Für unsere Hausfrauen.

Ueber die Konservirung des Fleisches.

II.

D. Konservirung des Fleisches durch fäulniswidrige Stoffe.

6) Essigsäure.

Mit Wasser verdünnte Essigsäure stellt den Essig dar, und dieser wird oft genug dazu verwendet, um Fleisch zum Küchengebrauch vor­zubereiten. Indem die Essigsäure auf das Bindegewebe des Fleisches einwirkt, lockert sie den Zusammenhang der Fasern, die Zähigkeit des Fleisches wird gemindert, es wird mürber und für die Zähne ange­nehmer. Daß der Geschmack des Fleisches durch den Essig ebenfalls in angenehmer Weise geändert wird, ist hinreichend bekannt. Der fäul­niswidrige Effekt der Essigsäure ist aber auch nicht zu übersehen. Vieles Fleisch wird nur um deswillen in Essig gelegt, weil man es im Augen­blick im Haushalt nicht gebrauchen kann.

7) Alkohol.

Mit wasserfreiem Alkohol, aber auch mit Weingeist kann man die verschiedensten Teile geschlachteter oder sonstwie umgekommener Tiere konserviren. Man sieht dies in zoologischen Museen, wo Fische und andere Tiere, mit Weingeist in Gläser gebracht, paradiren. Für den Küchen- und Hausgebrauch kommt der Weingeist als Konservirungs­mittel des Fleisches kaum inbetracht. Dagegen macht man davon die ausgedehnteste Verwendung bei der Konservirung von Früchten.

8) Aeter.

Nach Martin kann man vom Aeter zur Konservirung des Fleisches eine Anwendung machen. Das Fleischstück wird mit Baumwolle ein­gehüllt, mit Aeter befeuchtet, in eine Blechbüchse versenkt und die Büchse zugelötet. So aufbewahrtes Fleisch wird schwerlich den Beifall des Bublikums erhalten. Es riecht, selbst zu wiederholten Malen mit Wasser gewaschen, nach Aeter und schmeckt darnach und zerfällt beim Kochen in unzählige Fasern.

9) Schwefeltohlenstoff.

Professor Zöller in Wien   empfiehlt den Schwefeltohlenstoff zur Konservirung von Fleisch und anderen Nahrungsmitteln. Er brachte Ochsen- und Kalbfleisch in eine Atmosphäre von Schwefelfohlenstoff. Nach 32 Tagen, als das Fleisch besichtigt wurde, zeigte es eine blassere Farbe auf der Oberfläche, im Jnnern war das frische Ansehen voll­tommen erhalten. Das Fleisch hatte bei 15-240 C. hingestanden. Auch Erdmann bestätigt die antiseptische Wirkung des Schwefelfohlen­ſtoffs. Der Schwefelfohlenstoff ist eine farblose, flare, stark licht­brechende, unangenehm riechende, bei+480 C. siedende, schon bei ge= wöhnlicher Temperatur rasch verdunstende, leicht entzündliche, in Wasser wenig, in Alkohol, Aeter und Delen leicht lösliche Flüssigkeit.

10) Holzkohle.

Die Holzkohle befizt die Eigenschaft, sehr energisch Sauerstoff und Ammoniak, ferner viele putride Gase, übelriechende und färbende Sub­stanzen zu absorbiren, und sie wird deshalb, allgemein betrachtet, unter die antiseptischen Mittel gerechnet. Zur Aufbewahrung von Fleisch hat man das Kohlenpulver hier und da angewandt; unzweifelhaft wirksam ist dasselbe, wenn es mit einer schwachen Lösung von Karbolsäure im­prägnirt ist.

11) Borsäure, Borax.

Schneler empfiehlt, wie es scheint, ohne genügenden Grund, den Borax zum Konserviren des Fleisches. Herzen vereinigt den Borax mit der rohen Borsäure und stellt damit eine wässrige Lösung her. Dieselbe wird weiter mit Kochsalz und Salpeter versezt. Das mit diesem Stoffgemenge behandelte Fleisch soll sich gut halten. Suillot empfiehlt statt der Borsäure die Anwendung des Calciumborat( B4 07 Ca).

12) Essigsaures Natrium, Natriumsulfit.

Sace bemühte sich auf das essigsaure Natrium ein Konservirver­fahren zu gründen. Ich halte es für wenig praktisch, jedenfalls für sehr umständlich. Während der Belagerung von Paris   konservirte Gorges Hammelfleisch durch Behandlung mit Salzsäure und Natrium­

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sulfit und Aufbewahren in geschlossenen Blechbüchsen, welche 1-10 Kilo aufzunehmen vermochten. Das präservirte Fleisch wurde für gut be­funden.

