Stärker diese Berbundenheit in das Bewußtsein von Lehrling, Ge­Jellen und Eltern eindringt, um so günstiger für die Entwicklung eines erträglichen Lehrverhältnisses.

Die freien Gewerkschaften waren für eine derartige Wandlung eifrige Schrittmacher, allmählich passen sich die Rechtsverhältnisse ent­fprechend an. So zeigt das Berufsausbildungsgesetz bereits in dieser Richtung gewisse Fortschritte. Dagegen läßt die Rechtsprechung noch viel zu wünschen übrig. Die arbeitsrechtliche Beurteilung des Lehrvertrages ist noch nicht eindeutig genug, so daß der Lehrvertrag mitunter ein Hindernis für die den Lehrlingen zu stehenden tariflichen Rechte bedeutet. Es ist daher nun Sache der Eltern, bereits beim Abschluß des Lehrvertrages eine entsprechende Abmachung zu treffen, nach der die lehrvertraglichen Bestimmungen mur gelten, sofern ihnen teine tariflichen Vereinbarungen entgegen­stehen. Georg Raible.

Am nächsten Morgen geht die Sache schon flotter vonftatfen. In sämtlichen Häusern wird uns der Eintritt möglich. Unseren Freund" von der lieben Morgenpost ,, wurmt" das so sehr, daß er uns bei einem der Häuser durch Handgreiflichkeiten am Betreten hindern will. Doch da wir ja schließlich auch noch Fäuste haben, wird er gezwungen, auf seinem Hinterteil eine Notlandung" im Borgarten vorzunehmen. Seit diesem Tage ließ er uns morgens in Ruhe.

Schnell geht die Woche zu Ende. Schon haben sich einzelne Bewohner unsere Zeitung bestellt. Am Sonntag aber treffen sich ein ganz Teil Parteigenossen im Parteilokal, und nachdem die Sache eingeteilt ist, ziehen sie immer zu zweit los, um die Häuſer ab­zufragen. Von Lür zu Tür geht es. Verschlafene, halb angekleidete Menschen öffnen uns, und vor jeder Tür wiederholen wir unsere Frage. Die unmöglichsten Ausreden friegen wir zu hören und uns wird klar, wie einem berufsmäßigen Vertreter zumute sein muß, der vergeblich an den vielen Türen geklopft hat. Doch der Kari faturist hätte seine Freude dabei. Die eine Tür öffnet ein fleiner, dicker Herr, gegenüber tritt ein langer, dünner heraus. Bei Müllers fragt ,, er" seine Alte entscheiden.

Werbung für den Vorwärts". gt Mutter Batern, ob fie beſtelen soll, und bei Lehmanns läßt

Ein mächtiger Häuserblock ist fertiggestellt. Noch sind die Maler mit Farbentopf und Pinsel geschäftig bei der Arbeit, und schon stehen die Möbelwagen vor den Türen. Etagenweise beziehen die Mieter die neuen Wohnungen.

Neue Wohnungen, neue Mieter, wer zuerst kommt, mahlt zuerst, Jagt die Zeitungsfommission der Partei, und so wird Borwärts" Agitation beschlossen. Eine Woche lang will man den Bewohnern des neuen Häuferblocks den Vorwärts" mit seiner Abendausgabe gratis liefern. Aber bevor die Häuser verschlossen werden", sagt der Abteilungsleiter ,,, denn nach vollständiger Fertigstellung sind die­felben auch tagsüber verfchloffen und der Zutritt ist nur mittels Hausschlüssel oder nach vorherigem Klingeln bei einem der Haus bewohner möglich."

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verdienen

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Machste mit, Karl? Kannst' n paar Pfennige verdienen", fagt eines Tages der Abteilungsleiter zu mir. Sonntag fängt die Sache an." Mm, Sonntag wolltste ja eigentlich' ne Wanderung machen", geht es mir durch den Kopf. Ree Jagen fannste ooch nich. Parteiarbeit geht vor Bergnügen, und denn' n paar Märter da fagfte als Erwerbsloser nich nee, also machste mit." Abends finden sich außer mir noch zwei andere junge Genoffen beim Spediteur ein. ,, Sonntags fünf Uhr und wochentags um viertel fünf Antreten zum Zeitungaustragen!" erklärt der, und wir krazen uns hinter den Ohren. So früh aufftehen find wir gar nicht mehr gewöhnt. Dann geht er mit uns los durch die neubebauten Straßen. Bon hier bis dahin machst du, anschließend bis Nummer zwei trägst du aus und die andere Seite nimmst du, Ernst!"

