Die rote Stadt im Heidejano.

Das erste Reichszelitager der GAJ.

Das Walddorf Quelle bei Bielefeld   ist seit Montag in fröhlicher Aufregung. Mit Sang und Klang, mit vielen roten Fahnen und Wimpeln zogen an diesem Tage im Morgensommergold 350 bunt­gekleidete Jungen und Mädchen aus allen Gauen Deutschlands  , aus Danzig  , aus Holland   und aus dem Saargebiet durch die Ehrenpforte am Drtseingang, unter den unzähligen Girlanden und schwarzrot goldenen Fahnen entlang hinauf zu dem von Kiefern umfäumten Play, der für vierzehn Tage das erste Reichszeltlager der Sozialistischen Arbeiterjugend beherbergen soll. Hier am Südabhang des Teutoburger Waldes   werden junge Arbeiter und Arbeiterinnen in freier Natur ihre Freizeit und ihre Ferientage ver­leben und erleben. Denn diese Zeltlagertage werden Stunden der Jugendfreude und des Lebens fein.

Im Laufe des Sonntags traf die erste Hälfte der Teilnehmer des Zeltlagers in Bielefeld   ein. Bor dem Bahnhof grüßte eine Ehrenpforte der Stadt Bielefeld  . Unter Borantritt der schneidigen Jugendkapelle ging es zum Jugendheim. Hier sammelte sich am Abend eine große Gemeinde zur Begrüßungsfeier. Die Inter­nationale" und andere Kampflieder flogen aus jungen frischen Kehlen in den stillen Abend. Für die Bielefelder   sozialistische Ar­beiterschaft begrüßte Reichstagsabgeordneter Genoffe Schred in begeisternder Rede die Jugend. Für den Hauptvorstand des Ver­bandes der Sozialistischen Arbeiterjugend sprach Genoffe August Albrecht Berlin. Dann ging es in die Quartiere. Die Biele­ felder   Arbeiter riffen sich förmlich um ihre jungen Gäfte. Ein alter Parteigenoffe wollte gleich vier mitnehmen. Am Montag um 7 Uhr standen die Zeltlagerteilnehmer und viele Bielefelder   Männer und Frauen auf dem Schillerplatz zum Abmarsch bereit. Mit Bouken und Trompeten ging es hinaus aus dem Lärm der Stadt in die Stille des Waldes.

