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fernungen nukbar zu machen, so bei der Durchbohrung des Mont- Cenis| elektro- dynamischen Maschinen zur allgemeinen elektrischen Beleuch­und des St. Gotthard's; allein immerhin ist die wirkliche Verwendung tung u. f. w. gegenüber der ungeheuren Verschwendung resp. Leistungsfähigkeit nicht viel höher als gleich Null zu setzen. Dieses Mißverhältniß hat wohl seinen Grund darin, daß die Erfindung der Dampfmaschine alle anderen Motoren vorerst zurückdrängte, allein es sollte immermehr zu einem idealen Verhältnisse gestaltet werden, Staaten und Gemeinden sollten keine Mittel und Opfer scheuen, um der Menschheit diesen Triumph der allgemeinen Naturbewältigung zu sichern. Die Gewalten sind fast un­vorstellbar in ihrer Intensität und ihrem Umfange, trete der Mensch nur heran und mache sie sich dienstbar.

Es wird dann eine Zeit kommen, wo die Natur alle mechanischen Arbeiten selbstthätig verrichtet und wo es dem Menschen nur über­lassen bleibt, die Maschinen zu erfinden und sie in ihrer Thätigkeit zu lenken und zu leiten. Die Thätigkeit aller thierischen Kraft wird immer mehr abgelenkt werden von der motorischen, sagen wir rohen Arbeits­leistung; die des Menschen speziell wird immer mehr vergeistigt und die der Thiere wird desgleichen zur Veredlung kommen.

Sie werden als Lastthiere weniger zur Benußung gelangen, da­gegen wird sich das ästhetische Moment der organischen Lebendigkeit zu immer größerer Vollkommenheit im gesellschaftlichen Leben entfalten. Indessen, so wie es hier nicht unsre Aufgabe ist, die Einheit aller Welt­und Naturvorgänge des weiteren zu ergründen, so kann uns desgleichen hier nicht die Aufgabe beschäftigen, den Einfluß des Maschinenwesens, weder nach der motorischen noch nach der rein kinematischen Seite hin, auf die Entwicklung des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens, sei es analytisch mit Rücksicht auf die Vergangenheit, sei es synthetisch im Hinblick auf die Zukunft, herzuleiten. Wir begnügen uns dieserhalb mit den bloßen Andeutungen, die immerhin schon dem Auge des denkenden Lesers eine nicht allzu verschleierte Perspektive enthüllen

werden.

Kommen wir nun, nach der theoretischen Anerkennung des Prin­zips der allgemeinen Umsetzbarkeit der Naturphänomene, zu der Kern frage, wie sich die Verwerthung der Wasserkräfte für gewerbliche Zwecke am ehesten praktisch gestalten läßt. Schon von andrer Seite ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß man zur Kraftübertragung sich des Kupferdrahtes nur auf ganz geringe Entfernungen bedienen kann, weil der Widerstand nach dem ohm'schen Gesetze so eminent mit der Länge der Leitung wächst. Für die Uebertragung der Wasserkräfte des Niagara­falles auf entfernte Strecken würde beispielsweise mehr Kupfer zu Leitungsstangen erforderlich sein, als sämmtliche Kupferbergwerke der Erde in vielen Jahren liefern. Es muß füglich von der allgemeinen Kraftübertragung durch Kupfertransmissionen abgesehen werden, wenn selbst die Herstellung der erforderlichen elektro- dynamischen Maschinen durchaus keine Schwierigkeiten verursachen würde. Wenn nun auch aus räumlichen und zeitlichen wie physischen Endlichkeitsmomenten die Differenzirung einer centralen Krafterzeugung bis zu einem gewissen Grade geboten ist, so bewegt sich immerhin doch die Centralisirung der selben, selbst noch für große Städte und ganze Stadtkomplexe inner­halb der Grenzen der Ausführbarkeit. Wir möchten diese Art der Kraftcentralisation in eine Linie stellen mit städtischen Wasserleitungen, Kanalisationen und Gasleitungen, zu welchen sich in jüngster Zeit noch die Centraldampfheizung gesellt.

