Dabei war Venedig die Stadt der Feste, der Schauspiele und Vergnügungen; in dieser Stadt, wo der Schrecken regierte, glich das äußere Leben einem ewigen Sonntag und fortwährenden Karneval", so erzählt uns ein Chronist. Und in der Tat konnten die Herren im Dogenpalast eher ein Volt regieren und knechten, welches leichtlebig war, von Vergnügen zu Vergnügen flatterte und so keine Zeit erübrigte, seine Lage ernst zu betrachten, als ein nachdenkendes und sinnendes Volk.-
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Venedig sprechen die Mauern," sagt ein venetianisches Sprüch-| Sizen für das Gefolge des Dogen, und das ganze war bedeckt wort. An den Wänden des Dogenpalastes befanden sich Schalter mit reichen Ornamenten, Skulpturen, Gold, Silber, Purpur, und in sie warf der Spion, der geheime Ankläger eine Denun- Damast und Seide. Das obere Deck war in seiner ganzen Länge ziation, und diese anonyme Anklage war genügend, um den mit rotem Sammt überzogen, mit schweren Goldstickereien verUnglücklichen, den sie betraf, mit Kerker, Folter und Tod zu ziert und über dem Salon des Dogen flatterte das kostbare bedrohen. Welches Feld, um seine Rache zu befriedigen, welches Banner des hl. Markus. Um den Bucentaurus drängten sich borzügliche Mittel, den Feind zu beseitigen! nun tausende von bunt geschmückten Gondeln, in denen die ersten Familien der reichen Stadt in den kostbarsten Trachten saßen und die Ankunft des Dogen erwarteten. Jezt erschallt vom Glockenturme die Mittagsstunde und zuerst erscheinen acht Fahnenträger mit den Standarten der Republik : rot, blau, weiß und violett; dann sechs Trompeter mit silbernen Trompeten, hierauf das Gefolge der fremden Gesandten, jezt ein Trupp Pifferari, von den Pagen des Dogen geführt. Es folgt der Sekretär des Dogen, ein Diakon, der eine vom Pabst Alexander geschenkte Kerze trägt, die Diener des Dogenpalastes, welche den prachtvollen Sessel und das Kissen des Dogen tragen. Hieran schließen sich die Würdenträger der Republik , alle in kostbarer Kleidung. Dann fällt uns eine jugendliche Kindergestalt auf; es ist der sogenannte Ballotino, eine Knabe, der bei der Dogenwahl die Kugeln aus der Urne zu ziehen hat. Und nun endlich erscheint der Doge selbst, in einem langen Mantel von Hermelin mit goldenen Knöpfen geschlossen, darunter eine blaue Soutane und zu unterst ein langes Schleppkleid von Goldstoff. Auf seinem Haupte prangt die Dogenmüze von Goldstoff in phrygischer Form, um sie herum schließt sich eine blizende Krone von Gold und Edelsteinen; selbst die Sandalen sind von Goldstoff. Zur Rechten geht der päbstliche Legat, zur Linken der kaiserliche Gesandte; an sie schließen sich die vielen Vertreter aller übrigen Reiche und Höfe, die mit der stolzen Republik befreundet sind. Zwei Offiziere des Dogen tragen den Sonnenschirm des Fürsten und das Schwert mit der Spize nach oben gerichtet. Die Signoria und der große Nat schließen den imposanten Bug.
Der feierlichste und festlichste Tag der Republik Venedig war der Himmelfahrtstag. An diesem Tage fand die schon erwähnte großartige Beremonie der Vermählung des Dogen mit dem Meere statt, und die Republik entfaltete hierbei eine Pracht, einen Glanz und einen Reichtum, von dem wir uns heute faum noch einen Begriff machen können. Der Ursprung dieser Feier geht weit in die Geschichte Venedigs zurück, und sie soll von dem Dogen Peter Orfeolo II.( 997) zum Andenken an die Befiegung der Seeräuber und die Eroberung von Dalmatien eingeführt worden sein. Damals waren die Sitten noch einfacher und man begnügte sich damit, am Himmelfahrtstage jenseits des Lido auf das Meer zu fahren und den Tag mit verschiedenen einfachen Festlichkeiten zu feiern.