Die Queller Parteigenossenschaft hate fich, trotzdem ja der Mon­tag in unserem rationalisierten Zeitalter Arbeitstag und alle Blau­heit längst in das Meer der Vergangenheit versunken ist, in starker Anzahl vor dem Dorfe eingefunden. Ackergerät und Amboh ließen fie ruhen, um ihre Gäste begrüßen zu können. Die Begrüßung war sehr herzlich. Die Kluft zwischen Stadt und Land ist verschüttet von dem großen Gedanken des Sozialismus, der all die Jungen und Mädchen aus den Städten und die Männer und Frauen des Wald­dorfes beseelt, der sie zu dieser wahren Menschengemeinschaft zu Jammenbringt. 3m großen Queller Sportstadion fand die offizielle Be grüßung durch den Gemeindevorsteher Genoffen Gons göte statt. Auf dem Lagerplatz ist im Handumdrehen ein buntbewegtes Leben. Die Gruppen bauen ihre Zelte auf, alles spielt sich ohne Schwierigkeiten ab. Die Bielefelder   Jugendgenossen haben gut vor­gearbeitet. Das Lager ist in sechs Zeltdörfer eingeteilt. Sie tragen die Namen großer Sozialisten: Karl Marx  , Friedrich Engels  , Ferdinand Laffalle, August Bebel  , Ludwig Frank   und Friedrich Ebert.   lleber jedem Zelt flattert eine große rote Fahne mit dem lozialistischen Arbeiterjugend- Abzeichen. Mit Luft und Liebe und auch mit Humor ist alles beim Bauen. Jeder Unternehmer würde vor Neid platzen über soviel Arbeitseifer. Zur Mittagszeit stehen alle Zelte. Vor dem riesigen Parlamentszelt, vor dem luftigen Reichstag  ", steht auf hoher Bühne der 16 Meter lange Mast für die Lagerfahne. Die längsten Burschen spazieren auf diefer Bühne. Das Lagervolk bildet einen Halbkreis. Alles ist voller Spannung; awei große Augenblicke stehen bevor. Die Fahnenhiffung und dann eine profaifche Sache, das erste Mittagessen. Unter Freiheilrufen Steigt die Fahne in den Wind. Im Eillauf geht es dann zu den Effenplätzen. Nach getaner Arbeit schmecken Erbfen und Speck wie ein Göttereffen. Alle Heiligtümer der Weltinächte würde man nicht dafür eintauschen. Nach kurzer Mittagspause geht es ins Queller Freibad. Hei, wie das planscht und plätschert im großen Waffer. Die sozialistische Arbeiterjugend ist der lleberzeugung, daß allein mit den Mitteln der Demokratie eine foziale Neuordnung aller Dinge durchgeführt werden kann. Sie weiß aber auch, daß Demo fratie nur dann lebensfräftig und geftaltungsfähig ist, wenn ihre Brauchbarkeit immer und immer wieder erwiesen wird. Deshalb wird alles Organisationsleben in der Sozialistischen Arbeiterjugend vom Geiste der Demokratie, der Mitbestimmung und Mitverant wortung getragen. Organisation und Verwaltung des ersten Reichs aeltlagers ift ebenfalls durchaus demokratisch. Gleich am Nachmittag des ersten Tages wurden die Wahlen vorgenommen. Jedes Zelt wählte sich einen Zelloberen, einen Zeltobmann. Die Zeltobleute eines Zeltdorfes den Gemeinderat und alle Zeltobleute und Ge­meinderäte bilden das Lagerfommando, das die Lagerleitung wählte. Durch dieses aktive und paffive Wahlrecht lernen die Jungen die Waffen der Demokratie gebrauchen. So wird das Zeltlager der Arbeiterjugend nicht nur zum Lager der Erholung, sondern auch aum politischen Anschaungsunterricht.

UND DAS mayt quein. vara vie cagerveviviratie ohne den Geist tiefempfundener Gemeinschaft läßt sich solch Lager auf amet Wochen nicht durchführen. Den Festteilnehmern, jungen Arbeitern und Arbeiterinnen und Lehrlingen, ist vielfach nur durch proletarische solidarische Hilfe die Reise nach Bielefeld   ermöglicht. Im Lager selbst wird aber einer auf den anderen angewiefen sein, wird jedes Mädchen und jeder Junge lernen zurückzustehen mit Sonderwünschen, wenn es sich um Interessen der Gemeinschaft handelt. Was feit Jahrzehnten erhofft, was in den letzten Jahren theoretisch ausein­andergesetzt worden ist, im Reichszeltlager der Sozialistischen Ar­Gustav Weber. beiterjugend wird es zur Tat.

Krieg und Jugend.

Im Auguft dieses Jahres waren Führer der Jugendorgani­fationen aus allen Erdteilen und aus den verschiedensten politischen und weltanschaulichen Richtungen in Eerde in Holland   zusammen­gekommen, um gemeinsam über die Frage der Verhütung von Kriegen zu beraten. Wenn wir uns in den Reihen der Sozialisti­schen Arbeiterjugend auch klar darüber find, daß Kriege restlos erst in einer sozialistischen   Gesellschaft zu verhüten find, so gilt es doch, in der Uebergangszeit zwischen fapitalistischer und sozialistischer Ge­ellschaft, in der wir uns jetzt befinden, die Zahl der Kriege nach Möglichkeit zu verringern.

Dabei dürfen wir nicht verkennen, daß die Macht und der Ein­fluß der sozialistischen   Arbeiterbewegung im Augenblick noch au schwach ist, um allein Kriege verhindern zu können. Es ist daher notwendig, Bundesgenossen zu suchen und zu nehmen, wo immer wir fie finden. Und wer ist mehr dazu berufen, den Krieg zu be­fämpfen und für den Frieden zu arbeiten, als die Jugend? Die Jugend aller Länder? Ist es doch die Jugend, die in einem fünfti wie in den vergangenen gen Krieg in erster Linie ihre Leiber, ihre Gesundheit, ihre jungen Glieder dem Moloch Krieg zum Opfer bringen muß! Auch die Sozialistische Arbeiterjugend ist daher an dem Berlauf und dem Ergebnis des Weltjugendfriedenskongreffes in Eerde aufs höchste interessiert, und die Sozialistische Jugendinter­nationale wird ja auch informatorisch den Beratungen beiwohnen.

