land, so wurden dieselben um diese Zeit nach und nach durch ein Geschenk Amerika's, durch die Kartoffel stark in den Hinter­grund gedrängt.

Die Heimat der Kartoffel ist das Hochgebirge Amerika's  , wo sie nicht nur in Chili und Peru  , ihrem ersten Fundorte, sondern auch in Nordamerika  , in den Gebirgsketten Arizona's  , bis zu einer Höhe von 12000 Fuß gedeiht. In Peru   ward diese Pflanze schon unter den Inka's vor Eintreffen der Spa­ nier   auf dem Hochplateau der Kodilleren sorgfältig angebaut, und hier lernten die spanischen   Eindringlinge diese Frucht kennen. Zwischen 1560 und 1570 ward sie nach Spanien   gebracht, und bon hier aus gelangte sie rasch nach Portugal  , Italien   und Burgund  . Wegen ihrer Aehnlichkeit mit der Trüffel nannte man sie in Italien   Taratuffoli, Tartuffoli, woraus durch Kor­ruption das deutsche: Kartoffel, entstand.

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Im Jahre 1565 wurde die Kartoffel durch einen Sflaven­händler, John Hawkins  , nach Irland   gebracht, welcher sie als Schiffsproviant in Santa Fe   erhalten hatte. In England wurde fie 1584 durch Sir Walter Raleigh  , der sie aus Virginien  mitbrachte, eingeführt. Zwei Jahre später ward sie auch durch den Freibeuter und Sechelden" Franz Drake nach England gebracht, und dieser bemühte sich um die Verbreitung der Frucht in solcher Weise, daß man lange dafür hielt, er sei der erste gewesen, der die Kartoffel nach Europa brachte. Im Jahre 1596 wurde die neue Pflanze durch den englischen Botaniker I. Gerard, der Saatkartoffeln von Drake erhalten hatte, kul­tipirt und als Batata virginiana beschrieben. Außerordentlich förderlich für den Anbau der neuen Frucht wirkten die eng lischen Bürgerkriege, und zwar, weil die Soldaten alles zer­störten, was sie in Feindesland antrafen, sich aber nicht die Mühe nahmen, ein Kartoffelfeld umzuwühlen, und auf diese Weise der Landmann eine gewisse Sicherung seiner Arbeit im Kartoffelbau hatte. Ueberhaupt wirkten alle Kriege in Deutschland   besonders der 30jährige- auf die Ausbreitung bes Kartoffelbaues hin. Schon 1588 pflanzte der niederlän­dische Botaniker Clufius, der sie aus England erhalten, die Kartoffel als Seltenheit und trug später viel zu ihrer Aus­breitung in Holland   bei. Im selben Jahre gelangte die neue Frucht aus den spanischen Niederlanden nach Wien  , wo sie in den kaiserlichen Gärten angepflanzt wurde. Clusius   schreibt 1601, daß in Italien   die Kartoffel schon so reichlich gebaut werde, daß man sogar die Schweine damit füttere.

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Auch Frankreich   wurde durch Vermittlung Englands mit bem neuen Knollengewächs bekannt. Doch wurde die Pflanze hier lange nur wenig angebaut, sodaß sie im Jahre 1616 noch als große Seltenheit auf der königlichen Tafel galt.

In neuerer Zeit ist die Kultur der etwa 2000 Arten zäh­lenden Kartoffel etwas eingeschränkt worden durch die sogenannte Kartoffelkrankheit, die 1746 zuerst im Obererzgebirge beob­achtet wurde. Im lezten Drittel des vorigen Jahrhunderts trat diese Krankheit verschiedentlich im Erzgebirge  , in Süddeutsch­ land   und Hannover   auf, doch erlangte sie erst 1843 weitere Verbreitung. Seit 1846 ist sie der Hauptfeind der Kartoffel­kultur, die in Deutschland   ihren Hauptsiz hat. Auf jeden Ein­wohner produzirt Deutschland   gegenwärtig etwa 6,6 hektoliter Kartoffeln.

