wiffen, und doch wäre die Antwort darauf recht geeignet, ein richtiges Bild von der Kultur mancher preußischen und deutschen  Provinz zu liefern. Ungeheizte Wohnzimmer höchstens ver­breitete ein Kohlengrapen mehr erstidenden Dunst als Wärme trafen die Volkszähler besonders in der Umgegend von Marien­werber in Menge an. Die erstarrten Kinder, natürlich noch Mittags auf dem Strohlager, bedeckt mit einem von Schmut ftrogenden Pfühl, vertrieben sich die Zeit mit dem Verspeisen von rohen Wrufen und Mohrrüben. Am fatalften erging es den Volkszählern oft bei der Ermittelung und Feststellung des Alters, bes Geburtstages und Jahres. Ob das Kind Sonntags oder Montags das Licht der Welt erblickt hatte, wußte manche Mutter ziemlich sicher zu sagen, sie hatte aber keine Idee von Datum und Jahreszahl! Dieser und jener Vater konnte zwar erzählen, daß sein hoffnungsvoller Sprosse so und so viele Jahre vor oder nach der letzten österreichischen oder französischen   Kriege geboren worden, oder ein altes Mütterchen meinte, fie wäre bei Ausbruch

der ersten Cholera eben eingesegnet worden, oder endlich der Groß­vater, er sei bei der Flucht der Franzosen aus Rußland   schon ein strammer Gänsehirt gewesen; aber was war anzufangen, wenn erklärt wurde, der Geburtstag dieses oder jenes Staats­bürgers sei so oder so viele Tage und Wochen vor oder nach Ostern, vor oder nach Pfingsten erfolgt? Die überwiegend große Mehr­heit der Zählblättchen mußten denn auch die Zähler selbst aus­füllen, da die Mehrheit der Haushaltungs- Vorstände des Schrei­bens vollständig unfundig war. Ungeheizte Zimmer im falten Winter, feine Möbeln, Mohrrüben und Wruken fast als einzige Nahrung und die Bewohner durchschnittlich des Lesens und Schreibens unkundig" fürwahr die beste Jäustration zur Fürsorge für die arbeitenden Klassen" im heutigen Staate.

Annexionsfreundlicherseits behauptet man jest, daß eine zahl reiche Rückwanderung aus Frankreich   nach dem Elfaß statt finde, um sich dort am heimischen" Herde der ,, Segnungen" des deutschen Reiches zu erfreuen. Die Botschaft hör' ich wohl- Allein mir fehlt der Glaube."

In Frankreich   erregt zur Zeit eine von dem Dr. Bro­chard über die Sterblichkeit der unehelichen Kinder her ausgegebene Schrift außerordentliches Aufsehen. Es bestand früher eine offizielle Beaufsichtigung dieser Kinder, die den Hos­pitalverwaltungen zugewiesen wurden, wie es das Angemessenste ift, jetzt aber ungehöriger Weise der Departemental- Verwaltung unterstehen, die sich nicht um sie bekümmert. Geit diesen Ab­änderungen in der Behandlung der Findlinge ist, sagt der Be­richt des Dr. Brochard, die Zahl der Kindesmorde außer ordentlich gestiegen, die der Fehlgeburten unberechen­bar, hat sich die Zahl der Todtgeborenen verfünffacht, so daß man die jährliche Sterblichkeit unter diesen unehe­lichen Rinder auf 50,000 veranschlagen kann. Der Haupt­grund dieser empörenden Thatsache ist in der falschen Auffassung und Begründung unserer Ehe zu suchen und in weiterer Folge in der gänzlichen Verkehrtheit und Unzulänglichkeit unserer heuti­gen Produktionsweise; man befreie die unehelichkeit von dem Brandmal der Schande, man mache es Jedermann möglich, seine Kinder zu ernähren, wie das Beides in einem socialistischen Staate der Fall sein würde, und die Fälle von Kindesmorden ( abfichtlich herbeigeführten) Fehlgeburten und todten Geburten werden in weit schnellerem Maße abnehmen, als in welchem sie jetzt troß der strengsten Kontrole zunehmen müssen. Unsere ge= fellschaftlichen Einrichtungen rächen sich durch ihre innere Falsch heit. Die Aufgabe Aller ist es daher, sie zu ändern, aber nicht burch phrasenhaft moralische Ergüsse, sondern durch die That.

