Internationale Jugend.
Fünfzigtausend junge Menschen aus vierzig Ländern marfchierten am 14. Juli über die Ringstraße in Wien . Hundert taufende umfäumten den Weg. Ein Ruf galt: Freundschaft! Welche große Begeisterung lebte da in uns. Reiner von den Teilnehmern wird sie vergessen. Dieser Aufmarsch war wohl das wuch tigste Bekenntnis am Grabe jenes Systems, das vor 15 Jahren im damals kaiserlichen Wien zum legten Gang anirot. Der Geist eines unerbittlichen Kampfes gegen jeden Krieg, ob er nun in Eu. ropa, Asien , Afrika oder in Amerika geführt werden sollte, sprach aus den marschierenden Kolonnen.
Unsere Gegner haben das gespürt. In der bürgerlichen Breffe werden ernste Betrachtungen über die großartige Disziplin während des gewaltigen Aufmarsches angestellt. Die Kommunisten begnügten sich mit mißvergnügtem Schimpfen, weil sie in ihrer politischen Berblendung jedes Maß gerechter Beurteilung verloren haben. Die tonfeffionellen, nationalistischen und liberalen Zeitungen stellen die Wiener Kundgebung der Sozialistischen Arbeiterjugend als eine ernste Mahnung ihren Anhängern dar und fragen fich: Wo haben wir ähnliches aufzubieten?" Darin er fennen wir ihre Verlegenheit. Für uns bedeutet das: weiter auf diesem Wege!
Es genügt nicht allein, ein starkes Bekenntnis abzulegen, werden die Kritiker fagen. Sie haben gewiß recht, aber ist nicht die Tatsache einer so begeisterten Anteilnahme der arbeitenden Jugend an dem Wiener Jugendtreffen gleichzeitig eine Gewißheit? Die Teilnahme an der Kundgebung war ein Opfer, und Opferbereitschaft Jetzt Liebe zur Sache voraus. Nichts wird die Wirkung Wiens abzuschwächen imftande sein. Für die Arbeiterjugend ist aber die Schlußfolgerung aus der so gut gelungenen Probe ihres Willens notwendig.
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Nach dem Jugendtag trat der Internationale Jugendkongreß zufammen. Er beschäftigte fich mit der organisatorischen Entwid lung der jungen Internationale, schuf erneute Manifestationen für den Frieden und gegen die Unterbrüdergewalt. Was ihn aber auszeichnet und vor allem fennzeichnet, ist das ernste Bemühen der sozialistischen Bewegung, die Formen zu schaffen, die der Jugend den Anschluß an die moderne Arbeiterbewegung erleichtern und fie gleichzeitig zur höchsten Wirksamkeit in der Bewegung bringen. Da steht das Lebensintereffe im Vordergrund. Für Jugendschutz heißt die Parole und nach eingehender Verständigung mit Sozialistischen Arbeiterinternationale und dem Internationalen Gewertschaftsbund wurde ein Mindestprogramm für den Schuh der jugendlichen Arbeitskraft beschlossen. Es erfüllt nicht alle Wünsche, enthält aber das, was in den Ländern zunächst erreichbar erscheint. Seinen Wert erhält dieses Programm dann allerdings durch die Einleitung der Borarbeiten für ein umfassendes Jugendschußprogramm, das dem Kampf der arbeitenden Jugend um Schuh und Recht für die Zufunft den Weg weisen soll. Für die arbeitende Jugend Deutsch lands besitzt das eine große Bedeutung, weil es möglich sein dürfte, bel den gegenwärtigen Beratungen der vorliegenden Entwürfe eines Arbeitsschutz und Berufsausbildungsgesetzes die Forderungen der Internationale durchzusehen. Vorausfegung ist ein einheitlicher und gefchloffener Kampf aller an der sozialistischen Jugendarbeit intereffierten Verbände. Das hat der Rongreß berücksichtigt, indem er fich eingehend mit der Vereinheitlichung der sozialistischen Jugend erziehungsarbeit beschäftigte. Die Verbindung aller. Zweige der Jugendarbeit wird angestrebt, um fie durch Zusammenarbeit au höchster Kraftentfaltung zu bringen. Während das Schwergewicht der Sozialistischen Arbeiterjugend in der Erziehungs arbeit auf allgemein politisch- fulturellem Gebiete zu fuchen fein wird, werden die Gewerkschaften die arbeitende Jugend mit den Erfordernissen diefes Kampfes vertraut machen und für die Mitarbeit in den wirtschaftlichen Kampforganisationen heranbilden. Die Arbeitersportbewegung dient der förperlichen Schulung und wird ebenso wie die Gewerkschaftsbewegung an der fulturellen Arbeit für die Jugend beteiligt sein. Die Gruppierung und Einteilung der sozialistischen Jugendarbeit darf niemals einseitig aufgefaßt werden. Die Grenzen der einzelnen Tätigkeitsgebiete find durchaus beweglich. Durch die Betonung des Wunsches nach einer Zusammen| arbeit wird jedenfalls angestrebt, für die Folge eine leber schneidung der Arbeit zu vermeiden und an die Stelle der sonst leicht möglichen Reibungen die Verständigung über die Arbeit zu Jegen. Eine organisatorische Form für die Durchführung der gemeinsamen Arbeit wird sich dann je nach Lage der örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse leicht ableiten laffen.
Eine erfreuliche Großzügigkeit( pricht aus diesen Beratungen über den Aufbau der internationalen Arbeit. Es wird jezt Aufgabe der einzelnen Verbände sein, ihren Anteil an den gefaßten Be fchlüffen zu verwirklichen.
