meiner Wenigkeit im lachenden Sommermorgenfrühlicht auf dem leicht gerippten Meeresblau gen Hydra, der Geburtsstätte meines wackern Klephten, um nach kurzem Aufenthalt auf Cerigo   zu steuern. Kaum kamen die schneeigen Jdahöhen Kretas   in Sicht, faßte uns der Euriklydon, der breitwegige" Nordwind, um uns, wie einst Odysseus   und Paulus näher an das Kap Spada zu treiben, als dem Kapitän lieb war. Wohl hatte sich der Grimm des Boreas in der Nacht ausgetobt, aber Poseidons   Tücke lauerte im Schluchtengewirr der Vorgebirge, deren tahle Felsenwände fast senkrecht bis zu einigen tausend Fuß aus der Meerestiefe steigen. Lassen wir Homer  ( Odyssee III., 191 u. flgde) die Küste schildern:

Dort fällt glattes Gestein aus der Höhe hinab,

An der portynischen Küste im dunkelwogenden Meer, Da wälzt westlich zum Kap der Süd die gewaltige Woge Gen Phästos, und der Wogen Gewalt sich bricht am Gerölle. Als wenn der alte Homer unser Barometermacher gewesen wäre, fam ein Gluthauch von Afrika   herüber, dunstige Schwüle

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legte sich wie Blei auf die Glieder und das Meer lag da wie eine todte Wüste. Aber das war nur das Vorspiel zu der Haupt­aktion. Der Sirocco fing heftig an zu blasen und peischte den weißen Drachenkamm der Wogen. Die Segel vorgebeugt, in allen Fugen krachend, fliegt unser braves Schifflein wie ein Albatroß aus den Thälern auf die Berge, die der grimme Gesell in die brausende Fluth gewühlt.

Acht bange Tage währt das wilde Jagen, Acht Tage Nebel, Sturm und Finsterniß, Bis in den grauen Wolfenmantel nagen Empört die Wirbelwinde einen Riß; Als es zum neunten mal begann zu tagen Ragt aus dem Meer ein neues Hinderniß, Ein Damm wie steingewordne Walfischrippen Umfängt das Schiff mit sturmzerfressnen Klippen.

Wir waren in dem Kanal Sant Antacio vor Sebenico   an­gelangt. Die schwarzgelben Schlagbäume Desterreichs kamen mir rosenroth vor, denn hinter ihnen lag die Barbarei des Ostens.

Frau Holle.

Es stieg die sternenlose Nacht zu Grund, Ihr Odem Sturm, mit Wolfen angethan, Und kalt und finster haucht mit Grabesmund Der schwarze, blätterlose Wald mich an. Es knirscht der Boden unter meinem Tritt, Die harten Wurzeln hemmen meinen Schritt, Es raunt und zischt: Hinweg aus unsrer Mitt', Was suchst du hier im wegelosen Tann?

Mich aber schreckt das dumpfe Grollen nicht, Heut ringe ich dem Wald sein Räthsel ab, Schlägt er auch dornenzweigig mein Gesicht, Ich raste nicht, bis er sich mir ergab. Heut ist die Nacht, da aus des Berges Schoß, Frau Holle bricht mit ihrem wilden Troß, Und durch die Lüfte brauset hoch zu Roß, Wie ich's aus alter Mär vernommen hab'.

Drum lauscht so stumm und athemlos der Wald, Drum wimmert's durch den Sturm wie Geisterklag', Da horch! Ein Wehruf aus der Tiefe schallt, Und durch die Erde dröhnt ein Donnerschlag. Auf schäumend weißem Roß die blonde Frau, In Schleiern wie der Frühlingshimmel blau, Sie fährt als Lenzesgöttin durch die Au Und feit die Fluren für den Erntetag!

Doch hinter ihr jagt der Verdammten Heer, Mit fahlen Wangen, stierem Wahnsinnsblick, Manch' einer, der am Leben trug zu schwer Und selber endete sein Qualgeschick. Viel stolze Ritter, die im Uebermuth Verpraßten ihrer Unterthanen Gut, Und Mörder, die vergossen schuldlos Blut Sie alle finden Ruhe nimmermehr.

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Und wenn die Morgensonne purpurn flammt, Und Erd' und Himmel freudig Licht erhellt, Dann schwillt das thau'ge Moos wie weicher Samm't Und frische Saat lugt grünend aus dem Feld. Und wo der Sünder blut'ge Thräne fiel,

Da stehen junger, bunter Blumen viel Und Veilchen senden Düfte, süß und kühl, Und künden, daß der Lenz kam in die Welt.

Und Weiber, in den Augen üpp'gen Brand, Schwarzwell'ge Locken um des Buſens Schnee, Sie mordeten ihr Kind mit eigner Hand, Sie brachen frevelnd Treue einst und Eh', Sie rasen gleich der Windsbraut über's Feld, Die wüth'ge Meute heult, das Jagdhorn gellt, Von Stirn und Aug' der Büßerinnen fällt Manch' blut'ger Tropfen, manche Thrän' im Weh.

