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und müssen vielleicht mit dem berühmten Worte des großen Natur-| meiner Frau zu Abend und gehe mit ihr noch ein Stündchen in forschers Du- Bois- Raymond hinzusehen: Ignorabinus" hinzusehen: Ignorabinus"( Wir die Luft. Am Himmel blizen schon die ersten Sterne auf; hell und werden es auch nicht wissen). flar strahlt bereits die Venus. Meine Frau zitiert leise singend Ganz vor kurzem sind im unbekannten Innern der Urwälder die ersten zwei Zeilen des Liedes aus dem Tannhäuser  " O du Brasiliens   wunderbare Felsenmalereien und etwas wie Bilderschrift mein holder Abendstern, wie grüßt ich immer dich so gern". Ja, entdeckt worden, wobei die Zeichnungen sehr lebhaft an ähnliche sage ich, die Sternenwelt ist doch das größte Wunder und doch Tier- und Jagdbilder der Buschmänner Südafritas erinnern. Die gehen die meisten Menschen achtlos daran vorüber. Der Anblick der Jetzt da nackt und ohne feste Hütten vagabundierenden Indianer, die fernen Weltförper und das, was ich nachmittags darüber gelesen, noch Steinwaffen und Steinwerkzeuge haben, wissen nichts über gibt reichlichen Gesprächsstoff in der Unterhaltung mit meiner dies Rätsel der Waldnacht... und auch der moderne Forscher fann Frau. An Leib und Geist erfrischt und erfreut über das Ergebnis aus der Fülle seiner Wissenschaft nicht einmal Vermutungen an des Sonntags, lenten wir unsere Schritte wieder unserem Heim zu. stellen. Bor den Kinos stauen sich neue Massen zur dritten Borstellung.

Bölfergeschichtliche Rätsel, wie sonst kein anderer Teil des Erden­runds, gibt der schon genannte Stille oder Große Dzean mit seinen tausend Inseln und Infelchen auf. Wohin deuten die verwandtschaft­lichen Beziehungen der bald negerartig fraushaarigen, bald mit ganz Schlichtem, strohigem Haarschopf bedeckten Auftralneger?

Wo stand die Wiege der aussterbenden Maori  , die auf Neusee­ land   wilde Kämpfe mit den riesigen Moorvögeln bestanden, von denen noch alte Heldenlieder fünden, und die nach Ausrottung dieser ihrer Fleischlieferanten zur Menschenfrefferei übergingen, weil es fonft auf ihrer Infel fein jaadbares Wild gab? Welche riefenhaften Wanderungen über die pfadiose Weite des Ozeans mußten vorher gegangen sein, ehe sich die Südsee- Infulaner, vor der Berührung mit dem Branntwein und den Seuchen der Europäer durch wahrhaft griechische Schönheit der Körperbildung ausgezeichnet, über die zahl­lofen Eilande der unermeßlichen Flächen verteilt hatten!

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Das alles sind für uns Fragen und Rätsel, so intereffant und so merkwürdig, wie je etwas in der Völkergeschichte aber die Lösung der Probleme scheinen wir kommenden Geschlechtern überlaffen oder vielleicht auch für immer darauf verzichten zu müffen.

Mußestunden.

Von Ernst 3 ahn, Breslau  .

