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Ausgelernt Arbeitslos. Wer ltmne Jahre hatte Hans Hilbert die Zeit ersehnt, in der er als fertiger lisdjleraeselle feine Arbeit verrichten tonnte und am Wochenschluh sein ehrlich verdientes Geld, den Wochenlohn, in der Tasche haben sollte. So manche seelischen Qualen seiner Lehrzeit hatte er mit dem GedankenAuch die vier Jahre werden vorüber- gehend überwunden. Ja, er glaubte, mit dem Zeitpunkt der Be- endigung seiner Lehrzeit seien alle Bedrängnisse, die sich aus seiner Arbeit und seinem ganzen Dasein im proletarischen Haushalt er- gaben, endgültig beseitigt. Wie tat es ihm in der Seele weh. dah er mit verwachsenen Anzügen oftmals herumlaufen muhte, seine Unterkleidung immer wieder geflickt wurde und die Stiefel vom Schuster immer wieder kunstgerecht genäht werden muhten. Einkleiner Krümel" war er, als er die Schule verlieh und nachher daschoß er förmlich in die Hohe", wie die Mutter sagte,und satt zu kriegen war er überhaupt nicht". Wo sollte bei dem kargen Verdienst seines Vaters für die sünftöpfige Famili« das Notwendige herkommen? Die fünf Mark, die er Dm seiner Lehrstelle alsErziehungsbei- Hilfe", wie die Handwerkskammer großzügig dieses Taschengeld nannte, erhielt,ah er freilich fünfinal auf". Da blieb für die Mutter wirklich nichts übrig als sich eine Heimarbeit zu fuchen und einige Groschen zu Vaters Verdienst hinzu zu verdienen. Bis in die Nacht hinein sah sie manchmal an ihrer Nähmaschine. Besonders wenn es zum Weihnachtsfest ging, arbeitete sie wie einPferd", wie Vater sich ausdrückte,-um ihren drei Kindern ein besondere Festtagsfreude zu machen. Selbst einen Sonntag gab es dami oftmals nicht. Gut war auch, dah die Mutter Hemden und die einfachen Kleider für ihre beiden Mädels selbst nähte. So manche Mark wurde auch dadurch erspart. Das alles fall ein Ende haben, wenn die Lehrzeit vorbei ist," hatte sich Hans geschworen. Im Gedanken rechnete er auch oftmals aus, was er alles mit seinem wöchentlichen Verdienst anfangen ivollte und in seinem jugendlichen Ueberschwang verstieg er sich zu mancherlei Illusionen. lind nun war es so weit. Vor mehreren Wochen hatte er sich .zur Gesellenprüfung gemeldet. Oh, wie umständlich war die ganze Anmelderei. Da muht« er ein der Form entsprechendesGesuch" um Zulassung zur Gesellenprüfung einreichen, wie sie es in der Berufsschule gelernt hatten. Einselbstgeschriebener" Lebenslauf und eine Beschreibung über sein Gesellenstück, Material und Ver- arbeitung sowie eine Zeichnung desselben muhten beigelegt werden. Die Prüfungsgebühren allerdings lieh er von seinem Chef be» zahlen. Und dann arbeitete er an seinem Gesellenstück, einem Bücherschrank. - Als sein Gesellenstück fertig dastand, kamen eines Tages meh- rere dicke Herren, die, wie sie sagten, ihn prüsen wollten. Sie be» trachteten seinen Bücherschrank von vorn und hinten, oben und unten, schauten hinein, nahmen mit dem Zollstock Messungen vor und sragten ihn vielerlei. Nach einigen Tagen durste er dann seinen Gesellenbrief abholen. Biel  « Lehrlinge aus anderen Be» trieben waren da erschienen. Doch unterhielt man sich kaum unter» einander.. Sie sahen aste stumm zusammen und betrachteten sich mit ängstlicher Miene gegenseitig, denn in Gedanken waren fie bei ihren Gesellenstücken und die FrageHast du bestanden?" de» lvegle sie alle innerlich. Dann wurde jeder einzeln in ein anderes Zimmer genisen und nachdem man ihnen gesagt hatte, wie ste