Jwan der Schreckliche, dessen Beiname alles besagt, es für gut, von seinen Ständen die Erlaubnis zur Fortsezung seines Kriegs mit Polen und Lithauen zu verlangen.
Der eigentliche Bau des Kreml wurde im Jahre 1300 begonnen. Zunächst wurde der Kreml das Zentrum des Widerstandes gegen die Mongolen, deren Herrschaft etwa siebzig Jahre dauerte und denen Rußland einen Zins zahlen mußte. Sodann aber wurde der Kreml der Hort aller Bestrebungen, die auf die Beseitigung aller Freiheit und Selbständigkeit im Innern hinausliefen. 1367 wurde der Kreml mit steinernen Mauern versehen. Schon seit 1328 war Moskau der Siz des Großfürstentums von Rußland . Dieses Großfürstentum fonnte aber nicht zur Entfaltung gelangen durch die vielen innern Kämpfe, welche Rußland verwüsteten, und durch die Sonderbestrebungen der einzelnen mächtigen und einflußreichen Geschlechter. Diese stritten sich um die Herrschaft und es kamen jene Katastrophen, die sich an das Aufstreben der einzelnen Herrschergeschlechter Inüpften, das Auftreten der vier falschen Demetrius, der Einfall der Polen u. s. w. Die Polen hatten zwei Jahre den Kreml besezt gehalten; 1611 mußten sie ihn verlassen.
Bei diesen Kämpfen waren von Bedeutung einzelne unabhängige Städte, die sich auf alte Privilegien stüzten, vor allem die Handels- und Kaufmannsrepublik Nischnei- Nowgorod, die in ihrer Freiheit zu hoher Blüte gelangt war. Diese Stadt war ähnlich angelegt wie unsere berühmten Hansestädte; sie stand in der Tat mit der Hansa in Verbindung und ihre Mauern schlossen ein reiches, freiheitsstolzes und troziges Bürgertum cin, das sich unter die Macht der Großfürsten nicht beugen wollte. Daher die langwierigen Kämpfe zwischen der Macht des Kreml und der Republik Nowgorod, die bis ins 16. Jahrhundert dauerten. So lange die Republik Nowgorod in Blüte war, konnte das absolute Herrschertum im Kreml nicht zur Blüte gelangen. Endlich gelang es Jwan dem Schrecklichen, den selbst die gemäßigtsten Geschichtsschreiber als ein Scheusal bezeichnen, Nowgorod zu vernichten; er überfiel die Stadt 1570 und ließ 60000 Einwohner morden. Die Republik war zer stört, allein Rußland war so entkräftet, daß die Tartaren schon ein Jahr nachher bis Moskau vordrangen und die Stadt bis auf den Kreml eroberten.
Erst nach der Zerstörung Nowgorods begann sich das Zaren tum im Kreml zu der Machtfülle zu erheben, mit der es Ruß land beherrschen sollte. Der Mannsstamm Rurits starb aus; es folgten Jahre blutiger Kämpfe, bis 1612 die Romanows zum Trone gelangten, den sie bis heute behalten haben, obschon der Mannsstamm der Romanows auch schon 1730 erloschen ist. Mit Peter I. begann in Rußland eine neue Epoche; es wurde dem russischen Barbarentum jener europäische Firnis übergestrichen, der heute noch das Wesen aller von oben in Ruß land eingeführten modernen„ Civilisation" ist. Unter Peter I. feierte der Despotismus im Kreml noch einmal alle Orgien, die sonst nur von einer wüsten Phantasie ersonnen werden fönnen, und man sah den Zaren bei dem großen Ausstand der
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Strelizen von 1698 selbst und eigenhändig dem Amt eines Scharfrichters obliegen.
1714 wurde die Residenz nach dem neuerbauten Petersburg verlegt. Aber der Nationalrusse betrachtet Moskau noch immer als die eigentliche Hauptstadt und der Kreml gilt immer noch als das Zentrum des russischen Reichs und als der Stüzpunkt der Zarenmacht.
