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Aus der Bewegung

Die Arbeiter Jugend" im neuen Gewand.

Am 1. Januar 1927 erscheint die Arbeiter- Jugend", die Zeit­schrift der sozialistischen   Jugend, im neuen Gewande. Das Format wird vergrößert, das Papier verbessert und die Drucktechnik ver­feinert, so daß das neue Blatt auch reich illustriert werden kann. Der Inhalt der Zeitschrift gliedert sich in drei Teile, ein Hauptblatt, eine wissenschaftliche Bellage: Die Arbeitsgemeinschaft" und eine Unterhaltungsbeilage: Kultur und Leben". Jeder Teil umfaßt acht Seiten und wird illustriert.

Die erste Nummer wird im allgemeinen Tell neben dem ein­leitenden Artikel des Verbandsvorsitzenden Mar Westphal über die Bedeutung der Neuwahlen in den Verbandskörperschaften, einen illu­strierten Artikel: Ein Tag im Friedrich- Ebert- Heim" fowie eine Reihe von interessanten Rubriken enthalten: Aus dem Reichstag  , Jugend in Not, Die Jugend in der Gesetzgebung, Aus der Bewegung. In der Arbeitsgemeinschaft" werden zunächst die Aufgaben der Bei­lage als Bildungsergan der Aelteren erörtert, dann folgt ein Ar. tifel von Rudolf Abraham über die Arbeitsgemeinschaften, ein Ar titel des Genossen Sollmann über die Arbeitsmethoden des Reichs­tags, ein Artikel des Genossen Klubs uber die Jugendzeit August Bebels und der erste Teil einer Abhandlung des englischen Sozia listen Wells über die Urmenschen. Die Unterhaltungsbeilage bringt einen reich illustrierten Artikel von Dr. Engelhardt über Daumier, den Vater der politischen Raritatur, eine Erzählung Mag Barthels, einen Abschnitt aus Bebels Lebenserinnerungen und schließlich eine Schach- und Spielecke.

So bietet das Heft einen hohen vielseitigen Inhalt, der dem Blatt sicher neue Freunde werben wird. Bestellungen fönnen bei jeber Bartelbuchhandlung oder bei der Post aufgegeben werden.

Berliner   Arbeiterjugend fordert Hilfsmaßnahmen

Auf der letzten Borsitzendenkonferenz der Berliner Sozialistischen Arbeiterjugend wurde nach einem inftruttiven Vortrag des Genoffen Bothur folgende Resolutien angenommen:

Die Borfißendenkonferenz der Sozialistischen Arbeiterjugend Groß- Berlin macht erneut auf die Notlage der erwerbslosen Jugend aufmerffam. Sie nimmt mit Genugtuung davon Kenntnis, daß die Kommune dle von den freien Gewerkschaften und der SPD.   ange­regten Maßnahmen durchgeführt hat Die anhaltende Erwerbs. lofigkeit macht jedoch eine erhöhte Fürsorge für die erwerbslose Jugend notwendig. Es gift, Maßnahmen zu treffen sowohl für die Jugend, die in sehr großer Zahl nach der Schulentlassung ohne Lehre und Erwerb bleibt, als auch für die ausgelernten Jugendlichen, die nach der Lehre rücksichtslos entlassen werden.

Die Konferenz fordert den Bezirksvorstand auf, durch die SPD  . Stadtverordnetenfrattion in Berbindung mit dem ADGB.  - Ortsaus Schuß und AfA- Ortstartell auf die Kommune im Sinne nachstehender Forderungen einzuwirken:

a) 1. Einheitlich systematische Durchführung der von Jugend-, Berufsamt und Berufsschule zu treffenden Maßnahmen.

2. Einrichtung von besonderen Heimen und Einrichtungen für die jugendlichen Erwerbslosen im Alter von 18 bis 21 Jahren, bie gegenüber den bisher bestehenden den anders gearteten Be­dürfnissen dieser Altersstufe Rechnung tragen.

3. Soweit bisher nicht geschehen, Schaffung von besonderen getrennten Warteräumen für die Jugendlichen in den Arbeits­ämtern und Arbeitsnachweisen.

