schaft- in den lezten Jahren erschlossen, hat wie manches andere, so auch dieses Rätsel gelöst.

Der Wilde schreibt bekanntlich, ähnlich wie noch heute das naive Denken, alle Handlungen, alle förperlichen Bewegungen, welche er mit Bewußtsein vollzieht, einer in ihm wohnenden Seele zu. Er folgert daraus, von seinem Standpunkt aus ganz mit Recht, daß Bewegungen des Körpers, welche er nicht ge­wollt hat, durch eine fremde Seele hervorgerufen werden, durch einen fremden Geist, der in seinen Körper gefahren ist. Die lebhaften Bewegungen beim Tanz hat der Wilde selber gewollt, er führt sie auf seine eigene Seelentätigkeit zurück; die Be­wegung beim Krampf, bei epileptischen Anfällen, bei Krankheit und Bewußtlosigkeit treten aber ohne seinen Willen ein: auch diese hat ein Geist hervorgerufen, aber nicht der eigene, sondern ein fremder. Krankheit, Epilepsie, Wahnsinn, ja sogar der Zustand der Berauschung sind für den Naturmenschen gleich­bedeutend mit Besessenheit, und alle dagegen ergriffenen Mittel laufen in ihrer großen Mehrzahl auf Teufels austreibung hinaus. Der maßgebende Gesichtspunkt dabei ist, dem bösen Geist den Aufenthalt in dem Körper des Leidenden möglichst unangenehm zu machen. Die Juden pflegten in ihren früheren Zeiten zu diesem Zwecke einen schrecklichen Gestank zu erzeugen durch Verbrennen des Herzens und der Leber eines Fisches: durch solche Geisterbeschwörung wurde der Dämon Asmodeus  ausgetrieben, der erst nach Egypten floh, als er den Rauch " gerochen" hatte. Von demselben Gedanken getrieben, hockt sich bei den kalifornischen Stämmen der Doktor dem Patienten gegenüber auf die Erde und bellt ihn, ganz wie ein wütender Kettenhund, mehrere Stunden lang an. Wohl nur in der Ab­sicht, dem Eindringling seinen Wohnort zu verleiden, verordnen die Medizinmänner mit besonderer Vorliebe bei fast allen Völkern Dinge von unerträglichem Geruch und Geschmack eine Neigung, die sich noch auf manchen unserer modernen Aerzte vererbt zu haben scheint.

-

Diese kleine Abschweifung sollte nur zeigen, daß der Wilde alle unwillkürlichen Bewegungen einem fremden Geiste zuschreibt, sei er nun gut oder böse. Auch das Niesen wird auf diese Weise erklärt. In vielen Fällen wird das ausdrücklich bestätigt. So von den Zulus  . Wenn ein Zulu niest, so sagt er: Nun bin ich gesegnet. Der Idhlozi( Geiſt eines Ahnen) ist in mir; er ist zu mir gekommen. Laß mich eilen und ihn loben, denn er veranlaßt mich zu niesen." So lobt er die

182

Manen der Familien, und bittet um Vieh und Weiber und Segnungen. Das Volf aber erzählt von den Zauberern: Wenn ein Mensch imbegriff steht, ein Inyanga zu werden, so fängt sein Kopf an, Zeichen von dem zu geben, was gleich geschehen soll. Er verrät, daß er im Begriff steht, ein Wahrsager zu werden, indem er immer und immer wieder nieſt. Und die Menschen sagen: Nein! wahrhaftig, es sieht aus, als ob dieser Mensch im Begriffe wäre, von einem Geist besessen zu werden. Die Khonds schütten Gefäße voll Wasser über den Priester, den sie zu befragen wünschen. Niest er, so ist das ein Zeichen, daß der Geiſt in ihn gefahren ist, der ihn mit weissagender Kraft ausrüstet. In der gleichen Anschauung wurzelt wohl auch unser Aberglaube, daß eine Aeußerung besonders glaubwürdig sei, wenn sie beniest wird: ein höherer Geist sagt durch den Niesenden gleichsam sein Ja und Amen dazu. Aehnlich be trachteten die Griechen das Niesen als gottgesandt. In der Odyssee ruft die kluge Penelopeia" aus:

