-

Niger  , Congo und Zambesidistrikt eintheilen müssen. Denkt sich der Leser den afrikanischen Kontinent durch den Aequator der Breite nach und durch den Meridian, der beiläufig von Bengasi   zur Kapstadt   läuft, der Länge nach durchschnitten, so kann er sich die vier ungleichen Theile veranschaulichen. Wir fangen mit dem nordöstlichen Distrikt, dem Stromgebiet des Nil an, welcher einen Theil von Tripolis  , das alte Kulturland Aegypten  , Nubien  , Abessinien, das Hochland der schwar­zen Galla und Somaliſtämme, die Staaten Wadai, Darfur   und das noch völlig unbekannte Centralafrika, wo sich der Aequator und der von uns zitirte Meridian schneiden, umfaßt. Die Quellen des Nil, die die Gottheit Isis nach der alten Sage mit ihrem Schleier verhüllte waren der Angelpunkt aller Expeditionen. Selbst der Krieg, der sonst die Wissenschaft nicht begünstigt, hat zur Aufklärung der geographischen und ethnographischen Verhältnisse dieses Distriktes beigetragen. Zu­erst war es, wie oben schon bemerkt, Kaiser Napoleon   mit seinem ver­unglückten Zuge nach Aegypten  , dann Aegyptens   Vizekönig Mohammed Ali mit seinen Beutezügen nach Nubien   und schließlich die Engländer durch den Krieg mit König Theodor dem Zweiten von Abessinien, welche die Küstenländer des Rothen Meeres derart aufschlossen, daß der Herzog Ernst von Koburg- Gotha einen Jagdzug dorthin unternehmen fonnte, ohne auf Gefahren zu stoßen. Desto mehr Menschenleben ver­schlang die Entdeckung der Nilquellen.

143

Auf die kartographischen Aufzeichnungen, welche der Schotte Bruce ( 1768-1773), und der Engländer Salt( 1804-1805) in den Küsten­ländern des Rothen Meeres gesammelt hatten, gestützt, arbeiteten Gobat, Rüppell, Schimper, Becke, Johannes Roth, der Maler Ber­naz und die Missionäre Isenberg, Krapf, Sapeto, Rocher von Héricourt   weiter. Die Wüsten des mittleren Nil bereiste der von der Londoner Afrikanischen Gesellschaft ausgesandte, ebenso fühne, wie zähe Deutiche Burghardt( 1816). Die von dem ägyptischen Vize­tönig Mohammed Ali ausgerüsteten Expeditionen, geführt von Linant, dem Entdecker des Weißen Nils( 1827), Russegger und Werne  , drangen bis Fasogl, Kordofan und Bari   vor. Im Beginn der fünf­ziger Jahre brachten drei Deutsche  , zu Mombas an der Ostküste an­gesessene Missionäre, Krapf, Erhardt und Rebmann, die viel angezweifelte, später aber glänzend bestätigte Angabe, daß es unter dem Aequator hohe Schneeberge und westwärts davon große Seen gebe, die schon zu den Zeiten des Ptolemãos als Reservoire des Nils galten. Burton und Speke   brachen 1857 von Bansibar( Hafenort am Indischen Ocean unter dem 6. Grad südlicher Breite) auf, drangen unter großen Mühseligkeiten in das Innere und fanden die beiden großen Seen Tanganjika   und Ukerewe. Auf einer zweiten Reise ge­lang es Speke, in Gemeinschaft mit Kapitän Grant( Oktober 1860) die Länder am Ukerewe zu bereisen und von da nordwärts der Rich­tung des Nil folgend, am 30. März 1863 Chartum zu erreichen. Das große Problem war theilweise gelöst, der Ukerewe oder Viktoria Nyanza als Quellsee des Nil nachgewiesen.

