Kaiser Konrad III.   und der französische   König Ludwig VII.  , das Kreuz zu nehmen. Sie rüsteten um 1147 große Heere aus; bei dem deutschen   sollen sich 70000 gepanzerte Reiter befunden haben. Man kam aber nur bis Damaskus  ; die Treulosigkeit der Griechen und das Schwert der Sarazenen vernichteten die Heere beider Fürsten   und es kamen wenige zurück. 1187 eroberte der Sarazenensultan Saladin Jerusalem und befleckte sich nicht durch eine Niedermezelung der wehrlosen Einwohner, sondern nahm nur ein Lösegeld für die Gefangenen. Dieser orientalische Fürst zeigte überhaupt mehr Weisheit, Milde und wahre Ritter­lichkeit, als alle abendländischen Fürsten, die das Kreuz nahmen. Auf die Nachricht von der Eroberung Jerusalems   durch die Sarazenen nahm der deutsche Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Kreuz. Er war schon beim zweiten Kreuzzuge gewesen. Sein Unternehmen war das am besten vorbereitete; er brach mit 150000 Mann in Kleinasien   ein. Nach einigen siegreichen Schlachten ertrant er 1191 in dem Flusse Kalykadnus; sein Sohn Friedrich führte das Heer bis vor Akko  ( St. Jean d'Afre), wo auch er starb. Zu gleicher Zeit waren die Könige Philipp August   von Frankreich   und Richard Löwenherz  von England, sowie Herzog Leopold von Desterreich in Pa­lästina angekommen. Man eroberte 1191 Affo mit ungeheurem Verlust, allein die Heerführer gerieten in Streit, Philipp August  verließ Palästina und Richard Löwenherz   konnte troz seines großen Sieges bei Jaffa   und seiner Grausamkeiten das Land nicht gegen Saladin   halten. Nur ein Küstenstrich verblieb den Christen; aber Saladin   gewährte ihnen in seinem Reiche fast dieselben Rechte, wie sie die Sarazenen besaßen.

In Europa   konnte man sich über das Schicksal des heiligen Landes nicht beruhigen. 1204 fand der vierte Kreuzzug statt unter Balduin von Flandern  . Man kam, von den schlauen Venetianern ausgebeutet, nur bis Konstantinopel  , gründete nach Erſtürmung der Stadt das sogenannte lateinische Kaisertum und mußte es 1261 wieder aufgeben.

Im Jahr 1212 wurde von frommen Eiferern der sogenannte Kinderkreuzzug" in Szene gesezt. Man stellte die Be­hauptung auf, es würden durch die Unmündigen Wunder geschehen, und so machten sich denn 30000 Knaben und Mäd­chen auf, um teils elend umzukommen, teils von gewissenlosen Agenten als Sklaven verkauft zu werden.

Kaiser Friedrich II.   unternahm 1228 einen Kreuzzug, wobei er für die Dauer von zehn Jahren Jerusalem   durch Vertrag erwarb. Friedrich II.   befand sich im Kirchenbann und der Pabst war so freundlich, den Kaiser durch den Patriarchen von Jeru­ salem   und die Johanniter und Templer   den Sarazenen über­liefern lassen zu wollen. Der Sultan der Sarazenen war zu edelmütig, um diesen päbstlichen Verrat anzunehmen.

Nachdem 1244 die Egypter Jerusalem   erobert hatten, unter nahm Ludwig IX.  ( der Heilige") von Frankreich   noch zwei Züge. Auf dem ersten nach Egypten( 1250) wurde er gefangen und mußte sich loskaufen, auf dem zweiten nach Tunis  ( 1270) starb er.

1292 wurden in Palästina die lezten Besizungen von den Christen geräumt, und es fand sich kein Fürst zu einem Kreuz zuge mehr.

Man hat gegenüber dieser merkwürdigen Erscheinung einer Art von Völkerwanderung noch die Frage aufzuwerfen, ob diese großen Züge vom Westen nach dem Osten mehr Nuzen oder Schaden gebracht haben.

Wir sind der Meinung, daß der Schaden, den diese Züge gestiftet, ihren Nuzen weit überwiegt.

An nüzlichen und wohltätigen Folgen ist zunächst hervor zuheben, daß die Kreuzzüge die europäischen   Völker aus der alten Stabilität herausrissen und ihnen eine andere Gedanken­richtung gaben. Sie brachten eine Berührung aller nur mög lichen Nationen zustande und vermehrten die damals noch sehr geringen Kenntnisse von fremden Ländern. Man lernte neue Lebenseinrichtungen, neue Naturprodukte, neue Künste und Ge­

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werbe kennen und die Reste griechischer und römischer Kultur gaben neue Anregungen. Neue Handelsbeziehungen wurden eröffnet; man importirte Zucker und Seide aus dem Orient. Auch die Windmühle kam damals aus dem Morgenlande nach Europa  .

