Sozialistische Studentenbewegung

Seit dem im Dezember 1927 abgehaltenen Berbandstag in Heidelberg  , der noch in einer Reihe von Fragen gewisse Gegenjäg lichkeiten gezeigt hatte, ist eine starte innere Konfolidierung des Berbondes und damit Hand in Hand ein bemerkenswertes Bads tum zu fonstatieren. So hat beispielsweise die größte Gruppe im Reich, die Berliner   Bereinigung Sozialdemokratischer Studieren der, die im Jahre 1923 mit nur sieben Mitgliedern ins Leben ge­rufen wurde, heute einen Bestand von eima 500 Dite gliedern aufzuweisen. Brozentual ähnlich günstig liegt die Ent­wiffung in den anderen deutschen   Hochschulstädten. Berbands­gruppen bestehen zurzeit an folgenden Orten: Berlin  , Braunschweig  , Breslau  , Dresden  , Frankfurt   a. M., Freiburg  , Göttingen  , Hebel­berg, Hamburg  , Halle, Jena  , Kiel  , Köln  , Königsberg  , Leipzig  , Mann­ heim  , Marburg  , München  , Tübingen   und Würzburg  . Dazu treten eine Gruppe in Danzig   und die über 2000 Weiglieder zählende Gruppe in Bien, sowie die Gruppen Graz und Innsbrud. Ber­trauenstente des Verbandes befinden sich noch in einer Reihe einerer Hochschulorte, und es ist begründete Aussicht vorhanden, daß auch dort eigene Organisationen ins Leben gerufen werden können.

Der Berband hat sich furz nach dem Heidelberger   Verbandstag ein Aftionsprogramm gegeben, das ein deutliches Bekenntnis zu den Zielen der sozialistischen   Arbeiter- Internationale enthält und, davon ausgehend, eine Reihe von Forderungen aufgestellt, die in den Say gipfeln, daß die Hochschulen nicht einens Bildungsprivileg dienen dürfen, sondern im wahren Sinne des Wortes Bolts­Ichulen fein müffen. Die Schaffung und Ausgestaltung von Rechtsformen, die jedem Bejähigten die Studienteilnahme geftatten, eine Staffelung der Studiengeider, Aufhebung der Disziplinar gerichtsbarkeit, blehnung jeder studentischen Sondergerichtsbarkeit, und vor allem der Zugang zum Katheder für jene Dozenten, die eine, den meiteiten Kreisen der arbeitenden Bevölfering ent­sprechende Lehrmeinung vertreten, sind die hauptsächlichsten For derungen Meses Programms. Für diese Bieie ist in dem Ver­bandsorgan Der sozialistische Student" ein Kampf geführt worden, der durch die nunmehr erfolgte Umgestaltung in eine unter dem Namen Sozialistisch- Akademische Rundschau" monatlich erscheinen­den Zeitschrift( Redaktion in Wien   und Berlin  ) seine Verschärfung und verstärkte fachliche Begründung finden wird.

Funktionäre des Verbandes fönnen lediglich Parteimit glieder fein, und eine auf Grund von Erhebungen, die anläßlich der Einrichtung einer zentralen Mitgliederfarthotel gemacht wurden, aufgestellte Statistik beweist, daß etwa 50 Broz. der parteizuge hörigen Weitgliedschaft ihren Beitritt zur SBD. zugleich bzw. furz nach dem Eintritt in unsere Organisation vollzogen haben. Durch diese Feststellung wird die parteifördernde Wirkung unserer Ber­bandstätigkeit in einer eindeutigen Weise fargelegt.

