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jochten und geknebelten Neger haben die kurze Spanne ihrer Freiheitsfrist wunderbar ausgenüßt. Troß aller Hindernisse, die ihnen namentlich in den Südstaaten die Weißen in den Weg legen, hat die schwarze Rasse heute viele geachtete Handwerker, Künstler, Priester und Advokaten auf zuweisen, ein Beweis, daß das Märchen von der höher stehenden weißen Rasse eben nur ein Märchen ist. Das sorglose, leichtlebige Temperament und die karikirte Nachahmung der Sitten und Gebräuche ihrer ehemaligen Beiniger geben dem Amerikaner beständigen Stoff zu höhnischen Wißeleien über den ,, Nigger", aber dieser Nigger besigt eine lebhafte Phantasie und sein Gemüth fühlt sich durch eine bilderreiche Sprache und schön ausgemalte Vorstellungen für alles Edle und Gute enthusiasmirt. Die unverdorbene Empfänglichkeit für Kunst und Wissenschaft ist eine Eigenschaft, welche dem geldmachenden, trockenen Yankee vollständig abgeht. Mit Liebreiz hat die Natur die afrikanische Menschengattung nach unsern Begriffen nicht übergossen, wie unser Bild zeigt, und ihre Descendenz vom Pavian oder Gorilla ist nicht schwer herzuleiten, aber dem schwarzen Don Quichotte Mungo gefällt seine Eliza und dem Sancho Panja Andy gefällt seine Dinah und das ist doch wohl beim Heirathen die Hauptsache. Der Priester mit der salbungsvollen Amtsmiene, die glückseligen Eltern, die aufhorchende Großmutter mit dem staunenden Enkel auf dem Schooß nebst den hungrigen Gästen sind eine Staffage, wie sie bei einer Hochzeit unter allen HimmelsDr. M. T. strichen vorkommt.
Zur Frage über Ehe, Familie und Sittlichkeit. Es ist uns følgende Zuschrift zu Händen gekommen:
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Wenn es
Verhältnisse in unserem Sinne gebessert sein werden. aber so ist, wie wollen wir hoffen, daß die auf unsere Fahne geschriebene Devise: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, auch die Devise der gesammten Menschheit werde? Wird nicht eine andere Erziehungsform nothwendig sein, um die Menschen selbstloser und für einen Staat, wie wir ihn träumen, tauglich zu machen? Und sollte der Zukunftsstaat keine Form finden, die Menschen menschlich zu machen, ihnen die zum Leben in der großen Familie nöthigen Eigenschaften beizubringen, Kopf und Herz im erhabensten Sinn auszubilden, zu veredeln, sie zu seinen würdigen Gliedern zu machen und sich auf diese Weise jene feste Grundlage zu schaffen, die er nöthig haben wird, um nicht über kurz oder lang wieder zum Spielball Einzelner zu werden. Wohl wird er sich kein Beispiel nehmen können an unseren Pensionaten, Militärerziehungsanstalten, Waisenhäuseru, denn diese sind eben für den heutigen unfreien, nicht aber für den Zukunftsstaat berechnet, welcher sich voraussichtlich bei solchen Einführungen den Grundsatz zur Richtschnur nehmen wird: Wer gut säet, wird gut ernten! Nichts für ungut! Mit sozialdemokratischem Gruße A.... Gr... Wien , 7/8 78. Unsere Antwort in nächster Nummer.
Buchdrucker. Red. d. ,, N. W."
Vier Jahre Festungshaft für einen Kuß. Man hat bisher allgemein angenommen, daß der Dichter Christian Schubarth, dessen trauriges Schicksal Schiller zu seinen, Räubern" anregte, und der mit seinen Gedichten ,, Nach Afrika " und ,, Die Fürstengruft" in die Kategorie der Büchner und Herwegh rangirt, aus politischen Gründen auf dem Hohenasperg eingeferkert wurde, aber Pfaff erzählt in seiner , Geschichte von Württemberg" eine andere, von Augenzeugen bekräftigte
Herzogs von Württemberg Karl Alexander , der nachmaligen Gräfin von Hohenheim , die auch das Urbild von Schillers Lady Milford" ist, Klavierunterricht und ließ sich in einer schwachen Stunde hinreißen, ihren üppigen Nacken zu küssen, als eben der Herzog eintrat. Rest war vier Jahre Festungshaft. Dr. M. T.
