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Zeit der Griechenkämpfe.) Des Dichters damals fünfjähriges Söhn- gen Fürstentümer und zu einer Zentralisterung der Gewalt. Aegype chen Theobald hatte das Erinnerungsblatt dem Grundstein eingefügt ten wurde das mit einer Beamten- und Priesterhierarchie regierende und darauf war weiter gebaut worden, bis Anfang November das Königtum, als das wir es in seiner Blütezeit kennen. Haus, zu deffen Richtfest Ludwig Uhland   den Zimmermannsspruch verfaßt hatte, bezogen werden konnte. Damals bestand die Familie aus den Eltern, drei Kindern, einem Dienstmädchen und dem Rappen, der den beleibten Dottor( zuweilen auch seine Gattin) manches Jahr auf geduldigem Rücken getragen hat.

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Die erste Erweiterung war ein Frönen romantischer Lieb­haberei: es war der Erwerb des etwa aus dem Jahre 1000 ftammen­ben benachbarten Geisterturmes". Er hat später in dem darin eingerichteten Zimmerdhen manchen berühmten Gaft beherbergt, u. a. Lenau  , der dort an seinem" Faust" arbeitete. Im Jahre 1827 erfolgte ein Anbau im Schweizerhausstile, und im Garten wurde ein altertümliches fleines Bauwert ebenfalls für Unterkunfts­awede ausgestaltet. Die unendliche Zahl der Namen, die das steinerne Album" an einer Mauer der Ruine Weibertreu verzeich­net, gibt einen anschaulichen Begriff von der Fülle von Besuchern, die auf längere oder fürzere Frist im Doktorhause unterhalb der Burg Einfehr gehalten haben. Ueber die Gäste hat. Kerner von 1839-1854 eine Fremdenliste geführt, die zeigt, daß in dieser Zeit kaum ein Reisender die Heilbronner   Gegend paffiert hat, ohne in Weinsberg   vorzusprechen. Die einen suchten den Menschen, den Freund, andere besuchten den geschätzten Dichter, dessen Lieder man in immer größeren Kreisen zu fingen anfing, wieder andere den Arzt oder den berühmten Geisterbeschwörer". Bon folchen hilfe heifchenden Kranten war die berühmteste die unglückliche Ehefrau des Kaufmanns Hauffe aus dem Dorfe Prevorst, bekannt als ,, Seherin von Prevorst  ".

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Es famen mitunter auch Besucher, die lediglich im gaftfreien Haufe fich qütlich tun, schmarohern wollten. Nicht selten ftellten fich auch Mitglieder des bayerischen oder württembergischen Hofes ein. Es vringelt wieder", pflegten dann spottend die Freunde zu sagen. 3m Winter 1831/32 gewährte Kerner polnilchen Flüchtlingen hilfs­bercit Unterfunft. Bochenlang wohnten sie bei ihm; sogar der Volenselbherr Rybinfty genoß nach den geräuschvollen Kundgebungen, die ihm auf seiner Reise durch Deutschland   zuteil geworden waren, im Gartenhäuschen des Dichters zehn idyllische Tage. Schon 1826 mar ein anderer berühmter Gast bei Kerner ge­wefen. Der entthronte Gustav IV. von Schweden  . Als ein­facher Wanderer mit einem Ranzen auf dem Rücken, sich Oberst Gustavson nennend, war er eines Tages in Weinsbera aufgetaucht. Das schlichte Haus, das Kerner fich vor hundert Jahren baute, ist heute in ein Museum seiner Familie und feiner vielen Freunde nah und fern umgewandelt. Freilich tommt darin der Sohn Theo­bald und feine einst umschwärmte schöne Gattin mehr zur Geltung, als der alte Justin und sein bescheidenes Ridele.

Wenn aber in der Ruine da oben die alten Kernerfchen Neois. Horten vom leisesten Windhauche gespielt werden, ersteht doch die einstige Dichterromantik Alt- Weinsbergs vor dem geiftigen Auge.

Aegypten  .

Eine foziologische Skizze von Dr. Victor Engelhardt( Friedenau  ).

Wir bringen im folgenden ein verkürztes Silid aus dem Buche unferes Mitarbeiters Dr. B. Engelhardt ,, Weltbild und Weltanschauung vom Altertum bis zur Gegenwart", das über die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher Kultur und Weltanschauung in allgemeinver­ständlicher Weise berichtet. Das Buch ist in Reclams Universalbiblio­the erschienen.

Die kennzeichnendste der orientalischen Stromkulturen ist die des alten Aegypten  . Sie ist ein Geschenk des Nils" im wahrsten Sinne des Wortes. Ein ewig blauer, regenloser Himmel und eine alles versengende Sonne würden das Land zur Wüste machen, wenn nicht der Nil gewaltige Wassermassen aus dem Innern Afritas her­anführte und im Sommer alles mit feuchtem fruchtbaren Schlamm bedeckte. Aegypten   war demnach für ein noch unerfahrenes Acker­bauvolf- geeignet wie tein anderes Land. Von einer Ermüdung und Erschöpfung des Bodens war nicht die Rede. Er wurde alljährlich durch die Natur gedüngt. Ohne Viehhaltung und ohne Raubbau fonnte auf begrenztem Gebiet aus dem Bollen gewirtschaftet wer­den. Die Zahl der Bewohner wuchs und die durch leichte Arbeit herbeizuschaffenden Nahrungsmittel ermöglichten frühzeitig eine weit­gehende Arbeitsteilung. Diese führte die Entstehung von Städten herbei, welche naturgemäß zum Mittelpunkt geistiger Kultur wurden.