Sonntagnachmittag. Mein Beruf zwingt mich auch an den Sonntagen hinaus ins feindliche Leben". Aber jetzt flappe ich mein Tourenbuch zu und gehe nach Hause. Vor den Kinos stauen fich schon die Besucher, um ja nicht ihre Lieblingsbarsteller im neuesten Sensationsfilm zu verpassen. Zu Hause angelangt, reinige ich mich vom Schweiß und Straßenstaub, dann effe ich mit meiner Familie zu Mittag. Nun bin ich endlich befreit vom Zwange und fann ein paar Stunden meinen Neigungen leben. Meine Frau bietet ihre ganze Ueberredungskunst auf, damit ich mich nieder­lege, nur ein Biertelstündchen". Ich habe aber dazu wirklich keine Beit, sondern laffe mich am Schreibtisch nieder und sehe nach, was ich mir für heute vorgemerkt habe. Zunächst eine kleine Auffrischung meines astronomischen Wissens. Während einer im Laufe der Woche mit Berwandten gehabten Unterhaltung über unser Planetensystem mußten wir zu unserer Beschämung wahr nehmen, daß wir davon nicht viel wußten; nicht einmal die Reihenfolge in der Entfernung von der Sonne. Wie wenig allge­meines Wissen doch selbst ein aufgeklärt sich dünkender Arbeiter befigt! Erft lernt man sehr wenig und dann entfällt einem das Benige wieder gar zu rasch. Es ist erstaunlich, wie schnell die Menschen und besonders ganze Völker vergessen. Selbst ihnen augefügtes Unrecht vergessen diese schnell.

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"

Ich nehme den dritten Band der Intern- Bibliothek Welt Schöpfung und Weltuntergang" zur Hand( Borwärts- Buchhandlung). Das Wert habe ich schon als Handwerksgeselle heitweise be­und nach zehn Minuten haftet es fest im Gehirn: Merkur  , Venus, Erde, Mars, dann die Blanetriden, und weiter: Jupiter, Saturn, Uranus   und Neptun. Auch ihre Entfernungen von der Sonne und Umlaufszeiten um diese und um sich selbst präge ich mir

zogen

ein.

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Dann aber lege ich das interessante und leichtverständliche Buch beiseite, um dem wichtigsten Gegenstande meines heutigen Feiertagsprogramms mich zuzuwenden.

Durch einen im Parteiblatt erschienenen Aufsatz über Die Sklavenaufstände im alten Rom  " war ich wieder an die gewaltigen fozialen Kämpfe in der antifen Welt erinnert worden. Bor 35 Jahren bereits hatte ich von einem älteren Parteigenossen Kolbs Kulturgeschichte der Menschheit" geliehen bekommen. In wenigen Wochen hatte ich den Inhalt verschlungen. Es war das erste Geschichtswert, das ich in die Hände bekam, und wenn ich daran denke, wie geistig arm ich bis zu der Zeit gewesen bin, dann preise ich den Zufall, der mich mit der damals besten Kulturge­schichte bekannt gemacht hat. Neben Bebels Frau", Kautskys Karl Marg' ökonomische Lehren" und einigen Lassalleschen Schriften, ist es das Werk gewesen, das mich dazu begeistert und befähigt hat, verhältnismäßig früh öffentlich für unsere Partei agi­tieren zu können. Später habe ich die beiden trefflichen Bände fäuflich erworben und meiner Bibliothek einverleibt.

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Ich nehme den ersten Band aus dem Reaal und lefe im Ab­Ichnitt Das Altertum Römer" Seite für Seite, bis der Abend feine ersten Schatten niederfenkt. Ueberwältigt von den dort ge= schilderten sozialen Zuständen, begeistert für die tapferen Bolts­tribunen, deren es schon vor 2000 Jahren gab und die auch damals unter fteter Lebensgefahr für die Besiklofen eingetreten find, und erschüttert von ihrem meist tragischen Ende Revolver gab es der Zeit noch aber nicht, dafür wurde von Feinden Des Volkes eifrig mit Gift und Dolch ge lege ich das Buch aus der Hand. Dann esse ich mit

สิน

arbeitet

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den

Die Marseillaise  .

Zu ihrem 130. Geburtstage.

Bon Alfred Hein  .

