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und unterst, oben auf einem Aste hin oder unten an ihm weg. Was sie mit der Vorderhand nicht ergreifen können, fassen sie mit der Hinterhand oder die neuweltlichen Arten mit dem Schwanze, der als Steuer angewandt wird, wenn weite Sprünge gemacht werden sollen, aber auch sonst noch zu allem Möglichen dient. Bei den Neuweltaffen wird der Schwanz zur fünften oder besser zur ersten Hand. An ihm hängt sich der ganze Affe auf und wiegt und schaukelt sich nach Belieben, mit ihm holt er sich Nahrung aus Spalten und Rizen, ihn benuzt er als Treppe für sich selbst; er dient anstatt der Hängematte, wenn sein Eigner Mittagsruhe halten will.

Was das gesellige Leben unserer Tiere anbelangt, so führen nur wenige Arten ein Einsiedlerleben, die meisten schlagen sich in Banden zusammen, von denen jede ihren festen Wohnsiz wählt. Das stärkste männliche Mitglied einer Herde wird Zugführer oder Leitaffe. Derselbe genießt unbedingten Ge­horsam in jeder Hinsicht und übt sein Amt mit großer Würde aus. Von den Untergebenen wird ihm in jeder Weise ge­schmeichelt. Selbst das zarte Geschlecht bemüht sich, ihm die höchste Gunst, die ein Affe gewähren kann, zu bezeigen. Es beeifert sich nämlich, dem in Ehrfurcht geliebten Oberhaupt das Haarkleid von den lästigen Schmarozern möglichst rein zu halten und er läßt sich diese Huldigung mit dem Anstand eines Pascha, gefallen, dem seine Lieblingssklavin die Füße kraut. Dafür jorgt er aber auch treulich für die Sicherheit seiner Untergebenen und ist daher in noch größerer Unruhe als sie. Nach allen Seiten hin sendet er seine Blicke, feinem Wesen traut er, und so entdeckt er auch fast immer rechtzeitig eine etwaige Gefahr.

Nicht alle Affen flüchten vor Feinden; die Stärkeren stellen sich vielmehr selbst furchtbaren Raubtieren und dem noch ge­fährlicheren Menschen kühn zur Wehr. Die größeren Affen, zumal die Paviane, besizen in ihren Zähnen auch so furchtbare Waffen, daß sie es mit einem Feinde wohl aufnehmen können. Die Weibchen lassen sich nur, wenn sie sich ihrer Haut wehren oder ihr Junges verteidigen müssen, in Kämpfe ein; dann aber zeigen sie verhältnismäßig eben so viel Tapferkeit als die Männchen. Die meisten Affen kämpfen mit Händen und Zähnen, sie krazen und beißen, manche Arten kämpfen auch mit Stöcken, besonders mit abgebrochenen Baumästen und schleudern Steine, Früchte, Holzstücke und dergleichen von oben herab auf ihre Gegner. Die beispiellose Wut der Affen, welche deren Stärke noch be­deutend steigert, kann auch dem Menschen gefährlich werden und sie nimmt dem Feinde nur zu häufig die Gelegenheit, ihm einen entscheidenden Schlag beizubringen.

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mit unverkennbarer Deutlichkeit vorgeführt und zugleich gezeigt, wie äußerst notwendig es ist, daß der Mensch in seinem eigenen Interesse für die Erhaltung der ihm nüzlichen Geschöpfe Be­dacht zu nehmen hat.

Die Naturgeschichte teilt die mannigfaltigen Arten der Affen ( Handtiere, Primates) ein in Affen und Halbaffen. Die Affen im eigentlichen Sinn gliedern sich in drei Gruppen. Die erste Gruppe umfaßt die Affen der alten Welt, deren wissen­schaftlicher Name Catarrhinae  ( Schmalnasen) sie als Tiere bezeichnet, deren Nasenlöcher sich nach unten öffnen. Sämmt­fiche Affen unseres Bildes gehören dieser Gruppe an, welche wiederum in mehrere Familien zerfällt. Unter diesen steht die Familie der Menschenaffen( Anthropomorphae), als die menschenähnlichste obenan. Die Glieder dieser Familie sind schwanzlos, haben ein nacktes, menschenähnliches Gesicht und einen mit langen grauen Haaren besezten Leib. In drei Sippen verzweigt sich diese Familie: 1) Schwarze Menschenaffen ( Troglodytes), mit höchstens bis zu den Knöcheln reichenden Vordergliedern und dreizehn Rippenpaaren. Ihre Heimat ist Afrika  . 2) Note Menschenaffen( Simia), in Ostindien heimisch, mit verlängerten Armen und zwölf Rippenpaaren. 3) Gibbons( Hylobates), schwanzlose, asiatische Baumaffen, mit außerordentlich langen Armen und Händen und kleinen nackten Stellen am Hintern. Die 1. Sippe wird durch drei Arten repräsentirt, durch den Gorilla, den Schimpanse und den Tschego. Den ersteren erblicken wir auf unserem Bilde.

