Die rote Welle.

Gegner.

Sozialistische Jugendbewegung in der Meinung der Gegner.

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Die fozialistische Arbeiterbewegung marschiert, weder die Kom­munisten noch die Bürgerlichen   tönnen das abstreiten. Die Kommu niften verbergen ihre Wut über die Stärke des Sozialismus hinter hysterischem Geschrei über Sozialfaschismus"; das Bürgertum ver fucht, aus den Methoden der sozialistischen   Organisationen etwas abzulugen für die eigene Arbeit, oder man malt dem schrecksamen Spleßer ein rotes Gespenst an die Wand. Vor allem beschäftigt man sich in letzter Zeit fehr viel mit dem Aufstieg des Ber bandes der Sozialistischen Arbeiterjugend. Das ist nicht zufällig. Die Wahlniederlagen des Zentrums und der Deutsch­nationalen am 20. Mai 1928 waren eine deutliche Absage der Jugend an diefe Parteien. Namhafte Führer der nationalen und der ton­feffionellen Jugendbewegung haben sich gegen diefe Parteien erklärt, und der eine oder andere haben sich sogar für die Sozialdemokratie eingesezt. Bon diesem Schred haben sich Nationalisten und Christen noch immer nicht erholt. Ein Langes und Breites unterhält man fich auf Tagungen oder aber besonders in Zeitungsartikeln über die Ursachen des Versagens der bürgerlichen Jugendbewegung und über den Vormarsch der Sozialistischen Arbeiterjugend. Zum Bewels wollen wir einige Bemerkungen aus Zeitungsartikeln der letzten Zeit bringen.

In der Jugendführung", dem Funktionärblatt der fatholischen Jugendverbände, findet sich im Februarheft unter der Ueberschrift In welchem Lager steht die deutsche Jugend?", nach Be trachtungen über das Berhältnis zwischen organisierter fonfeffio neller Jugend und den gesamten Anhängern der einzelnen Ron feffionen, folgende bemerkenswerte Stelle über das Verhältnis der Sozialistischen Arbelterjugend zu den sozialdemokratischen Stimmen bei der letzten Reichstagswahl:

Leider ist es uns unmöglich, genau auszurechnen, in welchem Berhältnis die Zahl der sozialistisch organisierten Jugendlichen zu der sozialistisch denkenden Gesamtbevölkerung steht. Ganz allge­mein aber läßt sich sagen, daß die Zahl der in den sozialistischen  Jugendbünden( gemeint ist nur die SAJ. D. R.) organisierten Jugendlichen, die 57 600 beträgt, angesichts der großen zahlen­mäßigen Macht des Gesamtsozialismus eine sehr geringe ift. Bei den Maiwahlen haben allein 11 Millionen Deutsche sich zur Sozialdemokratie bekannt, so daß es geradezu auffallen muß, daß die Sozialistische Arbeiterjugend nur 57 600 Mitglieder hat. Die freie Gewerkschaftsjugend zählt allerdings über 200 000 Mitglieder, der sozialistische Arbeitersport 500.000. Aber auch die rund 800 000 jugendlichen Mitglieder, die die drei sozialistischen   Jugend­organisationen zählen, find für eine so gewaltige Macht, wie es der Sozialismus in Deutschland   ist, fehr wenig. Freilich dürfen wir aus diesen geringen Zahlen durchaus feine falschen Schluß folgerungen in bezug auf die Stärke der sozialistischen   Bewegung ziehen. Wer die Berhältnisse vor allem in den protestantischen Gegenden kennt, weiß, daß der größte Teil der Arbeiterschaft fozialistisch wählt, auch ohne daß er in seiner Jugend durch die fozialistischen Jugendorganisationen gegangen ist von der Baht der Mitglieder der sozialistischen   Jugendverbände hängt alfo die Zukunft des Sozialismus nicht allein ab. Deswegen dürfen wir in den geringen Zahlen der sozialistischen   Jugendorganisationen auch fein ungünstiges Vorzeichen für die Zukunft des Sozialismus Jehen. Im Gegenteil, bie 57 600 bedeuten Glite. Sie werden einmal die führenden Leute lein."

Die Erziehung zum Klaffenkampf" heißt der Gefamttitel einer Bellage im deutschnationalen Tag" vom 18. April 1929. Ein Generalmajor a. D. fommt nach allerhand Kritiken über den internationalen Geist der sozialistischen   Arbeiter Jugend, der die Worte, deutsch  " und Versailles  " nicht dulde, zu folgenden Schlußbemerkungen:

Es wäre Torheit, zu leugnen, daß im großen ganzen die Ideen der Sozialistischen Arbeiterjugend in der Jugend unferes Bolles( wenn auch nicht immer in der von der Leitung der Sozialdemokratischen Partei gewünschten Form) an Boden ge­minnen. Wer trägt daran die Schuld? Im sozialistischen   Lager herrscht in puncto Arbeit an der Jugend, Jugenderziehung, ein ganz ungleich regeres Leben als bei uns. Die Arbeit wird fyftematilah geleitet. Gle tann zu einer Arbeit auf weite Sicht gestaltet werden, weil reiche Mittel dafür au Gebote stehen. Das alles fehlt bei uns. Bei uns fommt die Einsicht, daß auch die Jugend gewonnen werden müsse, immer erst acht Tage vor den Wahlen."

In derselben Beilage heißt es an anderer Stelle:

So zeigt die Betrachtung der sozialistischen   Jugendarbeit In Deutschland  , die selbstverständlich im Rahmen einer fozialistischen Jugendinternationale erfolgt, einen fonfequenten Ausbau. Man darf annehmen, daß sie in der SAJ., in den Jugendabteilungen der freien Gewerkschaften und in den Arbeitersportverbänden organisatorisch eine Million junger Menschen umfaßt. Ihr tat­hlicher Einfluß gebt zweifellos weiter, weil diese Million ziel­

bewußt propagandistisch geschult wird. Und man darf nicht ver­geffen, daß diefe Million für den Klaffenkampf geschult wird. Eine Million junger deutscher Menschen wird systematisch zu Margismus und Klaffentampf erzogen; eine ernste Zahl!"

