Filmaufnahme von Operationen.Don Ernst Degner.Bis vor kurzem war die Verwertung von Filmen für denchirurgischen Unioersttätsunterricht ein ungelöstes Problem. SeitDoyen mit seinen Operationsaufnahmen, die er vor über IS Iahrenzeigte, einen glatten Mißerfolg hatte, weil sie nur den theatralischen,äußerlichen Teil einer Operation zeigten, war es nicht gelungen, dieKinematographie in den Dienst der Chirurgie zu stellen, und dochlag da? Bedürfnis vor, chirurgische Technik auf andere als die bis-her geübte Weife dem Studierenden klar zu machen. Darstellungenin Lehrbüchern find langatmig, und selbst wenn sie durch gut« Zeich-nungen, Photographien oder Beschreibungen unterstützt sind, unklarund mißverständlich. Auch die prakttsche Borführung einer Operationim Krankenhaushörsaal kann den gewissenhosten Studenten nicht be-friedigen. Die Erfahrung, daß bei einer Operation Blut fließt, daßeine Unzahl von Instrumenten benutzt wird und daß sie Entschluß-sähigkeit und Fixigkeit erfordert, hat er schon nach den ersten Malengemacht. Welches Maß von Krastentfattung bei den Manipulationenanzuwenden ist, kann er durch Anschauung auch nicht lernen. Die„weiche" oder„harte" fjand ist Sache des Gefühls und der Ersah-rung: das hat ihm der Professor auseinandergesetzt. Wozu ihm derHörsaal verhelfen soll, ist die Vermittlung von Kenntnissen in derOperationstechnik. Aber, so sonderbar es auch klingen mag,es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß er im Operationssaal von derOperationstechnik etwas sieht. Denn abgesehen davon, daß die Moni-pulationen viel zu schnell ablaufen und die einzelnen Objekte sowinzig sind, daß eine genaue Beobachtung unmöglich wird, ist umden Pattenten in der Regel ein ganzer Stab von Personen be-schäfttgt, der dem Zuschauer nur zusallsweise eine Aussicht läßt.Aber selbst im günstigsten Fall bleibt ein großer Teil des komplizierten Hergangs der Operation dem Auge verborgen, weil die meistenEingriffe von oben her an dem liegenden Patienten vorgenommenwerden, so daß den Studenten alles vorenthalten wird, was in derTiefe der Wunde vor sich geht.Demnach schien der Film berufen, eine empfindliche Lücke imUniversitätsunterricht auszufüllen. Indessen hat die übliche seitlichaufgestellte Aufnahmckamera einen ebenso ungünstigen Platz wieder zuschauende Student. Die entstehenden Bilder werden noch dazuhäliflg verschwommen und undeutlich, weil die für jede Filmauf-nahm« notwendige intensive Beleuchtung durch den Rücken desOperierenden abgeblendet wird. Was aber über diese Mängel hin-aus dem bisherigen Operottonsfilm das Mißtrauen und die ab-lehnende Haltung der Fa6)gelchrten eintrug, ist ein U ebelstand, derin der Tat äußerst bedenklich war. Die gewöhnliche Appa-ratur ermöglichte es nicht, die Filmaufnahme mitden Kunst regeln der Chirurgie zu vereinen. Wederdie Ausnahmekomera noch die Scheinwerser lassen eine aseptisch«Operatton zu. Es war also«in Patient, dessen Operation im Filmfestgehalten werden sollte, im höchsten Grade gefährdetDer Direktor des Wilmersdorfer Städtischen Krankenhauses Dr.von Roth« stellte für den besonderen Zweck die Ausnahmetechnikauf ganz neue Grundlagen und löste damit das Problern— Jahrzehnte nach der Einführung des Films. Er gab der Aufnahme-kamera den günstigsten Platz, der sich für Operottonsfilm« denkenläßt, nämlich über dem Operationstisch, wo sie an einem senkrechtverstellbaren Rohr aufgehängt ist. Die gesamte Apparatur istelektrisch betrieben und läuft, vom Chirurgen selbst in Tätigkeit ge-setzt, automatisch. Durch«ine sinnreiche Vorrichtung trifft das ausNebenzimmern dringende Scheinwerferlicht von oben her auf dasOperationsgebiet. Infolge