ÄEDer..Iugend-Vorwäris" ist ein Divkussioasorgan derArbeiter- Zugend und der Znngsozialisten. Es können hier gelegentlich auch Meinungen zum Ausdruck kommen, die demStandpunkt der Partei nicht vollkommen entsprechen. DieRedaktion trägt daher für den Inhalt dieser Vellage nur diepreszgesehliche Verantwortung. Redaktion des„Vorwärts�.Jugend.Von Max D o r t u.chinaus! Hinaus!Hinaus in den duftenden Sommer.Jugend, rühre dich. Jugend, den Rucksack gepackt. Die Feld-flasche her. Und die Landkarte. Auch den Kochtopf her.Und die Geige geht mit. Gitarre und Laute.Fabrik, Werkstatt— die Jugend verläßt euch.Fabrik, Werkstatt— wie ihr so hartherzig wäret. Immernur Pflicht fordernd. Nie Güte schenkend.Maschinen— uns ruft der Wald!Feuer— uns winkt die Sonne!Drehbank— uns erwartet der Bach!Fabrik— Werkstatt— die Jugend verläßt euch.-i-Gesang von den Lippen. Gesang aus dem Herzen.Die Seele fühlt rein.Und der Wind ward Wandergeselle mit uns.Und olle Bäume haben grün geflaggt.Und die Zikaden find unermüdlich.Und die Schwalben flitzen.Und tausend Blumen sind so bunt— so bunt— so bunt.Steine— wie schön eure Formen.Dort der Fluß: braun seine Brust, braun sein Nacken, braunseine weichen Arme— und rot sein weiblicher Mund.Berge, Berge— ihr streckt die großen gütigen Hände— undihr hebt uns hinauf-- hinauf ins Blaue— näher derSonne ans Herz— näher zu den Freunden: zu den weiß-geränderten Wolken: den schönen, den ernsten.Und im Bcrgwalde die goldenen Falter.War das dort nicht eben ein Reh?Zündet zum Mahl.Und die Flammen entblößen ihre Schönheit.Und die Suppe kocht.Und es schmeckt.Und dann schläft man— im Schatten der Eichen, im Schattendes Ahorns, im Schatten der rauschenden Ulme.--- Aufgewacht! Glück! Freiheit! Bergwald! Sonne undWind!Mädchen, kommt nun— wir tanzen, wir singen, wir lieben!Spielt auf— ihr roten Geigen!Laute— jauchze!Gitarre— munter und flott!*Heimfahrt.Müde. Aber klar der Geist.Ueber uns brennen die Sterne: rote gütige Sterne: ihr Herzleuchtet Gemeinsamkeit.Und morgen wieder Fabrik— Und morgen wieder Werkstatt— aber Fabrik und Werkstatt werden anders sein, sie werdennicht mehr die hartherzige Pflicht sein— denn wir bringenihnen die Schönheit der Berge, die Schönheit der Wälder,die Schönheit des Flusses, die Schönheit der Sonne, dieleuchtende Gemeinsamkeit der Sterne:Und Schönheit mildert doch immer das Harte: und Gemein-samkeil macht freundlich--Arbeit! Arbeit! wir lieben dich— hin durch die Schönheit desduftenden Sommers.____Nation und Internationale.von Walter Spengler.Wenn ich die Menschen mores zu lehren hätte, dann würde meinerster Satz sein:„Brüder, hütet euch vor dem engen Horizont!" Istes nicht erschütternd, mitansehen zu müssen, wie di« kreis«, die daglauben, den nationalen Gedanken in Erbpacht zu haben, mit uu-beirrbarer Hartnäckigkeit alles zu ersticken suchen, was Weltgesühl,Menschheit und Bölterversöhnung heißt?Ist es nicht Zeugnis geschichtlicher Unkenntnis, wenn andere, dienur in Menschheit en irros machen, das nationale Bewußtsein, dennationalen Willen, die Nation überhaupt leugnen? �H-er wie dort kein Bemühen, weltgeschichtlichen Sinn zu be«greifen, hier wie dort das gefährliche Spiel, Faltonm nicht in Rech--luna zu stellen, die hineingehören, hier wie dort Geschrei. Protest.EMtäuschung, wenn die Rechnung am Schlüsse nicht stimmt.Versuchen wir einmal, soweit das mnerhalb dieses engenRahmens möglich ist. zu klären, was sich verstandesmah.g klaren läßt.Wenn ich damit erreiche, daß zwei Genossen aufhören, immer nur dieCebetmühle zu drehen, und nachzudenken beginnen, will ich zu-frieden sein._ �,«..,.Wir unterscheiden zunächst einmal: Staat, B o I r undNation. Es ist durchaus möglich, den Staat zu verneinenund die Nation zu bejahen, es ist durchaus möglich, das Volk