Internationale Kleinarbeit.

Ais Sozialistische Arbeiterjugend ist unsere Stellung zur Frage der Internationale feft umriffen. Wir bejahen die Internationale auf jeden Fall. Für uns ist es selbstverständlich, daß die Arbeiter aller Länder für die gemeinsamen Intereffen auch gemeinsam über die Landesgrenzen hinweg eintreten. Trotzdem, oder vielmehr deswegen, stellen wir die Frage der internationalen Kleinarbeit aur Debatte. Das erfordert einige Erläuterungen.

Die Länder der ganzen Welt sind durch wirtschaftliche Fäden left aneinander gefettet. Sie stehen in engen wirtschaftlichen Be ziehungen zueinander. Eine Störung diefer Beziehungen bedeutet gleichzeitig eine Störung in den einzelnen Volkswirtschaften. Wir haben den abschreckendsten Beweis für diefe Tatsache in den wirt schaftlichen Zuständen während des Krieges. Es llegt vor allem im Interesse der Arbelter, solche Störungen zu vermeiden.

Eine endgültige Löfung der Kriegsfrage ist erft möglich in einer Gesellschaft, in der Einzelinteresse und Gesamtinteresse überein ftimmen, im Sozialismus. Ihn gilt es als endgültige Lösung zu erstreben. Das soll aber nicht heißen, daß wir unter den gegen

wärtigen Zuständen den Ereignissen paffio gegenüberstehen sollen.

Im Gegenteil! Wir milffen schon jetzt nach Mitteln fuchen, die einer friegerischen Berwidlung entgegenwirken können. Gerade hier feßt die Kleinarbeit ein.

Wir gehen dabei davon aus, daß ein Krieg nur möglich ist, wenn die Mehrheit der Bevölkerung, d. h. die Proletarier, ihn trägt. Bisher haben alte Vorurtelle gegen die Nachbarvölfer, Unkenntnis der Verhältnisse des anderen Landes es den Herrschenden leicht gemacht, die große Masse der Bevölkerung für einen Krieg zu gewinnen. Es gilt also, diese Vorurteile zu beseitigen und Kenntnis zu bringen von den Verhältnissen in den anderen Ländern.

Das fann am besten geschehen durch persönliche Fühlungnahme, der einzelne muß erkennen lernen, daß jenseits der Grenzen genau so Menschen leben wie im eigenen Land. Es müffen Freundschafts­bande entstehen zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Natio­nen. Nicht überall fann persönliche Fühlungnahme zustande kom­men. Briefverkehr kann ihn erseyen oder ihm vorausgehen. Für uns soll der Jugendtag in Amsterdam   zum erstenmal eine folche Fühlungnahme ermöglichen. Biel   wird dort erreicht werden. Es ist aber notwendig, daß in so kurzer Zeit entstandene Bande nicht wieder zerreißen: es wäre gut, wenn hier ein Briefwechsel die angefnüpften Fäden fortspinnen würde.

Nach diesen kurzen, durchaus nicht erschöpfenden Darlegungen möchte ich noch darauf hinweisen, daß in Berlin   ein fleiner Kreis von Parteigenossen die Frage der Kleinarbeit eingehend behandelt. Er hat sich auch zur Aufgabe gefeßt, eine Lösung der Sprach­schwierigkeiten in Ueberfegungsbureaus zu suchen, wenn genügendes Interesse vorhanden ist. An diesen Bestrebungen mitzuarbeiten, muß auch Pflicht der Jugendgenossen sein. Georg Albrecht.

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Feste.

Maschinen rassein, Räder surren, Riemen sausen. Am Schraub­ftod, an der Bohrmaschine, an der Drehbank stehen Arbeiter, feilen, bohren, drehen, nieten, arbeiten an einem Teil einer großen Maschine, eines Autos, furz, eines Gegenstandes, dessen Konstruktion, dessen Aussehen fie oft nicht einmal fennen. Arbeitsteilung, Diffe­renzierung, das ist der Enderfolg des Entwicklungsganges der Technif. Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre hindurch oft Immer benfelben Griff, den gleichen Schlag oder Druck, diefelbe monotone, gelfttötende Arbeit. Alle zwei Minuten ein Auto, fchreibt Ford, täglich so und so viele Motorpflüge, Straßenbahn­wagen, fagen andere, und Dritte nennen die in die Taufende gehende Bahl der geschlachteten Ochsen, Schweine und Hammel. Niemand aber schreibt von dem Geift, den blefe Arbeit tötet. Der Mensch it ein Sklave der Maschine.

