honig versehene Früh­stück auf dem Lande in höherem Maße gekräftigt und leistungs­fähiger fühlt als zu Hause, wo der Honig fehlt, so beruht das durchaus nicht auf Einbildung. Denn er hat mit jedem Löffel Honig, mit dem er fein Brot bestrichen, mehr Nahrungsstoff zu sich genommen als zu Hause mit, sagen wir, der besten Ritterguts­butter". Und in allen Fällen von Blutarmut  , Bleichsucht, Schwäche­zuständen ist der regelmäßige und reichliche Genuß von Honig von der allerwohltätigsten Wirkung.

Daß der Honig aber auch ein ganz vorzügliches Heilmittel bei Entzündung der Luftwege ist, darf wohl als bekannt vorausgesetzt werden. In wissenschaftlichen Kreisen machte der Bericht zweier

Dengelegeist, ein Dämon auf dem Feldberg. Desegelisgeinet" ist eine närrische Umstellung aus der Sprache des Belchismus".