der geschilderten Anordnung gestattet dieRothesche Apparatur, die In allen Teilen sterilisierbar ist, einwand-freie, von der Operattonstätigkeit nicht ablenkende Aufnahmen undll�crt zum erstenmal wissenschaftlich wertvolle Filme, die denchirurgischen Unterricht nicht nur zu ergänzen, sondern zu verttefenvermögen.Wer einen der zahlreichen von Rothe hergestellten Filme Hotabrollen sehen, ist überrascht, mit welcher Klarheit sich hier derspeziell? Eingriff bis in die feinsten Einzelheiten darstellt. DieFilme haben denn auch bei seinen engeren Fachkollegen sehr raschAnerkennung gesunden. Prof. Bier war der erste, der in derchirurgischen Klinik in der Ziegel st ratze einen Auf-nahmeapparat erhielt. Seit einigen Tagen verfügt die BreslauerUniversitätsklinik ebenfalls über diese aussichtsreiche Einrichtung.Auch von dem bekannten Institut Rubio in Madrid wurde sie imAnschluß an eine spanische Vortragsreise in Austtag gegeben, dieRothe auf eine Einladung der Madrider Universität Ende des ver-gangrnen Jahres unternahm. Bedeutende spanische Gelehrte er-boten sich, ein besonders erfreuliches Ergebnis seiner Vorträge, durchVermittlung seines Filmoerfahrens mit den deutschen Kollegen amgemeiusamen Werk zu arbeiten. Sie beweisen damit, daß echteWisienschaft über politische Grenzen und politische Beschränktheiterhaben ist.Die Kinematographie nach dem Rotheschen Verfahren hat jetztauch ein eigenes Heim erhalten. Im Januar wurde in der Charit«das Institut für medizinische Kinematographieeröffnet, das Dr. von Rothe unterstellt ist. Es wird nicht nur amdem Ausbau des chirurgischen Unterrichts mitarbeiten, indem es dieUniversitäten mit Operationsfilmen versorgt, sondern es verfügt auchüber die modernsten Einrichtungen kinemolographischer Technik, dieIn den Dienst speziell-medizinisckier Forschung gestellt sind. Nach reinwissenschaftlichen Gesichtspunkten geleitet, berechtigt es zu hoch-gespannten Erwartungen und verdient daher von den maßgebendenStellen in jeder Hinsicht gefördert zu werden. Bor allem sollte esals zeitsparendes Bildungsinstitut bei der nun schon seit Jahren ge-planten Reform des medizinischen Studiums in Rechnung gestelltwerden.Crübebengebiete.Von Johann Charte t.Die Ereignisie die jüngst von der Westküste Amerikas unddem Stillen oder Pazifischen Ozean gemeldet wurden, erinnern un»wieder einmal daran, daß die Kräfte, die an der Umgestalttina desAntlitzes unserer Mutter Erde arbeiten, noch Immer am Werkesind. Wir denken hier nicht an jene Kräfte, die von außen ein»wirken und zu denen Hitze, Kälte, Wasser, Eis, Wind gehören.Ihre Tätigkeit vollzieht sich so langsam, daß die Folge« sich nur inlängeren Zeiträumen überblicken lassen. Die gemeldeten Ereignisseweisen uns vielmehr auf die inneren Kräfte hin, die als Vuikanis»mus und Erdbeben in die Erscheinung treten. Die Folgen dieserKröfie sind sofort zu spüren und für uns Menschen oftmals rechtunheilvoll.An allen Stellen auf der Erde, wo sich große Gebiete gesenkthaben, also ausgedehnt« Erdschollen in die Tiefe gesunken sind,finden wir die Randzchnen dieser Bruchgebiete mit Vulkanen besetzt,die noch tätig oder schon erloschen sind. In diesen Gebieten sindauch die Erdbeben besonders häusig. In Deutschland ist die oder»rheinisch? Grobenversenkung ein solches Gebiet. Als Horste bliebenim Osten der Cchwarzwald, im Westen die Vogesen stehen, währenddas zwischen ihnen licaende Land in die Tiefe sank und zum Rhein»tal wurde. Die erloschenen Vulkane der Eifel deuten aus eineäußerst rege vulkanische Tätigkeit hin in einer erdgeschichtlich nichtallzu fern zurückliegenden Zeit. Hin undjoieder kommen hier auchErdbeben