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Wle tann Maschinenarbeit geiftanregend, freudebringend werden? Das ist ein Problem. Sicherlich nicht durch das Zurüd aum Handwert", wie es von einem Teil der bürgerlichen Jugend propagiert wird. Sicher niemals, indem man fich den Fortschritten ber Technik entgegenstellt, sondern nur durch die größtmöglichste Differenzierung aller Arbeiten, aller Produktion, gleich welcher Art. Eine noch größere Arbeitszeitbeschränkung als es heute der Fall ist, wäre dadurch in greifbare Nähe gerückt und ausreichender Freizeit wäre der Gewinn. Uns fehlt nichis, um fo frei zu sein wie dle Bögel sind, nur Zeit," heißt es in einem Gedicht.

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Doch das ist Zukunftsmufit. Wie können wir heute schon Freude In unsere Herzen und Hirne tragen? Müde gehen jung und alt nach des Tages Mühe und Arbeit heim. Graue Not empfängt fie und doch wollen fie fich freuen, und manche greifen zum Schundroman ftatt zum guten Buch, figen im Kino und schauen fich finnlos zu fammengestellte, blöde und feichte Filme an, statt des Lehrfilms, des guten Films, gehen in die Operetten, um Schlagerzoten und häß­che Mufit mit anzuhören, statt in ein gutes Theater oder eine Oper. Auf dem Tanzboden amüfieren fle fich bei Jazzn ufif, häß­lchen Schieber- und Wackellänzen und beim Gesang gemeiner Liefer­

terte, bei Alkohol und Tabaksdunft. Und das alles, weil sie nicht unterscheiden können zwischen gut und schlecht. Kein Fest fönnen fie feiern ohne 3otengejang, ohne erotische Retze, ohne den ihre Hirne verblödenden Alkohol. Das ist das Fest, ein Spiegelbild unserer morschen Kultur, der Erfolg falscher Erziehung und mono­

toner Arbeit.

Und doch sind Kräfte am Werte, Vertreter der neuen Mensch heitsidee unserer sozialistischen Weltanschauung, im Bunde mit der vorwärtsstrebenden Arbeiterschaft und ihrer jungen Generation, um Neues zu schaffen, eine neue Festkultur zu bauen, getragen vom Gedanken der Gemeinschaft. Arbeiterdichtung, Volksmusik und-led, Sprechchor, Laienspiel   und neuer Tanz, das sind jene Dinge, die uns dienen. Freude, Erhebung und Begeisterung, das ist der Sinn unseres Festes. Das find die Feste, durch die man hon heute Sonne in das Getriebe der Arbeit bringen kann. Wir als arbeitende Jugend müssen auf dem Wege zur neuen Festkultur vorangehen, wir müssen nach neuen Möglichkeiten des Ausdrucks unserer Sehnsucht, nach neuen Menschheitsideen für den Sozialismus fuchen. Arbeitsgemeinschaften, Vorträge, Kurse für das Hirn der Arbeitena den, Feste für das Gefühl, für die Seele der Schaffenden. Karl Birnbaum  .

Drei Tage Gemeinschaftsarbeit.

Schon während der Tagesstunden hatte der Sturmwind das Regiment geführt. Nun aber, da das Dunkel der Nacht sich zu ihm gefellte, wurde er noch herrischer. Mit hellem Pfeifen fuhr er über Een Quenzsee bet Brandenburg und peitschte launisch deffen Wellen, so daß sie hoch auffprangen vor Zorn. Dech wenn fie fich dem Ufer nahten, versicherte flatschend ihre Lebenskraft im märkischen Sand. Der Sturm aber faufte davon. In den Kiefernwäldern, dumpfen Brausen. Unwillig beugten sich die Wipfel der Bäume die weit und breit den Boden beleben, wurde sein helles Singen zum und ein Zittern lief bis in die knorrigen Stämme der alten Riefen. Schwarzer Rauch, der aus dem Schornstein eines Hauses, des Land­heims der Arbeiterjugend quoll, floh demütig in östlicher Richtung. Schneller als sonst zerzauste der Sturm sein Gewand. Das Licht einer Dellampe, das die Treppe zum Tagesraum der Jugend be­leuchtete, flacferte in ungewissen Schwingungen und malte tanzende Schatten auf die Dielen der Veranda.

