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Ein Wunder der Baumwelt.
Von Dr. Morik Schlüfer.
Ter Blaugummibaum( Eucalyptus globulus) hat in neuester Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, obwohl wir schon seit dem Jahre 1792 durch den Botaniker Labillardière über ihn genauere Nachrichten erhielten. Derselbe war von der französischen Regierung zur Nachforschung nach seinem verschollenen Freunde Lapeyrouse ausgesandt. Er durchstreifte Vandiemensland und fand hierbei zum erstenmal die kolossalen Blaugummibäume. Aus seinen Reisebeschreibungen ist ersichtlich, daß er schon damals die hohe Bedeutung und Wichtigkeit des Eucalyptus globulus für die Landwirthschaft ahnte. Trotzdem blieb der Baum lange Zeit fast unbeachtet, bis erst vor einigen Jahrzehnten seine volkswirthschaftliche Bedeutung in den Vordergrund trat. Besondere Verdienste um die Verbreitung dieses nützlichen Baumes in andern Ländern erwarben sich Fer dinand Müller , Direktor des botanischen Gartens in Melbourne , und der Botaniker Ramel. Auch der bekannte Arzt Gimbert in Cannes machte auf die Wichtigkeit der Anpflanzung desselben aufmerksam und empfahl seine Afklimatisirung ebenso wie Ramel.
Der Blaugummibaum gehört zur Familie der Myrtaceen und ist in Neuholland und Tas manien einheimisch. Er findet sich hauptsächlich in feuchten, gegen Süden gerichteten Thälern und bildet dort weitausgedehnte Wälder. Alle Eucalypten, von denen 135 Spezies bekannt sind, stammen aus Australien und führen wegen des in ihnen enthaltenen Gummiharzes den Namen Gummibäume. Sie erreichen eine ungeheure Größe und ragen wie mächtige Giganten in die Luft. Das Blätterwerk dieser Riesenbäume ist selten dicht, auch begünstigt die eigenthümliche Blattstellung den Durchgang der Sonnenstrahlen,
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Stamm ist aschgrau gefärbt und bei jungen Bäumen ziemlich glatt, verliert aber im Alter sein schönes Aussehen und ist dann meist von rissiger Rinde umgeben. Das Holz ist schwer, dauerHaft und darum für Handel und Industrie äußerst nußbringend. Der junge Baum ist sehr elastisch, die Stärke eines Mannes genügt nicht, einen Zweig von 7-8 Centimeter im Durchmesser zu zerbrechen.
Ramel versuchte zuerst, den Blaugummibaum in Frankreich zu afflimafisiren, was ihm auch vortrefflich gelang. finden wir denselben in verschiedenen Theilen Südeuropas , wie Spanien , Portugal , Griechenland und Italien ; in Palästina, Indien , in einigen Theilen Nord- und Südamerikas und auch in
Moritz Heß.( Seite 503.)
sodaß der Anbau anderer Gewächse unter ihren Aesten sehr leicht ermöglicht wäre. Werden die Blätter. am Abend vom Winde bewegt, so bemerkt man schon in einiger Entfernung einen angenehmen, balsamischen Geruch, welcher an unsere Tannenwälder erinnert. Der Baum nimmt im Alter ein ganz anderes Kleid an als in der Jugend. Die Blätter der jungen Pflanze sind gegenständig, stiellos und sehr zart. Im Alter von mehreren Jahren stehen die Blätter wechselweise, sind gestielt und zähe. Oft ist die Spize sensenartig gekrümmt, nicht selten ist dieselbe sehr lang, sodaß das ganze Blatt mehr oder weniger lanzettförmig erscheint. Es ist von durchsichtigen, hervorragenden Nerven durchzogen. Die Blattzellen enthalten im Innern ein flüchtiges, starkriechendes Del, von dem der Duft der Eucalyptuswälder herrührt. Die Blüthen sind rosenfarbig oder weiß, auf einem furzen, breiten und zusammengedrückten Stiel sizend. Die Kelch röhre ist halbkugelförmig oder pyramidal. Der Kelch ist zur Knospenzeit oben durch einen kleinen Deckel geschlossen, welcher abfällt, sobald sich die Blüthen entfalten. Die Samenkörner sind von schwarzbrauner Farbe, oval gestaltet und nur klein. Der
Afrika ist er eingebürgert worden. Sein Gedeihen setzt einen mäßig feuchten Boden voraus, und ist es unbedingtes Erforderniß, daß die Temperaturzu keiner Zeit unter-6° des hunderttheiligen Thermometers sinkt; hier blüht und treibt er zu allen Jahreszeiten und trägt zur Verschönerung der winterlichen Vegetation bei. Im allgemeinen kann man ihm wegen seiner beträchtlichen Höhe eine gewisse Schönheit nicht absprechen, und man hat ihn darum auch häufig
in geeignetem Klima als Zierbaum in die Gärten gepflanzt. Nach Berichten des Arztes Gimbert wurden im März des Jahres 1863 int Garten des Herrn Martichon, einem berühmten Gartenbauer in Cannes , zwei Blaugummibäume angepflanzt und fürsorglich gepflegt. Sie erreichten 1868 eine Höhe von 20 Meter; der Stamm maß 40 Centimeter über dem Boden, 1 Meter 10 Centimeter im Umkreise. Diese Größenverhältnisse sind ganz genau festgestellt. Der Baum hatte demnach Schößlinge von 4 Meter in einem Jahr
getrieben. Im Garten des Herrn Bonnet steht ebenfalls ein Blaugummibaum, der 1869 20-22 Meter Höhe und 1 Meter 12 Centimeter im Umfange hatte. Dieser Baum wurde 1862 gepflanzt und war damals 1 Meter hoch. Im ersten Jahre blieb er ziemlich still stehen. In der Folgezeit entwickelte er sich jedoch äußerst günstig, so daß er das bemerkenswertheste Exemplar in Cannes ist. Günstiger noch als alleinstehend gedeihen die Bäume in Wäldern. Zwei Industrielle, Pilar und Cuvillier, stellten damit Versuche an. Sie fäten 1864 200 Samen des Blaugummibaumes, den sie direkt aus Melbourne vom Marineminister erhalten, in sandigem Boden aus. Die Anpflanzung bedeckte eine nach Süden gelegene Bergterrasse. Alle Samen gingen auf und schon 1869 war dieser unfruchtbare Boden mit dem herrlichsten Gehölz bedeckt. Alle Bäume hatten sich jedoch nicht gleich fräftig entwickelt, obwohl sie gleichzeitig gepflanzt worden. Die der Sonne mehr ausgesetzten übertrafen die anderen Bäume ganz bedeutend an Höhe und Stärke, ein Beweis, daß eine wesentliche Bedingung ihres Wachsthums Licht und Wärme ist.