Auch die geistige Kultur Aegyptens   ist ein Geschenk des Nils". Troy aller Fruchtbarkeit des Bodens schuf die rasch anwachsende Bevölkerung schließlich ein Mißverhältnis zwischen Kopfzahl und Produktion. Dieses mußte durch Erweiterung des ertragfähigen Bodens ausgeglichen werden, da eine intensivere Bewirtschaftung der bebauten Flächen kaum möglich war. So kam man darauf, mit einem System fünstlicher Kanäle die Ueberschwemmung in willkür­liche Bahnen zu lenken. In nugbringender Weise konnte ein der artiges Ranalsystem nur angelegt und betrieben werden, wenn fämt­liche Bewohner Hand in Hand arbeiteten und nach einem gemein­famen Blane vorgingen. Die wirtschaftliche Notwendigkeit drängte demnach zu einer Auflösung der ursprünglich bestehenden selbständi­

Die Wirkung der im Fluß liegenden geographischen Eigenart des Landes läßt sich aber nicht nur in den allgemeinen Zügen des wirtschaftlichen und fulturellen Lebens nachweisen, sondern auch bis in die Einzelheiten hinein verfolgen. Die Notwendigkeit von Kanal­anlagen und Schöpfwerken wurde Ursache einer starken technischen Begabung der alten Aegypter. Die Ueberschwemmungen, welche alle Grenzen verwischten und oftmals Reuvermessungen notwendig machten, führten zur Ausbildung einer verhältnismäßig hochent­wickelten Mathematik, und das Bedürfnis, die Zeit der Ueber­fchwemmung mit einiger Sicherheit voraussagen zu können, zwang die Aegypter, sich um eine genaue Zeitrechnung, einen richtigen Kalender, zu bemühen. Sie wurden beobachtende Astronomen und haben auf diesem Gebiet Gutes geleistet.

Troß dieser Vielseitigkeit der Aegypter auf wissenschaftlichen Gebieten tann man ihnen aber doch keine Wissenschaft" als solche aufchreiben. Sie haben Kenntniffe" gehabt, aber feine Erkenni­nis". Der Summe ihrer praktischen Erfahrungen fehlte die theo­retische Zusammenfassung, welche das wissenschaftliche Weltbild formt. Für dieses waren Zeit und Umstände noch nicht reif. Die zur Nußbarmachung des weitverzweigten Kanalsystems notwendige Bereinheitlichung und straffe Leitung hatte, wie wir sahen, zu einem Rönigtum mit starfer Briefterhierarchie geführt. Die Ausübung und Pflege der Wissenschaft lag fast ganz in den Händen der völlig politisch eingestellten Briefterbeamten, und die wissenschaftliche Tä­tigkeit wurde dadurch, manchmal sogar in Form sorgsam gehüteter Geheimlehren, völlig zum Werkzeug der Herrschaft. Sie blieb auf das Praktische gerichtet und machte in ihrer Entwicklung halt, sobald die praktische Aufgabe gelöst war. Zu einem Eindringen in die Tiefe lag meist kein Bedürfnis vor, ja, ein solches Tieferschürfen mußte dem Bestand der Beamtenhierarchie, die notwendigerweise ein konservatives Antlitz zeigte, sogar gefährlich erscheinen. So fand die Wissenschaft in Aegypten   die Freiheit nicht, welcher sie zur Ent­wicklung eines Weltbildes bedarf. Diese Freiheit hat sie erst viel später gefunden bei der wirtschaftlich und politisch ganz anders eingestellten Griechen.

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Zwei Gedichte.

Bon Paul Zech  .

Die Herzübervollen. Gie wandern tagaus, tagein die gleichen ftaubigen Wege zur Bahnstation.

Sie tragen die niedrigen Scheine Lohn an hundert Läden vorüber mit bleichen, frierenden Mienen: das Glück zu kaufen, und träumen vor Konditorein

und Fenstern mit Früchten und Wein

Land Kanaans   himmlische Trauben.

Sie möchten sich so an einen Gespielen verlieren, wie Blumen an Bienen und Schmetterling. Manchmal reißt Eine den fupfernen Ring herunter und weint mit den struppigen Tieren der Gosse... der Wind blättert in ihren Haaren Jahre zurück.

Und findet auf keinem das Zeichen: Glück. Und läßt sie wie eine zwecklose Sache fahren...

Kleine Näherin.

Langlampen schminkten Pfirsich auf die Haut Die Füße schwärmten lerchenhaft ins Blau. Es warfen hundert Tänzer diese eine Frau fich zu, und allen war sie leise: Braut.

Der Saal steht noch am gleichen Ort, von Horn und Flöte überdröhnt... Noch greller fällt das Licht auf Kurven Luft; doch niemand hält den Atem an, vor der, die blutig steht im Dorn

wellender Sommer, Husten in der Kehle quer. Die Seidenschuhe ausgefranzt, und schwer die Schenkel rudernd durch das Eis

der Nähmaschine.

Manchmal reißt der Zwirn fich los von harter Naht und schlägt ins Hirn hinüber, spinnt zurück und färbt den Scheitel weiß.