Jeder Zweifel an der Notwendigkeit eines gefteigerten Maßes von Arbeitsaufwand für die nächste Zeit erscheint ausgeschlossen. Bedenken wir nur einmal die vielen sozialen und politischen Schwierigkeiten, die heute der sozialistischen Bewegung entgegenstehen und die insbesondere auch die heranwachsende Jugend be rühren. In zehn opferreichen Jahren wurde eine neue Staatsform aufgebaut. Die Republif erscheint gesichert. Angriffe gegen ihren Bestand scheitern am Willen der Arbeiterschaft und der Arbeiters. jugend. Aber der Inhalt dieser Staatsform läßt uns unbefriedigt. Warum steckt in der Schale ein in pielem häßlicher Kern? Wir denken an die Auseinandersetzungen über die Lastenverteilung aus dem Young- Plan, an die Auseinandersehungen über die Arbeitslosenversicherung, an das Arbeitsschußgefeh, an die Zolltämpfe. Immer wieder erleben wir den Widerstand der Besizintereffen gegen eine ausreichende Lebensmöglichkeit der Arbeitnehmer. Nicht der Geldsack soll das Symbol des Inhaltes der Republik sein, sondern eine gemeinwirtschaftliche Ordnung, die dem Wohle der Gefamtheit förderlich ist und auf den Vorteil für den einzelnen auf Rosten der breiten Maffe arbeitender Menschen verzichtet. Das ist ein weiterer Sinn der Wiener Tage. Bewehrt mit den Symbolen des Sozialismus eine Arbeit zu leisten, die mehr und mehr den fozialistischen Aufbau fördert. Da müssen wir beim nächstliegenden beginnen und zu gutem Ende führen, was bisher unvollendet blieb. Nach der Form ist der Inhalt dieser Republik zu gestalten. Mit dem wuchtigen Tempo des Marfches internationaler Arbeiterjugend durch Desterreichs rote Arbeiterstadt muß gleichzeitig der Vormarsch für unfere, die fozialistische Republik erfolgen.. Ludwig Diederich.
Montagmorgen, Das internationale Jugendtreffen in Wien ist beendet. Tage begeisterter Aufnahme, Tage der Kampfes ftimmung und der Festesfreude find vorüber. Es heißt Abschied nehmen von freundlichen, opferbereiten Quartiergebern. Der Oppen play, Treffpunkt der Berliner für alle großen Rundgebungen, fammelt in den frühen Morgenstunden die Genoffen für die Heimfahrt. Mit flingendem Spiel geht es durch die Straßen Wiens zum Bahnhof, der letzte geschloffene Aufmarsch der Berliner im roten Wien , wiederum begleitet von begeisterten Zurufen der Ar beiterschaft.
Am Westbahnhof. Hier treffen sich viele Genossen, denen es vergönnt ist, im Anschluß an die Wiener Tage auf froher Fahrt die landschaftlichen Schönheiten Desterreichs fennenzulernen. Schnell wird Freundschaft gefchloffen mit unserem Führer, einem jungen Wiener Naturfreund. Bald find die Formalitäten für die Eisenbahnfahrt erledigt, der Bug feht sich in Bewegung. Ein legtes Freundschaft" unseren Wiener Gastgebern, und bald liegen die Mauern Wiens weit hinter uns.
Hietlau. Nach acht Stunden haben wie diese Stadt erreicht, Endstation unserer Eisenbahnfahrt, Ausgangspunkt unserer Alpenwanderung burch die Steiermart und das Dachsteingebirge . Eine erfte freudige Ueberraschung bietet uns diefe Stadt: die Steiermart, uns im Gegensatz zu Wien nur bekannt als Hort der österreichischen Reaktion, als Hochburg der Heimwehr , begrüßt uns durch eine aus. schließlich von Sozialdemokraten verwaltete Gemeinde. Und so find die Quartierschwierigkeiten bald überwunden, die durch die große Bahl der Wandergruppen aufzutreten drohten.
Am nächsten Tag zeigt sich uns die öfterreichische Landschaft zum erften Male in ihrer ganzen Bracht. Am frühen Morgen wird aufgebrochen. Durch das Tal der Enns , durch das Gefänse geht es hinauf zum Großen Buckstein. Der für uns Flachländler" immerhin etwas mühevolle Aufstieg wird belohnt durch eine herrliche Aussicht von Naturfreunde- Haus aus. Nach kurzer Raft geht. es wieder talwärts. 3mm Tal nimmt uns ein zufällig vorüber. fahrender Lastwagen auf, und in furzer Zeit erreichen lo bie er müdeten Wanderer Admont , den Ort unseres Quartiers für die tommende Nacht.
Admont . Spaziergänge in die nähere Umgebung der herrlich im Tal der Enns gelegenen Stadt. Am Nachmittag bringt uns die Eisenbahn nach Schladming , unserem Ausgangspunkt für die Ersteigung des Dachsteins, dem Höhepunkt" unserer Fahrt.
Der große Tag" unferer Fahrt. Um zwei Uhr morgens bedeutet uns der Weder unseres Wiener Naturfreundes, daß es Zeit zum Aufbruch ist. Schnell haben wir unser Heulager verlaffen und bald verlassen wir auch unter sternenbedecktem Himmel unser, Quartier. Nach kurzer Zeit schon geht es bergauf. Durch
herrlichen Waldbestand, an faftiaen Wiesen vorbei, fommen wir ftüd bereitet wird. Weiter geht es über Almen mit idyllischen zum Rorlwirt", wo uns beim Morgendämmern ein erstes Früh Sennhütten und wunderschönen alpinen Blumen zur Auftrighütte. Hier bieten sich uns die Berge in ihrer grandiosen Maffigkeit und