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Die Regierungen gaben sich große Mühe, s. 3. die Kar­toffel in ihre Staaten einzuführen, stießen dabei aber überall auf ganz energischen Widerstand seitens der Landbauer. Es scheint beinahe, als ob ein gewisser Instinkt das Volk vor der Ausbreitung der neuen Frucht warnte. Besonders war es auch die Geistlichkeit, welche gegen den Anbau der ,, Teufelswurzel", wie sie die Pflanze nannte, zu Felde zog. Bei dieser lag frei­lich ein sehr erklärlicher Grund für ihre Feindschaft gegen die Teufelswurzel" vor. Sie bekam nämlich von der Kartoffel keine Zehnten, und das war die Veranlassung, daß die Priester­schaft gegen den Anbau der Pflanze war. Der Zehnte wurde nämlich erhoben als großer Zehnten, der von Getreide und Wein, als fleiner Zehnte, der vom Gemüsegarten und als Blut­oder Fleischzehnte, der vom jungen Vieh bezahlt werden mußte. Die Bibel sagt, daß der Zehnte zu erheben sei vom ,, Samen des Landes" und von den Früchten der Bäume"; hierunter fonnte man aber die Kartoffel nicht rangiren, und doch wollte sich die Geistlichkeit ihr Einkommen nicht gern schmälern lassen. Schon 1694 brachen bei Hof Streitigkeiten über Erhebung der Kartoffelzehnten aus, und ein Jahr später erschien in Baden die erste Verordnung über Regelung des Kartoffelzehnts. Der Widerstand der Geistlichkeit bestärkte auch die Bauern in ihrem ohnehin vorhandenen Widerwillen gegen den Kartoffelbau. Nicht nur, daß sie diesen selbst verschmähten, auch andere wurden am Bauen verhindert. In Berlin   sträubte sich die Einwohnerschaft zehn Jahre lang, die Kartoffel, die ihnen die Weisheit der Obrigkeit" aufdrang, auch nur zu genießen. In Preußen wurde durch Friedrich II.   der Anbau bis zu einer gewissen Ausdeh­nung jeder Gemeinde zur Pflicht gemacht. Als das nichts half,

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mußte Militär nachhelfen, und in Pommern  , Schlesien   und der Mark wurden den Bauern, die der Kartoffelbau- Verordnung nicht folgten, Dragoner solange ins Duartier gelegt, bis sie nachgaben. In Frankreich   bemühte sich ein gewisser Parmen­tier besonders, den Kartoffelbau zu fördern. Er schrieb Bücher und hielt Reden, worin er den Landleuten die angeblichen Vor­

teile des Kartoffelbaues klar zu machen suchte. Es half aber Aus einigen Gegenden Deutschlands   wird um 1613 be- nichts; die dummen" Bauern entgegneten ihm, die Kartoffel richtet, daß der Anbau der Kartoffel schon gar gemein" sei. sei kaum für die Schweine genießbar, wievielweniger für die Größere Bedeutung als Nährfrucht erlangte sie indes erst wäh- Menschen. Jezt soll, wie erzählt wird, Parmentier zu einer rend und nach dem 30jährigen Kriege. 1640 fam sie nach List gegriffen haben. Er ließ um Paris   herum Land mit Kar­Hessen- Darmstadt und Westphalen, und nach Braunschweig   1647.

land ein, und drei Jahre später gelangte, sie auch nach Berlin  . Erst Anfangs des vorigen Jahrhunderts erlangte bei uns

toffeln bepflanzen, und als die Erntezeit herankam, bekannt machen, daß bei schwerer Strafe sich niemand unterfangen solle,

nur eine Knolle der Frucht zu entwenden, dieselbe sei aus­

Die aus

schließlich für den königlichen einen hohen Adel" be­der Kartoffelbau größere Bedeutung, aber immer noch gab es stimmt, und für den gemeinen Mann" zu kostbar. Gegenden, in welchen die Pflanze unbekannt blieb. So kamen erst 1708 Kartoffeln aus Schottland   nach Mecklenburg  . Noch

gestellten Feldhüter schliefen des Nachts, und jezt sollen die

drei Jahre später wurde sie durch den Waldenser Antoine Jug- pflanzt haben. Diese Anekdote wird aber sehr verschieden er­Landleute sich von der Frucht geholt, und sie gleichfalls ange­noret aus Frland nach Würtemberg gebracht, und erst 1716 zählt, und ist darnach ihr historischer Wert zu bemessen. Noch fand man sie in Bamberg  , Bayreuth   und in Baden auf Aeckern  

1844 sah in Rußland  , um den Kartoffelbau zu fördern, die

angebaut. Nach Sachsen   kam sie 1717 aus Brabant durch den Regierung sich veranlaßt, Prämien für diesen auszusezen, und drich Wilhelm I.   dem berliner Krankenhause einen Komplex Ein wie richtiges Gefühl die Landbevölkerung mit diesem Wider­Generallieutenant v. Milkau. Im Jahre 1738 schenkte Frie- dort begegnet noch heute derselbe dem Widerstand der Bauern. Landes unter der Bedingung, daß darauf für Arme und Kranke stande bekundete, werden wir in folgendem sehen: Kartoffeln gebaut werden sollten. Erst im Jahre 1740 fam

Physiologen und Kulturhistoriker sprechen lehrreich genug

diese Frucht auf die schwäbische Alb  . Besonders die Hunger über den Einfluß von Speise und Trank auf den Einzelnen jahre von 1745 und später 1793 trugen viel zu ihrer Ver- wie auf ganze Völker, und wir dürfen bestimmt behaupten, daß breitung bei. Nach Griechenland   wurde sie gar erst durch die der Einfluß der Kartoffel dort, wo sie ganz oder doch beinahe Baiern eingeführt, die im Gefolge des baierischen Prinzen, der ausschließlich als Nahrungsmittel gilt, ein sehr verderblicher ge­en griechischen Tron bestieg, dorthin gelangten.

wesen ist.