-

Nyanza  , diese gewaltigen Sammelbassins der Nilgewässer, von Missio nären, Sklavenjägern und Elfenbeinhändlern wimmelt, folglich die weißen Gesichter nicht mehr zu Seltenheiten gehören, ist es doch noch niemanden gelungen die Urquellen des Nils zu entdecken. Um dieſes vieltausendjährige Problem zu lösen, haben die Engländer Samuel Baker   und der Deutsche   Georg Schweinfurth   verschiedene Wege, leider beide ohne Erfolg, eingeschlagen. Ersterer, im Jahre 1869 vom Vicekönig von Aegypten   zum Pascha ernannt, zog mit Militärmacht und von Ingenieuren begleitet nach dem Albert- Nyanza aus und er­oberte für Aegypten   die im Jahre 1860 von ihm besuchten Gegenden. Nach vierjährigen Strapazen, denen seine halbe Armee erlegen ist, kehrte er zurück und brachte die überraschende, leider nur auf Aussagen der Eingeborenen beruhende Kunde mit, daß der Albert- Nyanza und der Tanganjikasee zusammen ein einziges ungeheures Wasserbecken bilden. Der französische   Gelehrte Le Saint, der 1867 in Abakufa dem Fieber erlag, und ein italienischer Handwerker Carlo Piaggia  , der bis zum Aequator vorgedrungen ist, haben noch einen vierten Nilsee entdeckt. Der deutsche Botanifer Georg Schweinfurth  , der sich die Erforschung der Nilflora zur Lebensaufgabe gestellt hat, brachte vier Jahre in den Küstenländern des Rothen Meeres zu, bevor er sich im Jahre 1868 einer Karawane von Elfenbeinhändlern anschloß. Mit derselben durchstreifte er die Landschaften der Djur, Dor und der menschenfressenden Niam- Niam. Im Jahre 1871 drang er bis zum 3. Grad nördlicher Breite, fand in Uelle den westlich dem Tschadsee zufließenden Sari, entdeckte das Zwergvolk der Acka, sowie einen neuen menschenähnlichen Affen, aber die Urquellen des Nils ent­deckte er doch nicht.

Diejenigen Afrikareisenden, welche auf den zweifelhaften Ruhm, die Quellen des Nils zu entdecken, nicht reflektiren, nehmen ihren Aus­gangspunkt von den Mittelmeerhäfen Tripolis   und Bengasi  , um durch die Wüste Sahara   direkt ins Innere Afrikas   zu gelangen. So ver fuhren Denham, Clapperton, Oudney, Lyon  , Beechey, Barth, Richardson, Vogel, Overweg, Mircher, Alexandrine Tinné  , Nachtigal  , Beurmann und Rohlfs. Mehr als die Hälfte der eben angeführten Reisenden fielen der schwarzen Begleitung zum Opfer. Rohlfs ist dem Tode, wie dem Frankfurter   Hochstift im November 1879 gemeldet wurde, mit genauer Mühe und Noth entronnen. Er und sein Reisegefährte Dr. Stecker von Wien   nebst ihrem europäischen Begleitern sind auf ihrem leider allzulange verzögerten Wege nach Wadai von den zu ihrem Schnße von Bengasi   mitgenommenen eingeborenen Leuten verrätherisch überfallen und völlig beraubt und ausgeplündert worden. Die Schurken schenkten den Reisenden und ihrer Begleitung nur unter der Bedingung das Leben, daß die von ihnen in Bengasi   zurückgelassenen Geiseln, die der Pascha von Bengasi behnfs Gelderpressung eingekerkert hatte, wieder freigegeben würden. Mit Mühe retteten sich Rohlfs und Stecker nach der Dase Kufrah; seitdem sind dieselben unter großen Gefahren und Strapazen glücklich in Bengasi   angelangt und befinden sich jetzt bereits auf einem Dampfer, welcher sie nach Malta   bringt. Unter den ge­Samuel Baker, von der Geographischen Gesellschaft in London  mit der Unterstützung der beiden vorigen beauftragt, verfolgte Speke's   raubten Gegenständen befinden sich leider neben den sämmtlichen Be­Entdeckungen weiter und gelangte am 13. April 1863 von Gondokoro obachtungsinstrumenten auch alle Tagebücher und Aufzeichnungen der Reisenden außerdem die kostbaren, freilich viel leichter zu verschmer­( auch Ismaila genannt, ein Dorf am oberen Nil unter dem 6. Grad nördlicher Breite) aufbrechend, durch das Negerkönigreich Unyoro an zenden Geschenke, welche Rohlfs im Auftrage des Kaisers von Deutsch­den Luta Nzige, von ihm Albert Nyanza   genannt, das zweite große land an den Sultan   in Wadai überbringen sollte. Diese sind den Sammelbassin der Nilgewässer, dessen nordöstliche Seite er befuhr. Reisenden verhängnißvoll geworden. Das noch nicht genügend erklärte Ausbleiben dieser Schäße, welche nach Tripolis   gesandt waren und Auch er kehrte am 5. Mai 1865 glücklich nach Chartum   zurück. Der britische Konsul in Chartum  , Petherick, ging im Auftrage der Geo- ſtatt im Oktober 1878 erst im Juli 1879 antamen, hielten den Fort­graphischen Gesellschaft( 1862) westlich vom Weißen Fluß aufwärts, Speke und Grant entgegen, tam aber fünf Tage später als diese in Gondokoro an und die von ihm entworfene Karte hat sich später als fehlerhaft herausgestellt. Die mit bedeutenden Mitteln ausgerüstete, deutsche Expedition Theodor von Heuglins, an welcher auch Steud­ ner   aus Schlesien  , Theodor Kinzelbach aus Stuttgart  , Ludwig Hansal   aus Mähren   und der Gärtner Herm. Schubert aus Sachsen  theil nahmen und welcher sich in Keron Werner Munzinger anschloß, ging 1861 über Alexandria   und Massaua   bis an die Nordgrenze von Abessinien und das Hochland der Somali bis zum Bab el Mandeb   bei Aden   und kam erst im Juli 1862 nach Chartum   zurück, von wo die auf geradem Wege vorausgegangenen Munzinger und Kinzelbach be­reits vergebliche Versuche gemacht hatten, gegen Wadai vorzudringen. Da ein direktes Bordringen gegen Westen unmöglich war, wendeten sich die erstgenannten nilaufwärts, um sich zum Zuge nach Wadai mit der Expedition zu vereinigen, welche die Holländerin Frau Tinné   mit ihrer Tochter ausgerüstet hatte.