Sonntag früh um halb fünf frauche ich mit steifen Gliedern aus der Falle". Doch als ich nach einer Viertelstunde auf die Straße hinaustrete, bin ich sofort munter: Die frische Morgenluft tut gut. Still und leer sind die Straßen. Solch ein Morgenspazier gang wirft nervenberuhigend. Nur ein einsames Motorrad rattert jetzt die Straße herunter, doch gleich danach ist es wieder still.

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Um fünf Uhr ziehen wir mit unserem Packen Zeitungen unter dem Arm los. Wir flinken am ersten Haus zu, am zweiten Haus auch zu, am dritten Haustor ebenfalls noch zu. Der Wächter steht grinsend an der Ecke und erklärt schließlich, daß die Häuser erst um sechs Uhr vom Hausmeister geöffnet werden. Da Stehen wir nun mit unserem Talent. Doch in einzelnen Häusern naht die Rettung in Form eines Frühaufstehers. Flugs sind wir die drei Treppen hinauf, durch jeden Türschlig fällt die Zeitung und gleich danach stehen wir wieder auf der Straße und warten auf die nächste Gelegenheit. Endlich um sechs Uhr naht der Hausmeister und öffnet sämtliche Türen, und dann geht es, hast du nicht gesehen, treppauf, treppab. Mit einemmal, nanu da steckt ja schon' ne Zeitung. Ach fo wir sind doch nicht die ersten; die liebe Morgen­post" hat vor uns ihren Einzug gehalten. Das sollen wir denn auch prompt zu spüren bekommen, denn als wir auf der Straße unseren lieben, Kollegen" von der Morgenpost" begegnen, beginnt er, unsere Zeitung und uns mit schönen Titeln zu belegen. Berräter, Sozialfafchiften, Berdummungsorgan, so hören wir aus seinem fchönen großen" Mund. Aha, Morgenpost- Kommuniste denken wir, und machen seelenruhig unsere Tour weiter. Aber bei unserem neuen Freund" geht die Sache nicht so ruhig ab. Der Hiß frißt fich in ihn ein.

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Wir haben mittlerweile unsere Zeitungen bis auf einige Häuser, die schon fertig und deshalb verschlossen sind, ausgetragen. Alles Klingeln hat nichts genugt, denn es ist Sonntag, und wer liegt da nicht gerne etwas länger im Rahn"? So stehen wir vor den Häusern und warten auf eine günstige Gelegenheit. Tatsächlich haben wir auch bei einigen Häusern Glück, und man öffnet uns bereitwilligst die Haustür. Da naht unser Freund" von der Morgenpost". Der Merger hat sich scheinbar in ihm festgefressen, denn als er uns stehen sieht, fährt er mit seiner Handkarre, die er wegen der Stärke feiner Sonntagszeitung mitführt, an einen Bau­zaun und legt einen abgebrochenen Schippenstiel darauf. Er naht fich den verfchloffenen Häusern, holt ein mächtiges Schlüffelbund hervor und öffnet mit seiner Frau und seinem schulpflichtigen Jungen die Türen. Als der Junge wieder aus dem Haus tritt, ver­Juchen wir, hineinzukommen, ehe die Tür zuschnappt. Da stürzt er wie ein Raubtier mit seinem Schippenstiel auf uns und fett fein Mundwerk in Bewegung. Die Folge ist, troh der Frühe, eine Meine Ansammlung. Doch bald sind die Sympathien der Zuschauer auf unserer Seite und man öffnet uns bereitwilligst weitere Häuser.

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I

Zufrieden sind wir zwar alle nicht mit dem Resultat; doch In einem aber find sich alle einig: es hat sich gelohnt. Ja, es hat wann sind unsere Werber schon mal mit einem Resultat zufrieden. fich sogar sehr gelohnt.

Rundschau

Karl Birnbaum  ,

Steigende Zahl der Studenten.

