Jugendschutzforderungen der Gewerkschaften.

Der Hamburger   Kongreß des Allgemeinen Deutschen Ge. werf masts bundes hat auch eine Reihe von Fragen be handelt, die für die Arbeiterjugend von besonderer Bedeu fung find. So hat der Genosse Seßter ausführlich über die Bildungsaufgaben der Bewertschaften gesprochen, die ja in erster Linie mit der Jugend durchgeführt werden müssen. Der Kon­greß hat die Verbände verpflichtet, der gewerkschaftlichen Bildungs­arbeit die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Bedeutsam ist die in der Debatte über diesen Vortrag vom Reichsinnenminister, Genossen Severing, abgegebene Erflä rung, daß er durch die Abschaffung der Technischen Nothilfe Mittel für weitere Bildungsmöglichkeiten der Arbeiterjugend freimachen werde.

Der Kongreß nahm ferner eine Entschließung über den Ougendschuh an, in der es heißt:

,, Die von den Gewerkschaften seit langem erhobenen Forde rungen nach besonderen sozialpolitischen Schutzbestimmungen für Die erwerbstätige Jugend sind von der Gefeßgebung bisher nicht erfüllt worden. Der vorliegende Entwurf des Arbeitsschutzgesetzes enthält wohl die geforderte Erhöhung des Kinder und Jugend­fchuzalters und auch eine weitere Einschränkung der Nachtarbeit Jugendlicher; er bringt aber nur eine unzureichende Regelung der täglichen Arbeitszeit und geht auf die Freizeitforderungen für die Jugendlichen( Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen und jährlicher Urlaub) gar nicht ein. Die große Zahl derjenigen Jugendlichen, die nicht in den Genuß der bisher allein durch Tarifverträge ge­Ichaffenen Urlaubsansprüche tommen, macht jedoch eine ( ofortige gefegliche Regelung des Urlaubs für Jugendliche zur Notwendigkeit. Der Gewerkschaftskongreß richtet deshalb an die Reichsregierung und an den Reichstag das dringende Ersuchen, die von weiten Kreisen des deutschen   Boltes vertretenen Freizeitforderungen für die erwerbstätige Jugend fo bals als möglich zu verwirklichen und zu diesem Zwed das Arbeitsschutz­gefeh entsprechend auszugestalten. Weiter ersucht der Gemert­schaftskongreß die Reichsregierung, Beginn und Beendigung der allgemeinen Schulpflicht im ganzen Reich einheitlich zu regeln, um ben Schwierigkeiten vorzubeugen, die sich sonst aus den er weiterten Kinder- und Jugendschutzbestimmungen ergeben

fönnten."

In einer dem Kongreß vorangegangenen Ausschußigung hat fich der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund   auch mit den Be­strebungen beschäftigt, die eine Bertürzung der Lehraeit beabsichtigen. Er hat in dieser Frage folgenden Beschluß gefaßt:

Seit einiger Zeit find in verschiedenen Berufen die Organi fationen des Handwerks bestrebt, die Lehrzeit, soweit sich noch nicht die gefegliche Höchstdauer von vier Jahren erreicht hat, zu ver­längern. Der Bundesausschuß des ADGB.   lehnt diese Be­strebungen als fachlich nicht gerechtfertigt gana entschieden ab und erwartet von den gewerkschaftlichen Mitgliedern der Ge­fellenausschüsse der Innungen und Handwerkskammern, daß fie gegen Beschlüsse der Innungen und Handwerkskammern zur Ber­längerung der Lehrzeit Einspruch bei den Aufsichtsbehörden er­heben. Bon den Aufsichtsbehörden fordern die Gewerkschaften, daß sie folchen Absichten mit allen Mitteln entgegenwirken.

