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Wär's nicht wegen der Mutter in Manbig, der alten, Mich würde die Furcht vor dem Tode zurück nicht halten. Und ich würde, was du heischest: durch Lösegeld mich zu befrei'n- Mit stolzem Sinn abweisend entgegnen: o nein!

Leibrock empor- und holt mit den Fingern behutsam die Bissen| Gefangenschaft in Konstantinopel  *), in die er im Kampf gegen aus der Schüssel hervor*). Das alles ist gegen die Regeln das griechische Kaiserreich gerathen war, an seine alte Mutter der guten Schule, der alten welche große Brocken vorschreibt in Manbig. Diese Lage erklärt auch den ihm sonst fremden und tadelt das Maßhalten. Wenn dann ein solcher Stümper melancholischen und tiefreligiösen Zug, welcher in dem Gedicht die guten Bissen genossen hat, so hält er ein, als wäre er so hält er ein, als wäre er sich kund thut. satt und ist er noch weiter, so thut er es als Gesellschafter und Begleiter. Ein solcher Stümper leistet im Essen bei solchen Festen kaum mehr als einer von den Gästen. Und das, ihr Edlen, hat die Kunst vernichtet und ihr Ansehen zu Grunde gerichtet, so daß deren Jünger die Regeln nicht mehr wissen und alle ihre Feinheiten missen, unbekannt sind ihnen der alten Meister gewandte Griffe und ihre Künstler­fuiffe. Hier in diesem Schreiben will ich nun mit der Zunge der Eßbegier das alles deuten und wollen hierfür zuerst dem Teufel Nimmersatt den Gruß entbeuten.

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So wisset denn ihr Stumpane von Tafel und Tisch: verächtlicher der Tropf, desto leichter füllt er den Kropf, je ungeschlachter, desto bessere Geschäfte macht er; besuchet das Bad an allen Tagen und salbt euch den Magen, auch Strecken und Wälzen sei euch empfohlen, um von durchwachten Nächten euch zu erholen, dann aber laẞt feine Straße und Ecke, feinen Eselstall, seid überall! Gebt besonders auf die Herbergen und Schenken acht, umwandelt sie Tag und Nacht, vorzüglich nehmt auf Hochzeitsschmäuse Bedacht oder die Häuser, wo man eine Erbschaft gemacht, oder wo man bei Würfelspiel wacht, haltet euch von den Kreisen der Possenreißer nicht fern, sowie von den Standpläßen schein­heiliger Herren, besucht die Widderkämpfe gern, ebenso wie die Pfründer in den Kapellen und die Bewohner der heiligen Andachtsstellen; bei allen Weibern mit Krücke kann mancher Tag euch glücken und achtet bei jedes Hauses Thor was für ein Geruch gehet daraus hervor. Tadel und Spott beirren euch nicht: es ist nur der Neid, der aus euren Feinden spricht; laßt feines Lakaien Drohung cuch verdrießen, von feinem Pförtner die Pforte verschließen, eröffnet euch selber das Thor;- sind aber Riegel davor, so klettert zum Fenster

empor.

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,, D, wie oft habe ich gestritten und gelitten! Hiebe gegeben und bekommen, Tritte vertheilt und genommen! jetzt sieht man an mir nur die Reste, denn vergangen ist das Beste mein Haupt ist durch die Glaze glatt, und mein Aug' durch das alles miatt, aber das ist mir alles Spaß, wenn nur erst da ist ein leckerer Fraß! drum ermahne ich euch, ihr Jungen und Alten, das alles wohl im Gedächtniß zu behalten, und nun denn seien eure Kiefern und Magen, Gottes Schutz befohlen in allen kommenden Tagen!"

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Im Gegensatz zu Dichtungen solch grob materiellen und sinn­lichen Inhalts wie die vorstehende eine ist, entwickelt sich in geistig höherstehenden Kreisen die reflektirende Dichtung, die edel in der Form, alles was sie besang poetisch vergeistigte. Wie ganz Wie ganz anders als die früher mitgetheilten klingt ein Liebeslied des Waddah, das in seiner ganzen Denk- und Darstellungsweise von einem lyrischen Dichter unseres Zeitalters ausgegangen sein könnte, nur das die Sprache des Arabers epischer ist. Ach! mich verfolgt von der einen Seite der Tadler Schaar! Von der andern ein Traumbild, wie reizender keines noch war! Es besuchte mich in Sana's Palästen, denn es durchfliegt, Was da von Wegesgefahren und Bergen zwischen uns liegt. Ueber Felsengeröll und Sandfluth wanderts mir nich, Wenn auch ein Weg von acht Tagen zwischen mir und der Geliebten lag. Und als ich schlief, da kam es und begann mir Vorwürfe zu machen, Ach, wie lieblich sie klangen, und sagte mir auch noch gar manche Sachen. Ich aber rief: sei gegrüßt du holdes, geliebtes Bild, Tausendmal grüß ich dich, wenn du mich heimsuchest so mild. Jede Liebe muß mit der Zeiten Länge allmählich vergehn, Aber meine Liebe zu Rauda   vergeht nicht, sie wird ewig.bestehn.

