Junge Generation an diesem Beispiel zu der Ueberzeugung kommen, daß Ihre politische Rechtlosmachung troz aller schönen Reden und Aufrufe nach wie vor die Absicht des Bürgertums ist.
6.
11
Erinnern wir uns weiter: In der Reichstagssigung vom 1. Jull wurde ein deutschnationaler Antrag abgelehnt, der von der Reglerung die Vorlegung eines Gefeßentwurfes zur Einführung eines Arbeitsdienstjahres forderte, gegen das sich selbst der Reichsführer des Bismardbundes der Deutschnationalen Bolts partel Sieveting wendet mit der Begründung: Dem heutigen System gegenüber fönnen wir eine Arbeitsdienstpflicht der deutschen Jugend nicht anerkennen." Am 14. Auguft hat Hugenberg in einer deutschnationalen Bersammlung im Sportpalaft ,, die Schaffung eines Im Umfange elastischen Arbeitsheeres von Jugendlichen, das In strenger Bucht ländlichen Meliorationen, einem die ländlichen Finanzen entlastenden Kunststraßenbau und ähnlichen Arbeiten fern von der Großstadt dient", als einen Weg aus der Wirtschaftsfrise bezeichnet. Im Jungdeutschen Manifest", abgefaßt von Artur Mahraun , wird als Erfaz für die Aufhebung der Wehrdienstpflicht durch den Bersailler Bertrag die Einführung der Volksdienstpflicht ( lies Arbeitsdienstpflicht) gefordert. Der 3wed diefer Boltsdienst pflicht ist Werte schaffende Arbeit der Jugend für das Boltsganze. Jeder gesunde Deutsche ist nach den allgemeinen Begriffen der früheren allgemeinen Heeresdienstpflicht voltsdienstpflichtig. Diese Boltsdienstpflicht dauert zwei Jahre."( Manifest, Seite 160.) Neben bel bemerkt: Nach diesem Manifest soll ebenfalls das Mindestalter für die Ausübung ftaatsbürgerlicher Rechte und Bfilchten heraufgelegt werden.
Bersprechungen jugendfreundlich, Taten- jugendfeindlich: wir tönnten dafür noch zahlreiche andere Beispiele anführen. Die gebotene Auswahl wird aber genügen, daß Jugend und Jungwähler ihre Lobredner mehr nach ihren Taten als nach ihren Worten einfchäßen. Diese Haltung ist nicht nur gegenüber den bürgerlichen Bartelen, sondern auch gegenüber den Rationalsozialisten und Kommunist en angebracht. Im Anklagen und Schimpfen sind die extremen Parteien nicht zu überbieten aber auch nicht in dem gänzlichen Mangel an Taten und im Können, Bersprechungen einzulösen. Eine politisch erzogene und geschulte Jugend wird sich von teiner noch so schönen Rede, von feinem noch so radikalen und Jugendfreundlichen Programm betören laffen. Sie wird real denken und fich für Realitäten entscheiden.
-
Die Sozialdemokratie buhlt nicht um die Jungwähler, die ihr das Wahlrecht verdanken. Sie spricht der jungen Generation felne befonderen hohen Fähigkeiten zu. Sie weist nur den Weg aus unserer Not, der Stück für Stück von jung und alt im gleichen Schritt begangen werden muß Die Sozialdemokratie fann hoffen, daß der größte Teil der drei Millionen Jungwähler von seinem Staatsbürgerrecht nicht unter Stimmungen, sondern nach reiflicher Ueberlegung Gebrauch macht und daß die Wahlparole der Jungmähler lautet: infs heran zum Sozialismus!" G. W.
Rüttelt die Jungwähler auf!
In der Julinummer des Mitteilungsblattes der SPD. Ham burg - Nordweft ift eine Statistit über die Beteiligung der Jungwähler und wählerinnen bei den legten Wahlen. Diese Feststellungen find gemacht im 31. Wahlbezirk Hamburg . Von 1296 eingetragenen Wahlberechtigten waren 647 Männer und 649 Frauen. Gewählt haben 928 Wahlberechtigte, gleich 72 Prozent. Mithin insgefantt 368 Richtwähler.
Davon waren:
3m Alter von
20-25 Jahren
Nichtwähler
Fremde Jugendwelt.
-
"
-
Wir sind dabei, Amerika neu zu entdecken. Der Unterschätzung Amerikas vor dem Kriege ist nun fast eine Ueberschägung gefolgt: Bor allem erscheint Amerika den Optimisten des alten Kontinents als das Land ewiger Jugend"; nun ist es wirklich auf den ersten Blid merkwürdig, wie jugendlich Aussehen und Gebahren der Gene ration um und über vierzig dort ist besonders für den, der Amerika nur aus Bildern und Büchern kennt. Diese Flucht m die Jugend" ist freilich als ein Kriegsprodukt anzusprechen wenigstens nach der Meinung Dr. Wilhelm Moslés, der in der Gesellschaft für Segualreform" über das Segualproblem der Jugend in USA . fprach. Die ältere Generation, noch ganz nach puritanischen Grundsätzen erzogen, bekam nach dem Kriege eine Art Torschlußpanit", besonders als sie fah, wie die Jugend, freier geworden, sich auf jedem Gebiet, auch dem sexuellen, Freiheiten nahm, von denen früher faum gesprochen werden durfte. Dieser Berjüngung der Elterngeneration steht nun eine merkwürdige müde Frühreife der Jugend gegenüber. Die neueroberten Freiheiten, die petting- partys"( Rnutschpartien") haben als Gesellschaftsspiel der Jungen Leute schon viel von ihrem Reiz eingebüßt; es scheint, als ob die Jugend sich nach einer ameritafremden Verknüpfung von himmlischer und irdischer" Liebe sehne. Die Roedutation und die sexuelle Aufklärung in den Schulen hat das Maß der seelischen Spannung zwischen den jungen Leuten so vermindert, daß in dem Liebesspiel der petting- partys schließlich nur die Technik eines groben Flirts übrig blieb, der von beiden Partnern nicht viel anders angesehen wurde, als die gleichfalls zum Komment gehörige Hebertretung des Alkoholverbots.