-

Es fehlt uns ein solcher Mann, wie Odysseus   war, die Plage vom Hause zu wenden. Käm' Odysseus   zurück in seine Heimat, er würde Bald mit seinem Sohne den Frevel der Männer bestrafen! Also sprach sie; da nieste Telemachos laut, und ringsum Scholl vom Getöse der Saal. Da lächelte Penelopeia  , Wandte sich schnell zu Eumäos und sprach lächelnd die geflügelten

-

Worte:

Gehe mir gleich in den Saal, Eumãos, und rufe den Fremdling! Siehst du nicht, wie mein Sohn mir alle Worte beniest hat? Ja nun werde der Tod das unvermeidliche Schicksal Aller Freier, und keiner entfliehe dem blutigen Tode!

Diese Beispiele ließen sich häufen. Wir wollen hier nur zusammenfassend bemerken, daß der Niesegruß sich findet auf beiden Seiten in Afrika  , in Polynesien  , in Amerika   und Europa  , in Asien  in Indien  , wie in Judäa   und bei den moslemi

-

tischen Die gebräuchlichen Redewendungen drücken nichts anderes aus, als Glückwünsche, daß ein guter Geist ein gekehrt sei oder die Verehrung vor diesem Geist. Auf der Entwicklungsstufe der Wilden sind sie auch vollauf berechtigt, aber sie erhalten sich auch unter höherstehenden Nationen, welchen das Nieſen von allem dämonenhaften Zauber entkleidet erscheint, als seltsam fremde Ueberlebſel, für welche das Volk ratlos nad Erklärungen sucht, die es in allerlei willkürlichen Erzählungen und Myten zu finden meint.

( Schluß folgt.)

Die Schlacht von Lexington und der amerikanische   Freiheitskrieg.

Von Wilhelm Blos  .

( Siehe Illustration Seite 184-185).

drüben im Westen, der 19. April 1775. Nach jahrelangen heftigen Konflikten mit Englands Parlament und Regierung

Das war ein bedeutungsvoller Tag für die neue Welt Auch sollte der Kongreß von Neu- England  , der sich in Con­

cord versammelt hatte, aufgehoben oder zersprengt werden. Der Ueberfall gelang nicht, wie es beabsichtigt war, denn der Waffen angerufen, denn eine andere gab es nicht mehr. Boston   doch bemerkt. Reitende Boten jagten durch das Land hatten die nordamerikanischen Kolonien endlich die Entscheidung so geheim man auch die Vorbereitungen hielt, sie wurden in Hatten doch beide Teile schon längst sich zum Kampfe gerüstet! und riefen zu den Waffen, worauf sich ein gewaltiges Bu mentern, der den Auftrag hatte, den rebellischen Staat Massa- lonisten verließen ihre Felder und Wälder und famen bewaffnet rüsteten die künftigen Bürger der werdenden Republik   sich zum sie sicher und geschickt zu handhaben wußten, mochten diese Fehlte doch keinem die Kugel- oder Donnerbüchse, die

Widerstand. An 12,000 Milizen waren gesammelt; man fabri­zirte Pulver und schaffte Waffen herbei; in dem Städtchen Concord, das heute 12 000 Einwohner zählt, wurden die

Waffen gleich von altmodischer Konstruktion sein.

Aber es galt auch die Engländer aufzuhalten, damit sich die Milizen bei Concord erst sammeln und die Vorräte in Kriegsvorräte aufgehäuft. Der englische General, welcher Massa- Sicherheit gebracht werden konnten. Mit nur 130 Mann ftellte surgenten keine Zeit lassen, sich länger zum Widerstand zu entgegen, und es fam am Morgen des 19. April 1775 dort zu chussets in Belagerungszustand erklärt hatte, wollte den In- sich der amerikanische   Kapitän Parker bei Lexington den Briten  

rüsten; er sandte eine Abteilung von 1800 Mann aus, um den Waffenplaz Concord zu überfallen und die dort befind­

dem Gefecht, das unser Bild darstellt.

lichen Vorräte und Waffen mit fortzuführen oder zu zerstören. wundert haben über die Gegner, deren selbstgegossene Kugeln Die englischen Rotröcke mögen sich wohl nicht wenig ge