Aus Belgien   wird schon wieder eine gräßliche Explosion, und zwar aus den Kohlengruben von Frameries   bei Mons  gemeldet. Am 19. dfs., gegen 8 Uhr Morgens, in dem Augen­blice, wo 125 Arbeiter in einer Tiefe von 520 m. beschäftigt waren, fand eine Explosion schlagender Wetter statt, welche den Tob fast aller dieser Unglücklichen zur Folge hatte. Sofort nach dem unheilverkündenden Schalle eilten die Verwandten und Freunde der eingefahrenen Bergleute jammernd zur Grube. Als die erste Aufregung sich gelegt, traf man sofort Anstalten zur

Aus Strousberg's Glanzepoche.

Rettung. Die Arbeit war wegen der erfolgten Einstürze und Verschüttungen äußerst schwierig, indessen gelang es nach einiger Zeit doch, zehn mehr oder weniger verbrannte Arbeiter heraus­zuziehen. Die Rettungsversuche wurden energisch fortgesetzt. Die Bahl der Opfer beläuft sich auf 122, von denen 111 unmittelbar erstickt sind. Vier Menschen sind noch nicht zu Tage gefördert. Von den zehn Verwundeten sind noch zwei in der Nacht geftor­ben, und der Zustand von vier anderen ist sehr besorgnißerregend. Unter den Verunglückten befinden sich 11 Frauen und ein junges Mädchen. Auch zahlreiche Pferde sind in den Stollen durch Ein­stürze umgekommen. Viele Todte waren hierbei entfeßlich ver­ftümmelt und verbrannt. Der Jammer der Hinterbliebenen am Rande des schaurigen Grabes war herzzerreißend. Mütter, Gat­tinnen, Brüder, Schwestern, Rinder alles stürzte verzweiflungs­voll zwischen die unabsehbare Reihe der Leichen, um die Ihrigen zu fuchen.

-

Und wer trägt die Schuld an dieser furchtbaren Katastrophe? 3war heißt es, daß die Behörden und die Untersuchungsrichter sofort an den Ort des Unglücks sich begeben hätten, um der Ur­fache der Entstehung nachzuforschen, aber der Arbeiter weiß nur zu gut, daß in solchen Fällen die Untersuchung immer eine höchst unzuverlässige ist. Die Kommission, welche die schweizerische Regierung behufs der Göschener Affaire niedersetzte, hat bekannt­lich ihre Aufgabe der Art erfüllt, daß es den Arbeitern lieber gewesen, fie wäre ganz zu Hause geblieben.

talischen Frage; er hat sie fürzlich zu einem seiner Kardinäle Der Papst weiß eine sehr schleunige Lösung der orien geäußert. Nach seiner, freilich unmaßgeblichen Meinung sollen die Türken einfach aus Europa   hinausgejagt werden, damit er endlich einmal diese Heiden los werde und ein neues Feld für seine ,, unfehlbare" Thätigkeit finde. Der arme, alte Mann wird doch immer schwächer!

Der im österreichischen Parlament gestellte Fischhoff'sche Antrag auf Verminderung der stehenden Heere bringt wiederum einen Theil unserer liberalen Blätter auf das Thema stehenden Heere" zu sprechen. Der erstere ist in ihren Augen des allgemeinen Völkerfriedens" und der Abschaffung der stehenden Heere" zu sprechen. Der erstere ist in ihren Augen eine findische Schwärmerei, worüber wir uns bekanntlich nicht zu besigen, sich für die Hoheit, Würde und Heiligkeit einer Jbee zu wundern brauchen, da diese Leute an und für sich nicht die Kraft begeistern, auch wenn deren Verwirklichung noch in weitem Felbe stehen sollte; über den zweiten Punkt wollen wir einmal der führt sie aus: Tribüne" das Wort geben. In ihrer Nummer vom 21. bfs.