zuverneinen und den Staat bejahen. Nur das ist nicht möglich:eine Nation zu suchen, wo kein Volt, wo nur Masse Mensch zufinden ist.Ich setze das an die Spitze, um vor oller Erörterung zu Z�ipn,wo die Dinge miteinander verknüpft und voneinander getrennt seinmüssen und können.Was ist ein Staat? Wir pressen die Antwort in einen Satz undsagen: Ei» Staat ist eine Gemeinsamkeit, entstanden ausZweckmaßtgkeitsaründen, die in erster Linie diese sind: die politischen,wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Verhältnisse der innerhalb be-stimmte? Landcsqrenzen wohnenden Volksongehörigen zu regein.Aus dieser Feststellung ergibt sich: ehe der Staat war, muß dasVolt gewesen sein. Volt ist ein Begriff, um den in der Wissenschafthart gestritten worden ist. Klaxste Formulierungen finden wir wohlbei Heinrich Cuno und Oswald Spengler. Letzterer sagt in seinemWerk„Der Untergang des Abendlandes".?. Band:„Für mich ist Boll eine Einheit der Seele. Alle großenEreignijse der Geschichte sind nicht eigentlich von Völkern aus-gefügt» sondern haben Völler erst hervorgerufen. Jede Tat ver-Nummer 5/ Freitag, üen 13. Juli 1923ändert die Seele des Handelnden. Man mag sich zuerst um einenberühmten Namen geschart haben— daß hinter einem Klange nichtein Haufen, sondern ein Volk steht, das ist die Wirkung, nicht dieVoraussetzung großer Ereignisse. Erst durch ihre Wanoerschicksalesind Goten und Osmanen geworden, was sie später waren. DieAmerikaner sind nicht aus Europa eingewandert: der Name desflorentinischen Geographen Amerigo Vespucci bezeichnet heute zu-nächst einen Erdteil, aber außerdem ein echtes Volk, das durch dieseelische Erschütterung von 1775 und vor allem durch den Sezessions-krieg von 1831— 1865 seine Eigenart erhalten hat."Also: Völker sind geworden durch gemeinsame Schicksale ver-schiedener, rassemäßig oft nicht zusammengehöriger Stämme. Diesegemeinsamen Schicksale gaben ihnen ihre Eigenart als Volk, alsdieses oder jenes Volk. Es bildete sich, um mit Max Adler zu reden,eine Charaktergemeinschast heraus.Wie verhält sich nun die Nation zum Volk? Man wird das Rich-tige treffen, wenn man sagt: ein Volk wird zur Nation, wenn esseine Bestimmung, seine weltgeschichtliche Aufgabe erfaßt hat, wennder durch äußere Umstände Volk gewordene Hause von Menscheneine gemeinsame Idee begreift, das heißt, wenn ein Volk beginnt,Weltgeschichie mitzubestimmen. Wie weit das beim deutschen Volkder Fall ist. soll hier nicht untersucht werden. Ich behaupte aber,daß wir wohl Volk, ober keine Nation sind!Dies sind die großen Linien. Von hier aus können wir unsund andere Völker verstehen, von hier und keinem anderen Punkteaus ist auch der Gedanke der Internationale zu erörtern.Eins steht außerhalb der Diskussion: die in Jahrhunderten gewordenen Volkscharaktere kann man nicht durch gedanklich kon-struierte Formen ändern. Hier handelt es sich um innere Bedin-gungen. Der Gedanke des großen Menschheitsbreis ist die Folgeschwerer Gehirnerweichung.Was noch dieses Jahrhundert verwirklichen kann, ist: das Ver-hältnis der Staaten zu einander auf eine ganz andere Basis zustellen. Die Wirtschaft ist im zwanzigsten Jahrhundert nicht mehrnational begrenzt. Die mangelnde Einsicht in diesem Punkte ist derKern der meisten modernen Kriege, die wir, weil wir kapitalistischeWirtschaft haben, kapitalistische Kriege nennen. Hier können undmüssen internationale Schiedsgerichte ordnen. Wegen der Kohlen, dieEngland besitzt und die meinetwegen amerikanische Kapitalisten be-sitzen möchten, dürfen nicht Millionen Menschen gemordet und un-glücklich gemacht werden. Voraussetzung wird allerdings sein, daßdie Staaten die Wirtschast in der Hand haben und nicht, wie esgegenwärtig der Fall ist, die Käpitalistengruppen den Staat. Werhier keine