Geehrte Redaktion! Als Sozialdemokrat und Abonnent der ,, Neuen Welt" erlaube ich mir meine Bedenken auszusprechen über die Art und Weise, wie Sie, geehrte Redaktion, über Fragen von so großer Wich- Version. Schubarth gab dem schönen Fränzchen, der Maitresse des tigkeit, wie über Ehe und Familie, freie Liebe und Erziehung der Kinder wenn auch nur in der Form einer Korrespondenznotiz sich ausgesprochen. Meiner Ansicht nach sollte das Organ einer dem Fort Schritte im weitesten Sinne huldigenden Partei, wie es die ,, N. W. " ist, in solchen überhaupt noch nicht spruchreis gewordenen Fragen kein so turz gefaßtes, bestimmtes Urtheil in die Welt senden. Solche Fragen sollten entweder in würdiger, allgemein verständlicher Sprache, dem Geiste der Partei entsprechenden Weise behandelt werden oder aber, wenn Gründe dies nicht zulassen, die nöthige Beantwortung in die mildeste Form gefaßt werden, um das Interesse der Partei nicht zu gefährden!
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Redaktions- Korrespondenz.
Der
Wien . Buchdrucker A. G. Ihre Einwendungen gegen unsre Korrespondenzbemerkung über Ehe und Familie bruden wir wortgetreu ab, um diese Frage einmal gründlich Klarstellen zu können. Sachlich gehaltene Ausführungen, wie die Ihrigen, bieten uns die sehr willkommene Anregung zum öffentlichen Meinungsaustausch. J. S. Sie haben in der Sache recht. Wir baben unsern qu. Herrn Mitarbeiter gebeten, seiner gewandten Feder auch bei solchen Nebensächlichkeiten recht sorgfältig auf die Finger zu sehen.
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Auf das in der gedachten Korrespondenz abgegebene Urtheil übergehend, kann ich nicht finden, das dasselbe im Sinne des sozialdemofratischen Prinzips lautet, denn, so sonnig auch die Ziele des letzteren Berlin . Lieutenant v. W. Ob wir Artikel über Barrikadenbau, Häuserdemodem Eingeweihten entgegenleuchten, so dunkel und unsicher sind noch firung 2c." gebrauchen können? O ja, aber von Ihnen und Ihresgleichen nicht. Wir die Mittel und Wege, welche zu ihnen führen werden. Man kann es bauen nämlich nur geistige Barrikaden, Barrikaden gegen Ungerechtigkeit und Thoralso nicht gut Wahnsinn heißen, die Institute der heutigen Ehe und heit, wollen nur die Häuser der Unfittlichkeit und derlei Bauwerke der Schande demolirt Familie einer Kritik zu unterziehen oder sie wohl gar für unmöglich wissen, und wie solche Arbeit verrichtet wird, Werthgeschäßter, darüber hat man Sie nicht instruirt. Frl. T. Gewiß, Hasenclever ist verheirathet. Es wird Ihnen das zu halten. Wer kann behaupten, daß die Ehe in ihrer heutigen Form boch nicht unangenehm sein?.. Ihr alter Lehrer ärgert sich darüber, daß ich kann nur die Monogamie im Auge haben und mit ihr die ,, durch den Sozialismus so viele Autodidakten, Leute, die nicht einmal Logit gehört haben, wie z. B. der Most, dazu verführt worden sind, Bücher zu schreiben"? Der Familie, den Begriff der höchsten Sittlichkeit und Vollkommenheit in Mann hat recht: es ist entsetzlich! Was die ,, Logit", die man auf unfren Universitäten sich schließt und die einzig richtige Grundlage des Staates bildet. zu hören bekommt, zu leisten hat, sagt ja schon der alte Goethe so schön: ,, Mein theurer Wozu denn das Ringen nach liberalen, die Bande dieser Institutionen Freund, ich rath' euch drum Buerst Collegium logicum. Da wird der Geist euch In span 'sche Stiefeln eingeschnürt, Daß er bedächtiger fortan lockernden Gesetzen? Ich denke, wir hätten bereits Erfahrung genug, wohl dressirt, Frrlichtelire Und nicht etwa die Kreuz und Duer um uns für die Zukunft nach einer anderen Form dieser gesellschaft- inschleiche die Gedankenbahn, und her." lichen Nothwendigkeit umzuschauen, denn was nach der Ansicht der Hamburg . A. R. Ihre Mittheilungen über Ihren Aufenthalt in der berliner W. W. Freilich, g. R. der. Ehe und Familie unermeßlichen Werth verleihen solle, trifft Charité sind zu persönlicher Natur, um veröffentlicht zu werden. viele