11

Idee

Ersetzung durch ein allgemeines Völkertribunal find Luftgebilde, Die gänzliche Abschaffung der stehenden Heere" und ihre die nicht nur nie Gestalt gewinnen können, sondern deren Ver­wirklichung der fortschreitenden Kultur geradezu schädlich wäre. Nur den stehenden Heeren verdanken wir das Ende jener gräuelvollen Barbareien, die dem dreißigjährigen Kriege sein ab­fchreckendes Gepräge geben. Die stehenden Heere verbürgen Ruhe und gesetzliche Ordnung innerhalb des Staates, und wenn man sagt, daß sie den Despotismus hier und da begünstigen, so ift das immer noch ein kleineres Uebel, als Anarchie und Böbel­herrschaft." Die stehen­

-

Da haben wir die alte Geschichtsfälschung! den Heere haben die Kriegsgräuel nicht beendigt, sondern sie Mittel gegeben hat, den Despotismus nicht nur zu begünstigen", haben sie vielmehr endlos gemacht, und wenn es irgend ein sondern erst möglich zu machen, so waren das die stehenden Heere". Ihre Abschaffung aber gleichbedeutend zu machen mit dem Beginn von Anarchie und Pöbelherrschaft", ist das vielbe­liebte Mittel, die furchtsamen Philistergemüther vor der Aende­rung des herrschenden Systems des Militarismus zurüdzu­schreden. Man stellt sie zwischen die immerhin selbst für sie trau­rige Wirklichkeit des kostspieligen- und an dem Punkte sind selbst die Philister empfindlich Militarismus und der bluti gen Schrecken" des rothen Gespenstes", und der Philister ist noch zu dumm, um sich nicht vor einem Gespenste", das in Wahrheit eben auch nichts weiter ist, als ein Gespenst, mehr zu

gangenheit gewußt, das die Kaufmannswelt jetzt mißtrauisch gegen ihn machte. Er fam, wie das Mädchen aus das Fremde; man wußte nicht woher. Aus Baruch Hirsch war Barthel Heinrich, endlich ein Bethel Henry geworden. Er selbst ließ durch Lohn­schreiber endlich etwas über sich verlauten, daß er 1835, zwölf

teten Schiffe von Pillau   nach London   gefahren und dort bei seinen Onfeln, Exporteuren, in Dienst gttreten sei, die ihn in der Dunstanskirche in Fleetstreet anglikanisch taufen ließen. Dunstanskirche in Fleetstreet anglikanisch taufen ließen. Er trat als Reporter in den Dienst englischer Journale. 1848 ging er nach Amerika  , lebte dort als Sprachlehrer und machte daselbst ein glückliches Geschäft an Schnittwaaren, die Havarie gelitten hatte. 1850 kehrte er nach London   zurück, faufte irgendwo und irgendwie ein Doktor- Diplom und gab 1852 bis 1855 ein Han: dels- Journal heraus. Im Jahre 1856 fam er nach Berlin   und begann das Penny- Blatt: Der illustrirte Omnibus", das aber schon mit der dreizehnten Nummer einging. Er warf sich nun auf die Assekuranz- Branche und war sieben Jahre Generalagent der englischen Gesellschaft ,, Waterloo".

Jest, wo der große Gründer Strousberg   gestürzt ist, mag es an der Zeit sein, einen Rückblick auf seine einstige Vergötte rung zu werfen, bei welcher natürlich ein gut Theil selbst ge­machter Reklame mit unterlief. Er war Abgeordneter des Reichs- jährig, seinen Vater verloren, auf einem mit Delfuchen befrach tages man sagt, die Wahl habe ihm 10,000 Thaler zur Agitation gekostet. Erschien er dort, so bewegte er sich inmitten einer Gruppe von Granden des Reiches, darunter Fürst Pleß, der Herzog von Ratibor, der Herzog von Ujeft und Andere aus altem gräflichen und fürstlichen Hause. Durch seine rumänischen Eisenbahn- Spekulationen übte er auf die hohen Gründer solchen Einfluß aus, daß sie gewissermaßen als seine Untergebenen er­schienen. Als z. B. der Herzog von Ujest   zum Vizepräsidenten des Reichstages gewählt wurde, machten einige Abgeordnete den guten Wig, auf ihre Stimmzettel Strousberg  " zu schreiben, sie jagten dann, wenn wir einmal Ginen von den Rumäniern" wählen sollen, wählen wir lieber den Meister, als den Gesellen. Kam man unter die Linden, so lag dort im Schaufenster bei Eichler eine Schrift von Ernst Korsi das heißt von dem be= tannten Rebateur Held welche die Biographie des Millionärs welche die Biographie des Millionärs enthielt; blieb man vor irgend einem Bilderkasten eines Photo­graphen stehen, so blickte Einem Strousberg's Konterfei entgegen; trat man in eine Konditorei und nahm ein Journal ,,, Die Post", zur Hand so war ihr Eigenthümer Strousberg  . Auf dem Rennplage waren Strousberg's   Pferde das Tagesgespräch; im Thiergarten blieb Alles sofort stehen, wenn Strousberg   mit sei­nem ungarischen Viergespann vorüberfauste.

