Sie es nach allen Richtungen hin und dann handeln Sie. Der Weg, den die ruhige Erkenntniß weist, kann nur der des Glückes sein."

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,, Es ist zu spät! Es ist zu spät!" murmelte sie, sich erhebend. Ich habe den Kelch auf mich genommen, Herr Berner," sagte sie laut ,,, erschweren Sie es mir nicht, ihn zu leeren. Ich weiß doch vergessen wohl, Sie meinen es von Herzen gut mit mir Sie das Eine nicht, es gibt für mich jetzt kein Ueberlegen, kein Schwanken mehr, ich habe meinem Vater versprochen, den Ehe­vertrag zu unterzeichnen, und damit ist die Brücke abgebrochen." Berner seufzte. Ich hätte Sie gern glücklich gesehen, Fräulein von Rabenberg," erwiderte er.

,, Und nun, Herr Berner, zum eigentlichen Zwed meines Kom mens," sagte sie mit gesenkten Blicken, ohne ihm zu antworten; " Herrn Blumenthal droht Gefahr heimlich stahl ich mich fort und eilte zu Ihnen..."

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,, Was gibt es wieder?" fragte Berner   aufhorchend. ,, Graf Hugo war Vormittags bei uns. Er brachte das Ge­spräch auf ihn und sagte: einige Tage nur noch, dann würde man von dem zudringlichen Bettler befreit sein, und ließe er sich so nicht entfernen, dann wüßte man schon Mittel, ihn unschädlich zu machen.".

,, Vielleicht den Meuchelmord," sagte Berner finster.

,, warnen Sie ihn, warnen Sie ihn, Herr Berner!" bat sie.

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,, Ich werde es thun, Fräulein von Rabenberg. Blumenthal wird Ihnen Dank wiffen."

,, Er darf es nie erfahren, daß ich es bin, von der diese War­nung ausgeht. Die alten Erinnerungen dürfen nie wieder wach­gerufen werden. Und nun lassen Sie mich scheiden. Ich werde wachsam sein und Ihnen Alles mittheilen, was ich irgend erfahre." Sie reichte ihm die Hand und eiligen Schritts verließ sie die Laube. Bald hatte der Park sie wieder aufgenommen. Berner   blickte ihr nach, bis sie verschwunden war.

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,, Sie will wachsam sein!" murmelte er. ,, Wie die Natur trot aller religiösen Dämme doch ihren Weg zum Herzen findet! Und Millionen Menschen, sagte sie. werden glücklich bei dieser reli­giösen Stütze. O dieser Pfaffentrug! Systematisch erstiden fie die natürliche Widerstandskraft der Menschen und ersetzen sie durch künstliche Unempfindlichkeit. Wie sie dahinkeuchen, diese Glücklichen die Gesichter verzerrt- den Todesschweiß auf der falten Stirn! Und wenn die Natur zuletzt bei den un­natürlich Belasteten und Gedrückten doch ihr Recht erobert­dann schlagen sie die Menschen in Ketten und drücken auf ihre Stirn das Brandmal des Gottes- und Gesellschaftsfrevels. Aber die Zeit kommt, ihr Staatsweisen, in der das Brandmal zum Ehrenzeichen wird, und in der nicht die Rebellen, sondern die Unterbrücker in die Kerker wandern!"

T

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( Fortsetzung folgt.)

Land und Lente in der Union  .

Für die Neue Welt" von A. Donai. ( Fortseßung.)

Die Franzosen   in Kanada  , soweit sie nicht durch Blutmischung mit Indianern die rohesten aller Wilden geworden sind, haben nie eine Spur geistigen Lebens verrathen, selbst ihre reichen Grund­besitzer( Seigneurs) nicht. Daß die Dänen in Grönland   es nicht konnten, leuchtet ein, aber auch in Westindien   haben sie nichts geleistet. Von den als Sklaven hierher verpflanzten Negern läßt sich Besseres sagen; allein diese kamen aus einem sehr kultur­feindlichen Klima in ein besseres. Die Holländer haben es in Nord-, Mittel- und Südamerika   versucht und sind, obwohl sie aus dem damals höchstgebildeten Lande Europa's   kamen, hier verbauert und verschollen, oder aber entnationalisfirt worden, und dasselbe gilt von den Schweden  . Daß die Russen, zumal in Alaska  , es zu nichts bringen konnten, ist selbstverständlich. Das keltische Element, vertreten in den zahlreichen Irländern und selbst den viel höher stehenden Welschen und Hochschotten, kommt wegen seines raschen Verschwindens im Angelsachsenthum nicht in Be­tracht. Es bleiben also nur die Deutschen   und die Angelsachsen zur Betrachtung übrig, welche ohnehin verhältnißmäßig die zahl­reichste Bevölkerung bilden.