sich in ihrem weiteren Leben zu vechalten hätten, wurde ihnen der Gesellenbrief aus» gehändigt. Jetzt erst wurden sie alle munter und erzählten sich, was sie als Gesellenstück gebaut und mit welchem Prädikat sie die Prüfung bestanden hotten. Hans hatte mitGut" bestanden, und freudig eilt« er zuni Bahnhof. Im Zuge stellte er dann wieder Berechnungen an, über die Verwendung feines ersten Gesellen­lohnes. Mit seinen Berechnungen kam er dann aber bald in die nächsten Wochen hinein, denn vor allen Dingen muht« er sich für den kommenden Winter neu einkleiden, und all die andern schönen Sachen, wie Fahrrad und Photoapparat, imiht« er dabei noch auf längere Zeit zurückstellen. Die Gesellen Im Betrieb« gratulierten ihm und machten den ganzen Tag über Anspielungen wie,.cha leben wir ja" undwir gratulieren immer noch", womit sie sagen wollten, dah er Bier, Zigarren und Zigaretten spendieren sollt«. Als der Chef dann. nachdem er den Gesellenbrief gesehen hatte. In«inem Briefum- schlag eine kleine Grattfikatwn für Hans in den Betrieb schickte, da liehen sie Ihn nicht eher in Ruhe, bis er einen der andern Lehrlinge Bier und Rauchwaren holen schickte. Am ersten Oktober traten zwei neu« Lehrling« in den Betrieb «in. Zwei kleine KerZchen waren es und 5)ans dachte an die Jahre zurück und sah sich selbst an der Stelle, dachte an die Mthachwng durch die Gesellen, denen er alsStift" ausgesetzt war und rnchrn sich vor, ein Freund der neuen Lehrlinge zu werden, ihnen mit Rat und Tat zur Seit« zu stehen. Rur   eine kleine Mißstimmung klang ln seinen Gedanken mit. Hatte der Chef nicht immer von Arbeitsmangel gesprochen, hatten sl« nicht während des Sonimers mehrer« Wochen verkürzt gear. beitet? Und nun stellte er zwei neue Lehrlinge ein. Ja. ja. Lehr» linge sind billige Acheitskräste. Einige Wochen vergingen, und an esnem Lohntage wurde Hans ins Bureau genisen. Der Ches erzählte ihni vielerlei von Arbeitsmaugel. Entlas» fung und wünschte ihm ein gutes Fortkommen in seinem Leben. Dann hatte er seine Papiere In der Hand, seine Papiere, die er laum kannte: denn während seiner Lehrzeit hatte er st« kaum«in» mal gesehen. Freilich kam die Entlassung nicht so ganz unverhofft. Hans rechnete schon lange damit, denn wochenlang redete der Chef schon wieder von Arbeitsmangel. Betrübt ging er nach Hause, dachte an seine vielen Wünsch«. die er hatte. Nur einen ganz germgen Teil all dessen, was er sich anschaffe» wollte, hatte er in dieser kurzen Zeit verwirklichen können. Alles andere war in weite Ferne gerückt. Die Mutter sammerte ihm zu Hause die Ohren voll, denn auch ihre Hofwungen. nun von Hans ein angemessenes Kostgeld zu erhalte» und.nicht niehr für sein« Kleidung sorgen zu brauchen, ginge» für diesmal noch nicht in Erfüllung. Als am nächsten Morgen sein Weg zum Arbeitsnachweis ging, stieg in»hm die Hosjnung ans, dah er vielleicht recht dald-wiede» Arbeit bekommen würde. Doch pls er die vielen Männer sah, deren Weg zum Stachweis süljrte, schwand bald seine Hoffnung. Cr kam in einen rauchgcschwängerten Raum, der von vielen Männern geradezu überfüllt war. Er trat an«inen Schalter und. nach vieler» lei Fragen bekam«r eine Stempelkarte und muhte seden dritten Tag wiederkommen, um sich seinen Kontrollstempel zu holen. Sein zweiter Weg führte zum Ardeltsamt, wo er einen llnterstützungs» antrag stellte. Alle acht Tage sollte er seine Unterstützung holen kommen. Jeden dritten Tag aber faß er vom frühen Morgen b>» zum Mittag aus