-

11

Strousberg   war gepriesen in Wort und Schrift; feile Federn verglichen ihn mit dem edlen Kaufmann von Venedig   und einer seiner Lobredner meinte, daß Berthold Auerbach   in seinem ,, Land­haus am Rheim" auf Strousberg die Worte gemünzt: Viel Geld erwerben ist eine Art Tapferfeit, Geld bewahren erfordert eine gewisse Weisheit, und Geld schön ausgeben ist eine Kunst". Der Social- Demokrat" allein ließ sich durch Strous berg nicht blenden und als er das- was die anderen Beitungen als guten Wig" erzählt hatten- brandmarkte, nämlich, daß bei einer üppigen Prasserei in Strousberg's   Palais ein ganzes Bassin mit Champagner gefüllt und Goldfische darin zu Tode gequält waren, da fiel die ganze deutsche Presse wie eine Meute über ihn her.

Endlich aber erwiesen sich seine Spekulationen als arg schwin­delhaft. Man zuckte in der Kaufmannschaft Berlins   die Achseln, sobald von Strousberg   die Rede war. Als der Krieg von 1870 ausbrach, verbreitete sich das Gerücht, Strousberg's Kredit sei wankend, und nur seine hohen Verbündeten hätten ihn gehalten, um jede Katastrophe der Börse Berlins   hintanzuhalten. Es war nicht blos Neid unter den Gelbjuden", daß Baruch Hirsch   aus Reidenburg in Ostpreußen   es so herrlich weit gebracht; es war vielmehr das Bedenken, daß man so gar nichts von seiner Ver­

Es gelang ihm, als Halb- Engländer, Verbindungen mit der englischen Gesandtschaft anzuknüpfen; durch diese trat er mit eng­lischen Kapitalisten in Geschäftsbeziehungen und baute als der erste, General- Unternehmer" die Tilsit- Insterburger Eisen­bahn. Er begann nun Konzeffionen zu erwerben und verschaffte feinen Kapitalsgebern die Ostpreußische Südbahn. Bald trat er als selbstständiger Bau- Unternehmer auf. Er ist der Erfinder der berüchtigten General- Entreprise  , wodurch ein Einzelner den ganzen Bau einer Bahn übernimmt, im Kleinen an einzelne Unternehmer wieder ausbietet und so auf Kosten der Bahn ungeheure Gewinne macht. In acht Jahren hatte er gebaut oder im Baue: die Tilsit­Insterburger, die Ostpreußische Südbahn, die Berlin  - Görliger, die Rechte- Ober- Ufer, die Märkisch Posener, die Halle  - Sorau  - Gubener, die Hannover  - Altenbecken- Bahn, die Ungarische Nordostbahn( mit vier Linien), die rumänischen Eisenbahnen und die russische Linie Grajewo- Bialystok. Das war im Jahre 1870. Der Eisenbahn­König hatte fast sechshundert Millionen Thaler in seinen Unter­nehmungen stecken und hunderttausend Arbeiter in seinem Dienst. Aber Strousberg   war nicht blos ein mächtiger Eisenbahn- Bauherr, er erwarb eine Menge von industriellen Unternehmungen, Häu­fern, Gütern, Baugründen, so die Schienenwalzwerke von Dort­ mund  , Blechwalzwerke und Bergbau zu Neustadt, eine riesenhafte Maschinenfabrik in Hannover  , bei welcher er eine Kolonie von zweitaufend Arbeitern ansiedelte, Eisensteinwerke zu Altwasser  , die füdliche Citadelle von Antwerpen  , an deren Stelle ein neuer Stadttheil entstand Port Strousberg". Er erbaute in Berlin  das große Viehmarkt- Etablissement, nebst Schlachthäusern, Vieh­börse und Eisenbahn, die Markthalle am Schiffbauer- Damm, eine Anzahl Häuser und sein Palais in der Wilhelmsstraße; endlich erwarb er zehn große Herrschaften in Ost- und Westpreußen  , in Posen und Brandenburg  , Rittergüter, eine Grafschaft von 108,000