Anders gestaltete sich das Fest nach jenem wichtigen Moment, wo Kaiser Barbarossa nach jahrelangen Streitigkeiten sich endlich mit dem Papste Alexander III. zu Venedig versöhnte. Der Kaiser hatte an die Republik das Ansinnen gestellt, ihm den Papst auszuliefern; aber mit Stolz wurde der Wunsch des Kaisers, der wie ein Befehl klang, abgeschlagen, und als der Kaiser
druck
Der Doge, umgeben von seinen Räten und Gesandten, nimmt
Plaz, all die hohen Würdenträger der Republik ordnen sich, hundert Matrosen umstehen ihre Offiziere, um deren Befehle blizschnell zu befolgen. Jezt hebt sich der Anker, alle Glocken rauscht, von der jubelnden Menge umgeben, majestätisch den
läuten von neuem, alle Geschüze dröhnen, der Bucentaurus
zu geben, schüzten die Venetianer den Pabst so energisch, daß sie die Flotte Friedrichs vollständig schlugen und selbst feinen Sohn gefangen nahmen. Die Venetianer baten nun den Pabst ſie in Wirklichkeit schon fast zwei Jahrhunderte besaßen. Der Pabst, dankbar für die ihm geleisteten Dienste, willigte ein, and Festschiff auf das offene Meer hinaus, der Doge erhebt sich, Ring überreichte, ſagte er:„ Empfange ibn von mir als ein ſteigt auf eine fleine Galerie umb indem er mit lauter Stimme Zeichen der Herrschaft über das Meer; du und deine Nach die Worte ruft: ,, Desponsamus te mare in signo veri
Kanal hinauf nach der Insel St. Helena , wo er den Patriarchen von Venedig mit seiner Geistlichkeit aufnimmt. Jezt fährt das
Ring in die blaue Flut. Aus hunderttausend Kehlen erhebt
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auf daß die Nachwelt wisse, daß das Meer euch gehört und sich ein lautes Freuden- und Triumphgeſchrei – die Zeremonie dem Gatten." Von jenem Tage an wurde nun die Vermählung ist beendet. Jezt aber beginnen die Festlichkeiten; volle viermit dem Meere mit großer Pracht gefeiert. allen Türmen der Republik entfaltet sich vor den Augen der staunenden Fremden.
Kirchen Venedigs die Glocken, und nach Erfindung des Pulvers
zehn Tage dauert der Jubel, und der ganze Reichtum der
Fast unzählige Feste und Vergnügungen reihten sich an das
mischte sich der Donner der Geschüze in das Geläute. Jung eben beschriebene im Laufe des Jahres an, und ganz besonders und Alt, Arm und Reich eilte festlich gekleidet zum Markusplaze, nach der Piazetta, stellte sich längs des Kanals auf oder
waren es noch zwei, die unsere Aufmerksamkeit erregen: der Karneval und die Regatta. Der venetianische Karneval war
bestieg die damals noch nach tausenden zählenden Gondeln. berühmt durch ganz Europa ; aber auch er hat heute seinen Alles prangte in bunten, hellen Farben, alles war mit Bändern ehemaligen Karakter verloren, wie ja auch der römische Karneval
und Blumen geschmückt.
Mit gewaltiger Pracht rauschte jezt
nur noch ein Schatten seines ehemaligen
Glanzes ist. Nur ein
der Toge die Vermählungsfeier vornahm. Alle Bilder und Be- unbedingt zu den großartigsten Volksfesten Venedigs . Das Fest bom Arsenal der Bucentaurus herbei, das Staatsschiff, auf dem glückliches Volk kann wirklich heiter sein. Die Regatta gehörte uns taum vorstellen können. Seine Form war bei aller Schön- nämlich dem Raube der venetianischen Bräute auf der Insel heit riesenhaft, betrug doch die Breite allein über hundert Fuß. St. Pietro und wie damals ein Wettsegeln auf Leben und Tod fleidet je vier und vier an den mit Gold überladenen Rudern; so auch bei der Regatta um den Ehrenpreis. Die Vermählung Hundert und sechszig ausgewählte Matrosen saßen festlich ge- zwischen den Räubern und den beraubten Venetianern stattfand, vierzig weitere Matrosen verrichteten die übrigen Dienste. Ueber den Rudern wölbte sich das obere Deck, welches von vielen politisches Fest, bei dem der Venetianer vom Dogen bis zum prächtigen Säulen getragen wurde, die neun Arkaden von je Gondolier nur den Ruhm, die Pracht und den Glanz der
fieben Fuß Breite bildeten. Diese mit vergoldeten Figuren und Schnizwerk reich geschmückte Galerie war sechsundsechszig Fuß lang und an sie schloß sich eine zweite Galerie mit neunzig
des Dogen mit dem Meere
Republik anderen Staaten gegenüber entfaltet wissen wollte, das Fest der Regatta dagegen gehörte ausschließlich dem Volke, dem gemeinen Manne. Er, der bei der Vermählung des Dogen