der Butter ähnlich. Es wird nun in kleinen Säcken durch hydraulische Pressen ausgepreßt. Das flüssige Oleo- Margarin fließt ab und das feste Stearin bleibt in den Beuteln; es wird zur Kerzenfabrikation verwendet. Nachdem das goldgelbe, flüssige Fett nochmals gewaschen ist, stellt es ein sehr haltbares, zu allen Zwecken verwendbares Küchen­fett dar. Um es ganz butterähnlich zu machen, wird dasselbe mit 15 Kuhmilch gemischt, dem üblichen Butterungsverfahren unterworfen, unter Wasser nochmals ausgewaschen, und ergibt dann eine schöne Butter mit 122 Prozent Wassergehalt, dem Schmelzpunkt guter Naturbutter, etwa 22 Grad, und läßt beim Auflösen in Aether   höchstens 1/3 des in letterer enthaltenen Käsestoffes zurück. Sie ist infolge dessen weniger leicht zum Ranzigwerden geneigt. Wenn diese künstliche Butter unter ihrem wahren Namen, zu dem entsprechend billigeren Preise und so rein verkauft wird, als sie nach diesem Verfahren hergestellt werden fann, ist gewiß gegen ihren Gebrauch nichts einzuwenden. Das geschieht freilich bei uns zu Lande meist nicht, sie wird entweder ganz dreist als ächte zu deren höherem Preise verkauft oder doch derselben beigemischt. Die sogenannte ,, Wiener Sparbutter" ist eine in ähnlicher Weise, wie oben beschrieben, dargestellte Kunstbutter. Jedenfalls werden die Ver­fälschungen der Naturbutter noch lange einen Hauptärger unsrer Haus­frauen ausmachen, ohne daß sie die Thatsache dadurch ändern werden. Denn wenn auch gegen die gröbsten und sozusagen dümmsten Fälschungen, die oft schon mit bloßem Auge zu erkennen sind, wie Zusatz von Weich­käse in überwiegender Menge, von Kartoffelbrei und Stärkekleister, hin und wieder einmal polizeiliche Hülfe mit Erfolg in Anspruch genommen wird, so bleibt der Profit bei diesem geringen Risiko doch zu über­wiegend. Um die auch häufig vorkommende Beimengung von Talg zu Butter festzustellen, gibt es ein sehr einfaches Mittel. Man braucht nur ein wenig von der fraglichen Butter in einem Töpfchen zu schmelzen und darein einen 3 Millimeter breiten Docht an einem Drahthalter, den man selbst zurechtbiegt, eintauchen zu lassen. Wenn der Docht ein bis zwei Minuten gebrannt hat, so verlöscht man die Flamme und es steigt dann bei Anwesenheit von Talg der wohl jedermann bekannte Geruch einer verlöschten Unschlittkerze auf; bei reiner Butter geschieht das nicht. Die allgemeinsten Fälschungen die durch Kochsalz und Wasser werden bei Mangel gesetzlicher Feststellungen darüber, oft gradezu als solche bestritten. Der Zusaz von Kochsalz geschieht an­geblich nur, um die Butter haltbarer zu machen. Nun ist das zwar offenbar ein ungünstiges Zeichen, wenn frische Butter sich nicht einmal einige Tage bis nach Verkauf an den Konsumenten, der schon selbst für's Konserviren sorgen wird, unverdorben erhält, und spricht für ungenügendes Auswaschen und zu großen Käsegehalt. In vielen Gegenden ist aber der Konsument so daran gewöhnt, daß er nichts dagegen ein­zuwenden hat. Die Verfälschung tritt aber damit ein, daß weit mehr Salz zugesezt wird, als zur Konservirung nöthig ist. Es genügen dazu schon 2 Prozent. Wenn aber 10-18 Prozent zugesezt werden, so ge schieht das einmal, um den Werthunterschied von Salz mit 1 Groschen und Butter 10 bis 12 Groschen das Pfund zu profitiren und noch mehr, weil Salz das Bindemittel ist, um in der Butter 30-40 Prozent werthloses Wasser festzuhalten. Ungesalzne Butter enthält höchstens 13-14 Prozent Wasser, in erlaubtem Maße gesalzne dürfte an Wasser und Salz höchstens 18 Prozent, enthalten. Nun mache man sich das Profitexempel selbst! So mancher biedere Deutsche hofft gewiß an­gesichts dieser und ähnlicher anerkannter Kalamitäten Erlösung vom Reichsgesundheitsamt und dem ja schon ausgearbeiteten Nahrungsmittel­gesetz! Als Repressivmaßregel unter gegenwärtigen Verhältnissen ist es gewiß nicht zurückzuweisen, wenn auch die wirkliche Durchführung dieser begrenzten Garantie gegen das Betrogen- und Vergiftetwerden, wegen des dann nöthigen riesigen Kontrolapparats, nicht eben billig sein würde. Aber, sowie den Krankheiten vorzubeugen besser ist, als Lazarethebauen und Kuriren, so sicher werden wir uns auf einem moralisch und materiell beffern Standpunkt auch in dieser Beziehung erst dann befinden, wenn der Antrieb zu solchen verbrecherischen Schädigungen dadurch gefallen sein wird, daß kein Geschäftsprofit" mehr stattfinden, sondern nur mehr die redliche Arbeit ernähren wird. R.-L.