Der Junge Amerikaner, belastet mit dem Erbe puritanischer Bergangenheit, hat an sich wenig Berständnis für die Verknüpfung ästhetischer, finnlicher und überfinnlicher Freude, die die Bedingungen eines echten Liebesverhältnisses find: die wirkliche und tiefe Liebe läßt ihn sofort die Frau zur„ Madonna" werden, deren unberührbarkeit Glaubensfag der Vergangenheit war. Dements sprechend find auch die vielen Scheidungsprozesse Ameritas durchaus nicht als ein Symptom der Zerrüttung des Ehebegriffes anzusehen: in Amerika wird an die Ehe in den Kreisen des Mittelstandes ein weit strengerer Maßstab angelegt, als wir es gewohnt find. Die Folge ist auch, daß die„ Kameradschaftsehe" Lindsays drüben lange nicht so viel und so enragierte Berfechter hat, wie in Europa . Ehe, Heim und Familie find auch dem jungen Amerika noch zufammengehörende Begriffe. Für alles andere genügt das Splet der petting- partys. Dazu kommt, daß die Bergötterung des Erfolges und der erfolgreichen Arbeit den jungen Amerikaner dazu erzieht, einen Teil seiner unbefriedigten Segualität zu fublimieren und auf den Erfolg" abzulenfen. Alle diese Probleme aber lösen fich in der Luft Amerikas leichter, als das in Europa der Fall sein fönnte, denn alles wird schwereloser, wird zum Spiel, und das Leben selbst wird zuletzt zu einem Spiel, das nach sportlichen Regeln durchgehalten werden foll... So wenigstens möchten es die Bertreter des Amerikanismus. Die soziale Situation
11
-
in den Bereinigten Staaten die zunehmende Arbeitslosigkeit ufw. -rebet eine andere, eindringliche Sprache. R. E.
Bildungshunger trotz Armut.
Bel den Untersuchungen über die Lebenshaltung der minder. bemittelten Familien in Hamburg war es auch interessant, die Ausgaben für fulturelle Bedürfnisse zu beobachten. Was die einzelnen Einkommensflaffen für Schule und Bücher aufwandten, soll nach38 ftehende Zusammenstellung zeigen. Auf 100 m. der Gesamtausgaben 37 entfallen bei einem Einkommen:
Proz
Wahlberechtigt Gewählt haben
In Zahlen
191
119
72
26-30
156
98
58
31-35
169
112
36-40
125
94
31
41-45
131
101
46-50
113
92
51-60
206
164
61-70
141
106
71-80
-55
35
81-90
9
7
52222222
57
33
für Schule für Bücher
25
30
23
unter 2500 M. 2501 bis 3000 m.
•
0,08
3,88
•
0,27
4,15
21
19
3001 bis 3500 M.
0,62
4,05
42
20
3501 bis 4000 M.
0,62
3,33
35
25
4001 bis 4500 m.
1,12
3,57
20
36
5001 bis 6000 M.
1,48
3,38
22
6001 bis 7000 M.
1,51
2,59
Summe 1296
928
368
28
•
2,27
2,84
überhaupt
1,05
3,39
Wichtig ist die Feststellung, daß die Wahlbeteiligung bei den Jumgwählern welt schlechter ist als bel den anderen Altersklassen. Für uns soll mit dieser Statistit ein Hinweis gegeben werden, sich allerorts bei der Agitations- und Werbearbeit ganz besonders die jüngeren Altersklassen angelegen fein zu faffen. Wenn auch die Jugend verlangt nach Sport, Wanderungen, Lanz und Bergnügungen und ihr dieses Recht nicht genommen werden soll, am allerwenigften durch die SozialdemoFratie, so haben wir aber doch die Pflicht, die Jugend aufzurütteln und aufzuklären, thren politischen Rechten, die auch Pflichten find, nachzukommen, insbesondere bei den Wahlen.
über 7000 M.
Die geringen Ausgaben der niedrigen Einkommensschichten für Schulzwecke erklären sich daraus, daß die Kinder der armen Leute meistens die Volksschule besuchen, die Kinder der bessergestellten Schichten jedoch meistens nach den höheren Schulen geschickt wurden. Interessant ist aber die Ausgabe für Bücher. Hier zeigt sich, daß auch der gering Bemittelte die geistige Roft nicht zu entbehren vermag. Der Wissensdurft der gering Entlohnten geht über denjenigen der höher Bezahlten im Durchschnitt noch hinaus. Ein Beweis dafür, daß das Streben nach Wissen und geistiger Bervollkommnung auch in den untersten Schichten lebendig ist.