Internationale will, ist beschränkt oder in einem so hohenMaße gewissenlos, daß er unschädlich gemacht werden muß.Anders liegt es bei den Völkern und Nationen. Kein Volk, keineNation hat das Recht, das Leben des anderen Voltes zu stören. Weres dennoch tut, muß bekämpft werden. Je höher der Grad der Sitt-lichkeit eines Volkes ist, um so sittlicher werden die Kampfmitteldieses Volkes fein. Wir sind im Ruhrkampf nicht allein deshalb diemoralisch Stärkeren, weil das Recht auf unserer Seite ist, sondernvor allem deshalb, weil unsere Waffe tausendmal sittlicher ist als diedes räuberischen Frankreichs.(Die einflußlose Minderheit edlerStaatsbürger in Frankreich sei dabei ausdrücklich dankend anerkannt!)Wir haben also festgestellt, daß überstaatliche Möglichkeiten vor-handen sind, ohne daß die Rechte der Völker angetastet werden. Wieaber steht es mit dem Gedanken der Menschheit überhaupt?Menschheit ist eine gedankliche, eine ideelle Vorstellung höchstvollkommener Menschen auf der ganzen Welt. Eine Menschheit, dienichts kennt als dies: gottähnlich zu sein. Die Menschen werdeizwahrscheinlich nie dahin gelangen, aber sie sollen diese Idee haben,sie müssen sie haben, weil diese Idee eines der treibenden Momenteim Kampfe um die Menschlichkeit ist. Menschlichkeit— das istmöglich und das müssen wir so rasch wie möglich in der Welt er-reichen. Die Sozialisten sollen die Vorkämpfer dabei sein. Siekönnen es am besten und am tiefften in dem Volke, in dem sie ver-wurzelt sind und dessen Charakter sie selbst besitzen. Das schmälertdie Liebe zum Volke nicht, das will die Völker nichtbrechen, sondern erheben.stlajstnkampf öer Jugend.Von Walter Guggenheimer.Selbstverständlich kann eine Klasse, bedrückt, getreten, nicht zuAtem kommend, sich keine selbständige kulturelle Klassenideologieschaffen. Mit dem Augenblick aber, da sie im bitteren Existenzkampfauch nur momentwcise zur Besinnung kommen kann, müssen geradeihre Arbeitsv-rhältnisse, Wohnungsverhöltnisse, ihre speziellen Er-holungsmöglichkeiten, die rasche Ausbildung einer kompakten uner-schütterlichen Klassenideologie befördern und bestimmen. Für mancheTeile der Arbeiterschaft scheint dieser Augenblick, wenigstens zeit-weise, gekommen. Jedenfalls relativ an der Lage des Kleinbürger-tums gemessen, dessen wirtschaftliche Zerreibung jetzt schon vom fastvollständigen Untergang seiner speziellen Ideologie begleitet ist. Wirdürfen u»s durch das Berzweiflungsvolle der augenblicklichen wirt-schaftlichen Lage nicht darüber täuschen lassen, daß im allgemeinendas Proletariat sich den Platz erobert hat, von dem aus es d i eWelt mit seiner Ideologie durchdringen kann,wenneseinehat.Ihm die zu schaffen, wenn auch nur in Ansätzen, in groben Um-rissen, das ist die Aufgabe der sozialistischen Jugend.nachdem die Mter und Mütter in hartem Kampf eine gewisse Basisdafür geschaffen haben.Auf drei Wegen scheint die sozialistische Jugend diesem Zielenäher zu streben: Auf dem der radital-liberglen Freiheitsideologieund auf dem der gemeinschastfuchenden Jugendbewegung. Betrach-ten wir den Ursprung dieser beiden Richtungen, so entdecken wir auchsofort ihre Gefahren: bürgerliche Abstammung.Sehen wir heute große Massen proletarischer Vorstadtjugend sichmit dem wahrlich kärglichen, mühsam errunqeni-n, am nächsten Tag-wertlosen Geld kindlich froh ins..Leben" stürzen, so gibt es zunächstwenig, daß man dieser selbstverständlichen Reaktion gegen die trübenKriegsjahre, diesem selbstverständlichen Drang nach Sinnenfreude imweitesten Sinne entgegenhalten könnte.Es kommt auf das Wie an. Nicht in dem Sinne natürlich, daghier„Maß und Mitte", gut bürgerliche Ausführung und sittsamesBenehmen gepredigt werden sollen. Aber so sehr man sich freut, daßlangsam, säst unmerklich die Proletarierjugend