-

"

-

-

Bescheidenheit ist eine Zier. In dem letzten Traktat zwischen Tunis   und Frankreich  , der unter Karl X  . im Jahre 1827 abgeschlossen wurde, nannte sich der Vasall des Sultans, der Bei von Tunis  : ,, Wir Fürst der Völker und edelster Theil der Großen, aus königlichem Blut entsprossen, strahlend von Glückszeichen und Tugenden, die zum Himmel reichen: Hussein Pascha Bei, Gebieter des Königreichs Afrika  ." Der französische   Generalkonsul Lemercier, der seinen König nicht verdunkelt haben wollte, gab dafür Karl X.   folgende ,, bescheidene" Prädikate: Das Wunder aller Völker, die Glorie der Nationen, die Jesum an­beten, der erlauchte Sprößling aus königlichem Blute, die Krone der

564

"

Monarchen, der leuchtende Gegenstand der Bewunderung für seine Heere und Vesire- Karl- der Zahl nach der Zehnte, Kaiser(?) von Frank­ reich   und Navarra  ." Der Fürst der Völker, strahlend von Glücks­zeichen", erlag der Cholera, und den leuchtenden Gegenstand seiner Heere und Vesire" trieb die Woge der Revolution von Paris   nach Prag  , wo er, ein unbeachteter Verbannter, starb. Dr. M. E.

"

Aerztlicher Briefkasten.

Der ,, troftlosen Pfarrerstochter" aus dem sächsischen Voigtlande

rathen wir, unter Einsendung eines Armenattestes und eines ärztlichen Zeugnisses, welches die Heilbarkeit ihres Leidens auf keinem andern, als dem chirurgischen Wege konstatirt, sich an die Verwaltung des Jakobshospitals in Leipzig   zu wenden. Sie findet dort jedenfalls un­entgeltliche Aufnahme. Auch trägt dieses Spital nicht die befürchtete

konfessionelle Färbung.

Hannover  . A. H. Gegen gelbe Flecke im Gesicht haben wir in früheren Nummern der N. W.  " Arzneimittel genannt. Wegen der andern Krankheiten müssen Sie einen dortigen Arzt in Anspruch nehmen.

Rockville  , Amerika  . E. C. Wenden Sie gegen Ihren Rachen­katarrh Gurgelungen mit warmem Salzwasser oder, wenn dieselben nichts helfen sollten, eine Lösung von 2 Theilen Kali chloricum in 100 Theilen Wasser an. Außerdem müssen Sie Ihre Hautthätigkeit nach früher gegebenen Regeln aufzubessern und sich abzuhärten suchen, durch kühle Waschungen und Frottirungen 2c. Ohne letztere kommen, bei rein örtlicher Behandlung mit Gurgelwässern, derartige Katarrhe nicht zur Heilung.