Auffallend ist es, daß bei der Empirie des ersten Hauptsatzes der mechanischen Wärmetheorie die Wärme lediglich in mechanische Arbeit umgesetzt wird, während doch umgekehrt die Umsetzung von mechanischer Arbeit in Wärme ursprünglicher, historisch älter ist und von noch weit größerer Bedeutung sein dürfte. Indessen das Wichtigste und zugleich Einfachste scheint in der Natur immer zuletzt gefunden zu werden; so hat man z. B. schon längst die Kunst des perspektivischen Zeichnens, während man auf die Rekonstruktion der Perspektive erst sehr spät verfallen ist, und doch liefert das ursprüngliche Sehen lediglich perspektivische Bilder, weshalb die Vorstellung der geometrischen Ver­hältnisse eines Gegenstandes nur durch Rekonstruktion bewirkt werden fann. Erst ganz in neueſter Zeit ist auf die Bedeutung der Photo­grammetrie für das ganze Vermessungswesen aufmerksam gemacht worden, und findet man daher denn auch noch nicht mehr als nur ver­einzelte praktische Versuche, ohne eine allgemeine staatliche Unterstügung. Doch halten wir uns nicht weiter auf mit Parallelen. Als der Mensch zuerst durch das Aneinanderreiben zweier Hölzer, also durch mechanische Arbeit, das Feuer erzeugte, da fing für das ganze Geschlecht eine neue Kulturperiode an; hierauf entdeckte er die Umsetzung der Wärme in mechanische Arbeit, und es begann abermals für sein Geschlecht ein neues Zeitalter, es ist dies das Zeitalter des Dampfes, in dessen Segnungen wir leben.

Täuschen wir uns nicht, so wird nochmals ein solcher Umschwung hervorgerufen werden, wenn es gelingt, die natürlichen mechanischen Arbeitsleistungen in Wärme umzusetzen. Wir haben hier unseres Er­achtens den Kern der Umsetzungstheorie getroffen.

Seßen wir durch den Bau von Turbinen und Wasserrädern die Wasserkräfte durch irgendein Zwischenglied an Ort und Stelle in Wärme um, benutzen wir diese zur Dampfentwicklung und leiten wir den Dampf, umgeben mit schlechten Wärmeleitern, in die Städte, benutzen ihn hier zur allgemeinen städtischen Centralheizung, zu Arbeitsleistungen im Anschlusse an die vorhandenen Maschinen und machen ihn weiter nutzbar als Motor, sowie ferner durch das Bindeglied von kleineren

Die Verwendung solcher mit der nöthigen Spannung versehenen Dampfleitungen durch ganze Städte und Stadtbezirke ist eine unabseh­bare und in ihren Folgen für das Gemeinwesen kaum berechenbar. Ganz abgesehen von der Vermeidung der starken und kostspieligen Kupferleitungen, wird die Ersetzung des elektrischen Stromes durch eine Dampfleitung deshalb noch von Vortheil sein, weil die Verwendung sämmtlicher bestehenden Maschinen hierdurch gesichert erscheint. Wenn nun schon centrale Dampfheizungen mit Dampferzeugung durch Kohlen als für Städte rentabel und vortheilhaft erkannt werden, wie viel mehr wird dieses der Fall sein, wenn die lebendige Kraft der fließenden Gewässer an deren Stelle gesetzt werden kann. Durch Ver­bindung von Stau- und Wehranlagen zum Zwecke der Schiffbarmachung der Ströme und Flüsse mit diesen Ideen, wird es selbst möglich sein, die Gewässer von geringerem Gefälle in dieser Weise zur Ausnutzung zu bringen.

Russen und Engländer in Asien  .

( Schluß.)

Diese Vereinheitlichung ist bei dem Völkermosaik, welches den geo­graphischen Begriff Indien   bewohnt, kein leichtes Stück Arbeit. Das unter britischer Botmäßigkeit befindliche indische Reich hat ausschließlich der Eingebornen- Staaten einen Flächenraum von 899,341 ( englischen) Quadratmeilen mit 37,043,524 bewohnten Häusern und einer Bevölkerung von 191,096,603 Seelen. Der Flächenraum der Eingebornen- Staaten, die in einem ziemlich lockeren Vasallenverhältniß zu England stehen, beträgt 575,265 Quadratmeilen, mit einer Bevöl ferung von 49,161,540 Seelen. Die französischen   Besizungen in In dien haben einen Flächenraum von 178 Quadratmeilen und eine 271,460 Seelen zählende Bevölkerung. Der Flächenraum der portugiesischen Besitzungen beträgt 1086 Quadratmeilen und deren Bevölkerung 407,312 Seelen. Der Gesammtflächenraum von Indien   beträgt somit 1,475,870 Quadratmeilen mit einer Gesammtbevölkerung von 240,937,315 Seelen. Die Einkünfte von Britisch- Indien betrugen im Jahre 1878 58,969,301 Pfund Sterling. Diese unermeßliche Summe wird aber zu neun Zehn­theilen von der Verwaltung des Landes verbraucht.