in die Plätze derfrüheren Mittelstandsjugend einrückt, so wichtig ist es, daß dieseProletarierjugend dieses Nachrücken auch klassenmäßig alssolches empfindet und sich dem Glauben hingibt, der einzelnemüsse durch dieses Einrücken nun selber ein Bourgeois werden.Ganz abgesehen davon, daß dieser Glaube in Bälde einer bitterenEnttäuschung Platz machen müßte, würde er jede Hoffnung auf eineallmähliche Ausbreitung und Verstärkung proletarischer Ideologiezunichte machen. Es ist denkbar, daß Mädchen einen echt„bürger-lichen" Hut mit dem bewußten Gefühl tragen, auch diesen Hut, untervielem Anderem, in langen Klassenkämpfen für sich, als Glied derproletarischen Klasse,„erobert" zu haben, während andererseitsmancher junge Bursche sich durch einen schmutzigen Stehlragcn in dmerhabenen Stand des Bourgeoistums„befördert" fühlt. Und aufdiese Gesinnung kommt es an. Proletarische Jugend, die, kaumzu einer gewissen materiellen Atemfreiheit gelangt, das Klassen-bewußtsein verliert, gleicht dem Soldatentrupp, der, nach Eroberungeines Forts, statt eines Siegesliedes, einen begeisterten Fratcrnisie-rungshymnus mit dem bisherigen Feind anstimmen würde, mehrnoch, die eroberte Stellung gegen die früheren Kameraden verteidigenwürde. Fahnenflucht nach einem Erfolg, wenn auch nur einemTeilerfolg, ist erstens dumm und zweitens doppelt verächtlich.In Samt und Seide müßte man das Proletariermädel an denkampfenffchiossenen Zügen, am freien Blick, an der inneren Sicherheitvon den gebogenen, verlogenen, geschobenen Kunigunden des Bürger-tums unterscheiden können. Die proletarische Freude hat in allenihren Abstufungen und Abarten einen Unterklang von Stolz undVerachtung, den kein gepreßter und plattgedrückter Bürger innerlichje gehört hat.—Aber Ö i e Proletarierjugend, die allsonntüglich, kampflieder-singend, ins Freie zieht, die ist wohl die bewußtere, klassenstolzere?Bewußter ist sie, gewiß, fragt sich nur. ob mit Recht. Denn imGrunde ist ja auch sie nur in ein Erbe bürgerlicher Hinterlassenschaft«ingerückt, das es nun heißt, mit dem richtigen Geiste in sich ausnehmen. Zweifellos hat die gesamte bürgerliche Jugendbewegungin allem, was Freiheit von kleinbürgerlichen Vorurteilen, von un-wahrhaftigen Bindungen und Fesseln, in allen Dingen, vom Aeußer-lichsten bis zum Innersten, Intimsten, der proletarischen Jugend var-gearbeitet. Aber doch in einem beträchtlich anderen Geiste.Nämlich als eine revolutionierende Jugend, die durch den Kampf,den sie gegen die bürgerlichen Schranken führte, deren reales Daseininnerlich immerhin anerkannte, während das Köstliche, Frische ander proletarischen Jugend ja eben darin besteht, daß sie innerlich niewas gewußt hat von alt den albdrückenden Beschränkungen, und imGrunde lachen mußte über die grotesk sich auflehnenden Gebärdeneiner gutgesinnten, aber in unwiederbringlicher Freiheitsberaubungaufgewachsenen Jugend.Selbst in allen Kämpfen also, die beide Jugenbbewegungs-gruppen Seite an Seite führen, selbst in allen ihren gemeinsamenErrungenschaften und Freuden, der Liebe zur Natur, im Verständnisdes Gemeinschaftsgedankens, in der Freiheit des�Verkehrs zwischenMädels und Äungens, in all dem Gemeinsamen Tneibt— und mußbleiben— doch der Unterschied zwischen der Natürlichkeit undder Gewolltheit, der krampfhaften Eroberung undder lächelnden Selb st Verständlichkeit.Nicht nur in großer äußerer Dokumentation also geht der spe-zielle Klassenkampf der Jugend vor sich, sondern vor allein im treueninneren Festhalten an dem unerschütterlichen proletari-schen Klassenbewußtsein und der proletarischen Klassen-Hoffnung: Der Aufrichtung, der Schöpfung eines neuen, freien.sonnigen, kristallklaren proletarischen Kultus, in der Gesinnung also.Nach außen und nicht zuletzt nach innen, wo so manche