fühlen sich als ächte Sozialisten berufen, aber wenige sind auserwählt. in der Wirklichkeit nur selten zu. Dagegen sehen wir im allgemeinen freilich, Sich als Sozialist, durch und durch" zu bethätigen, ist natürlicherweise sehr schwer. die Menschen nur zu sehr auf der Oberfläche des Lebens dahingleiten, Dazu gehört umumgänglich, daß man die Grenzen der Rechtssphäre der Gesammtheit viele sinken unter der Last der gepriesenen Institution! Wie oft sehen ebenso genau tennt, als die der Rechtssphäre der Individuen, und die eine wie die andre bis in's fleiuste hinab vor jeder Verlegung schützt. Sie haben recht mit Ihrer Meinung, wir den Verkehr der Geschlechter entheiligt durch Untreue, und undaß in der sozialistischen Bewegung der Gegenwart dem Rechte des Individuums häufig würdige Verbindungen eingehen von Solchen, die Anderen Moral zu wenig Rechnung getragen wird, daß aber die wenn auch bebauerliche, so doch sehr troß der von Allen ge- erklärliche Reaktion gegen den krassen Individualismus unsrer Zeit der Kapitalherrschaft predigen und zum Muster dienen sollten berechtigt ist. fannten Verpflichtungen und Wohlthaten der Ehe. Sehen wir nicht die Zahl der Ehen von Jahr zu Jahr abnehmen und der freien Liebe" mehr und mehr den Vorzug gegeben, selbst von Solchen, welche nicht die sozialen Verhältnisse abhalten, in dieses Institut der Sittlichkeit zu treten. Und in diesem selbst sehen wir herzlose Eltern, verwahrloste Kinder, einseitige Bildung und Verbildung, und dort, wo wirklich die zarten Beziehungen ihre Schwingungen bis in das Jnnerste des Gemüthslebens senden, dort sind dieselben zumeist von schmerzlichen Empfindungen und Erfahrungen begleitet! Ebenso ist es Thatsache, daß der rohe Egoismus, der uns so oft im Leben begegnet, nur zu häufig in der Ehe und Familie anzutreffen, ja dort meist seine Entstehung erblicken läßt und die Ehe in ihrer heutigen Form wird, sowenig wie irgend ein religiöser Kultus, im Stande sein, diesen Feind der Nächstenliebe aus dem Leben zu bannen, mag ihre Grundlage auch noch so ideal angelegt sein, und auch dann nicht, wenn die sozialen|
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Ried( Oberösterreich ). F. L. Die Schriften Jules Vernes sind interessant und lesenswerth, insbesondere aber solchen Leuten zu empfehlen, welchen das Auffinden der Scheidelinie zwischen dem Phantastischen und dem Faktischen nicht zu schwer wird. Die event. Antwort des Herrn Dr. Douai werden wir natürlich ihrerzeit sehr gern übermitteln. Daß die ,, N. W." in Ihrem Orte der ,, Gartenlaube" das lange behauptete Terraiu abgräbt, ist der reichs- und faiser und fönigstreuen und russenfreundlichen ,, Gartenlaube" schon recht. Ihr Wunsch bezüglich der Notizen vom Büchermarkt wird erfüllt,
Chemnik. E. G. B. Da Sie bei Ihrer Behauptung beharren, Sie wären durch Ihre persönlichen Erfahrungen( und durch nichts anderes) zur felfenfesten Ueberzeugung von dem Dasein Gottes gelangt, so können wir Sie im Interesse der Sache nur auffordern, diese persönlichen Erfahrungen klipp und klar der Deffentlichkeit zu übergeben. Wir werden der Publizirung beweiskräftiger Thatsachen nichts in den Weg legen. Oberlungwis. H. Sch. Wir werden einen Sachverständigen zu Rathe ziehen, um zu erfahren, was gegen Ihre hartnädigen Holzwürmer, welche selbst dem Solaröl Troy bieten, zu thun ist. Hamburg . J. N. Wir werden einen der botanischen Mitarbeiter der ,, N. W." ersuchen, eine Abhandlung über die Zimmerpflanzen zu schreiben. ( Schluß der Redaktion: Montag, den 2. September.)
Inhalt. Das Patent, Novelle von A. Otto- Walster( Fortsetzung). Jrdische Massenbewegung( Schluß). Kunst und Revolution, von W. H. Moderne Gattinnen. Skizze aus der Gesellschaft, von M. Kautsky. Die deutsche Zeitungsliteratur. Reinecke im Kampf mit seinen Erbfeinden( mit Illustration). Eine Negertrauung( mit Illustration). Zur Frage über Ehe, Familie und Sittlichkeit. Vier Jahre Festungshaft für einen Kuß. Redaktionskorrespondenz.