Nach Peter I. kam jene Periode der„ Revolutionen von Oben", die mit der Ermordung Pauls I. abgeschlossen wurde, eine traurige Periode, denn auch die Regierung der geistreichen und ausschweifenden Katharina II. war für Rußland ein nur nach Außen glänzendes Elend. Aber es begann der große Kampf mit dem Westen. Rußland kämpfte mit Preußen, mit Polen und zog gegen die französische Revolution zu Felde. Es kamen dann die späteren Verwicklungen, die zur Folge hatten, daß Napoleon I. sich von seinem Ehrgeize verleiten ließ, mit einer halben million Soldaten in Rußland einzufallen. Am 14. September 1812 3og er in Moskau ein und nahm seine Wohnung in dem alten Kreml . Allein schon am folgenden Tage brach jene große Feuersbrunst aus, die offenbar von dem russischen Gouverneur Rostoptschin in Szene gesezt worden war und bei der von über 9000 Häusern nur etwa 2500 übrig blieben; auch der Kreml brannte zum Teil ab und Napoleon mußte aus demselben flüchten. Da sich im Kreml ein Pulvermagazin befand, hätte leicht eine noch größere Katastrophe eintreten fönnen, allein man entging dieser Gefahr. Ende Oktober verließ Napoleon das verheerte und verlassene Moskau , um jenen Rückzug anzutreten, der sein Heer vernichten und seinen Sturz herbeiführen sollte. Moskau hatte vor dieser furchtbaren Katastrophe über 250 000 Einwohner; 1816 waren es erst wieder 166 000.
In diesem Kreml , der der Mittelpunkt so vieler düsteren und schrecklichen Ereignisse gewesen, hat auch die Krönung des Zaren Alexander III. stattgefunden, die wegen der inneren Zustände Rußlands so lange hinausgeschoben worden war. Man kennt aus den Schilderungen der Presse den orientalischen Lurus, der bei diesem Feste entfaltet wurde, ein Luxus, der keineswegs geeignet ist, dem ganzen Rußland ein glanzvolles Aeußere zu verleihen, sondern bei dessen Anblick sich jeder, der nur etwas denkfähig ist, fragen mußte: Was soll dieser Glanz in einem Lande, dessen Körper aus tausend Wunden blutet und von tausend Schmerzen durchwühlt ist.
Man hatte die Verkündigung einer Konstitution erwartet; sie ist nicht erfolgt; Rußland wird auf den bisherigen Grundlagen, die zu so unheilvollen Zuständen geführt haben, weiter regiert werden.
Nun, es scheint die historische Bestimmung des Kreml zu sein, das Zentrum des russischen Absolutismus zu bilden. Der Absolutismus gedeiht in diesen düstern Mauern, und wer wollte erwarten, daß licht und glänzend ein Freiheitsstrahl aus demselben hervorbrechen sollte! Hier blüht die Freiheit nicht und diese Mauern werden finstere und drohende Zeugen von der W. Bl. Knechtschaft Rußlands sein, so lange sie stehen.
bleibe ledig.
Novellete von Enrico Castelnuovo.
Ich erspare Dir die Beschreibung der drei Tage voller Qual, die der Abreise des Doktors folgten. Ich wollte mich nicht in irgendwelche Hoffnungen einwiegen, ich wollte alles als beendet ansehen und doch gaufelte mir wieder meinen Willen der Gedanke an einen Schicksalswechsel vor dem Geiste. Wenn der Doktor recht hätte! Wenn die Ursache für Umbertos Kälte eine nur vorübergehende war, wenn es sich nur um eine Geldverlegenheit handelte, wenn es sich um einen Irrtum handelte, den er nur verbergen wollte! Wenn ich meinem Bräutigam gegenüber die Tugend des Verzeihens üben und ihn mir durch Zärtlichkeit, durch Nachsicht wieder nahebringen konnte! Wenn er vor mir erschiene, zusammen mit dem guten, dem trefflichen
( Schluß.)
Asolani, und zu mir spräche:„ Emilia, vergiß den häßlichen Traum, den ich dich habe träumen lassen, ich bin für immer dein, bin dein, wie damals, als du mich unter so vielen wähltest, die dich gern mit dem Namen, Braut' hätten begrüßen mögen!" ... Oh! Wie glückselig würde ich gewesen sein!...
Im Hause wehte eine Luft allgemeiner Verstimmung. Der Papa wanderte auf und nieder, von seinem Zimmer bis in den Salon, streichelte mich von Zeit zu Zeit und brummite dabei: " Ich sehe nicht klar hierbei." Mein Bruder murmelte zwischen den Zähnen:„ Wenn ich nach Mailand gegangen wäre, hätte ich ihm zuerst aus Rücksicht auf meine Schwester ein Paar Ohrfeigen gegeben, aber dann hätte ich mich bei ihm für die