Mit dem Uebergang der Landesverwaltung an die englische Krone nahm der Generalgouverneur den Titel Vizekönig an. Er muß immer auf der Hut sein, um die hochtrabenden Pläne der eingebornen Fürsten zu zerstören und durch umfassende Vorkehrungsmaßregeln die Völker vor dem alten Beiniger Indiens  , dem Hunger, zu bewahren. Durch die Parlamentsakte vom 29. April 1876, welche Königin Viktoria   zur Kaiserin von 240,000,000 Indiern erklärte, glaubte man das Ruhmes­bollwerk abgeschlossen, vergaß aber dabei, daß alles Menschenwerk Flick­werk sei. Die nordwestlich durch den Indus   von dem ostindischen Riesenreich geschiedenen Afghanen, ein Gebirgsvolk, das auf einer sehr niedrigen Stufe der sittlichen und staatlichen Entwicklung stehen ge­blieben ist, waren dazu ausersehen, theilweise aus Raublust, theilweise als Werkzeug der russischen Politik, die Engländer in Indien   nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Seitdem Afghanistan   im Jahre 1829 die beiden westlichen Provinzen Peschauer und Schikarpur an Indien   ver­loren hat, führt es unausgesetzt einen erbitterten Kampf mit England, dessen Hauptmomente wir anführen wollen, weil dieselben die Etappen zu dem zukünftigen Wettstreit Rußlands   und Englands um die Ober­herrschaft in Asien   sind.

Dost Mohammed  , der Großvater des jezt regierenden Khans von Afghanistan, Jakub, hat als Minister seinen Herrn Schah Sudschah vom Thron vertrieben und sich an seine Stelle gesezt. Das hätte weiter nichts zu sagen, weil so etwas in Ajien alle Tage passirt, aber die Engländer ergriffen für den Depossedirten Partei und zwar zu ihrem Verderben, denn von den 9000 Wann, welche am 21. April 1839 einmarschirten, kehrten am 13. Juli 1842 nur 270 zurück. England zahlte zwar diese Blutschuld mit Zinsen an Dost Mohammed   zurüc und hat seine soldatische" Ehre hergestellt, aber für immer die Freund­schaft seines Sohnes Schir Ali   verscherzt. Als echter Orientale bezog dieser Ehrenmann von England Unterstüßungsgeld auf die Dauer guten Verhaltens" und strich zugleich ansehnliche Summen von Ruß­ land   ein für geleistete Dienste". Eine russisch englische Grenzkommij sion hat dem doppelzüngigen Emir Schir Ali   einen bedeutenden Länder­zuwachs im Norden Afghanistans   dies- und jenseits des Gebirges Hindukusch   zukommen lassen. Dadurch glaubte man den russisch- eng­lischen Konflikt für eine zeitlang von der Tagesordnung gesezt zu haben. Das Jahr 1878 belehrte aber die alten Widersacher eines andern. Der abgefeimte Ränkeschmied, Schir Ali  , erklärte wegen eines nichtigen Grundes, wegen einer Etiquettenfrage, England den Krieg und als er von England gezüchtigt auf der Flucht starb, vermachte er theuerung der Treue einen für einen Besiegten ziemlich günstigen Frie seinem Nachfolger, Jakub Chan, seine Rache. Dieser schloß unter Be den, nur mußte er sich infolge des Traktates von Gundamad einen englischen Residenten in seiner Hauptstadt Kabul   gefallen lassen. Major Cavagnari, zu diesem gefährlichen Posten ausersehen, wurde am 6. August mit seinem Gefolge in Kabul   ermordet. Diese Schandthat zwang die Engländer von neuem, durch die für sie verhängnißvollen Khaiber­Bässe gegen Kandahar  , Dschellalabad   und Kabul   vorzurücken. Wäh­