Das starte Ansteigen der Zahl der auf den deutschen Hochschulen Studierenden hat seine auffteigende Kurve behalten. Die Gesamt zahl der immatritulierten Studierenden erhöhte sich, wie die vom Statistischen Reichsamt herausgegebene Zeitschrift Wirtschaft und Statistit" mitteilt, von 112 315 im Sommersemester 1928 auf 113 042 im Wintersemester 1928/1929 und 123 700 im Sommersemester 1929, Im Sommersemester 1929 betrug die Steigerung gegenüber dem Sommersemester 1928 10,01 Broz, gegenüber dem Wintersemester 1928/1929 9,4 Proz. Die Zahl der weiblichen Studierenden ist von 13 087 im Sommersemester 1928 auf 16 286 im Sommersemester 1929( 24,2 Broz.) gestiegen. Gegenüber dem Sommersemester 1925 hat sich die Gesamtzahl der Studierenden im Sommersemester um 39 Proz. erhöht, die der weiblichen Studierenden allein um 114 Proz. Die Zahl der Studierenden an den Universitäten nahm Die Zahl der Studierenden an den Technischen Hochschulen hat eine um 56 Proz., an den Tierärztlichen Hochschulen um 119 Proz. zu weringere Steigerung erfahren. Die Aufgliederung der Studierenden nach Studienfächern läßt vom Sommersemester 1928 zum Sommer. fchaftswissenschaften erkennen, deren Anteil an der Gesamtzahl sich Jemester 1929 einen weiteren Rückgang in den Rechts- und Wirt­von 29,3 auf 26 Proz. verringert hat. Besonders starke Erhöhung erfuhr die Medizin. Ihr Gesamtanteil stieg von 15,2 auf 18 Proz. Starke Zunahmen wiesen weiterhin die evangelische Theologie sowie fast alle auf das Lehramt vorbereitenden Fächer auf.

Richtlinien für Auslandsfahrten.

Auf der letzten Tagung des Reichsausschusses der deutschen Jugendverbände wurden für die Durchführung der Auslandsfahrten deutscher Jugendverbände Richtlinien aufgestellt, die von allen Dem Jugendgruppen für die Zukunft beobachtet werden sollen. Amtlichen Preußischen Bressedienst zufolge heißt es in diesen Richt linien:

1. Auslandsfahrten deutscher Jugendgruppen und Beteiligung deutscher Jugendverbände und Jugendgruppen an internationalen Beranstaltungen follen in einer Form und Art durchgeführt werden, daß das Ansehen des Deutschen Reiches nicht geschädigt wird.

Bu

2. Auslandsfahrten einzelner Jugendgruppen sollen nur mit Billigung ihres Reichsverbandes nach gründlicher Borbereitung und mit ausreichenden Geldmitteln durchgeführt werden. dieser Vorbereitung gehören eine eingehende Beschäftigung mit dem Wesen der Linder, die besucht werden sollen, und eine ausreichende Sprachkenntnis mindestens einer der maßgebenden Führer.

3. Der Führer und die Mitglieder einer Gruppe sollen sich bel Auslandsfahrten stets bewußt sein, daß ihr Betragen von der fremden Bevölkerung schärfer beurteilt wird als im Heimatlande. Ein auffälliges, tattlofes Benehmen und eine zuchtlose Kleidung und Führung führen leicht dazu, daß die fremde Bevölkerung nicht nur über die Gruppe, sondern über das ganze deutsche Voit ab­lehnend urteilt.

4. Bei der Teilnahme an internationalen Tagungen follen die deutschen Abordnungen verpflichtet sein, darauf zu achten, daß eine dem Ansehen Deutschlands   entsprechende Berücksichtigung der deutschen Sprache erfüllt wird.

5. Zeigen bei einer internationalen Beranstaltung ausländische Jugendorganisationen ihre Nationalflaggen, so soll auch die beteiligte deutsche Bertretung die deutsche Reichsflagge Schwarz- Rot- Goid in würdiger Form zeigen.

6. Um eine wirkungsvolle Unterstützung der deutschen Reichs behörden und der amtlichen Bertretungen Deutschlands   im Auslande sicherzustellen, sollen Auslandsfahrten deutscher Jugendgruppen und Beteiligungen an internationalen Veranstaltungen dem Reichs­ausschuß der deutschen Jugendverbände zwei Monate vorher ange­zeigt werden.