"

Die Erziehung macht den Eltern oft große Sorge, oft ist sie wenig mühsam, je nach den Verhältnissen. Einige Arten brauchen ihre Jungen nur an das Meer zu führen, das Nahrung in Masse für sie bereit hält. Bei der Ente ist die Erziehung schon zusammengesezter. Michelet   erzählt, daß er auf einem Weiher eine Ente, welche ihren Kindern den ersten Unterricht gab, beobachtet habe. Die um sie gescharten freßgierigen Zög­linge verlangten nur zu leben. Die Mutter gab ihrem Geschrei nach, tauchte unter und brachte einen Wurm oder kleinen Fisch mit herauf, den sie unparteiisch verteilte, indem sie ein und dem­selben Jungen niemals zweimal hintereinander gab. Das Rührendste bei diesem Schauspiel war, daß die Mutter, deren Magen doch wahrscheinlich auch sein Recht begehrte, nichts für sich behielt. Augenscheinlich lag ihr nur daran, ihre Familie dahin zu bringe, daß sie es mache, wie sie, und unerschrocken unter dem Wasser verschwinde, um dort die Beute zu fassen. Mit eigentümlicher Stimme forderte sie dieselben zu dieser Handlung des Mutes und des Vertrauens auf, und wirklich tauchte bald darauf eines nach dem andern, vielleicht mit Zagen, in den Abgrund. Damit war aber auch die ganze Erziehung

vollendet."

..Will man," fährt Michelet   fort ,,, zwei wunderbar ähnliche Dinge sehen, so betrachte man einerseits die Menschenmutter bei dem ersten Gehen ihres Kindes, andererseits die Schwalbe,

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Ahndung nicht entgehen. Wenigstens liegen sichere Nachrichten vor, daß über die Ehebrecherin bei den Störchen ein förmliches Gericht gehalten wird. Scheitlin, der den Storch im Freien und in der Gefangenschaft vielfach beobachtet hat, schreibt, daß manchmal die Störche einer ganzen Gegend sich versammeln und nach langem beratenden Klappern mit dem Schnabel, was vorzüglich von Seiten der älteren geschieht, Krieg mit den Störchen einer andern Gegend beginnen. Der Kampf wird in hoher Luft mit dem Schnabel geführt, und sie verwunden ſich oft gefährlich. Scheitlin spricht ferner auch vom sogenannten Gericht der Störche, wobei sie einen Kreis bilden und nach gepflogener Beratung plözlich auf einen in der Mitte stehenden entweder eine Ehebrecherin oder einen Schwächling oder sonst Mißliebigen losstürzen und ihn durchbohren. Schon Aelian   er wähnt dieses Gericht.

In einem ungarischen Blatte erzählt ein Korrespondent die nachstehende Geschichte. Auf einem Hause nistete seit vielen Jahren ein Storchenpaar. Ein Knabe machte sich einmal den Spaß, auf's Dach zu steigen, während die Störche weggeflogen waren, und zwei von den Storcheiern mit Gänseeiern zu vers tauschen. Die Störche bemerkten nichts und brüteten die Eier aus. Dann erst, als die Jungen ausgekrochen waren, gewahrten sie die fremden Eindringlinge. Nachdem sie dieselben eine Weile betrachtet hatten, fing das Männchen zu klappern an, als wolle es seiner Ehehälfte Vorwürfe über ihre Untreue machen. Diese sah melancholisch und stumm darein. Dann flog das Männchen fort, kehrte jedoch nach einiger Zeit mit mehreren Störchen zurück. Auch diese staunten eine Weile die ausges brüteten Ungeheuer an. Hierauf begannen sie stark zu flappern, als hielten sie Rat, und zulezt, nachdem das Urteil gefällt wat das Nest verlassen werden soll. Nun rust die Mutter, zeigt hieben so lange mit ihren Schnäbeln auf dasselbe ein, bis es stürzten sie insgesammt auf das arme Storchweibchen her und eine verlockende Beute, verspricht eine Belohnung, versucht durch aufgehört hatte zu leben. Nach Vollstreckung des standrechtlichen

welche ihr Kind im Fliegen unterrichtet. Dieselbe Besorgnis, dieselbe Ermutigung und Lehre! Der Unterricht ist merkwürdig. Die Mutter hebt sich auf den Flügeln, das Junge sieht auf

merksam zu und hebt sich auch ein Bischen. Dann sieht man es flattern... es sieht wieder die Mutter an, bewegt dann die Flügel... Das geht alles ganz gut, denn es geschicht noch im Neste. Die rechte Schwierigkeit beginnt erst damit, wenn

den Köder einer Fliege es zu ermutigen. Noch zaudert das Kleine, und wer möchte es ihm verdenken? Hier handelt es sich nicht darum, wie beim Kinde, im Zimmer unter der Hut