Der Prozentsaz der sogenannten Arbeiterstudenten, d. h. von Studierenden aus profetarischen Kreifen, ist in dantens merter Weise im Wachstum begriffen. Sie wenden sich vorzugs weise dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften sowie der Philologie zu, Disziplinen, die auch für die Nichtarbeiterstudenten die bevorzugten darstellen. Die Tatsache, daß beispielsweise über 30 Broz. unserer Studierenden Rechtswissenschaft und zirka 20 Broz. Bolkswirtschaft studieren, Prozentfäge, die übrigens für Arbeiter. studenten wie Nichtarbeiterstudenten fast diefelben sind, ist im Hin­blick auf die ftarten Anforderungen, die die öffentliche Berwaltung an unfere Parteigenossenschaft stellt, sehr erfreulich). 32,5 Broz. der Arbeiterstudenten und 21,2 Proz. der übrigen Studierenden Studieren Philologie  , während nur 2,1 Proz. der Arbeiterstundenten und 7,4 Proz. der Nichtarbeiterstudenten dy der Medizin zuwenden. 4,7 Broz. der Arbeiterstudenten und 5,4 Broz. der Nichtarbeiter studenten befuchen die technische Hochschule, ein geringer Brozent fah die Handelshochschule bzw. Landwirtschaftliche und Tierärzt­liche Hochschule. Es dürfte interessieren, daß 0,6 Proz. der sozia listischen Studenten unter der Theologenschaft, besonders zahlreich an der Universität Marburg  , zu finden sind. Was die Borbildung unferer Mitglieder anbelangt, so ist bei zirka 90 Proz. der Nicht arbeiterstudenten der Befuch einer Bollanstalt die Regel. Auch bei den Arbeiterstudenten haben 37 Broz. eine foldje absolviert. Die sogenannten Aufbauschulen, denen wir eine Reihe unferer tüchtigsten Mitglieder verdanken, haben 17,2 Broz unserer Arbeiter. Studenten die Ausbildung gegeben, während 14.4 Proz. das so genannte Arbeiterabitur und 15,6 Proz. das Kulturexamen gemacht haben. Der Rest ist durch ein Freiabitur über das Lehrerseminar oder über ein sogenanntes Ersatzabitur an die Hochschulen gelangt.

Als Berufsziele der Verbandsmitglieder wird von Arbeiter­studenten zu 34,2 und von Nichtarbeiterstudenten zu 20,5 Pro3. der Berwaltungsdienst angegeben. Von den ersteren beabsichtigen ferner 28 Broz. sich dem höheren Lehramt zu widmen, während 21,7 Prog. der Nichtarbeiterstudenten das gleiche Berufsziel ver­folgen. Die legtgenannten stellen mit 14 Brez für den Rechts­anwaltsberuf und mit 10 Broz. für den Arztberuf, sowie 93 Broz. für den technischen Beruf weit größere Prozentläge ais die Arbeiter studenten, die in der gleichen Reihenfolge mir uit 3,9 Broz, 1,9 Broz und für den technischen Beruf zu 0 Proa. fich ausge sprochen haben, ungefähr gleich ist bei Arbeiterstudenten und Nicht­arbeiterstudenten der von etwa. 6 Broz. der statisch erfaßten Mit gliedschaft geäußerte Wunsch, eine voltewirtschaftliche Laufbahn zu

ergreifen oder die von etwa 5,5 Broz. geäußerte Absicht, fich ben Justizdienst zu widmen. Die Abficht, in den journalistischen Beruf überzugehen, ist bei den Arbeiterstudenten häufiger als bel ben Nichtarbeiterstubenten( 54: 2 Broa). Die Laubahn als Sozial­beamte wollen 3,2 Bro3. der Richtarbeiterstudenten, 1,8 Proz ber Arbeiterstudenten einschlagen. Die übrigen Berufe find nur jeweils zu schägungsweise 1 Broz. als Lebensziel angegeben.

Die Erhebungen über die herfunft unserer Mitgliedschaft haben injofern intereffante Ergebniffe ale in noch folgenden Prozent­ziffern die Berufe der Eltern der von unserer Statistik erfaßten Mitglieder ermittelt werden fonnten: 20,5 Bros. felbständige Ge werbetreibende, außer Handwerkern, 15,2 Broa. Arbeiter, 10 Bros. höhere Beamte, 9 Broz, untere Beamte,& Broz, Lehrer, 5,9 Broz. untere Angestellte, 3.6 Broz, Angestellte von Arbelterorganisationen, 4,1 Broz. Rechtsanwälte, 3,2 Proz. Aerzte 3,4 Broz. leitende Un­gestellte, 2,8 Proz technische Berufe, 2,4 Broz. Journalisten, 2,2 Broz. Bauern. Der Reft vertelt sich auf die übrigen Berufsarten. Dob wir feine Söhne von Gutsbeflhern in unseren Reihen zählen, dürfte faum Bunder, nehmen.