Wir, eine kleine Zahl von Genoffen, die der großen Schar um einige Stunden vorausgefahren waren, hatten die Tische des Tagesraumes mit weißen Tüchern belegt und das Zimmer mit harzigen Kiefernzweigen geschmückt. Die weißgestrichenen Laden wurden vor die angelaufenen Scheiben der Fenster gezogen, und der grüne Kachelofen bekam einige Scheite Hela als Nahrung, so daß bald eine wohlige Wärme das Zimmer durchwogte.

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Als der Sturm uns den Klang frischer Jugendlieder entgegen trug, brachten wir flugs dampfende Kannen voll duftenden Ge­tränkes auf die weißgedeckten Tische und eilten unferen Genossen entgegen. Lachen, Jodeln, kräftiges Händeschütteln, energisches Füße abtreten!" und die angekommene Schar stürzte in die Schlafräume, um sich dort für drei Tage einzurichten. Nach dem Abendbrot zogen wir in die dunkle Nacht hinaus, um die Jahres­wende zu feiern. Fünfzig junge Menschen waren wir, die wir uns versammelten, dort, wo Wald und See zusammentreffen. In den Händen hielten wir fnisternde Fackeln, und während der Sturm­wind sein eigenartiges Lied fang, während gespenstisch der Jackel­schein unsere Gesichter beleuchtete, gelobten wir uns heiligen Ernfles, fern von dem Silvestertrubel der Großstadt, unser Leben dem heiligen Kampfe unserer Klasse zu weihen und für ihn auch die drei Tage, die mir hier verbringen wollen, zu nutzen, um uns Waffen zu Schmieden für kommendes Ringen.

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Das Gelöbnis brachten wir auch zur Ausführung. In den brei Tagen behandelten wir das Thema: Die Jugend in der Gesell­schaft." Jeden Vormittag und Nachmittag dienten mehrere Stunden der gemeinsamen Arbeit. Wir ließen die feziale Entwicklung der Jugendlichen an uns vorüberziehen und warfen dabei unsere Blide bis in die Beit der Antike zurüd Familie, Schule und Kirche als Verbände, welche stark das Leben des Jugendlichen beeinflussen, wurden unseren kritischen Blicken unierzogen und unsere Stellung zu ihnen lebhaft erörtert. Auch das wichtige Gebiet des Jugend rechts, der Jugendpflege und fürsorge vergaßen wir nicht und lernten in diesen Stunden die Stellung des Jugendlichen im Ge triebe des Staates fennen. Am letzten Tage weilten wir bei den Problemen der Jugendbewegung, und besonders lebhaft tam unsere bftinenz gegenüber Alkohol und Nilotin in diesen Stunden zum Ausdruc. Den vorletzten Abend, ten wir dort verwelften, füllten wir mit einer schönen Literaturstunde.

Die übrige Zeit aber waren wir luftig und ausgelassen. Wie toll wurde über den Graben gesprungen, bis... flaisch, einer im Waffer lag. Um dieses Unglück zu fchauen, sprang einer der Neu­gierigsten aus dem Fenster und die Scheibe mußte feine Neugierde mit dem Leben bezahlen. Während man den wasserdurchtränkten Freund in die warme Behausung brachte, hißte man aus Trauer eine grüne Strickjacke auf haibmaft. Daß auch Seppel", eine wunderschöne Bulldogge, in unserem Tollen eine Hauptrolle( pielte, versteht sich von selbst. Bevor es dunkel wurde,[ etzten wir für die geplanten Mondscheinfahrten" eine allgemeine Boltzelstunde feft, und wehe dem, der dann noch nicht in der Bude" war: undarmi­herzig schloß man ihn aus; er durfte sich einige Stunden bejm Mondschein vergnügen. Die Krone tes iuftigen Treibens war die hochpolitische" Beitung, welche wir in jenen Tagen schufen, mit ihrer

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LM DOIN