bon etwa 125 Meter Tiefe gebrochen, und noch immer dauert der to­bende Kampf zwischen Wasser und Gestein fort. Alle elementaren Kräfte scheinen entfesselt, um sich im verzweifelten Ringen aufzureiben, un­gezählte Jahrtausende geht es so fort und doch ist im großen und ganzen die Erdrinde dadurch nur unwesentlich verändert. Und hat Wasser und Feuer der Mutter Erde eine Wunde gerissen, so ist der duftige Urwald stetig bemüht, sie grün zu überkleiden. Wie auf unse rem Bilde ersichtlich, streckt er seine hilfreichen Arme, die Bäume, nicht nur bis an den Rand des Abgrundes, sondern weit über denselben hinaus, um den goldgesäumten Wolken, die den Morgenhimmel um­ziehen, zu winken. Doch dieses. Naturwunder von Hezjagd und Still­stand muß man mit eignen Augen sehen, wenn man den richtigen Ein­druck davon empfangen will. Zum Schluß müssen wir indeß auch den Werken von Menschenhand, den Wegbauten, Gerechtigkeit widerfahren lassen, umſomehr, da sie an Kühnheit alles übertreffen, was auf diesem Gebiete bisher geleistet worden ist. Welchen großartigen Charakter die jetzt vollendeten Arbeiten an sich tragen, beweisen folgende Angaben. Bom Römerstollen, dem Ausgang der Kißlochwand, bis zum Landsteg Rauris   war eine neue Wegstrecke von 2000 Meter herzustellen; diese enthält viele Galerien, einen großen Tunnel und sieben Ueberbrückungen. Der Gesammtkostenbetrag dieser ungemein schwierigen und gefahrvollen Bauten ist von den betheiligten Gemeinden beider Thäler übernommen worden. Darnach zu schließen, haben die Gemeinden heidenmäßig viel Geld. Und doch verarmt in dieser landschaftlich so reizvollen Gegend die Bevölkerung immer mehr. Nur Fachschulen für Frauenarbeit und Hausindustrie können der überhandnehmenden Verarmung steuern. Dr. M. T.

Ein gefiederter Gärtner. Der Vogel, welcher sich den Lesern im Bilde( S. 29) präsentirt, gehört zur Gattung der Paradiesvögel und ist in die Register der Naturforscher unter dem Namen Ambly­ornis inornata eingetragen. Die Amblyornis ist, was die Farben pracht des Gefieders wie die äußere Erscheinung überhaupt betrifft, der schmuckloseste und unansehnlichste Paradiesvogel, wohingegen er an Intelligenz seine Stammesgenossen weit überragt. Nach einem Bericht von Odoardo Beccari  , der diesen Vogel im Jahre 1875 in Neuguinea  ( Westküste von Afrika  ) zu beobachten Gelegenheit hatte, erreicht die Amblyornis die Größe einer Turteltaube; das Gefieder ist in der Hauptsache braun gefärbt. Beccari hat den Vorschlag gemacht, den Vogel Gartenvogel zu nennen, wohl um deswillen, weil sich vor seinem Neste oder besser vor seinem Baue stets ein mit allerlei Früchten, Blumen und Blüthen ausgeschmückter und wohlgepflegter Plaz vor­findet. Mit demselben Recht kann man die Amblyornis auch den Baumeister unter den Vögeln nennen, denn das Nest oder der Bau lenkt nicht minder die Aufmerksamkeit des Beschauers auf sich. Nach den Aufzeichnungen Beccari's wählt der Vogel zum Baue seines Nestes einen ebenen Platz an einem kleinen Baum, der in der Regel die Dicke eines Spazierſtockes hat. Am Fuße des Baumes errichtet er eine Art niedrigen Regel, der meist eine Handbreit im Durchmesser hat und wesentlich aus Moos   besteht. Die Höhe des Kegels oder Stammes, der als Pfeiler dient, ist wenig geringer als die Höhe des ganzen Baues, etwa 62 Centimeter. An dem Gipfel des Pfeilers befinden sich ringsherum und methodisch aufgelagert Stämmchen von einer Orchidee, doch so, daß vorn ein Eingang offen bleibt. Viele andere Stämmchen sind in verschiedenen Richtungen quergelegt, so daß die ganze Lagerung möglichst undurchdringlich wird. Zwischen der Außenwand und dem inneren Moostegel ist ein rundlicher Gang angelegt. Der Durchmesser des ganzen Baues beträgt etwa 1 Meter. Die Stämmchen der Orchidee finden sich in großen Büschen auf Baumzweigen und sind ebenso bieg sam als dauerhaft. Die Blätter läßt der Vogel an den Stämmchen, ja er macht sie womöglich noch fest; und offenbar verwendet er gerade diese Pflanze zu seinem Nestbaue, weil sie sehr lange frisch bleibt und der Fäulniß fast gar nicht ausgesetzt ist. Vor dem Neste errichtet unser Baumeister eine Wiese von herbeigebrachtem Moos, die frei von Gras, Steinen, überhaupt frei von allen, gewissermaßen die Schönheit des Ganzen beeinträchtigenden Gegenständen ist. Auf diese Wiese oder Rafen werden Blüthen oder Früchte von frischen Farben so ausgebreitet, daß die Fläche den Eindruck eines kleinen zierlichen Gartens macht. Die meisten Zierrathen befinden sich am Eingange des Baues, und es scheint, als ob der männliche Vogel den Eingang täglich mit neuen Früchten, Blumen und Blüthen ausschmückte, um dem Weibchen Ueber­raschungen zu bereiten. Alles muß aber von hervorstechender Farbe sein. Unter den Früchten fanden sich kleine violette Aepfel vor; auch eine rosige Frucht, die von einer Pflanze, ähnlich dem Ingwergewächs, stammt, wurde vorgefunden. Die Blüthen hatte der Vogel einem statt lichen Heidelbeerstrauch entnommen. Auch an Pilzen und farbigen In­setten fehlte es in dem Garten nicht. Was von dem Gartenschmuck verdorrt oder unschön geworden ist, wird entfernt und an die Seiten des Baues gelegt. Eine weitere Merkwürdigkeit im Charakter des Vogels ist, daß er das Geschrei und Gesinge von Vögeln nachzuahmen im Stande ist, welcher Umstand ihm auch den Namen Burnu Guru, d. i. Meister- oder Lehrervogel, eingetragen hat. Sein anderer Name ift Tukan Kobon( Gärtnervogel).

Außer dem wenig in die Augen fallenden Vogel stellt das Bild auch den ganzen Nestbau desselben dar. Die Figur in der Ecke rechts oben vergegenwärtigt den Plan. A ist der Mittelpfeiler, B ist der

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Grundkegel an demselben, C ist der Gang, D ist der Grundumfang des Dachs, E ist der Garten, F, G, H und I sind die Stellen, wo die Früchte und Blüthen der verschiedenen Pflanzen, aber alle gesondert, hingelegt werden, die Stellen KK dienen zur Ablagerung aller ver­welften oder verwesten Gegenstände. S.

Die Katastrophe von Szegedin   Wohl besteht das Leben des einzel­die zerstörenden Kräfte der Natur und unerbittlich nagt der Zahn der Zeit nen Menschen und das der Nationen in einem unausgesezten Kampfe gegen

an den stolzesten Denkmälern der Baukunst; aber daß die Wohnstätte von 75,000 Menschen binnen wenigen Tagen von der Sturmfluth der Erde gleich gemacht wird, ist jezt nur noch in einer ungarischen Stadt, wie Szegedin  , möglich, deren kaum metertief gefestete Häuser, von blos an der Luft getrockneten Lehmziegeln gebaut, von allen vier Seiten frei in breiten ungepflasterten Straßen stehen. Was dem Wogenprall wider­stand, drückte das entfesselte Element mit seinen feuchten Armen wie Brei zusammen. Das konsistente Material der steingemauerten Regierungs­gebäude wankte und stürzte ebenfalls zuſammen, weil der lockere Unter­grund, vom Wasser gierig vollgesogen, jeden Halt verlor. Zur Erklä rung der Bodenbeschaffenheit der ungarischen Tiefebene zwischen den Flüssen Donau   und Theiß   müssen wir das Buch der letzten Erdrevo­lution aufschlagen, denn was der gewaltige Theißstrom, das einzige Rinnsal der südlichen Karpathenabdachung, in den Zerstörungstagen voll­bracht, zumal die verheerende Wirkung seiner Inundations Gewässer ( die Wassermasse außerhalb des Flußbettes) erinnert geradezu an jene vorhistorische Hochfluth die vor verhältnißmäßig nicht allzulanger Zeit die Tiefebenen der Theiß   und Donau   bedeckte. Von dem Festlandboden Europas   ist jener der großen ungarischen Tiefebene, in deren Mitte Szegedin schußlos und kaum einige Meter über dem Normal- Niveau der Theiß   liegt, zweifellos der jüngste. Die weiten sarmatischen Steppen­flächen von den Karpathen bis zum Ural  , sowie die flachen Gestade­länder Norddeutschlands waren längst von den Seefluthen befreit, als im Stromgebiete der untern Donau   noch immer Meereswogen jenen Diluvialboden peitschten, auf welchem heute zahllose blühende Städte liegen, wogende Kornfelder mit unermeßlichem Erntesegen sich breiten und das Dampfroß nach allen Richtungen die einförmige, aber in ihrer Art gleichwohl malerische und vom feurigen Volksliede poetisch verklärte Ebene durchbraust. Das heutige ungarische Tiefland und die rumänische Ebene dürften in demselben Zeitraum von ihren Wassern befreit worden sein. Jedenfalls ging der Abfluß des Dacischen Meeres", dessen ein­stigen Seeboden   das heutige Rumänien   bildet, voran; die Gestade zunächst des Schwarzen Meeres   wurden trocken und an der bulgarischen