Ueberlöufer-Versuchungen sich regen mögen, muß es immer heißen: Fort Mit demBourgeois!Gb das mal anders wird?Motto: In Deutschland ändertsich nur das Wetter.Ein Jugendgenosse schreibt uns:Die Republik ist die Staatsform, innerhalb derer mir Mög-lichkeiten sehen, aus diesem Land einmal ein freies und schönesVaterland zu schaffen. Wer die Republik angreist, ist unser Feind!Mag er Poincare oder Hitler heißen, mag er mit Maschinengewehrenoder Verleumdungen arbeiten. Wer die Republik angreift, mußniedergekämpft werden!Hier soll von einen' Feinde gesprochen werden, der heimtückischund unermüdlich an unserem Blute saugt, der, sich seiner Feindschaftkaum bewußt, uns langsam zugrunde richtet.Ich war während der Besetzung des Ruhrgebiets einigemal inder besetzten Zone. Neben allen Untaten, neben allen Scheußlich-leiten der Einbrecher, von denen ich hörte und von denen die Zei-tungen nichts melden, weil sie die Morde registrieren müssen, berich-tete man mir aber auch von Erscheinungen innerhalb der Bevölke-rung, von denen die Franzosen wohl die Ursache sind, für derenAuswirkung aber auch andere Leute, Leute, die in der Etappe vonden tapferen Ruhrkämpfern singen und sagen, verantwortlichzeichnen.Der passive Widerstand hcit zur Folge, daß an vielen Stellenüberhaupt nicht gearbeitet wird, an anderen nur verkürzt. Diefreiwerdenden Arbeiter bekommen nun trotzdem Lohn ausgezahlt.Das ist richtig und ganz in Ordnung so. Nur muß dabei bedachtwerden, daß in Industriezentren, wie das Ruhrgebiet«ins dar-stellt, nicht lauter brave bescheidene Bürgersleute wohnen, sonderneben auch recht viele Menschen, die leicht den Halt verlieren. DieFolge davon ist, daß in zahlreichen Orten schon morgens um 1» Uhrdie Wirtschaften mit Arbeitern angefüllt sind, die ihr Geld ver-trinken und die Familie m Not und Elend bringen. Es ist nunvorgeschlagen worden, diese Leute mit Arbeiten zu beauftragen,die den Widerstand nicht schädigen. Das ist abgelehnt worden.Und zwar seitens der Berliner Behörden, also aus der Etappeheraus.Das schlimmste aber ist die Gefahr der Verwahr-loiung der arbeitenden Jugend. Die Kriminalität ineinigen Städten des besetzten Gebietes hat ein Maß erreicht, daskaum mehr zu übertreffen ist. Ich w'll keine Zahlen nennen,obwohl mir solche bekannt sind, ich will sie dennoch nicht nennen,weil ich aus mir heraus tiefen Schätzungen sehr mißtrauisch gegen-überstehe. Auch hier wurden gute Vorschläge gemacht, ganz bcson-der« betätigte sich dabei unser Düsseldorfer Arbeitersekretär GenosseWinnen. Dieser schlug vor, die Kinder, die mit 14 Iahren dieSchule verlassen sotten, nicht zu entlassen, damit sie aus diese Weiseder Gefahr der Verwilderung entzogen würden. Di« Behör-den lehnten das glatt ab!Es ist weiter der Vorschlag gemacht worden, die jungen Hand-werker und Arbeiter, die untätig herumlungern, in täglich vier-stündigen Fachunterricht zu nehmen und jo aus der Not eine Tugendzu machen, sie weiterhin zu vierstündiger sportlicher Betätigung zuverpflichten. Der Vorschlag ist abgelehnt worden!Es ist vorgeschlagen worden, Nähmaschinen zu kaufen undeinen Teil der jungen Arbeiterinnen auf diese Art zu beschäftigen.In Berlin begriff man auch so was nicht.Inzwischen schreitet das Unheil fort. Die Kriminalität derJugend steigt unerhört, die Geschlechtskrankheiten finden eine Der-breitnng wie nie zuvor.Aber das rührt di« in Frage kommenden Behörden nicht. Ichstelle mir den Geheimrat vor: Gesuch um Nähmaschinen In derHand zum Kollegen:„Doktor, das Neueste! Die Sozialdemokraten wollen an derRuhr mit Nähmaschinen kämpfen! Hahahahaaa...!"Wißt Ihr setzt, wo der Feind steht, den ich meine? Seht Ihrdes Bureaukratius ironisch Lächeln? Habt Ihr ihn schon einmalgespürt, diesen Geist von 9—3? Wir trexieren noch einmal daran!!!