Aber die nachteiligen Folgen jener Bewegungen sind weit größer. Zunächst wurden die Länder, durch die sich jene Züge wälzten, auf lange Zeit hinaus verheert; es trat jener Zuwachs von Roheit auf, der jedem Kriege folgt, und man brachte aus dem Orient weniger an Schäzen, als vielmehr an Pest und Aussaz mit. Der Aberglaube stieg bis zu einer entfezlichen Höhe durch die hundert und tausend Wundergeschichten, die man aus jenen Feldzügen erzählte. Das Rittertum ward nicht ge­schwächt, wenn auch tausende von Rittern nach dem Orient zogen, sondern eher gestärkt durch den romantischen Schein, den ihm die Kreuzzüge verliehen, und in der Tat beginnt seine eigentliche Blütezeit erst nach den Kreuzzügen. Der Abgang so vieler Menschen brachte im Abendland bei der ohnehin dünnen Bevölkerung nur schlimme Folgen hervor, und der Wohlstand mancher Länder, soweit ein solcher vorhanden war, sank auf den Nullpunkt hinab, dazu bedenke man noch, wie sehr die Kreuz­züge die kirchliche Macht stärkten, daß sie der weltlichen an Macht und Einfluß oft weit überlegen war, und man wird zugeben, daß die durch die Kreuzzüge für Europa   erzielten Vorteile weitaus aufgewogen wurden durch die Nachteile dieser Unternehmungen.

Die Eroberungen in Asien   mußten wieder verloren gehen. Vollends das deutsche Element ließ sich schlecht auf den Drien­talismus pfropfen. Der Zauber der Heimat mag bei manchem im heiligen Lande doppelt stark erwacht sein, jener Zauber, der immer bestehen bleibt, ob die Heimat groß oder klein, schön oder unschön ist. Am besten hat dieser Empfindung neuerdings der Dichter Scheffel Ausdruck gegeben, der seinen Ritter Biterolf   aus Thüringen   vor Akko singen läßt:

" Kampfmüd' und sonnverbrannt, Fern an der Heiden Strand, Waldgrünes Thüringland, Dent ich an dich!

Feinden von allerwärts

Truzt meiner Waffen Erz, Wider der Sehnsucht Schmerz

Schirmt mich fein Schild.

Doch wie das Herz auch flagt, Ausharr ich unverzagt;

Wer Gottes Fahrt gewagt

Trägt still sein Kreuz."

Nur mag der Ritter auf Gottes Fahrt" in diesen schönen Versen etwas gar zu sanft erscheinen. Uhlands schwäbischer Ritter, der einen Türken bis auf den Sattelknopf spaltet, paßt schon besser in den Rahmen seiner Zeit.

Unsere Illustrationen, die dem Stift des gefeierten Künstlers Gustav Doré   entstammen und dem Werke des Geschichts­schreibers Henne am Rhyn: Die Kreuzzüge und die Kultur ihrer Zeit"( Leipzig  , A. G.   Bach) entnommen sind, veranschau­lichen uns vortrefflich jene bewegte Zeit. Die Manier Dorés ist ohnehin vortrefflich geeignet, über historische Szenen einen romantischen Schimmer auszugießen. Wir sehen auf der einen Illustration, wie der gewaltige Ruf: Gott   will es!" den Land­mann vom Pfluge, den Schäfer von der Herde hinwegreißt, um dem Kreuzheere zu folgen, und wie Weib und Kind trauernd zurückbleiben, die vielleicht eben so gern die elenden Zustände ihrer Heimat verließen; auf dem zweiten Bilde sehen wir, wie bei der Eroberung der festen Stadt Antiochia   der Fanatismus der Kreuzfahrer mit wildem Morden in die besiegte Stadt hineinbricht und alles dem Tode weiht; wie Frauen und Kinder von den Zinnen der Moscheen herab in die Lanzen der unten stehenden Kreuzfahrer gestürzt werden. Man wendet sich schau­dernd ab von dieser Mordszene und kann doch nicht dem wider­wärtigen Gedanken entrinnen, daß mit solchem Blutdurst die bizarrste Frömmelei Hand in Hand ging. W. Blos.