Jugend- Vorwärts
Nr. 6
Beilage zum Vorwärts
28. Juni 1930
Feuer in der Nacht.
Die Berliner Sozialistische Arbeiterjugend feiert am Sonnabend Sonnenwende. In den Gosener Bergen, die schon so oft die Sonnenwendfeuer der sozialistischen Jugend auf leuchten sahen, werden auch in dieser Nacht tausende junge Menschen sich zu einer Feierstunde eigener Art vereinigen. Arbeitende Jugend bringt dem sieghaften Licht thren flammenden Gruß und erneuert unter roten Fahnen das Gelöbnis, weiterhin in Reih' und Glled zu tämpfen für den Sieg des Lichts in der Welt des Alltags, mitzuhelfen an dem Bau einer neuen Ordnung, die dem arbeiten. den Menschen Brot, Luft und Licht gibt.
Gerade in diesen Wochen der drückenden Wirtschaftskrise ist es doppelt notwendig, den Blick auf dieses Ziel zu richten und in jebem einzelnen den Willen zu stärken, nicht müde zu werden, sondern immer wieder von neuem die Aufgabe anzupacken. Uns Jungen geht es nicht schnell ge. nug, in uns brennt die Ungeduld, die mit Ermahnungen und Be lehrungen über die Schwierig teiten, die uns entgegenstehen, nicht zufrieden ist, die Taten sehen will. Unser Verstand sagt uns, daß es nicht anders möglich ist, als in zähem Ringen, in uner. inüblicher Kleinarbeit Stück um Stück des neuen Landes zu er obern, Position um Position zu besetzen, um so endlich doch aus tausend Einzelerfolgen das neue Ganze, die neue sozialistische Gemeinschaft zu formen.
Aber unser Herz ist in Un ruhe, um uns lastet schwere Not. Fast 3 Millionen Erwerbslose, darunter fast eine halbe Million Jugendlicher zwischen 14 und 21 Jahren, leben unter uns, Mile lionen andere leben vom fargen Lohn, weitere Millionen leben ohne menschenwürdige Wohnungen, Hunderttausende müssen 9 und 10 Stunden pro Tag arbeiten, während fleißige Hände seit Monaten feiern. Alle
Lager
liegen voll, und es gibt Eltern,
Feuer der Begeisterung einer schönen Sommernachtsstunde, sondern wir brauchen auch die Treu e zur Bewegung und den unerschütter lichen Glauben an den Sieg unseres Ideals. Ain letzten Sonntag veranstalteten unsere niederschlesischen Partei- und Jugendgenossen einen Roten Tag" in Liegnitz . Die Jugend leitete am Vorabend die Kundgebung mit einem prächtigen Facelzug und einer Sonnen wendfeler ein. Tausende junger Menschen standen im lodernden
Feierstunden
Sind SINOL HE Hohepunkte
des Jugendlebens
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der
Limen
Lexialistischen Arbeiter- Jugend!
Feuerschein und fühlten sich verbunden mit den vielen anderen jungen Sozialisten, die an ande ren Orten zu gleicher Stunde die gleichen Lieber fangen und die gleiche Sprache der Zuversicht und der Kampfesfreude führten.
Am nächsten Tag stand Paul Löbe auf der Rednertribüne und sprach zu zehntausend Männern und Frauen des schlesischen Landes, зи Männern und Frauen, die ein Leben harter Arbeit gezeichnet hatte. Rechts von ihm stand ein 84jähriger Parteigenoffe, ein Arbeiter, der feit 45 Jahren Mitglied der Partei ist und heute noch in feinem Bezirk regelmäßig ble Parteibeiträge tassiert, links von thm ein Mädel der Roten Falten mit leuchtenden Augen; der Alte am Ende seines Lebens, der Mann auf der Höhe seines Schaffens, die Junge am Tor bes Lebens, Vertreter von drei Gene rationen, die dem Sozialismus mit allen Fasern ihrer Herzen verbunden sind.
Jener Alte hat nicht gesprochen, aber er sprach dennoch am eindringlichsten von dem Größten, was wir im Sozialis mus haben, von der Treue des letzten Mannes im letzten Glied. Er hat sein Leben daran gesetzt, als es noch ein Wagnis war, Sozialist zu sein, er hat als Junger voller Begeisterung gegen eine Welt von Feinden gekämpft, er ist als Mann der Sache treu geblieben, als der alte Staat bie Sozialisten unter Ausnahmerecht stellte, sie von Arbeit und Familie
die ihre Kinder nicht fleiden fönnen. Ein deutschynationaler Redner| vertrieb, und er steht als Greis mit derselben unerschütterlicher bezeichnet die Nachricht von einer neuen Refordernte als Hiobsbotschaft, und Millionen Menschen darben. Wann endet die Not, wann endet der Wahnsinn dieser Wirtschaftsordnung?
Wir wollen uns an den Feuern der Sonnenwendnacht erneut geloben, daß wir nicht ruhig werden wollen, daß wir jeden Tag, den wir erleben, einen Kampftag für das große Ziel sein lassen wollen. An die Seite der erwachsenen Arbeiter wollen wir treten, thren Kampf welterkämpfen und ihr Wert fortführen. Immer aber soll in uns leuchten das Feuer in der Nacht: das Feuer der Begeisterung für unsere Sache soll uns im Duntel des Alltagstampfes Wegweifer sein.
Wenn wir fiegen wollen, brauchen wir aber nicht mir dieses
Sicherheit an seinem Platz neben der Generation von heute und neben dem Bolt von morgen. Der Sozialismus hat ihm nichts im herkömmlichen Sinne gebracht, feine materiellen Vorteile, keine Ehre, nicht einmal ein sorgenfreies Alter, und dennoch steht er unter uns, der Besten einer. Das ist das Geheimnis der großen Kraft des Sozialismus, daß er in bem arbeitenden Menschen nicht nur den schnell vergehenden Brand des Hasses und der Auflehmung gegen die bestehende Ordnung entfacht hat, sondern vor allem das Feuer echter selbstloser Hingabe an die Arbeit für die Idee, und dieses Feuer leuchtet hell und warm durch die graue Gegenwart.
Wir Jungen sprechen heute oft eine andere Sprache als die Alten, wir wollen weiter, wir sehen bas nächste Ziel und vergessen