Mit

Berlin  . J. J- er. Da Sie früher wiederholt Bluterbrechen ge­habt haben und nach diesem das Magendrücken zurückgeblieben ist, so ist jedenfalls ein sog. rundes Magengeschwür vorhanden gewesen, welches in der Regel mit einer, die Magenwand strahlig zusammenziehenden Narbe heilt. Dadurch entsteht nun eine Einschnürung und Verengerung der betreffenden Stelle des Magens und es finden sich beim Genuß schwerverdaulicher Speisen oder solcher, die viel Gase entwickeln und den Magen aufblähen, Magenschmerzen und Magenkrämpfe ein. Arzneimitteln ist wenig dagegen auszurichten, denn die Verengerung läßt sich nicht beseitigen. Nur durch Vermeidung schwerverdaulicher und blähender Kost, sowie durch Genuß von mehr flüssigen Speisen ( Milch, weichen Eiern, Suppen u. s. w.), die Sie aber stets nur in fleineren Portionen zu Sich nehmen dürfen, können Sie Ihren Zu­stand erträglicher gestalten. Die Regel, nur zwei bis drei Haupt­mahlzeiten den Tag über zu halten, erleidet für solche Patienten eine Ausnahme.

11

Braunschweig  . R. Nachdem infolge eines solange andauernden Eiterungsprozesses eine Verschiebung des kranken Hüftgelenkes bei Ihrem Kinde stattgefunden hat, halten wir eine vollständige Wieder­herstellung für unmöglich. Das Kind wird zeitlebens lahm bleiben. Sie hätten eben bei Zeifen dazu thun und nicht auf den Rath einer alten Frau und eines Barbiers hören sollen, welche den Schmerz im Knie für ,, vom Wachsthum herrührend" erklärten. Denn jeder Arzt weiß und würde es Ihnen gesagt haben, daß bei chronischem Verlaufe der Hüftgelenksentzündung im Anfang meist gar keine Schmerzen vor­handen sind, sondern daß der Kranke das Bein beim Gehen nur etwas nachschleppt und dasselbe beim Stehen unwillkürlich entlastet. Daher kommt der ganz unpassende Name: freiwilliges Hinken. Dieses Hinken geschieht aber durchaus nicht freiwillig, sondern es ist durch einen Entzündungsprozeß am Schenkelkopf bedingt. Sobald die Ent­zündung auch die Gelenkkapsel ergriffen hat, stellt sich Schmerz ein, und zwar eigenthümlicherweise meist nicht im Hüft, sondern im Kniegelent. Letzteres ist vielmehr ganz gesund und dieser Schmerz nur reflektirt. Diese Thatsache ist jedem Arzte bekannt, und er wird, wenn ein Kind ohne äußere Veranlassung über Knieschmerzen klagt und lahm geht, den Sitz der Krankheit nicht blos im Knie-, sondern auch im Hüftgelenk suchen. Findet er ihn an letterer Stelle, so ist noch völlige Heilung( durch monatelange Lagerung im Extensionsverbande u. s. 1.) möglich, während in späteren Stadien der Ausgang mehr oder minder problematisch wird. Die erste Regel für jeden Familienvater, dessen Kind ohne Ursache lahm geht oder über Knieschmerzen klagt, ist also die, daß er einen Arzt um Rath fragt.

-

-

Die Briefe von R. T- k in Berlin  , Lieutenant a. D. 2. in H. und H. St. in Halle konnten aus bereits früher genannten Gründen nicht beantwortet werden; M. F. in Halle wird um Angabe seiner Die Adresse gebeten; dabei ist aber die Anfrage zu wiederholen. übrigen Korrespondenten( bis zum 8. August) erhielten direkte Ant­Dr. Resau.

wort.

-

Inhalt. Eine Seereise und eine Auswanderung, von Dr. Ad. Douai.( IV.) Der erste Feldzug der Türken auf europäischem Boden, von K. Hannemann. Ein Dichter aus dem Velk und für das Volk, von H. Bitterklee( Fortsetzung). Reines, unverfälschtes Brot, Richard Wagner   und die andern, von Dr. M. Trausil. Eine schreiende Ungerechtigkeit. Die Gruben- Explosion zu St. Etienne ( mit Illustrationen). Kunstbutter und verfälschte Naturbutter. Bescheidenheit ist eine Zier. Aerztlicher Briefkasten.

von R.-L.

-

-

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Plagwizerstraße 20).

-

Expedition: Färberstraße 12. II.

Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .