Syrische und Chaldäische mit der Verbreitung der griechischen Sprache durch Vorderasien in immer größerer Menge griechische Wörter über; lateinische, trotz der römischen Weltherrschaft, soweit man das bis jetzt beobachtet hat, nur wenn sie vorher bereits in das Griechische gedrungen waren. Einige von diesen gelangten sodann mit syrischen   Fremdwörtern zu den Arabern, und wenn Muhamed betet:" Führe uns die rechte Straße, die Straße derer, denen du gnädig bist!" so bedient er sich im Worte so bedient er sich im Worte sirata desselben aus dem lateinischen strata stammenden Wortes, wie wir Deutschen in dem Worte Straße, das eigentlich den mit Steinen belegten und gebahnten Weg bezeichnet. Durch die Er­folge des Islam wurden Sprachen verschiedensten Ursprungs in Asien   und Afrika  , weniger in Europa  , mit arabischen   Wörtern überfluthet. Nachdem das Persische dieselben massenhaft in sich aufgenommen hatte, drang es selber mit so großer Gewalt in das Türkische, daß dessen Wortschatz nun förmlich aus drei verschie denen Klassen besteht. Griechische Wörter und arabische Kunst­ausdrücke sind im Sanskrit, der alten Sprache der Indier, in beträchtlicher Anzahl nachgewiesen worden; für ersteres nennen wir die viel angeführten Beispiele: das griechische alopex, der Fuchs, welches indisch umgebildet lopaka, und kentron, der Mittelpunkt, welches kendra lautet. Wörter aus dem Sanskrit und seinen Dialekten Prakrit und Pali   finden sich im Tibetanischen, Chinesischen  , Birmanischen, ja, in den Sprachen der Südsee insulaner. Das Chinesische sehen wir in Japan   die einheimische Sprache überwuchern, in Tibet   in geringerem Grade. Der Kaiser Kien lung ließ im Jahre 1771 ein Wörterbuch der Mandschu­sprache ausgeben mit 5000 Wörtern, welche eingedrungene chine sische ersetzen sollten; dazu ward ein Gesez erlassen des Inhalts, daß jeder, der im Geschäftsverkehr ein solches verpöntes Wort schrieb, namentlich wenn es Gegenstände des täglichen Gebrauchs bezeichnete, sogar förperlicher Züchtigung als Strafe gewärtig zu sein hätte. Was dem gut national gesinnten Kaiser dieser Ukas genügt hat, wissen wir nicht, wir glauben, nicht viel.

III.

Im zweiten Abschnitt hatten wir die Geschicke unsrer deutschen Sprache in kurzen Zügen gezeichnet und bis zur Neuzeit herauf geführt. Wir hatten hingewiesen auf den besonders in neuester Zeit stark auftretenden Zug der Internationalität im Geistes­leben, andrerseits auf das früh auftretende, verächtliche Herab­blicken auf das Einheimische bei deutschen   Vornehmen und Ge­lehrten. Die Klage über die angebliche Unfügsamkeit der deutschen Sprache klingt uns auch in der Literatur entgegen von Offried bis Goethe, und es würde uns leicht sein, hierfür Zeugnisse zu häufen.

Jezt wollen wir eine Epoche in's Auge fassen, die wir im obgedachten zweiten Abschnitt eben auch nur andeuten konnten, die aber für unsern Gegenstand äußerst wichtig ist: nämlich das Zeitalter des dreißigjährigen Krieges und die derzeitige Literatur, die weniger poetisch Werthvolles, als sprachgeschichtlich Wichtiges bietet, was namentlich unsern Gegenstand berührt.

In jener trüben Zeit, da eine zügellose Soldateska, welche sich aus dem Abhub fast aller Nationen rekrutirte, mit Mord, Brand und Plünderung im Lande umzog, wo der zum Räuber entartete Landsknecht   seine Orgien auf deutschem Boden feierte, in jener Zeit der tiefsten Erniedrigung und Schmach, in welche der Deutsche  , namentlich der Volksfreund, nur mit größtem Summer und unsäglichem Weh zurückzublicken vermag, in jener Zeit geschah auch der deutschen Sprache die ärgste Gewalt. Dieses allgemeine Stelldichein der Völker, bei dem auf deutschem Grund und Boden Italiener, Spanier  , Franzosen, Engländer, Schott länder, Schweden  , Norweger   und auch wohl slavische Elemente ihr unheilvolles Wesen trieben, wo die deutschen Gauen wider hallten von einem Gewirr verschiedener Sprachen, welches viel leicht nur mit jenem ersten Pfingstfest der schon stark mit sagen haften Zügen ausgeschmückten Geschichte der christlichen Kirche verglichen werden kann, bei dem Parther  , Meder, Elamiter, die Bewohner von Judäa  , Mesopotamien  , Kappadozien, Pontus und Asien  , von Phrygien  , Aegypten  , von den Enden der Lybien bei Cyrene, Kreter und Araber zusammenkamen, in dieser Zeit bewährte die deutsche Sprache ihre unverwüstliche Lebenskraft: wenn sie auch viel erleiden mußte und unzählige fremde Körper in ihren Leib eingesprengt wurden, veränderte sie drum doch den innersten Stern ihres Wesens nicht: sie überdauerte die gewaltige Sturmfluth!

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Die Gelehrten sprachen und schrieben in ihren Verhandlungen, in ihren Veröffentlichungen und Briefen, die ja leider nur für die Standes- und Berufsgenossen berechnet waren, lateinisch; selbst die deutsche   Muse trat in dem lateinischen Gewand auf, welches in Schnitt und Fassung gestaltet war nach dem Mnster der lateinischen Autoren der verfallenden Literatur des in Despotie ausartenden römischen Kaiserreiches, welches immer mehr einem Scherbenberg und Kehrrichthaufen ähnelte. Die Sprache des Rechts und der Gesetzgebung war die lateinische, lateinisch waren in der Mehrzahl die Gebete und Predigten, welche in den Kirchen und auf den Straßen widerhallten, nachdem die blutige kaiserlich­katholische Restauration und Gegenreformation die demokratischen Errungenschaften des Protestantismus zunichte gemacht hatte, der seine praktisch politischen, fortschrittlichen Strebungen verleugnete und die Ernst machenden Theile des Volkes nicht nur im Stiche ließ, sondern sie selbst grimmig anfeindete. Im J. 1558 hatte ein venetianischer Gesandter die Katholiken Deutschlands   auf den zehnten Theil des Gesammtvolkes veranschlagt, zur Zeit des West­phälischen Friedens hatte der seiner Aufgabe untreu gewordene Protestantismus   über die Hälfte seines Machtkreises und seiner räumlichen Ausdehnung verloren.

Die Sprache der Diplomatie war neben der Sprache Italiens  , welches durch seine ränkevollen Geschäftsträger diese Kunst der Lüge erfunden und in ein System gebracht hatte, das Französische, das mit Geschick das Gewebe da fortsetzte, wo es die Italiener hatten stehen lassen.

Die Kriegskunst, in der italienische Condottieri eine große Rolle spielten, brachte eine Unmasse fremder, meist romanischer Worte und Wendungen mit sich.

Ein neues Element, welches mithilft, die deutsche   Zunge zu verderben, tritt jetzt in's Leben. Die fliegenden Blätter und ,, newen Zittungen" verwandeln sich allgemach in regelmäßig wiederkehrende Zeitungen. Berichte über die einzelnen Szenen des tollen Herensabbaths, der sich blutig auf deutscher   Erde ab­spielte, füllten diese Blätter, und jene Fremdworte der Diplomatie und der romanischen Kriegskunst wurden durch sie gefestigt und in aller Leute Mund gebracht: sie wurden allgemein umlaufende Münze. In einem Werke jener Tage wird ein Buch besprochen, betitelt ,, Der Sprachverderber", und von ihm gesagt, daß es nicht ohne Vrsach auch vber die Zeitungs- Schreiber entrüstet sei, daß sie so vngezwungen vnd vngetrungen die teutsche Sprach muthwilliger weiß verderben. Dann, lieber, wem schreiben sie die Zeitungen zu lesen? Nicht den Franzosen  , dann sie das Teutsche, so darinnen, in ihrer Sprach nit leiden, massen ihnen alle Zeitungen ganz französisch seyn müssen; nicht den Italiänern, nicht den Spaniern: sondern es geschieht dem ehrlichen Teutschen zu lieb. Aber was ist das, da so viel Französisch, Italiänisch  , Spanisch darinnen, daß solches kein Teutscher verstehen kan, vnd ist gewiß, welcher nicht auch in Französischem oder Italiänischem weis, daß derselbe kein Zeitung Verstehen kan."

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Die Hauptsturmfluth der Fremdwörterüberschwemmung kam von Frankreich   her. Dessen lange aufrecht erhaltene politische Uebermacht, das hohe Ansehen seines großen Ludwig und des glänzenden versailler Hofes waren die Hauptgründe; dazu kamen aber noch die überlegene Literatur des französischen  , goldenen Zeitalters" und die bedeutenden wissenschaftlichen Leistungen großer Gelehrter, welche als Lente von gutem Geschmack mit reichem Wissen das Talent verbanden, in populärer und anmuthiger Darstellung die Ergebnisse ihrer Arbeiten vorzutragen, sodaß sie allgemein wirkten, während in Deutschland   die krasseste Geschmacklosigkeit herrschte, das alles zusammen bedingte jenen ungeheuren Einfluß der französischen   Kultur im allgemeinen, der französischen   Sprache im besonderen.

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Da, wo die Bedrängniß am größten ist, macht sich natürlich auch der stärkste Gegendruck geltend. Vor allen Dingen sind hier zu nennen die deutschen Sprachgesellschaften, wie der Palmen­orden, die sich in Deutschland   nach dem Muster der florentiner Academia della crusca bildeten, und wie diese die Reinhaltung und Pflege der nationalen Sprache sich zur Aufgabe machten. Die Mitglieder des Palmenordens sollten nach ihren Satzungen ,, vor allen die hochgeehrte Muttersprache in ihrem gründlichen Wesen und rechten Verstande, ohne Einmischung fremder, aus­ländischer Flickwörter, sowohl im Reden wie im Schreiben und Geschichten, auf's allerzier und deutlichste erhalten und ausüben; auch soviel möglich, insonderheit bei den Mitgesellschaftern ver hüten, daß diesem in feinem nicht möge zuwider gehandelt, viel­mehr aber gehorsamlich nachgelebt werden."