Schließen wir die statistischen und zahlenmäßigen Angaben mit der erfreulichen Gesamtfeststellung, daß die Mitgliederzahl für Deutschland   und Desterreich zufammen rund 3500 beträgt, ein Resultat, das gewiß im Bergleich zu den Ergebnissen anderer Länder zu befriedigen vermag, find doch die übrigen 12 Landesorganisa. tionen, die der 1926 in Amsterdam   gegründeten Internation nalen Sozialistischen Studentenföderation ange hören, zufammen nur um ein weniges störfer als unsere Verbands. organisation, die im Zusammenhang mit der aus ihrer Stärte refufe tierenden Bedeutung für die internationale Arbeit die internatio­nalen Sekretariatspflichten übernommen hat.

Die Berbandsarbeit erftreft fich bel den einzelnen Gruppen auf Bortragsabende parteigendlicher Bolttifer und Wissenschaft er fo wie auf eine Reihe von Arbeitsgemeinschaften und Distufftons­abenden, die ergänzt werden durch eine möglidt rege Fühlung­nahme und Mitarbeit mit den Jugendorganisationen der Partei, Die Zusammenarbeit mit den benachbarten Bruderorganisationen ist durch mehrere Grenziandschaften mit Belgischen.   holländischen, schweizerischen, franzöfifchen, böhmilchen und polnischen Genollen gefördert worden. Untäßlich des Rongreffes der Internationale fand in Brüffel ein von etwa 150 Zeitnehmern ous Belgien  , Deutsch  land, Desterreich, Schwein, Frankreich   und Holland   befchicktes Treffen statt, auf dem die Genossen Bandervelde, Wauters, Engelbert Graf, Blemming und ein indonesischer Student über die Kolonialprobleme referierten.

Der Berband arbelict in der non falt allen politischen Studenten gruppen Deutschlands   gebildeten Bentralitelle für studentische Bölferbundarbeit mit. Das Bräsidium der Zentralstelle wird zur zeit von dem Bertreter unferers Berbandes geführt. Im Kampf gegen den völlischen Berein Deutsche Studentenschaft" ist es den meisten Gruppen unferes Berbandes als awed mähig erschienen. fich mit den in dieser Frage gleichgerichteten Orgenfationen zum Deuts schen Studentenverband zujammenaultlichen. der nach innen und außen sich erfolgreich zu einem ebenbürtigen. Rivalen der Deutschen Studentenschaft  " entwickelt hat und demnächst auch mit der CIE., der internationalen studentlichen Spitenoraanilation für hochschule politische und wirtschaftliche Fragen ein Arbeitsabkommen treffen

wird.

Der Frage der sozialistischen   Schülerorganisation wird ein be­sonderes Interesse geschenkt. Man if an verschiedenen Orten be müht, Hand in Hand mit der Sozialistischen Arbeiterjugend für ihren Zusammenschluh in sozialistischen   Schülergemeinschaften Sorge au tragen.

Daß nunmehr mit Ausnahme von Bayern   und Württemberg  fämtliche Länder ihre Hochschulverfalluna einer Revifion unterzogen haben und damit der studentischen Selbstverwaltung ihren völkischen Charafier genommen haben, darf der Berband als einen Erfolg seiner stetigen Bemühungen haben. Er muß den durch die törichte Ablehnung der Beckerschen Ministerietverordnung gefchaffenen Fort­fall der Selbstverwaltung an den preußlichen Hofchu'en gewikli aus prinzipiellen Gründen bedauern. Dem fortfall einer Selbft. verwaltung freilich in der bisher von den völtischen Majoritäten geübten Form, wird feiner von uns eine Träne nachweinen. Die wischenzeit hat gezeigt. dah das Fehlen eirer folchen studentischen Selbstverwaltung dem Badstum unferes Verbandes feinen Abe schaft haben fich felter als je aplammensetoffen und wir fönnen bruch zu tun vermaa. Im Gegenteil, die Reihen unferer M totied einen erfreulichen Refler des allpemeinen Auffttegs der Arbeiter­tlaffe auch in dem Aufstieg der logischen Studentenbewegung erblicken.

Die Sache des Friedens i feine Sache der Felgheit. Soll der Welt der Friede erhalten bleiben, to mah es durch fanfere Männer gefchehen, die eberio hoh then mi er fyth,& h berit find. Ide das guie Prinzip jederzeit mit dem ritenen Leben einzustehen, jedoch ohne, wie ber heid", anderen nach dem Leben zu trachien. Bens das neue Ge'chlech dazu abracht waren, es für unwi- dig zu halten, alle Scheußilchfelfen der Bergangenheim Segen, dann wird der Krieg bald überwunden fein. Emerson,