Von der älteren deutschen Einwanderung nach Pennsylvanien und Newyork  ( die nach Georgien   ist spurlos verschwunden) sind fünf bis sechs Millionen vorhanden, von denen aber blos etwa anderthalb Millionen dicht im östlichen Pennsylvanien beisammen Wohnende die mitgebrachte pfälzische Mundart, wie sie vor etwa 200 Jahren war, mehr oder weniger mit Englisch   gespickt, reben. Diese haben allzeit das Lob fleißiger und tüchtiger Bauern ge­habt, aber nie ein geistiges Lebenszeichen gegeben. Diejenigen, welche nur noch Englisch   reden, haben manche tüchtige Menschen hervorgebracht, zählen hier aber nicht mit. Die neuere Ein­wanderung seit 1834 besteht sammt ihren Nachkommen aus nahezu fünf Millionen, von denen aber wohl eine Hälfte das Deutsche nur noch dürftig versteht, nicht mehr spricht, und Alle, außer ber jedesmal eingewanderten Generation, es im nächsten Gliede ganz gegen das Englische vertauscht haben werden. Daß grade bie Deutschen   mit affenartiger Geschwindigkeit" ihre schöne Mutter­sprache verlernen, ist nichts Neues; sie haben es in der Fremde ſeit Jahrtausenden immer so gemacht, weil ihre Sprache schwerer

auszusprechen und schwerer richtig zu handhaben ist als andere, und weil sie, mit der kurzen Ausnahme der Hohenstaufenzeit, nie eine Nation gewesen sind. Zwanzig Jahre lang hat eine kleine Anzahl vernünftiger Deutscher hier das Uebel des Untergangs ihrer Sprache mit großem Kraftaufwande bekämpft, und der Verfasser mit ihnen; und seit dem Beginn der neuen Aera" und der bismarck- deutschen Nation hofften sie wirklich auf Erfolg trotz allen Spottes der Pessimisten. Allein die deutsche Nation muß noch nicht die rechte sein; denn die Entdeutschung bleibt sich gleich.

So schlimm aber und für den deutsch   Denkenden schmerzlich dies ist, so ist es noch nicht das Schlimmste, das man von den hiesigen Deutschen   sagen kann. Schlimmer ist, daß ihre zweite Generation, und vollends die dritte, nicht mehr an der Kultur­bewegung selbstthätig theilnimmt, wenigstens keine Beweise davon gibt, welche für sich selbst sprächen. Wieviele Kinder und Kindes­finder hochgebildeter, verdienstvoller deutscher Einwanderer kennen wir, welche ihren Vätern nicht entfernt gleichen, sondern in die flachste Alltäglichkeit versunken sind! Ausgenommen hiervon sind die Wenigen, welche den besten Theil ihrer Erziehung in Deutsch­ land   erhalten haben. Die Uebrigen sind fast alle Schablonen­Menschen, was um so nieberschlagender wirkt, weil die erste Generation wirklich große Erfolge in allen Lebensgebieten, auch auf dem für Deutsche so fremden politischen, aufzuweisen hat. Unter diesen eingebornen Deutschen   herrscht z. B. für die Arbeiter­bewegung nicht die geringste Theilnahme, natürlich immer mit ganz vereinzelten Ausnahmen; wohl aber viel Rückschritt in das Pfaffenthum, die politische Drahtzieherei" und die wüste Roheit.

Die Angelsachsen allein sind die Nation; aber sie sind grade in den besten Zügen sehr vom Engländerthume abgewichen, wäh­rend die schlimmeren desselben umsomehr hervorstechen. Erkennen wir zuvörderst an, daß sie eine größere, weil weiter verbreitete Durchschnittsbildung aufweisen, als jede andre Nation, und daß es auch an höchst tüchtigen Fachleuten unter ihnen nirgends fehlt; daß sie, in durchaus freiwilliger Weise, mehr für Schulen und Erziehung thun, als ganz Europa   zusammen, und daß sie hin­sichtlich Erfindungen, Entdeckungen und einzelner Forschungszweige mit an der Spitze des Fortschritts stehen.

( Schluß folgt.)