Nachdem das mörderische Klima Steudner  , Schubert, Frau Tinné  und mehrere ihrer Begleiterinnen hinweggerafft, fehrten die übrigen Ende 1863 nach Europa   zurück. Noch zwei andere Opfer hat die Er­forschung dieser Gegend gefordert, Adalbert von Barnim( Sohn des Prinzen Adalbert von Preußen), starb zu Rosèwes am Bahr el Azrek und der Hesse Wilhelm von Harnier, der in Condokoro auf der Büffeljagd ums Leben kam. Glücklicher wie die vorhergehen­den war der Wiener   Ernst Marno  . Bon 1869-1870 drang er am Blauen Nil   aufwärts. Von Fasogl aus wandte er sich auf vor ihm von keinem Weißen betretenen Pfaden nach Süden, durchzog zuerst das Dar Beetat und kam bis Fadersi( 9. Grad nördlicher Breite). Später erforschte er den Bahr el Zoraf, einen der Nebenarme des Weißen Nil.   Obzwar es im letzten Jahrzehnt um den Viktoria und Albert­

-

schritt der Unternehmung viel zu lange auf. Inzwischen wurde die Bedeutung der Reise und das Gerücht von den Kostbarkeiten, welche von den Deutschen   mitgeführt wurden, im Lande viel zu bekannt, ver­muthlich noch übertrieben und weckte so die unbändige Raubsucht, wel­cher in Afrika   nichts widersteht. Während wir dieses schreiben, bringt der Telegraph die Hiobspost von Tripolis  , daß der dritte Begleiter Rohlfs', der deutsche Gelehrte Leopold von Schiller, der auf eigene Faust nach Bornu vordringen wollte, auf der Reise dahin ausgeplün­dert und erschlagen wurde. Es gibt nur ein Mittel, um dort un­gefährdet zu reisen, und dieses ist die Mittellosigkeit. Rohlfs hat dies bei seiner ersten, vollständig auf sich selbst gestellten kühnen Afrika­wanderung am besten bewiesen. Jeder Besiz, selbst der von Instru­menten, ist nur ein Reiz für die Raubsucht. Alle Afrikareisenden, welche mit auffallender Ausstattung auftraten, fielen der Raublust der Ein­geborenen zum Opfer, so die Holländerin Alexandrine Tinné   und der Sachse Vogel. Hoffentlich trägt das Scheitern des letzten Wagnisses zu der Erkenntniß bei, daß das offizielle Brimborium den Afrikanern nicht imponirt, wenn es sich nicht auf Bewaffnete stüßen kann, und daß die Erforschung und Erschließung Afrikas   mehr durch Begründung von Handelsniederlassungen als durch Geschenke an die oft macht. losen Duodezregenten gefördert wird. ( Fortsetzung folgt.)

Gegenseitige Weihnachtsüberraschung.( Bild Seite 136.) Die Weihnacht ist ein Fest der Freude, ein eigentliches Familienfest, wobei es gilt, allen, die uns lieb und theuer sind, unsere Liebe zu bethätigen. Die Griechen und Römer feierten alljährlich ein Fest, an dem die Herren für einige Tage von der Höhe ihres Stolzes herabstiegen und ihre Sklaven bedienten, um sich solcherart ein wenig in menschlicher Demuth zu üben. Aehnlich diesen aufgeklärten Heiden der alten Welt