Wissen und SchauenBühnen-Rotwelsch. Die meisten Berufe und Stände haben sichein eigenes Jargon herausgebildet, in dem sich die Romantik diesesLebenskreises besonders anschaulich spiegelt. Verhälwismäßig wenigbeachtet ist bisher die Sprache der Schauspieler, der Kulisscn-Jargon,der doch eine reiche Fülle von Ausdrücken gebildet hat. Von diesem„Bühnen-Rotwelsch" erzählt der bekannte Theaterkenner Karl Grubein einem Aufsatz von„Reclams Univer'um" Die Gcheimckpracheder Komödianten blüht am reichsten bei den reisenden Gesellschaften,di« den merkwürdigen Namen„Meerschweinchen" führen. Da„knietsich" der„blutige Anfänger" in die dramatische Kunst hinein,„ver-zapft" eine Rolle nach der andern, und der„Schmicrist" legt seine„Bombenrolle" hin, wenn der„Jammersetzen", der Vorhang, aufgegangen ist. An solchen Wanderbühnen zieht der„Alte"— soheißt der Direktor—, wenn„aus Teilung" gespielt wird,„die Ritter-f tiefe! an", d. h. er läßt einen Tei, des zu teilenden Gewinnes meinen großen Ritterstiefeln verschwinden. Der Wandermine be-zeichnet die von den höheren Komödianten„Musenstall" genannteBühne als„Bude" und den Darsteller der Jntrigantenrollcn als„Brunnenvergifter". Weiter im Alphabet wird der Gagsntrg am1. und 16 jeden Monats„Direktors Heimsuchung" genannt, weil andiesem Prüfungstaqe die Mimen den„Häuptling" heimsuchen.„Cr"ist allemal der gestrenge Direktor,„Es" seine Tochter,„Sie" diepantosfelschwingende Direktorin. Der Buchstabe F schenkt uns den„Freibsrger", der nichts zahlt, aber dafür desto mehr schimpft. Der„Flüsterleis" ist der„Kastengeist", der im Amtsstil noch immerSouffleur genannt wird. Das„Grünhorn" ist der Anfänger.„Aufden Händen sitzt" das geehrte Publikum, wenn es nicht applaudiert.„Klauenfett austeilen" aber nennt der Mime einen stark unter-ftrichenen„Abgang" bei dem er in kühnem Bilde lozulagen denBesuchern des„hohen Olymps" die„Klauen" mit Fett bestreicht,damit sie besser klaftchcn können. Ein„Leichenhuhn" heißt derSchauspieler oder die Schauspielerin, die„immer einspringen", wennsich jemand krank meldet Ebenso wenig schätzen die Kolleg-n den„Mauerweiler", den gastierenden Mimen, von dem es in der Zei-tung heißt:„Der geschätzte Gast weilt wieder in unsern Mauern".Leute, die junge Künstler oder noch lieber Künstlerinnen freihalten,werden als„Neger" bezeichnet, wahrscheinlich weil sie angepumptwerden, bis sie„schwarz" werden. Eine große Bühne wird„Reit-stall" genannt, Lorbeerkränze und Bukefts„Ruhmesgemüse". Unter„Schwimmen" versteht bekanntlich der Schauspieler die Kunst, ge-wisiermaßen am Schwimmgürtel des Einbläsers durch die wildeBrandung der nicht gelernten Rolle zu schwimmen. Der Spielplanheißt„Speisekarte", der Theateragcnt„Talcntpächter" und das ge-ehrte Publikum„Volk".Wieviel haare hat man auf dem Kopfe? Während sich sonstgewöhnlich nur die Dichter mit der Schönheit des Frauenhaares zuveschäftigen pflegen, hat ein englischer Arzt eine nüchternere Betrach-tung des menschlichen Kopfschmuckes angestellt und teilt darüberallerlei Jnteresiantes mit. Die Zahl der Haare ist zwar sehr ver-schieden, doch kann man von einer durchschnittlichen Behaarung desKopfes feststellen, daß man im ganzen 120666 Haare auf demKopfe hat. Die Blonden haben die meisten Haare, durchschnittlich146 666 Haare, dagegen sind die Rothaarigen, bei denen das einzelneHaar besonders stark ist, am spärlichsten ausgestattet und besitzendurchschnittlich nur 86 666 Haare. Der Braunhaarige verfügt durch-schnittlich über 163 666 Haare und der Schwarzhaarige über 168666Haare. Die Haare des Kopfes sind