Die Schwerindustrielle Börsenzeitung", Berlin  , schließt einen giftgeschwollenen Bericht über eine Kundgebung der Berliner   Ar­beiterjugend für den internationalen Jugendtag in Wien   unter der leberschrift Scheinwerfer links!" mit folgenden Sätzen:

,, 6s ist für die sozialistische Arbeiterjugend offenbar selbstver ftändlich, daß man das Wort Bersailles und Dawes bei inter­nationalen Kundgebungen nicht in den Mund nimmt, um Vertreter des Auslands nicht etwa zu, mißftimmen". Daß man auch in der gestrigen Kundgebung fein Wort gegen die Versailler Ber­Itlavung fand, beweist, daß diese Jugend es wirklich nicht weiß und fühlt, welche Ketten unser Bolt schmerzen. Für sie gibt es nur die Parole: Rialfentampf gegen den eigenen Bolts­genoffen bis aufs äußerste, und derbrecht die Gewehre, auch wenn der Feind über uns herfällt."

Den Jugendbeilagen der sozialdemokratischen Tages­zeitungen wird große Beachtung gefchenft im Lager der Gegner- manchmal mehr als bei uns. Der Hitler- Jugend- Bressedienst" schrieb neulich: Die SPD.  - Provinzpreffe opferte der Jugend viel Drucker­schwärze in Jugendtribünen" und ähnlichen vierfeitigen Beilagen." Mit diesen wenigen Stimmen aus dem christlich- nationalistischen Lager wollen wir uns begnügen. Sie zeigen, welche Bedeutung die Gegner der sozialistischen   Jugendbewegung beimessen. Für uns liegt darin die Mahnung, nicht nachzulassen in der Organisierung der arbeitenden Jugend und ihrer Schulung im Sinne und Geifte der fozialistischen Weltanschauung. Alle, Junge und Alte, wollen wir daran arbeiten, daß die rote Welle höher und höher steigt, bis fie alles arbeiterfeindliche Streben überflutet hat.

Kommunisten über Kommunisten.

Im Kommunistischen Jugendverband( KIV.) hat sich eine Opposition organisiert gegen eine verantwortungslose Clique von Parteibureaukraten, die zum großen Teil während des Krieges und des Bürgerkrieges auf der anderen Seite der Barrikaden stand, und die drauf und dran ist, die kommunistische Bewegung zugrunde zu richten". Bon der Reichsleitung dieser Oppofition wird jezt ein eigenes Organ, Junge Kämpfer", herausgegeben. In diesem Blatt erfährt man allerlei Erbauliches aus der kommunistischen   Bewegung und über ihre Führer. Ueber den Kommunistischen Jugendverband und feine Zeitung wird geschrieben: Die Fluftuation im Jugend­verband beträgt in den proletarischen Bezirken durchschnittlich 70 bis 80 Broz., im Beddinger Berwaltungsbezirt in Berlin   80 Bro3., bis 80 Proz., im Beddinger Verwaltungsbezirk in Berlin   80 Pro3., in Lichtenberg   fogar 103 Broz, wohlgemerkt nach den Angaben der Berliner   Jugendbezirksleitung. Trog aller Aufschneidereien beträgt die Mitgliederzahl des Jugendverbandes faum 15 000. Die junge Garde" hat aufgehört ein Organ zu sein, in welchem der Schret der unterdrückten Jugend zum Ausdruck kommt, sie hat aufgehört, ein Wegweiser der proletarischen Jugend in ihren Kämpfen, die heute schwerer denn je sind, zu sein. Kein Wunder, daß die Auflage der verkauften Exemplare der Jungen Garde" teine 15 000 beträgt. Mit welchen Mitteln der Richtungsfampf im Kommunistischen Jugendverband ausgetragen wird, zeigt folgender Vorfall: Die Leitung des Bezirks Westfachsen im KJB. opponierte gegen Be­fchlüffe der Mostauer Bolschewistenpäpste. Sie wurde auf der Reichstonferenz des KIB., die Ende 1928 tagte, ausgefchloffen, nach­dem alle Mittel der Mundtotmachung fehlgeschlagen waren. Welcher Art diese Mittel sind, erfährt man aus dem Jungen Kämpfer". Bir lesen: Den westsächsischen oppositionellen Delegierten auf der Reichskonferenz boten die traurigen Ritter des Jugend- Zentral­tomitees und der Vorsitzende der Kommunistischen Jugendinter­nationale, Chitaow, bezahlte Sekretärposten an, wenn sie fich auf den Boden des 3. stellten. Mit denselben schändlichen Methoden und Mitteln versuchten sie vorher den Bezirksleiter von Schlesien  zu gewinnen." An anderer Stelle heißt es hierzu weiter: Nach dem dieser Bestechungsverfuch gescheitert war, wurden Thalheim, Uhlmann und Lucht auf einstimmigen Beschluß( wieviel Stimmen waren davon durch Sekretärposten getauft?) ihrer Funktionen ent­hoben, da sie nicht würdig" feien, welche zu bekleiden." Kom­munistische Würde wäre also in diesem Fall gleich gewesen mit Gesinnungsverkauf. Jeber ehrliche Arbeiter wendet sich mit Etel von solchem Treiben. Noch mehr die Jugend, die Ehrlichkeit und Reinlichkeit im Klaffentampf auf ihre Banner geschrieben hat.