Die Konferenz beauftragt den Bezirksvorstand, bei den zustän­digen Körperschaften im Sinne folgender Gesichtspunkte für ihre An­regungen und Verschläge zu wirfen:

b) 1. Schutz den jungen Ausgelernten durch einen Behalts. zwang von einem halben Jahre, der dem Lehrherrn auferlegt wird. 2. Berlängerung der Schulzeit um ein Jahr und Einführung eines der modernen Pädagogik entsprechenden Unterrichts.

3. Einrichtung von Lehrwerkstätten und Kursen zur beruf lichen Schulung der Schulentlaffenen und Ungelernten. 4. Schaffung von geeigneter Beschäftigungsmöglichkeit für die Ausgelernten unter Ausschluß sämtlicher Arbeiten, die als Neuan­Schaffungen und Reparaturen für die innere Berwaltung zu be­trachten sind, wie auch jeder produktiven Arbelt, die mit Rücksicht auf die Erwerbstätigen zu unterbleiben hat.

Mit aller Entschiedenheit wendet sich die Vorsitzendenkonferenz gegen den Gedanken der Arbeitsdienstpflicht, wie er in letzter Zeit wiederholt in der Deffentlichkeit propagiert worden ist. Die Ron­ferenz fieht eine wirksame Bekämpfung der Folgen der Erwerbs. losigkeit und der Not der arbeitenden Jugend nur in der Verwirf lichung des Jugendschuhprogramuns der Sozialistischen Jugend- Inter­nationale. In der gegenwärtigen Lage ist den Fragen der Arbeits­zeit und der Lehrlingszüchterei im besonderen erhöhte Beachtung zu­zuwenden. Wir richten an die Mitglieder und die Mitarbeiter die Aufforderung, unermüdlich unsere Bestrebungen zu fördern."

Rundschau

Die Arbeitgeber für die Ertüchtigung der Jugend. Im Ber lauf der Pressedebatte, die fürzlich über die Ausbildung von Sport lehrern durch die Reichswehr   geführt wurde, hat auch die Bereini­gung Breslauer Arbeitgeberverbände das Wort ergriffen und dem " Berliner Tageblatt" eine Erklärung übermittelt, in ber es heißt, daß sich die Arbeitgeberverbände schon mehrfach mit Fragen be schäftigt hätten, die auf dem Gebiet der förperlichen und sportlichen Ertüchtigung der Jugend liegen. Gegenstand ihrer Beratungen wäre wiederholt die Förderung von Jugendherbergen, Freizeitheimen und der jetzt zur Diskussion stehenden Sportlehrerausbildung gewesen. Gerade an der legteren hat die Wirtschaft ein besonderes lebhaftes Interesse, weil sie wie früher auch sehen muß, einen törperlich und seelisch gut vorgebildeten Nachwuchs für ihre Be triebe zu erhalten." Aus diesem Grunde hätten sich die Arbeitgeber dieser Frage tennen zu lernen. Auf Grund dieser Besprechung mit an die Reichswehr   gewandt, um die Auffassung dieser Stellen in den Difizieren der Reichswehr   seien dann die Arbeitgeberorgani fationen zu dem Beschluß gekommen, die Sportlehrerausbildung der Reichswehr   finanziell zu unterstützen."