dem Arbeltsnachweis und wartet« auf Arbeit. Wie lange wird er fo warten müssen, wieviele Kontrollnummem werden noch vor ihm fein, wieviele werden noch mit ihm warten? Er kann sie nicht zählen. Nur eines weih er. es sind vieie, un» zählige. Hans Hilbert ist bedrückt. Das hatte er nicht erwartet. Sein Sehnen, als Geselle Woche für Woche.feinen Lohn.zu bekommen und damit von niemanden abhängig zu sein, auch seinen Eltern nicht mehr zur Last zu fallen, ist nicht In Erfüllung gegaitgen. Seine dürftig« Kleidung muh er weiter tragen, weiter aus Koste» seines Vaters leben. So geht es unserm Hans und wieviel teilen sein Los!, Karl Birnbaum  . Bäckerlehrlings£«0. Wer kennt Ihn nicht, den Bäckcrstift? Des Morgens zwischen 7 und 8 Uhr flitzt er mit einer Kiepe aus dem Rücken oder«Inem Korb aus dem Gepäckträger seines Rades durch die Straßen. Ja, er flitzt, er darf nicht langsam fahren. Seine Brötchen müssen oll« ln einer Stunde an Ort und Stell« sein. Die Kundschaft muh pünkt« lich txdicnt werden. Wehe ihm,«rscheint er nicht pünktlich mit seiner noch dampfenden Last. Es sind allesbessere" Leute, die er zu bedienen hat. Meist schlafen ste noch, wenn«r ankommt. Die Tüte mit Brötchen in die Türccke gestellt und zweimal die Schelle in Bewegung gebracht, dann verläßt er rasch wieder das Haus, um beim nächsten Kunden dasselb« zu wiederholen. So jagt er Hau» ein, Haus aus. Es ist zu bewundern, wie er sich aus seinen Draht» escl schwingt und im Renntempo davonsaust. Da ans«inmal wird es dunkel vor ihm. O Schreck! Seine Lampe   am Rad tst erloschen. Was nun. Ein« neue Lampe muht« er schon lange haben. Aber der Meister will noch keine bezahlen:das bringt sein Geschäft nicht ein." sagt er. Nun muh der Bäckerlehrling ober weiter, denn trifft er zu spät mit feinen Brötchen«in, gibt es Radau, und er kann sogar Kunden verlieren. Die Konkurrenz ist grohl Dieses alles überlegt er In ein paar Sekunden. Er muß eben fein Heil versuchen und ohne Lampe   weiterfahren. Selbst aus da» Risiko hin, von einem Schupo» bcamien ausgeschrieben zu werden. Sein Meister bezahlt die Strafe nicht, denn der Stift hat selbstverständlich Immer schuld daran, weun die Lampe  , die schon lange ins alte Eisen gehört, streikt. Der Bäckerlehrling saust weiter. Da was tauch» dort im Dunkeln auf? Am Helm erkennt er de» Gesetzeshüter. Absteigen geht nicht mehr. Er fliegt vorbei welch«in Glück: der Beamte hat ihn nicht gesehenl Vielleicht hatte er Mitleid mit der armen Bäckerseele und ein Aug« zugedrückt. Sind oll« Kunden bedient, so jährt der Jung« zur Bäckerei. Hinein in die Backstube, dort wartet schon alles auf ihn. So ist »s in jedem Betrieb: ohne Stist geht c» nichts Wer sollt« auch sonst für Pfuschereien und sonstige Verschlungen angeschnauzt werde», wenn der Stift nicht da wäre? Er muh alles aus sich nehmen und mit großer Geduld ertragen. Auch kennt er keinen Achtstundentag. Von S. Uhr bis IS Uhr ist er In der Backstube tätig, dann hätte er eigentlich bis zum Abendessen frei Aber... es find ja noch so viel Gänge zu besorgen, wenn nicht geschäftlicher, so doch privater Art für die Familienangehörigen des Meisters. Es bleibt von seiner Freizelt nicht viel übrig. Nach dem Abendessen muh«r wieder In die Backstube und jäubern. Ist er damit fertig, sucht er sein« Schlajkammer auf. Diese läht in Ihrem Innern auch viel zu wünschen übrig. So legt er sich müde hin, um am nächsten Morgen wieder sein mühseliges Tagewerk zu beginnen. Lricb Butkercit.