1792 eine riesige duftende Blutrose, die in den Himmel zerfloß. Die Freiheit entglühte dem nächtigen Straßburg   des Jahres Jeder vom neuen Geist Beseelte dehnte die Glieder wohlig in ihrem füßen Schatten. Die Widerspenstigen aber riffen den Degen aus der Scheide Straßburg   war in diesen Tagen ein Hauptlager der Rheinarmee und flachen zähnefnirschend in die unruhig rau nende Nacht.... Doch der herzwühlende, begeisternde Blutrosen duft blieb. Freiheitsgeift durchwogte die Gaffen. Scharf ging der Rhein  . Der Rhein   brodelte ein Lied. Ein hungriges Freiheitslied. Das Lied der Freiheit. Die Marseillaise  ! Urkraft von den Alpen  her versammelnd, sehnsüchtig nach dem uferlosen unrasten Taten vollbringen des Meeres, den sternblißenden Himmel in sich fpie­gelnd, formte chaotisch der Dichter Rhein   das Lied! Frühlingswind fing es auf, trug es empor an den hochströmenden Türmen des nachtschwarzen Münsters, sentte es mit jähem Wurf in die Gasse; an einem Fenster stand ein über sein Kriegshandwerk sinnender Offizier, dessen Herz fing es auf und gestaltete es zu Worten.

Nie war die Ironie der Schidung größer als in dem Augen­blick, da der Freiheitsfang der Welt das Herz eines Royalisten von Fleisch und Blut, Rouget de Lisle  , befeelte. Wie widerwillig sich die Verse in dem Ünbedeutenden formten! Er will das Lied zu einem Mordsturmfang der Armee stempeln! Aber es wächst über ihn hinaus, es singt von Schar zu Schar, immer begeisterungs. trunkener herausgeschrien, es wird aus der Taufe gehoben in Mar­feille, fanatische Matrosen sind seine Baten. Rouget de Lisle   aber flucht dem Satan", der dieses Lied in sein Herz gesenkt habe. Er dichtet es unwissend und blöde, wie der Handwerker mechanisch das geniale Werk des Erfinders ausführt.

Bald erkennt Paris   Rougets wahre Gesinnung, und die Frei heit, die sein Lied entfeffelt hat, wirft ihn ins Gefängnis. Aber man besinnt sich wieder auf die Heiligkeit seiner Sendung, und am Feste der Vernunftgöttin wird die Marseillaise der öffnende Schlüffe! seines Rerfers. Zehntausende von Seelen jubeln begeistert seinen" Sang ihm entgegen, er bleibt falt. Mit hochmütigem Offiziersgesicht die Menge legt es als Dichterstolz aus durchschreitet er die begeisterungsbraufenden Menschenmassen. Dann fiecht der Kleine, Unbedeutende dahin, der Glutleib der Riesin Marseillaise   erdrückt den engherzigen Royalisten. Nochmals wird er ins Gefängnis ge worfen. Nochmals befreit ihn, den Dichter", sein Kollege Béranger. Das Lied macht ihn verfolgungswahnsinnig.

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Nie hat ein Mensch so sehr sein eigenes Wert gehaßt. Nie wird noch im Tode einem Menschen mit seinem eigenen Werke weniger Freude bereitet worden sein als Rouget de Lisle  . Ueber feinem Grabe fang Paris   die Marseillaise  , und die Welt lauschte hingeriffen. Der Dichter aber, hätte er den Begeisterungsbraus nochy vernommen, würde den Deckel des Sarges wütend zersprengt haben mit gellem Schrei: Das Schandlied ist nicht mein!!"

Gebet.

Brich an, du Morgen, glutdurchloht, Du heil'ger Tag brich an!

Laß Flammen lodernd, blutigrot, Zum freien Licht hinan!

Laß brausend wilde Stürme weh'n, Laß über Berg und Tal Gewaltig, grollend Donner geh'n, Jag' Blize ohne Zahl Durch's Aethermeer!

Laß wild der Elemente Heer Durch' Weltall zieh'n,

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Laß alle Sterne feurig glüh'n! Dann aber, wenn die Nacht vorbei, Wenn alle Welt von Elend frei: Dann laß auf bloßen, leisen Zeh'n Den Frieden durch die Lande geh'n; Und keine Macht soll ihn entweih'n. Dann woll'n wir wieder Menschen fein, Und feiner Herr und feiner Knecht, Ein Leib, ein Wille, ein Geschlecht, Woll'n wir empor zur Herrlichkeit. Dann aber, dann ist uns're Zeit.

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Friß Muche, Metallarbeiter.