Urteils entfernten sich die fremden Störche; nur der Hausftorch blieb trauernd zurück. Noch eine Reihe von Jahren besuchte er sein altes Nest, doch stets allein: nie brachte er eine Störchin von Mutter und Wärterin, ein paar Schritte im sicheren Raume mit, so sehr hatte er sich die vermeintliche Untreue seines Weibes

zu machen und höchstens etwa auf ein Kissen zu fallen. Die Kirchenschwalbe, die hoch oben auf dem Turme ihren Unterricht im Fliegen erteilt, hat Mühe, ihr Kind zu diesem entscheidenden

Schritte zu ermutigen. Das Schwalbenkind vertraut der Mutter

und schwingt sich auf, vom Odem des Windes unterstützt. Von jezt an wird es nun fliegen troz Wind und Wetter."

zu Herzen genommen.

Das Gericht der Störche erwähnt auch Keyßler, indem er einen Fall aus Tübingen   erzählt. Im Hofplaze des Kollegiums

Storchenneft auf einem benachbarten Hauſe tat ein im Kollegium studirender Graf von Gräfeniß einst einen Schuß, durch welchen Michelet's Buch Das Leben der Vögel" enthält bei vielem wahrscheinlich der im Neste sizende Storch verwundet ward,

über das Volk der Lüfte, so daß es eine angenehme Lektüre bildet. Aus dem Müller'schen Werke fügen wir noch einiges über die Nesthocker" hinzu. Es gibt nämlich, wie in den Menschenfamilien, auch bei den Vögeln unartige Kinder, die nur immer von den Eltern leben wollen, Zärtlinge, denen es bei Muttern" gar zu gut gefällt. Die Eltern, denen dies nicht einleuchten will, sind dann bemüht, die faulen Kinder durch allerlei Kunstgriffe aus dem Neste zu vertreiben, um sie

weil er mehrere Wochen nicht ausflog. Dann zog er mit den übrigen zur gewöhnlichen Zeit fort. Im folgenden Frühling fam ein Storch in den Hof des Kollegiums und fiel den zahmen mit Wut an. Verjagt fam er immer wieder und beunruhigte den zahmen den ganzen Sommer hindurch, wobei das übrige Federvieh dem zahmen beistand. Im folgenden Jahre kamen vier Störche über den zahmen, im dritten Frühling über zwanzig und töteten ihn, ehe man Zeit gewann, ihm zu Hilfe zu

fommen.

Dies sezt einen förmlichen Plan voraus, und Keyßler glaubt. schneller der Selbständigkeit zuzuführen. Der Haussperling sucht daß die Störche in unrichtiger Gedankenverbindung jenen Schuß, der einen Kameraden verwundete, als von dem zahmen Storche Ausfliegen zu bewegen. Er fommt mit Futter im Schnabel ausgegangen annahmen. Daß die Rache nicht gleich im ersten

gewöhnlich die flüggen Jungen durch folgendes Mittel zum

geflogen, erweckt nahe am Neste der Jungen Freßbegierde und fliegt dann unter gezogenen Locktönen langsam hinweg zum nächsten Gegenstande. Nach und nach folgen die durch das wiederholt angewandte Mittel hungrig gewordenen Jungen; zu

Insassen nach dem andern mittels des Schnabels aus dem Neste, wodurch die Jungen genötigt sind, ihre erste, meist vortrefflich

Frühjahr ausgeübt wurde, kann seinen Grund darin haben, daß es dem Verwundeten nur allmälich gelang, den anderen seine

Ueberzeugung beizubringen.

Zuweilen wird das Familienleben von äußeren Feinden weilen muß aber auch zur Gewalt geschritten werden. In diesem auf's grausamste gefähret oder wohl gar zerstört. So nimmt Falle zerren die Herren" Eltern einen der allzu behäbigen die Turmschwalbe häufig in brutalster Weise von Sperlings nestern Besiz, deren Insassen sie von Haus und Hof treibt. Die Brüder Müller haben zu verschiedenenmalen diese Aus von Statten gehende Flugprobe auf den nächsten Baum oder treibung beobachtet. Zur Zeit ihres Knabenalters nahmen fie an dem Seminargebäude zu Friedberg   alljährlich alsbald nach Allzu zärtliche Eltern könnten sich ein Beispiel hieran Ankunft der Turmschwalben, Anfangs Mai, immer ein Beter geschrei und eine sehr auffallende Erregtheit unter den Sperlings Vögeln Fälle der ehelichen Untreue vor, die denn auch der nistet hatten. Die Mauersegler trieben die brütenden Weibchen paaren wahr, welche in den Rizen der steinernen Wände ge

ein benachbartes Gebäude zu unternehmen.

nehmen!

Wie im Leben der Menschen, so kommen

auch bei den