hornartige Gebilde von langerrunder oder zylindrischer Form, die in der Haut ihren Sitz in sogen.Haarsäcken haben. Gewöhnlich hat jedes Haar seinen eigenen Sack,aber gelegentlich teilen sich auch zwei oder drei Haare in einensolchen Behälter. Der Teil des Haares, der unter der Hautoberflächeliegt, wird Haarwurzel genannt. Wenn ein Haar feine volle Daseins-Möglichkeit erschöpft hat, dann fällt es aus und wird durch ein neuesHaar ersetzt; manchmal aber wächst ein neues Haar auch schon, wenndas alte noch nicht abgestoßen ist. Jeder Haarsack ist mit einemkleinen Bündel von Muskelfasern ausgestattet, die sich unter demEinfluß der Kälte oder starker Gemütserregungen zusammmcnziehenund dann das Haar leicht aufrichten. Das Haar„sträubt" sich dann.Die Haarfarbe steht in direktem Verhältnis zu der Summe desPigments, das sich in dem Haarkörper befindet. Das lichtblondeHaar wird aber durch kleine Luftbläschen hervorgerufen, die sichebenfalls im Haarkörper bilden. Die Haarsäcke sind beim Negerviel länger als bei den weißen Rassen, und die Haare sind deutlichgekrümmt, wodurch das Gekräusel des Negerhoares entsteht.lm>ssmlsi=3K=äDlErökunüeDer tiefste Punkt Deutschlands. Der höchste Punkt Deutschlandsist ziemlich allgemein bekannt— es ist der Gipfel der Zugspitze, derder sich 2963 Meter über der Nordsee erhebt. Welches ist aber dertiefste Punkt des deutschen Bodens? Er ist am Grunde eines dervielen Seen zu suchen, deren Boden sich in manchen Fällen unterda» Meeresniveau hinabsenkt. Der Ruhm, den tiefsten PunktDeutschlands in sich zu bergen, gebührt dem sonst wenig bekanntenHemmelsdorfer See, der bei Travemünde fast in gleicherHöhe wie die benachbarte Ostsee liegt. Er reicht 45 Meter unter dasMeeresniveau hinab, so daß der Höhenunterschied zwischen demhöchsten und dem tiefsten Punkte Deutschlands fast genau 3666 Meterbeträgt. Andere deutsche Seen sind zwar viel tiefer, siegen aberhöher, so daß sie doch nicht so tief hinabreichen. So ist der Bodense«2S2 Meter tief, sein Spiegel liegt aber 393 Meter überm Meer, undso liegt die tiefste Stelle seines Beckens immer noch 147 Meter höherals der Meeresspiegel. Noch eine zweite verborgene Merkwürdigkeitbesitzt der Hemmelsdorfer See, wie Dr. Griesel entdeckte. Er enthältnämlich an seinem Grunde, von 35,5 Meter Tiefe an, Salzwasser,aber die sehr scharfe Grenze zwischen ihm und dem darüberliegendenSüßwasser sinkt jährlich um 66 Zentimeter. Es handelt sich dabeioffenbar um den Rest des Ostseewassers, dos im Jahre 1872 durcheine furchtbare Sturmflut in den See hineingetrieben wurde und nunmehr und mehr ausgesüßt wird.TechnikDas Amphibicnschiff. Die großen Schwierigkeiten, die demTransport von Gütern auf schlechten Wasserstraßen, besonders inAfrika, entgegenstehen, haben zur Konstruktion eines ganz neuenTransportmittels geführt, des Amohibienschiffes, von dem H. Retterin der„Umschau" erzählt. In unkultivierten Gegenden sind di»Wasserläufe oft durch Stromschnellen unterbrochen, und es ist daherein Fahrzeug notwendig, das sich sowohl zu Wasser wie zu Land«fortbewegen kann. Der Erbauer dieses neuen Schiftstypus, Dr.Robert Goldschmidt, machte sich die Erfahrungen der Walfischfahre?zunutze, die wieder für ihre Stahlschiffe auf die Vorbilder von Ein-geborenenbooten zurückgegriffen haben. Das Amphibienschiffbesteht aus zwei nebeneinnndergel'gten Booten, die starr mitein»ander verbunden find; die Verbindunasstücke besitzen Räder. Kommtdas Bootspaar an eine unschiffbare Stelle, so muß dort eine Ein»schienenbahn vorhanden sein, auf die sich das Schiff mit