müßte ich Euch an meine Stelle sezen, was ja nicht angeht. Worauf der Jesuit: Ich bin auch Jurist und werde wohl einen andern Richter finden, wenn Ihr nicht richten wollt; ich sehe wohl, Ihr seid ein recht grober Ochse.... Diese Worte wiederholte er mehreremale, so daß viele Umstehende sie hörten.... Auf die protestantische Geistlichkeit hatten die Jesuiten   es ganz besonders abgesehen. Ein Rathausprotokoll z. B. erzählt: Als Prediger Geret an der Johanniskirche vorüberging, standen auf dem Kirchhof zwei Jesuiten   mit einer Anzahl von Schülern; Geret grüßte, doch die beiden brachen in Lachen aus und als der Prediger vorbei war, begannen die Schüler mit Schnee­ballen nach ihm zu werfen.( 22. Januar 1722.) Das evange= lische akademische Gymnasium an der Marienkirche im ehemaligen Franziskanerkloster hatte jahrhunderte alten Ruf. Noch immer studirten da Siebenbürger   und Kurländer aus alten Familien­überlieferungen her. Ein besonderes Gebäude gab den Aus­ländern Station. Die Jesuitenschule wuchs indessen rasch empor. Nicht nur der katolische Adel Westpreußens, Renegaten, wie oben geschildert, sondern auch hohe Würdenträger des Hofes, schickten aus fluger Politik und Berechnung ihre Söhne in diese Anstalt am Mittelweichselstrand. Jemehr die Stadt dort ver­polnischt wurde, desto schneller fiel das Niederweichselgebiet den Polen   als Reichsteil zu, während es bislang noch stets Aus­nahmestellung als Schuzland einnahm.... Die Jesuitenschüler waren wegen ihrer häufigen Exzesse bei der Bürgerschaft ge­fürchtet und gründlich verhaßt, sie gingen stets bewaffnet und zogen oft blank. Manchmal rotteten sich ihrer vierzig und mehr zum geschlossenen Kettenmarsch durch die Stadt, versperrten ganze Straßen, brachen unter die Spaziergänger vorm Tor und trieben im ganzen Weichbild ungestraft gemeinsten oft ekelhaft zügel losen Unfug. Die Landhäuser in den durch alle drei Schwedenkönige Gustav Adolf, Karl Gustav und Karl XII.   arg dezimirten, einst blühend schönen, garten- und weinbergreichen Borstädten wurden förmlich belagert und arg mitgenommen. Oft kams dann mit den Stadtsoldaten zu blutigen Händeln und die häufigen Gymnasiastenraufereien endeten stets mit Verwun­dungen. Doch das war auf rein deutschen Universitäten ebenso. ie Patres wagten so wenig als Professoren und akademischer enat die vornehmen jungen Leute nach Gebühr zu bestrafen: ebrauchten reiche Zöglinge und höfische Beschüzer....

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Mit den Jesuiten   Hand in Hand ging der Johannespfar­herr Szczuka( sprich Echtschuka), damals Titularbischof von Joppe. Er vertlagte den Rat als Mitpatron der Kirche( was die pfiffigen Katoliken mit Fleiß aufrecht erhielten, um ihre fatolischen Kirchen im ganzen Stadtgebiet auf Kosten der kleinen Sepublik repariren zu lassen; erst in diesem Jahr 1883 hat das Reichsgericht die Stadt von dem verjährten Unfug befreit), weil die Kirchengüter schlecht verwaltet würden und Häuser in der Stadt, die der Pfarrkirche gehörten, mit Einquartierung belegt wären 2c. Auch daß der Rat nie Katoliken zuließ, keinem Polen   Eintritt in die Zünste offen stand u. dgl. wurde beim ( adligen) Assessorialgericht in Warschau   geklagt: z. B. selbst, daß die protestantischen Bußtage als Stadtfeiertage gälten! Dazu wurde dreist gelogen, daß die Bürger ihre( wie noch heute, meist slavischen, also fatolischen) Dienstboten vom Messebesuch zurück­hielten - ein sonderbares Ding, denn die Knechte und Mägde waren frei und konnten ja den Dienst verlassen, wenn ihnen dessen Bedingungen nicht zusagten; aber die Herrschaft mußte doch ihr Recht behaupten, daß die vielen katolischen Feste nicht ihnen die vertragsmäßige Dienstleistung ihres Gefindes ent­30gen! Am 25. Februar 1723 entschied der König  ", daß die Zinsen der Kirchengüter zurückgezahlt und die Bauten auf Stadtkosten also extra ausgeführt würden....