"

" 1

fürchten, als vor der traurigsten Wirklichkeit. Er steckt den Kopf in seine Vorurtheile, welche die herrschenden egoistischen Parteien auf fluge   Weise zu nähren sich bemühen, zahlt seine Steuern und schimpft auf die nichtswürdigen Rothen", die selbst seine Träume beunruhigen. Das wirksame Mittel, der Wahrheit in's Angesicht zu schauen, entgeht ihm; denn er lebt mit immer ge= schlossenen Augen, und erlaubt man ihm einen Blick in die Welt, so darf das nur durch eine gefärbte Brille geschehen. Eine solche Brille ist auch die oben erwähnte Ausführung der Tribüne".

Nach einer vor Kurzem vom Staatssekretär des Auswärti gen in England, Lord Derby, über die sogenannte orientalische Frage gehaltenen Rede gebieten die vier großen Staaten des Kontinents über sieben Millionen Soldaten. Wenn der Redner im weiteren Verfolge dann hinzusetzt, daß alle Re­gierungen Europas   in dem Wunsche nach Erhaltung des Friedens einig sind, so weiß man wirklich nicht, ob der Herr seine Zuhörer für so dumm hält, diese waghalsige Behaup tung zu glauben oder ob er bewußt lügt. Legteres ist das Wahr­scheinlichere. Sieben Millionen Soldaten und dabei der Wunsch nach Erhaltung des Friedens! Doch der Widerspruch ist so furchtbar einleuchtend, daß wir darüber kein Wort weiter verlie­ren. Aber Aber sieben Millionen Soldaten- welche Ar= beitskraft repräsentiren sie, welche furchtbaren Summen verschlin­gen, welchen unberechenbaren Drud üben sie auf die Produktion und welchen noch viel unberechenbareren auf Moral und Hu­manität aus. Ihr Freunde der stehenden Heere"! Rechnet dieses Exempel aus und führt es großen Volksversammlungen vor die Augen; wir wetten, daß die Socialdemokratie einen Massen­gewinn haben wird; aber deswegen scheut ihr euch eben vor sol­chen Ausführungen, wie ihr euch überhaupt vor der Wahrheit fcheut! S

Peru( Südamerifa) ist in seiner Civilisation soweit fortge­schritten, daß es fürzlich Bankerott gemacht hat. Da mögen die Türkei   und Desterreich Herzklopfen bekommen.

11

* Um ähnliche Unglücksfälle, bezüglich Verbrechen, wie das legte in Bremerhafen   vorgekommene, zu vermeiden oder doch nach Möglichkeit zu erschweren, empfiehlt die Weserztg." staat liche Beschränkung der Fabrikation der Sprengstoffe und des müßte, um genügend wirksam zu werden, eine internationale Handels mit denselben und fügt hinzu, diese gefeßliche Maßregel sein. Dieser Wunsch ist gewiß ein Ausfluß wahrer Menschlich­feit, und wir schließen uns ihm gern an; wir können aber nicht verstehen, wie man alsdann unsere Bestrebungen, die Mög lichkeit eines mit allen Mitteln der Industrie, Kunst und Wissenschaft in's Werk zu seßenden Massenmor des zunächst zu beschränken und schließlich ganz zu verhindern, von derselben Seite in's Lächerliche zu ziehen und als Utopien unmenschliche Vernichtung von Menschenleben; während man fie zu bezeichnen vermag. In beiden Fällen handelt es sich um die aber in dem einem Falle als ein entsegliches Verbrechen bezeich­net, dessen Wiederholung nach Kräften unmöglich gemacht wer­den muß, hält man sie in dem anderen Falle für geradezu nö­thig oder doch gewiß unvermeidlich, niemals aber für ein Ver­brechen. Wo bleibt da die Konsequenz? Aber freilich, bei unferem heutigen Liberalismus hört die Konsequenz mit demsel­ben Augenblicke auf, wo sie das erlaubte" Maß an Denkens­und Willensfreiheit überschreitet.