Die gemeinsame internationale Aktion der drei Internationalen, Sozialistische Jugend- Internationale, Sozialistische Arbeiter- Inter­nationale und der Internationale Gewertschaftsbund für den Jugendschah wirkt sich auch in anderen Ländern aus. Der Kongreß des belgischen Gewerkschaftsbundes, der von 7. bis 9. Juli lagte, nahm folgende Entschließung an:

Der Kongreß ratifiziert den Beschuß der Exekutive und des Nationalen Kemitees des Gewertschaftsbundes, die das vom Internationalen Gewerkschaftsbund, der Sozialistischen Arbeiter, Internationale und der Sozialistischen Jugend- Internationale aus­gearbeitete Jugendschuhprogramm gutgeheißen haben. Er stellt feft, daß in Belgien   die Forderungen 1, 2 und 7 diefes Bro­gramms ganz und jene des Punttes 5 teilweise verwirklicht find. Er ist der Ansicht, daß die Durchführung der anderen Punkte die parlamentarische Mithilfe bedingt und es wünschenswert ist, die Jugend felbst in der Arbeit augunsten der Berwirklichung des Brogramms heranzuziehen.

Der Kongreß beauftragt die Erefutive des Gewerkschafts­bundes, sich mit dem Bureau des Generalrats der Partei und dem Zentralen Jugendkomitee in Berbindung zu legen, um zu Jammen die zwedmäßigften Mittel zur Berwirklichung der Forde rungen der jugendlichen Arbeiter ausfindig zu machen."

Die Verwirklichung aller dieser Beschlüsse wird in hohem Maße davon abhängen, daß sich die werktätige Jugend in den freien Gewerkschaften organisiert. Nur die organisierte Macht schafft den arbeitenden Zugendlichen Jugendfuß und Jugendrecht.

Gelöbnis der Gewerkschaftsjugend.

Wir wollen, daß die arbeitende Klasse frei werde von mirt­fcholilicher Ausbeutung daß sie gleich wird allen andern Mitgliedern der Gesellschaft. Wir geloben brüderliche Kameradschaft allen, die mit uns verbunden sind für die gleichen Aufgaben und das gleiche Siel; unwandelbare und unverbrüchliche Treue der gewerkschaftlichen Organisation, die uns führen soll und der wir dienen wollen."

Jugend, unsere Zukunft.

Was wir nicht mehr hören wollen.

Ein Jugendgenoffe Ichreibt uns nachfolgende Zeilen, die das alte und doch ewig Junge Problem bes Gegensatzes zwischen alt und jung" behandelt. Wir geben diefe temperamentvolle und tros aller Härte und Spigen ehrlich gemeinte Kritik zum Nachdenken für alte und junge Genossen wieder. Die Redaktion.

Gehen wir in Verfammlungen oder zu Borträgen, dann werden wir immer die schmeichelnden Worte hören: der Jugend gehört die Bukunft. Wie oft mußten wir uns schon auf diefe Worte freuen", fle hinnehmen als ,, wahr" und ehrlich" gemeint! Laßt uns einmal ehrlich sein und unsere wirkliche Meinung über dieses von uns als verlogen empfundene Wort äußern.

Wir wollen gar nicht bestreiten, daß jeder Redner objektiv daran glaubt, daß nun einmal die Jugend die Zukunft bedeutet. Es wäre auch gar jettfam von einem Alten, diesen Glauben nicht zu haben, denn schließlich lösen doch die Jungen die Alten ab, und nicht um gekehrt die Alten die Jungen. Möge auch manchesmal ein alter Veteran der Arbeiterbewegung die Baft der Arbeit einem Jungen abnehmen, so ist dies ein menschlicher Fall, läßt sich aber feines­megs allgemein ausdeuten, daß die Alten die Jungen ablösen. So weit werden wir ja auch die Zustimmung aller Beteiligten bekommen. Erkennt man objektiv an, dah die Zukunft den Ar­beiterbewegung von der Jugend abhängig ist, diese alfo Träger der Zukunftsarbeit lein muß, lo tommt man jedoch nicht aus dem Sta dium dieser Erkenntnis heraus, gibt diese Selbstverständlichkeit wohl theoretisch zu, aber versucht feineswegs aus dieser Erkenntnis praf­tifche Schlußfolgerungen zu ziehen. Der Jugend gehört die Zu­funft, und fommt einmal die Jugend nicht bittend, sondern fordernd, dann weiß man nicht mehr, was man tags auvor über die Zukunft und so weiter gelagt hat. Zwischen Wort und Tat flafft eine unge­heure Kluft.

Was wir nicht mehr hören wollen?