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Bei Prozessionen galt ein Vertrag von 1643, nachdem ein fulmer Bischof aus der berühmten Familie der Dscholinski ge­schworen hatte, die Kezer in Thorn zu Paaren zu treiben, des­halb eine Prozession um das Rathaus versuchte, worauf der Rat die Straßen mit Ketten versperren, die Tore( gegen das meist polonisirte Landvolk) schließen und die Bürgerschaft ins Gewehr treten ließ: daraus entstand ein vierzehnjähriger Prozeß

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und endlich der genannte Vertrag. An diesen aber hielten sich die Katoliken längst nicht mehr. Es wurde bei Prozessionen geschossen, Raketen geworfen und sonstiger Unfug auf allen Seiten rings um die katolischen Kirchen getrieben. Meist ließ daher der Nat die Stadtmiliz vor der betreffenden Kirche auf­marschiren, aber das fanatisirte Landvolk unter Führung der Jesuitenschüler widersezte sich fortwährend. Bei einer solchen Gelegenheit kam's zum Ausbruch.

Am Sonntag des Scapulierfestes, 16. Juli 1724, also in schönster Sommerzeit, fand eine Prozession auf dem Jakobs­tirchhof im Nordosten der Stadt bei besonders zahlreichem Zuzug von schaarenweis hereingeströmtem Landvolk statt. Außerhalb der Kirchhofsmauer stand eine Anzahl protestantischer Bürger... ein Jesuitenschüler warf zweien, die das Allerheiligste nicht grüßten, dem Kaufmann Heyder und dem Bäcker Lebahn, die Müze vom Kopf. Aus dieser Gewalttätigkeit entstand Prügelei und zulezt Einschreiten der Stadtmiliz, Gefangennahme des Schülers, Zusammenrottung der Polen   2c. Eine Deputation katolischer Studenten forderte vom Präsidenten Rösner Freigabe ihres Kommilitonen: er sagte, er müsse die Sache zuerst untersuchen; folgenden Tags tumultuirte die Jesuitenschule in Masse vor Heyders reichem Kaufhause.-- Der Reftor erlangte Frei­lassung seines Zöglings und dies anscheinende Zeichen von Schwäche ermunterte die jungen Fanatiker zu gröbsten Aus­schreitungen. Mit gezogenen Säbeln überfielen sie Bürger, bis die Miliz wieder einen Rädelsführer einsteckte. Nun raubten sie als Pfand in der Arabergasse, unweit ihres Kollegs, einen ahnungslos vor der Tür im hölzernen sog. Beischlag lehnenden protestantischen Gymnasiasten mit dem polnischen Namen Nagorni. Bekanntlich war fast die Hälfte Polens   evangelisch gewesen, ehe die Jesuiten   kamen. Der blaue Montag gab den meist deutschen Gesellen freie Zeit; sie schaarten sich vorm Kolleg, wo Gymnasiasten Herausgabe ihres Genossen verlangten. Die Polen  fielen auf ihre deutschen Todfeinde aus und wurden durch Ka­pitän Graurock mit acht Mann Stadtmiliz zurückgetrieben. Statt jedoch nun zur Stelle zu bleiben und die Menge aus­einanderzutreiben, marschirten die Soldaten wieder auf die Hauptwache zum Mittag und das Kolleg blieb sich selbst überlassen. Die fecken Jungen stürzten mit blanker Waffe heraus und trieben die Leute fort, bis diese bei einem benachbarten Neubau Steinhaufen fanden und nun die Studenten zurückbombardirten. Die Stadtsoldaten( die unterdes wohl ge­speist hatten) kamen zum zweitenmal und alte Geschichte, die immer neu bleibt es wurde von beiden Seiten ge­feuert. Wer anfing, war später nicht mehr festzustellen, wie nie bis 1848! Nach kurzer( Vesper-) Stille begannen die besiegten Studenten im Kolleg einen Triumphgesang mit Wald­hornblasen und obligater Rafetenbegleitung. Der Abend war schön, die Menge kam wieder herbeigeströmt und erwiderte giftig die Hohnreden der Jesuitenschüler.

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Der Rat von Thorn hatte die Untersuchung des Tumults, bei dem nur Fensterscheiben, nicht Menschengliedmaßen zer= brochen, kein Blut geflossen war, gleich am 20. Juli in die Hand genommen. Dagegen protestirte der Jesuitenpater Mar­czewski, erschien auf dem provisorischen Rathause( das alte schöne Prachtgebäude war durch Karl XII  . zugrunde bombardirt) und erklärte, dem Rat komme es nicht zu, Verhöre anzustellen, aus Warschau   erscheine bald eine Staatskommission. So war der freien Stadt ein Ende gemacht, die sich für Polen   in den schwedisch  - polnischen Kriegen geopfert und finanziell ruinirt hatte. Der Rat schrieb an seinen warschauer Agenten, die Wahl eines Teils der Kommission dem Rate zu sichern und die Gesammt­zahl möglich klein werden zu lassen, da sonst die Kosten der verarmten Stadt zu schwer fielen. Der geschickte Agent fonnte die Jesuitenmacht nicht überwinden. Am: 16. September kam die Kommission an und wie! Ihr Präses, der Wroclawker Bischof, fuhr mit zweiundzwanzig Wagen heran und verlangte fünf Häuser am Markt, der nächste, Fürst Lubomirski, gar sieben! Einige Herren meldeten hundert, andere hundertfünfzig Mann Bedeckung an. Alle forderten gut Quartier und feine Bewirtung.