Ein durch seine Innigkeit des Gefühls wahrhaft rührendes Gedicht ist das nachfolgende des Abu Firas Hamdang, der 968 unserer Zeitrechnung starb, also in einer Periode, wo das Chalifenreich seine Blüthezeit hinter sich hatte. Abu Firas  gehört zu den ersten Dichtern des Drients. Die meisten seiner Gedichte handeln von Kampf und Krieg, weniger von Minne und Zechgelagen, wie sie andere Dichter jener Zeit so reichlich bieten. Das nachfolgende Gedicht richtet er aus der

*) Jm Orient wird noch heute ohne Löffel und Gabel die Speise mit den Fingern aus der Schüssel gelangt.

Doch kann ich es nicht und ich thue, was sie immer nur wollte, Und selbst wenn es mit Schmach bedecken mich sollte. Und ich seh' es als Pflicht an, die ich ihr schulde, Zu sorgen, daß auch des Krieges Mildheit sie nicht dulde.

In Manbig da sizt sie, die Alte, in Angst und Bangen, Voll Trauer um mich ist die Aermste von Kummer umfangen. Ach wenn des Schicksals Tücken, die Schrecken der Nacht, Sich abwenden ließen durch der Menschen Willensmacht, Dann würde sicherlich niemals von des Unglücks Harme Die Stätte heimgesucht werden, wo sie wohnt, die Arme! Doch Gottes allmächtige Fügung, sein hehres Walten, Beherrschen die Menschheit und lassen. sich nicht aufhalten Und der Duldermuth, der wächst für jeden umsomehr, Als das Mißgeschick ihn heimsucht unerwartet und schwer. Oh, daß doch diese Wolken nach Manbig flügen Und fort und fort meine Grüße zu ihr hintrügen.

Frömmigkeit und echte Ergebung in Gottes Befehle Sind vereint in dem guten Herzen dieser edlen Seele, O Mütterlein! dir ruf ich zu: verlier nicht den Muth, Gott hat geheime Gedanken: die vertheilt er gut. Wie manchen Schrecken schon hat er von uns abgelenkt, Wie manche bittre Prüfung uns geschenkt.

Drum harre aus, o Mutter, in geduldigem Sinn, Denn dieser Rath ist in Noth der beste Gewinn.

Im zehnten Jahrhundert, das deuteten wir schon an, hatte das Chalifenreich seinen höchsten Glanzpunkt erreicht. Der hohen materiellen Entwicklung entsprach die geistige. Auf allen Hoch­schulen hatten sich philosophische Schulen gebildet, die in rücksichts­loser Forschung nach dem Urgrund und der Entstehung aller Dinge fragten und zu Schlüssen kamen, die sehr abweichend von dem, was die mohamedanische Priesterschaft, voran die fanatischen Ulemas, lehrten. Es gab gewaltige Geistestämpfe, die aber ganz im Gegensatz zu den späteren gleichartigen Stämpfen im Christen­thum, ohne Blutvergießen und ohne jene wahnsinnigen Ver­folgungen des christlichen Mittelalters verliefen. Auf verschiedenen dieser Hochschulen ward der Atheismus offen gelehrt und ge­predigt. Aber das war die Grenze, an welcher die Forschung anfam. Die Naturwissenschaften waren, troß der Förderung, welche sie unter dem Islam erfahren, immer noch, im Vergleich zu heute, in den Kinderschuhen und ihre Weiterentwicklung ward gehemmt, als mit dem Ende des zehnten und dem Anfang des elften Jahrhunderts es jedem Denkenden offenbar wurde, daß das Reich des Islam seinem Verfall entgegenging. So verbreitete sich jene Geisteskrankheit, die stets entsteht, wenn die Strebenden fühlen, daß eine bisher große und mächtige Gesellschaft ihrem Untergang entgegeneilt- der Pessimismus.

Bei dem Untergang des römischen Weltreichs nahm der Pessi­mismus die Form der stoischen Philosophie an, und das damals aus platonischer Philosophie und hebräischem Mystizismus ent­standene Christenthum ist seiner wahren Natur nach nichts anderes als eine Religion des Pessimismus. Wenn dieser sein wahrer Charakter sich trotz aller Mühe, die man sich fast zwei Jahr­tausende gegeben, nic zu allgemeiner Wirkung in der Menschheit gelangt, so war dies nur möglich, weil Völker auf die Weltbühne traten, die zu urwüchsig, zu gesund und zu kräftig waren, um sich vom Gifthauch jenes Pessimismus entnerven zu lassen.

Diese ungläubige und pessimistische Philosophie des Islam fand in der Person des Dichters Maarry, der wenige Jahre nach dem Tode des Abu Firas   geboren, bis in's elfte Jahrhundert lebte, ihren poetischen Ausdruck. Er war der letzte große Dichter, der aus arabischem Stamme hervorging, und so zeigt sich denn auch an diesem Umstande, wie die geistige Produktionsfähigkeit einer herrschenden Klasse oder Rasse nachläßt, sobald ihre materielle Grundlage in's Schwanken gekommen ist.

Der philosophische Geist des Zweifels und der Glaubenslosig­feit, gepaart mit der Naturauffassung jener Zeit, tritt hervor in folgenden Gedichten des Maarry:

*) Konstantinopel   fiel erst 1453 in türkische Hände.