vor, so in der Pfalz, im Schwarzwald und in derGegend von Aachen.Das amerikanische Küstengebiet des Sttllen Ozeans ist einsolches Absin kungsgebiet von riesigen Ausmatzen. Beinahe vomNordpol bis zum Südpol reicht die Zerreißung der Erdoberfläche.Der westliche Teil dieser gewaltigen Landscholle sank tief in dasMeer hinab, während der östliche Teil als die gewaltige Gebirgs-kette der Anden die Westküste des gesamten amerikanischen Fest-landes bildet. Obwohl d'ese Veränderung in der Tertiärzest ge-fchah, also schon einige Iahrmillionen zurückliegt, wirken die Er-schüstcrungen jetzt noch nach. Die Landschollen sind noch nicht zurRuhe gekommen, in senkrechter und wagerechter Richtung verschie-den sie sich fortwährend. Auf der gesamten Erde traten in de?Tertiärzeit gewaltige Veränderungen ein; mächtige Gebirge, wiedie Aloen, entstanden in jener Zeit, und die Vulkantätigkeit waräußerst rege. Wir erleben gewissermotzen die Rochwehen jenes erd-erschütternden Zeitabschnittes, dem das Antlitz unserer Mutter Erdehauptsächlich sein« heutige Gestalt verdankt.Die nördliche Grenze der amerikanifch-pozifisttschen Grobenversenkung bildet die Inselgruppe der Alcuten, die die Reste einerursprünglichen Landverbindung zwischen Amerika und Asien dar-stellt. Sie ttägt einen durchaus vulkanischen Charakter. Auch derMeeresboden wird in dieser Gegend von Bulkanausbrüchen undSeebeben(d. f. Erdbeben des Meeresgrundes) heimgesucht. Mit»unter steigen tätige Vulkan« urplötzlich aus dem Meere auf, wiedie beiden Bogoslos-Dulkane. von denen sich der ein« am 7. Mai1796 vor den Augen entsetzter Seesahrer über den Meeresspiegelerhob, ivährend dar andere am 27. September 1883 zuerst gesehenwurde. Weiter südlich zeigt die Westküste Nordamerikas allerdingsnur erloschen« Vulkane. Die letzten Reste der vulkanischen Tätig-keit in dieser Gegend sind die Geise? des Belowstonepark». Daßsich in diesem Gebiet auch Erdbeben ereignen, zeigte u. a. da»gewaltige Beben vom 18. April 1906, bei dem San Franzisto zer-stört wurde.Als Fortsetzung schließt sich die Bulkanzon« Miiteiamerikas an,deren Vulkane gegenwärtig in voller Tätigkeit sind. Zu groherHöh« steigen sie auf, so der Colima bis 4300, der Acotenango bis4150, der Tolura bis 4600, und der Popokatepetl bis MSÜ Meter.Hier liegt auch der Iorullo, der 1759 vor den Augen der erschrecktenBevölkerung inmitten einer furchtbaren Eben« aufstieg, nachdem derErdboden sich vorher schon wi.d bewegt hatte.Die pazifische Küste Südamerikas weist die höchsten Vulkane'der Erde auf, wie den Ootopaxi in Quito mit S943 und den Sojamain Peru mit 6-11S Mettwn. Auch in Südamerika finden sichzwischen den einzelnen Gruppen tätiger Bulkan« Gegenden, indenen die vulkanische Tätigkeit erloschen ist. Hier treten häufigErdbeben auf. In einem solchen Gebiet liegt auch Valparaiso,das bei dem heftigen Beben von Mittelchile am 16. August 1906stark gelitten hat. Die in der Nähe des Nordpols beginnendeamerikanisch-pozis.sttsche Bruchspolte setzt sich fort von der Süd-spitze Südamerikas, hier von der Magelhaensstrahe unterbrochen,bis zur Antarktis, dem Erdteil des Südpols. Hier liegen, begrabenunter einer mächtigen Eisdecke, die beiden Vulkan« Erebus undTerror, der erster? bis<000 Meter hoch.Wir sehen, daß die Gegend, aus der uns jüngst wieder Erfchüt-terungen der Erbe gemeldet wurden, ein an solchen Erschütterungenäußerst reiches Gebiet ist. Wir dürfen hier im Lause der Zeitennoch manche Ueberraschung erwarten von den umaestaltenden Kräi-ton der Erde, die Inseln im Ozean versinken lassen, wie jetzt dieOstcrinsel, die aber an anderer Stell- wieder Neuland aussteigenlassen aus dem Schoß des Meeres.