Der Gorilla ist der größte und mächtigste Menschenaffe, der in aufgerichteter Stellung bis 1,65 Meter erreichen kann. Die große Schulterbreite, die kolossalen, mit riesigen Daumen bewehrten Hände und das diabolische Gesicht geben diesem her­tulischen Affen ein wahrhaft furchterregendes Aussehen. Der junge Gorilla hat einen rundlichen Kopf mit ziemlich gewölbter Stirn, ausgeprägten Augenbrauenbogen, glatter Nase, großem Maul, sehr menschenähnlichen kleinen Ohren, mächtige Brust und Glieder und einen stark vorgetriebenen dicken Bauch. Die derbe Haut schlägt überall weite Falten, auch auf der Stirn, so daß der Ausdruck des Gesichts wie Karl Vogt   sagt, etwa der eines alten nachdenklichen Negers ist. Bei dem alten Männ­chen, weit mehr als beim Weibchen, entwickeln sich das Gebiß und die Leisten des Schädels in furchtbarer Weise, wie dies unser Bild zeigt. Der Nacken des alten Gorilla ist ein wahrer Stiernacken, die Brust gewölbt, der Bauch, wenn auch nicht so dick wie bei den jungen, immerhin ansehnlich. Die Glieder sind gewaltig muskulös, Hände und Füße dem Menschen am ähn Wie hoch die Affen ihr Alter bringen, fann nicht genau lichsten. Das Vordergesicht ist nackt, die überall schwärzliche angegeben werden, doch darf man annehmen, daß die größeren Haut mit schlichten grauen Haaren besezt, die einen schwachen Arten einige vierzig Jahre alt werden können. Bei uns zu Backenbart und einen mäßigen Schopf auf Scheitel und Nacken Lande leiden alle außerordentlich von dem rauhen Klima. Die bilden. Der Gorilla lebt in den dichtesten Waldungen der West­Kälte drückt sie sehr, verstimmt sie und macht sie still und füste des tropischen Afrika   nahe am Gabun  , läuft gewöhnlich traurig. Gewöhnlich bekommen sie auch bald die Lungenschwind- auf allen Vieren, erklettert leicht Bäume, auf welchen er sich sucht, der sie bald erliegen. Ein kranker Affe ist eine rührende aus Zweigen und Blättern Ruhestätten baut und nährt sich Erscheinung. Der arme, sonst so lustige Bursche sizt traurig von Früchten, Blättern und einer besondern in Büschen wach­und elend da und schaut den Menschen kläglich bittend, ja senden Grasart. Das gewöhnliche Geschrei ist kläglich, das wahrhaft menschlich in das Gesicht. Je mehr er seinem Ende Wutgeschrei gleicht dem Brüllen des Tigers. Die Geschichte zugeht, um so milder wird er; das Tierische verliert sich ganz des Gorilla ist mit vielen Fabeln durchwebt, und manche Schil­und gar und eine edlere Seite seines Wesens tritt immer heller derungen scheinen stark mit Jägerlatein versezt zu sein, auf das hervor. Er erkennt jede Hilfe mit größtem Danke und sieht sich die farbigen Waidmänner noch besser zu verstehen scheinen, bald im Arzt seinen Wohltäter. Man hat oft beobachtet, daß als die weißen. Indessen werden wir wohl der Schilderung Affen, denen einmal ein Aderlaß verordnet war, wenn sie sich Brehms Glauben schenken dürfen, welche den Gorilla als einen wieder krank fühlten, dem Arzte immer gleich den Arm hinder furchtbarsten Bewohner tropischer Waldungen darstellt. Unsre hielten.

Doch es ist Zeit, daß wir uns zu den Affen unseres Bildes wenden, das der im Verlag von Brockhaus in Leipzig   seit etwa Jahresfrist in Lieferungen erscheinenden Illustrirten Natur­geschichte der Tiere" von Ph. L. Martin entlehnt ist, einem bortrefflichen Werke, dessen Tendenz es ist, ein bisher von faſt allen Lehrbüchern der Naturgeschichte vernachlässigtes Feld, näm lich die Praxis der Tierkunde, die Nuzanwendung für das praktische Leben, zu kultiviren. Der Lebenszweck des Einzel­wesens für seine Bestimmung im Haushalt der Natur wird uns

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Leser wissen aus einem der früheren Jahrgänge der N. W." noch näheres über dieses interessante Tier.

Ganz anders geartet ist der Vertreter der roten Men­schenaffen, den wir auf unserem Bilde sehen, der Orang­Utang, welchen viele unserer Leser als einen guten Bekannten vom Tiergarten erkennen werden. Er lebt in den sumpfigen Tiefwäldern und Dschungeln der Insel Borneo  , seltener auf Sumatra  . Der Reisende, der die Urforsten dieser Inseln durch­streift, gewahrt überrascht, ja erschreckt, die ins Dickicht zurück­tretende ernstblickende Gestalt mit langem Kinnbart und fast