"

-

-

* Liberale Blätter berichten von einem vor kurzer Zeit ge­machten ansehnlichen Bernsteinfange an der Offsee, durch wel­chen die große Noth in den Fischerfamilien vor der Hand etwas gemildert worden ist". Bei der Gelegenheit fagen fie weiter: Ein interessantes, aber trauriges Schauspiel bietet sich dar, wenn ein Bernsteinfischer Frauen und Kinder nicht dar, wenn ein Bernsteinfischer ausgeschlossen selbst bei der allergrimmigsten Rälte sich in's Wasser stürzen, um ein Stückchen Bernstein   zu erhaschen, wobei ihnen der eisige Gischt der Wellen in's Gesicht und über den Kopf zusammenschlägt." Also ein interessantes" Schauspiel! Wenn also der arme Fischer unter den allerempfindlichsten und bittersten Verhältnissen der

Morgen in Russisch- Polen. Als Juwel seiner Besitzungen f trachtete Strousberg   die österreichische Staats- Domäne Zbiron ( 102,000 Morgen gleich 45,000 österr. Joch), für 9 Millionen Gulden erworben. Die Czechen fahen mit Mißtrauen die Kolonie Strousberg  'scher Beamter und mit Unbehagen das altczechische Schloß als Strousberg  'sche Familienburg restauriren.

H

In Berlin   war der Hauptsitz der Herrlichkeit; in der hoch­aristokratischen Wilhelmsstraße lag sein Palast voll überreicher ge­schmacloser Vergoldung. In diesem Palais verkehrten Staats­männer und Generale, Künstler und Literaten. Der tönigliche Baumeister A. Drth hat dieses Palais geschaffen, Drake das Giebelfeld mit einem Hautrelief geschmückt. Das Vestibule mit Oberlicht umfaßt zwei Stockwerke; eine Doppeltreppe aus weißem Marmor führt zu den Sälen. In Strousberg's   Arbeitszimmer blieb das Auge haften an Bautier's berühmtem Bilde Streit­scene in der Kneipe", an Desterreichs Pettenkofen Ungarische Zigeuner", an Gemälden von Gérôme, Fromontin. Links aus der Arbeitsstube tritt man in die ,, Bibliothek", ein Dvalraum mit Glaskuppel, in welchem 12,000 Bände untergebracht waren, aber wenig gelesen wurden, rechts das Billardzimmer. Oben war der fabelhaft luxuriöse Speisesaal. Der Wintergarten mit Tropengewächsen enthielt herrliche Marmorstatuen von Begas' Meisterhand. Angestaunt wurde insbesondere der Musiisalon, dessen hohe Glaskuppel durch Glasreflektoren tages hell beleuchtet wurde. Hinter einer breiten Draperie war ein Apparat ange= bracht, der eine senkrechte Wand niederfette und den Hintergrund einer Bühne bildete. Meisterwerke von Delacroir und des Düssel­dorfers Sohn im Auftrage Strousberg's gemalter Notariats­Aft" zierten den ,, firschrothen Salon"; dort sah man die Calame's, die Meisterwerke Meissonier's  , Arbeiten von Rosa Bonheur  . Und dennoch ward dies Alles von der vielgepriesenen Bildergalerie übertroffen, welche die schönsten Werke von Achenbach, Hildebrandt und Gallait( ,, Trost in Tönen"), Knaus( Die Dorfhere") und vieles Andere enthielt.

Gegenwärtig ist vieles von den Glücksgütern des Eisenbahn­Rönigs in andere Hände übergegangen. Sein Stern war schon seit langem im Niedergange und eine Katastrophe wurde ebenso lange erwartet. Die Seifenblase, die in allerhand Farben glänzte, ist zerplast. In Prag  , in Böhmen  , in Ungarn   wird der Sturz Strousberg's   schwer empfunden. Vor etwa drei Wochen schon fonnte Strousberg's   Sohn den an die Bubnaer Waggon- Afiien­Gesellschaft schuldigen Wechsel in einem verhältnißmäßig, jehr ge= ringen Betrage nicht zur Zeit, sondern erst nach einiger Frist einlösen. Bald konnten nicht einmal die Arbeiter bezahlt werden. Nun ist über Strousberg der Konfurs eröffnet; er feltoft befindet sich in einem russischen Gefängnisse krimineller Verbrechen wegen und hat Gelegenheit, über den Wechsel alles Jrdischen nachzudenken. Das ist König   Strousberg's Glück und Ende! Der Rest gehört den Gerichten!