Hilfe einerSchienenrompe emporarbeitet. Der Tiefgang des Schiffes beträgtnur 65 Zentimeter, während die bisher aus dem Kongo benutztenSchisse mit günstigstem Tiefgang 1,16 bis 2,16 Meter Tiesganghatten. Beide Schiffe sind als Tanks ausgebildet, so daß nur ein»der Schisse beladen zu werden braucht, während das unbeladenemit Wasser gefüllt wird und so dem beladenen das Gleichgewichtbält. Jedes der beiden Zwillinasschisfe besitzt einen besonderenMotor, die im Wasser unabhängig voneinander arbeiten; auf derSchiene läßt man zweckmäßiger nur einen Motor arbeiten, wennauch die Fortbewegung dadurch langsamer wird. Die Benutzungnur eines Motors erlaubt nämlich, den anderen für unvorher-gesehene Zufälle als Reserve zu verwenden. Mit diesem Amphibien»schiff sind auf den verschiedenen Nebenflüssen des Kongo eingehend«Versuche gemacht worden, und es ergab sich eine wesentliche Ver-billigung der Beförderungskosten, indem das teure Umladen ver-mieden und der hohe Trägerlohn auf ein Minimum vermindertwird. Das neue Transportmittel schwimmt und rollt, hebt sich au»eigener Kraft aus dem Wasser und geht wieder hinein, überwindetStromschnellen und Untiefen, ist also das gegebene Beförderung»-Werkzeug für unkultivierte Länder.Die Farbstossproduklion der Well. Der Vorsitzende des Eng-lifchen Farbstosf-Berbandes macht in„Chemical Age" Angaben überdie gegenwärtige Erzeugung von Farbstoffen in den einzelnen In«dustriestaaten. Danach werden in den Vereinigten Staaten setztjährlich rund 32 666 Tonnen Farbstoffe hergestellt, in Großbritannien36 666 Tonnen, in der Schweiz 12 666 Tonnen, in Frankreich 8666Tonnen und in anderen Ländern, ohne Deutschland. 4666 Tonnen.Deutschlands Erzeugung betrug vor dem Krieg 135 666 Tonnen. Heut«dürfte sie nach Ansicht der englischen Sachverständigen erheblichgrößer sein, doch wird dies von anderer Seite bestritten.Naturwissenschaft[slüu�aciWWie sieht der Schmetterling die Welt? Die Frage, wie sich imAuge des Schmetterlings das Weltbild spiegelt, ist nicht so müßig,wie sie im ersten Augenblick scheinen mag, denn man muh sichgegenwärtig halten, daß jedes der unbeweglichen Augen de»Schmetterlings mit 5666 mikroskopischen Linsen ausgerüstet ift�deren jede auf der Spitze eines aus 8 feinen Nerven gebildetenSttls ruht. Diese Linsen setzen den Schmetterling in den Stand,gleichzeitig in 5666 verschiedenen Gradwinkeln zu sehen. Die Bilderspiegeln sich in jeder dieser Linsen nicht wie im Menschenauge Inverkehrter, sondern in natürlicher Stellung, so daß der Schmetterlingein in unzählige Felder geteiltes Bild vor sich hat, in deren jedemdas Bild der Umgebung korrekt wiedergegeben wird. Eine Nach-Prüfung der Sehfähigkeit des Schmetterlings war nur dadurchmöglich- daß man im wahren Sinne des Wortes mit dem Aug«eines Schmetterlings durch das Mikroskop blickte. Dabei könnt«man feststellen, daß der Schmetterling kurzsichtig ist, und daß er übe?einen Meter Entfernung hinaus nur verschwommene Bilder zu sehenvermag'. Der berühmte englische Entomologe Eltringham, der überden Bau des Schmetterlingsauges Sonderstudien anstellte, hat aucheine Reihe von Versuchen zu dem Zwecke gemacht, festzustellen, obdas Schmetterlingsauge für die verschiedenen Längen der Lfthtwellenempfindlich ist, die unsere Augen als verschiedene Farben sehen.Es ergab sich dabei, daß einige Schmetterlinge Augen besitzen, di«die ganze Farbenskala des Spektrums wahrzunehmen vermögen,während andere mehr oder weniger farbenblind sind, d. h. die ein-zelnen Farben überhaupt nicht unterscheiden können, sondern alle«rot sehen.