Und ihrem Schrei antwortet die Natur, Der Sturm durchheult wie Furienruf die Nacht, In bangen Weh'n erbebt die weite Flur Und Zittern rinnt bis in des Berges Schacht. Wie dort die Seele mit der Sünde Joch

Kämpft Licht und Dunkel, Lenz und Winter noch, Das Leben siegt, der heitre Frühling doch Und tilgt der finstern Mächte leßte Spur.

Und mählich schwächer wird der schrille Schall Und fern vertobt der Spuk der wilden Jagd, Nur manchmal noch ein leiser Widerhall, Wie im Entschlummern wohl ein Kindlein klagt. Dann Frieden. Sturmwind und Gewölk verweht, Ein sanftes Säuseln durch die Stille geht, Aus reinem Blau der Mond herniederspäht, Und Stern an Stern sich zu entschleiern wagt.

Wie webt es nun im Wald so wundersam, Bedeckt mit Silberstrahlen ist der Plan, Und wo Frau Holle heut vorüber kam,

Da fängt's in Baum und Strauch zu sprossen an. Die Quelle seufzt verschlafen unterm Eis,

Die Vögel zirpen lichtermuntert leis,

Und aus den Schatten schwebt es nebelweiß, Wie Elfenzauber traumessacht heran.

Antritt zur Sarabande in einer Schenke Andalusiens.( Bild Seite 425.) Wenn man Spanien   auch nicht grade das Vaterland des Tanzes nennen darf, da alle Völker rhythmische Bewegungen des Körpers und besonders der Füße als Ausdrucks- und Anregungsmittel für eine lebhafte, sinnliche Gemüthsstimmung geübt und geliebt haben, so muß man doch zugeben, daß der Tanz seit Jahrtausenden nirgends so sehr zuhause war, als auf der von der Natur so wunderbar bevor­zugten, von den Menschen aber in konsequenter Thorheit und Bosheit auf tiefer Entwicklungsstufe zurückgehaltenen Byrenäenhalbinsel. Nur sinnliche, leidenschaftliche Leute sind leidenschaftliche Tänzer, und der Charakter eines Volkes kann aus seinen Nationaltänzen mit ziemlicher Sicherheit erkannt werden. Der Deutsche  , solange er noch der ehrbare Spießbürger von anno dazumal war, tanzte seinen Walzer bedächtig und langsam, bis der flotte wiener   Walzer seinen schwerfälligen, ehr samen Namensbruder verdrängte und die deutschen Jungfrauen- und Jünglingsherzen in bacchantisch- wilde Luft hineinriß. Die Spanier, insbesondere die Andalusier und Andalusierinnen brauchten nicht erst verführt zu werden: solange wir von ihnen wissen, tanzten sie, und so­lange sie tanzten, waren sie wilden und leidenschaftlichen Sinnes. Unsrer schönen Andalusierin mit den frischen Rosen im schwarzen Haar, dem hellen, faltigen Gewande und den zierlichen Schnürschuhen an den winzigen Füßchen, sieht man es an der Haltung des ganzen Körpers, dem Gluthblick der großen Augen, an dem schelmisch- üppigen Zuge des feingeschnittenen Mundes an, daß sie nicht zu einem bedächtigen Walzer­tanze oder einem gravitätischen Menuet antritt- aber sie will sich augenblicklich auch nicht in den wilden Rhythmen des Fandango zu wildem Sinnenrausche begeistern, sondern in dem für eine Spanierin ernsten, wenn auch raschen Tripeltakte der Sarabande ihren schönen Körper vor den Augen der männlichen Zuschauer in graziösen Schwingungen sich drehen und winden lassen. Der Guitarrero klimpert den Takt, die übrigen Männer in ihren weiten, faltenreichen Mänteln und schneeweißen, mit meist offen getragenen Halskragen verzierten Hemden, den bunten Brusttüchern und den zierlichen Strümpfen harren gespannt dem schönen Schauspiel entgegen. Es ist eine keineswegs verdammenswerthe, schöne Sinnlichkeit, die aus unserm Bilde spricht, eine Sinnlichkeit, die mit der vom Schönheitsgefühl gänzlich verlassenen, schweißtriefenden Tanzwuth unserer Tage wenig gemein hat.

3.

Eine Pfingstfitte. Noch heut ist ja Pfingsten überall das lieb­liche Fest, wo Jubel und Freude allenthalben herrschen. Manche Sitte des grauen Alterthums, die mit ihm in Verbindung stand, ist freilich schon zu Grabe getragen worden, wozu auch der ,, Wasservogel" gehört. Ehedem fand man im ganzen deutschen Vaterlande diese Belustigung,