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Man darf sagen, daß alles getan worden ist, um diesen Ron greß zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen. Bereits im vorl gen Jahr war auf der Freusburg   eine Tagung, die die Vorarbeiten für den Kongres in Eerde zu erledigen hatte. Dabei wurden u. 0. Ausschüsse eingesetzt, die Studienpläne ausarbeiten sollten, um den Diskussionen und Auseinandersehungen auf dem Kongreß eine gute Grundlage zu sichern und den Delegierten zugleich eine Reihe fest umrissener Fragen vorzulegen. Diese Studienpläne über die wirt­schaftlichen, politischen, pädagogischen, ethisch- religiösen und Raffen­fragen liegen jetzt vor.

In einem geschichtlichen Ueberblick wird in dem Studienplan über die politischen Fragen zunächst festgestellt, daß der Krieg auf dem Gebiet der Politik stets eine hervorragende Rolle gespielt hat, und daß die meisten modernen Staaten sich mittels Krieg führung entwickelt haben. Auch der Weltkrieg folgte diefer Tra dition" durch Errichtung neuer Staaten. Die auf solche Weise festgelegten Grenzen" waren oft unnatürlich, diftiert von wirtschaft­lichen oder politischen Interessen und mit Gewalt errichtet". Die Folge davon: daß diese Staaten große Heere hielten, um sich mit Waffengewalt zu behaupten. Eine weitere Ursache bildet der Im­perialismus, das Bestreben der Staaten, sich auszudehnen, neue Länder zu erobern und andere Völker zu unterjochen.

Auf

Sehr richtig wird dann erkannt, daß die wirtschaftliche und foziale Entwicklung die Grenzen der einzelnen Staaten zu sprengen versucht: Wir scheinen uns einer weltpolitischen Autorität( Obrig feit) zu nähern, deren Reim vielleicht der Bölkerbund bildet. der Linie dieser Entwicklung liegt es, daß die Staaten mehr als bisher von ihrer Souveränität( Hoheitsrechten) an den Böikerbund abtreten". Auch die Berwaltung unentwickelter Böllerschaften( Rolo­nten) fönnte unter die Oberaufsicht des Bölkerbundes gestellt und damit manche Kriegsursache beseitigt werden.( Borausgefeht natür­lich, daß auch der Völkerbund sich umstellt und ein völlig anderes Geficht erhält!)

Schr interessant sind die Abschnitte, die der Demokratie gewidmet sind. Zunächst wird festgestellt, daß bis zum Weltfrleg die Entwicklung der Politik sich in der Richtung der Demokratte bewegte, daß diese Tendenz noch jetzt allgemein vorherrscht, aber in Rußland  , Italien   und einigen anderen Ländern eine starte Herausforderung erfuhr". Wobei gleichzeitig festgestellt wird, daß die Demokratie zwar theoretisch vorher: sdt, daß fie in Wirklichfelt aber start begrenzt und eingeschränkt ist durch Armut, mangelhafte Bildung, Breffe, Klaffenmacht und die dadurch hervorgerufene Maffenpsychologie". Eine Fest- und Klarstellung, die wir Soala liften nur Wort für Wort unterschreiben können. Der Studienplan legt dann dem Kongreß eine Reihe von Fragen vor: Welchen guten Zwecken hat der menn überhaupt solchen Krieg in der Vergangenheit gedient? Hätten diese Ergebnisse ohne Krieg erreicht werden können?"

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,, Auf welche Weise führen Imperialismus, Nationalismus, Ge­heimdiplomatie und Kriegsrüftungen zum Krieg?"

,, Sind die Methoden der Verföhnung, des Schiedsgerichts und der gerichtlichen Schlichtung auf alle Streitfälle zwischen Nationen anwendbar? Ist es wünschenswert, Schiedsgerichte oder gefeßliche Bestimmungen aufzuzwingen?"