Daß wir die Zukunft find. Macht aus einer Eelbstverständlich teit feine Phraje, lagt lieber offen, wir erwarten von diefer Jugend nichts, sind von ihr enttäuscht und gehen unsere eigenen Wege auch ohne Jugend. Das ist Ehrlichkeit, Offenheit, mit der man sich aus­einandersehen kann.

Bitter ist es für die proletarische Jugendbewegung, wenn fie nur deshalb anerkannt wird, weil man notwendig eine Nachwuchs organisation braucht. Die Anerkennung der profetarischen Jugend­bewegung muß noch aus ganz anderen Quellen fleßen, und nicht nur aus der Erkenntnis der Zweckmäßigkeit und des Organisations egoismus. Daß zwischen den Alten und Jungen nicht die Gemein famteiten so start hervorgehoben werden, ist Schuld der beiden Dr. ganisationen der Alten und Jungen, die immer wieder die äußer lichen Gegenfählichkeiten betonen, ohne sich ernsthaft auf die Ge­meinfamfeiten zu befinnen. Daß hier den Organisationen der Alten aber mehr Schuld an der Nichtzusammenarbeit gegeben werden muß, erklärt sich schon daraus, daß stets die Klügeren nachgeben mußten, und da die Alten doch immer die Kligeren sind, müßten fie immer eher geneigt sein zu einem Waffenstillstand mit der immer fampftrohigen Jugend. Man übt beute nicht die Nachicht aus fameradschaftlicher Hilfsbereitschaft, sondern aus einem leber­legenheitsgefühl heraus.

Daß unter folchen Umständen das Wort: Der Jugend gehört Die Zukunft" immer sehr mißtrauisch von den Jungen aufgenommen und belächelt wird, wer wollte das den Jugendlichen verübeln, die Ichon hundertmal dieses Wort aus dem Munde prominenter Ge­noffen gehört haben, und dann von denselben Genoffen behandeli wurden wie eine Schultinder vom Lehrer.

Wenn wir hon von der Zukunft der Jugend sprechen, dann müssen wir wissen, daß damit auch Verpflichtungen verbunden sind. Als Gleichberechtigte müssen wir nicht nur theoretisch, Jondern auch praktisch anerkannt werden. Nicht nur in Versammlungen von der Jugend reden, die im gleichen Schritt und Tritt mit den Alten mar­schiert, sondern sie dann auch als gleichwertige und gleichberechtigte Mitstreiter in folden Augenblicken anerkennen, wo nicht der Beifall der tausend Zuhörer zu erwarten ist. Gemeint ist die Zusammen arbeit im fleinen. Wer hat nicht schon die Ueberheblichkeit der Alten bitter schmerzlich empfunden, die sich auf ihre Erfahrungen tüken, und mit Recht flügen fönnen, aber damit schlimmer prunten wie der Pfau mit feinen buntesten Federn. Kommt in diesem Ber halten der Alten gegenüber der Jugend dann das gesprochene Bort von der Zukunft der Jugend zum Ausdruck? Nein, hier außer halb des Berfammlungsraumes zeigt sich die wahre Auffassung der Alten gegenüber der Jugend, die kindermädchenhaft betreut werden muß, deren Meinung weniger gilt als das Gadern der Hühner auf dem Hofe, und die man wohlwollend beruhigt, wenn die Wogen des Sturmes allzu start sein sollten.

Die

Was wir wollen, das ist nicht nur die schöne Versammlungs. gefte, sondern die praktische Anerkennung durch die Aften. Gereiztheit der Jungen ist nur erflärbar aus der Intoleranz der Alten, die lächelnd sich über die Jugend hinwegfetzen, oder erbittert Ichimpfen über die freche" Jugend, die feine Achtung mehr habe vor dem ehrwürdigen Alter ufw. Behandelt einmal die Jugend wirklich als Menschen, die auch einmal" einen vernünftigen Ge­danken äußern und die vielleicht auch einmal eine gute Idee haben können, die nicht immer so unerfahren sind, wie man sie hinftell, und die auch etwas leiften fönnen, wenn man lle gewähren läht. Wenn so der Jugend gegenüber gehandelt wird, nicht aus der