Uferstufe( Dobrudscha  ) bildete sich ein Gewässer, ein Fluß, der aus­schließlich von jenen Bächen gespeist wurde, die einerseits in der hohen Balkankette, andererseits in den transsilvanischen Alpen Siebenbürgens  entsprangen. Wenn von einem Ursprunge dieses großen dacischen Flusses überhaupt die Rede sein kann, so dürfte er am sogenannten ,, Eisernen Thor" zu suchen sein, wo zwischen Bazias und Orsova   ein Knoten das Balkan  - und Karpathensystem verbindet. Dieser Gebirgsstock war ursprünglich der Riegel, welcher das ungarische Meer von dem rumä­nischen trennte. Als die unermüdliche Fluth die Felsenbarre durchsägte, erfolgte der Durchbruch durch jenes großartige Defilé, das heute den Namen ,, Kazan" trägt und leider heute noch zur Hochwasserzeit die Gewässer staut, daß sie rückprallend die Theißniederung als Springfluth bedecken. Daß das Eiserne Thor" für die enormen Wassermassen der Donau  , Theiß  , Save   und Drau zu schmal ist, haben alle Generationen zu ihrem Schrecken erfahren müssen, und doch niemals an die Abhülfe der Gefahr gedacht. Auch heute dürfen wir annehmen, daß die Kata­strophe, durch welche die Stadt Szegedin   vernichtet wurde, sich nicht so entsetzlich gestaltet hätte, wenn die Regierungsorgane nicht in einem unverzeihlichen Optimismus befangen gewesen wären. Der Regierungs­kommissär hatte keine Kenntniß von jener barometrischen Depression, die am 11. März sich bereits zeigte und das Herannahen eines Sturmes von Norden verkündete. Auf die Thatsache gestützt, daß ein momen­tanes Fallen des Wassers um 15 Centimeter eingetreten war, posaunte er in die Welt die trügerische Botschaft, daß Szegedin gerettet sei. Da kam der Sturm und wälzte mit der schäumenden Fluth über die Dämme die Leichen der Deicharbeiter in die Straßen der unglücklichen Stadt, deren Bewohner im Schlafe vom Verderben ereilt wurden. Nord- und südwestlich von den Wällen der Alföld und Staatsbahn gestaut, stürmte das Wasser durch die Rauchfänge in die verrammelten Häuser. So fanden Biele, durch die Fluth überrascht, ihren Tod, die sich gerettet hätten, wenn man ihnen die Gefahr rechtzeitig bekannt gegeben hätte. Rettungsboote waren so gut wie gar nicht vorhanden und die wenigen Fahrzeuge konnten in der Schreckensnacht den Weg nicht zu den ein­stürzenden Häusern finden, weil die Gasbeleuchtung von dem eindrin genden Wasser zerstört worden war. Die Verwirrung dieser angstvollen Stunden beleuchteten hie und da brennende Häuser, von ruchloser Hand angezündet. Von 10,000 Baulichkeiten sind 8200 eingestürzt, unter deren Trümmern man tausende von Leichen aufgefunden hat. Die immer wachsende und vom Sturm gepeitschte Fluth leckte dann an dem Hügel von Neu- Szegedin und Söregh, wohin sich die Ueber­lebenden gerettet hatten. Auch die Maros   und Körös, die in geringer Entfernung von Szegedin   in die Theiß münden, hatten ihre Ufer über­fluthet und bedrohten die Ortschaften Szentes, Hold- Mezö- Vasarhely und Czongrad. Die in unmittelbarer Nähe liegenden Dörfer Doroczma,

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