Diese Erklärung ist in mehrfacher Beziehung hochinteressant. Die arbeitende Jugend wird mit Staunen vernehmen, daß die Arbeit geber so startes Interesse an ihrer törperlicher und seelischen Er. tüchtigung haben. Bei den Berhandlungen über die Freizeitforderun gen der Jugendverbände, deren Erfüllung doch eine Grundvoraus fegung für die Heranbildung einer gefunden Jugend bildet, haben wir von diesem Interesse nichts bemerkt; im Gegenteil, alle der artigen Wünsche sind auf den hartnäckigen Widerstand der Arbeit geber gestoßen. Begründung: die Wirtschaft tann es nicht tragen. Betzt erfahren wir aus Breslau  , daß die Wirtschaft Mittel hat für die Ausbildung von Sportlehrern durch die Reichswehr  . Wahr scheinlich scheint thr die Unterrichtung der arbeitende. Jugend durch Sportlehrer" der Reichswehr   eine besondere Gewähr für die rich tige feelische Vorbildung" der arbeitenden Jugend zu bieten; benn wenn man schon die Begründung der Arbeitgeber, daß lediglich ble Sorge um die Jugend sie zur Unterstügung der Reichswehr   veran laßt habe, gelten ließe, dann liegt es doch sehr nahe, darauf hinzu. weisen, daß es geeignetere Organisationen für eine gute törperliche und seelische Vorbildung" der arbeitenden Jugend gibt als die Relchs. wehr, die andere Aufgaben zu erfüllen hat.

Diese Borbedingungen sowie das bisherige durchaus unfoztafe und von feinerlei Berantwortung für das Wohl der Jugend be lastete Verhalten der Arbeitgeber gegenüber den Freizeitforderungen der Jugend lassen den Verdacht aufkommen, daß auch die in der oben erwähnten Erklärung behauptete Serge um die Gesundheit der Jugend lediglich ein Vorwand ist, um die politischen Ziele der Ver bindung zwischen Reichswehr   und Arbeitgeber welterhin zu ver schleiern.

Der Strelf der Handwerksmeister. Die Vertreter des Handwerks führen seit Jahr und Tag einen erbitterten Rampf um die Anerken. nung des Grundsayes, daß das Lehrverhältnis ein Erziehungsver hältnis sei und daher den allgemeinen tariflichen Abmachungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht unterliegen dürfe, auch in dem kommenden Berufsausbildungsgesetz. Die Gewert schaften haben nicht die geringste Neigung, diesem Wunsch stattzu geben, da die Ausbildung in der Industrie mit allgemeiner Erzie hung" nichts mehr zu tun hat und die Betonung des Erziehungs charakters der handwerklichen Ausbildung in vielen Fällen nur der Bormand ist für eine ungestörte Ausbeutung der Lehrlinge im Hand

werf.

Die Berechtigung dieser gewerkschaftlichen Auffassung wird jetzt wieder durch einen Vorgang in Rost od bewiesen. Dort eröffnete am 1. Dezember eine neue Gewerbeschule, die 2000 Schüler auf­nehmen soll, ihren Betrieb. Der Unterricht ist zeitentsprechend in die Arbeitszeit verlegt worden, während er früher in den Abend­stunden stattfand. Das ist eine Maßnahme, die durchaus im Inter­effe einer guten Ausbildung und Erziehung liegt und daher von jedem verantwortungsbewußten Erzieher begrüßt werden muß. Was taten aber die auf ihre erzieherischen Aufgaben pochenden Hand. werksmeister Rostocs? Sie antworteten auf die Verlegung des Unter­richts in die Arbeitszeit mit dem Streit. Sie verboten den Lehrlingen den Besuch des Unterrichts und am ersten Schultage fehlten nicht weniger als 300 Lehrlinge. Der Leiter der Artion ist ein Handwerksmeister, der Mitglied der Gewerbejchulbehörde ist, alfe für die geordnete Durchführung des Unterrichts zu forgen hat. Selbst. verständlich hat die Stadtverwaltung sich durch diesen Streif nicht beeinflussen lassen und am Tagesunterricht festgehalten.

Go fieht also das pädagogische Intereffe der Handwerksmeifter aus. Sowie die Aushubungsmöglichkeiten durch eine vernünftige erzieherische Maßnahme beschränkt werden, toben sie und haben auch feine Strupel, zu dem sonst so verhaßten gemertschaftlichen Kampf­mittel des Streits zu greifen.

Die Allianz der Wissenschaft und der Arbeiter, dieser beiden entgegengesetzten Pole der Gesellschaft, die, wenn sie sich umarmen, alle Kulturhindernisse in ihren ehernen Armen erdrüden werden, das ist das Ziel, dem ich, so lange ich alme, mein Leben zu weihen beschlossen habe. Lassalle