Vermischtes.

Der Blut- Wunder- Pilz" in Eiern aufgefunden. Bekanntlich hat derselbe in der Geschichte der Menschheit insofern eine Rolle gespielt, als er durch sein plözliches Erscheinen auf organischen Stoffen( Brot, Hostie, Speiseresten) in blutroter Farbe zu verschiedenen Zeiten Anlaß zu abergläubischen Vorstellungen und Ausbrüchen religiösen Fanatismus gab. In lezter Beziehung hatten es z. B. die Juden ebenso zu em­pfinden, wie wir das neuerdings, nur nicht ganz so tragisch, an dem berüchtigten Tisza  - Eslar- Prozesse in Ungarn   erlebt haben. Denn als man im Mittelalter Hostien mit dem fraglichen Blute gefärbt fand, zu einer Zeit, wo man mit Luther   an eine wirkliche Inkarnation der­selben( d. h. an eine Verwandlung der Hostie in den Leib des Heilands) glaubte, wurden die Juden blutig verfolgt, indem man sie beschuldigte, diese Hostien angestochen und so zum Bluten gebracht zu haben. In der neueren Zeit ist nun dieser Blutpilz öfters beobachtet worden. Erst Ehrenberg, gewissermaßen der Vater der neueren Mikroskopie, klärte die Sache dahin auf, daß er besagtes Prodigium( Wunderzeichen), wie es bei den Aelteren hieß, als einen Organismus erkannte, den er Monas prodigiosa nannte und folglich in die Reihe der kleinsten tierischen Gebilde stellte. Heutzutage beliebte man jedoch, daraus einen Pilz zu machen, und jezt heißt er Micrococcus prodigiosus. Selbigen fand nun F. Ludwig in Greiz   sogar in frisch gesottenen Eiern auf, deren Eiweiß davon durchweg rosenrot gefärbt war. Man findet des Beob­achters Mitteilungen darüber sowohl in der Zeitschrift für Pilzfreunde" ( 1883, Heft 7-8), als auch in dem Botanischen Zentralblatte"( 1884, Nr. 19). Jedenfalls ist der Micrococcus prodigiosus bisher noch nicht in Hühnereiern aufgefunden, soweit Aufzeichnungen vorliegen; wo er sich aber zeigen sollte, hat man ihn als ein ähnliches Gebilde zu be­trachten, wie es in anderer Art das Blauwerden der Milch veranlaßt. ( Die Natur," Nr. 22.)

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Der Rettig( Raphanos sativus) verscheucht nach süddeutschem Volks­glauben den Schlaf; als sicher gilt dem Volke, daß sein Saft vor aller­hand Insekten schüze, nicht minder vor den Bissen der Schlangen und anderen Gewürmes. Die dem 17. Jahrhundert angehörige gestriegelte Rockenphilosophie" erzählt uns, daß, wenn Kinder zum erstenmal in die Schule gehen, man nichts besseres tun könne, als ihnen Rettig­schnitte auf ihr Butterbrod zu legen. Sie lernen dann gar leicht die Buchstaben des Alphabets vorwärts und hinter sich aussprechen." Die in Süddeutschland teilweise Kren genannte Pflanze( Cochlearia armoracea) wird fälschlich von uns Meerrettig genannt, da sie ja mit der See nichts zu schaffen hat. Vor dem kalten Fieber glaubt man sich in Thüringen   zu schüzen, wenn man am Charfreitag drei Meer­rettigstangen verzehrt, was allerdings eine harte Nuß für manchen ist. In Süddeutschland wird der Meerrettig mit einem Stückchen Brot in die erste Garbe gebunden. So wähnt man sich gegen den argen Feind des fleißigen Landwirts, den sogenannten Bilwizschnitt" der Korndämonen, zu schützen, der nach der Versicherung erfahrener Jäger übrigens nichts anderes ist, als die Spuren des Aesens der Hirsche und Rehe, die oft rudelweise in die Felder gehen und darin weiden, und bei ihrem Vorwärtsgehen die abgemäht scheinenden Gassen bilden. Solche Spuren finden sich nie in sehr ausgedehnten Getreidefeldern, sondern nur da, wo Wald in der Nähe ist, in welchem sich das Wild des Tages über aufhalten kann, was ganz der Ansicht jener Waidmänner ent spricht. Auf der großen Ebene des Marchfeldes und in dem weiten " Tullner Boden" vernimmt man nichts von dem Bilwizschnitt. (..Europa  ," Nr. 23.)

Rätsel.

Reine und unreine Reime.

Von meiner Torheit trag' ich jezt die Jn's schwere Joch für ewig eingespannt, Konnt' ich dies Leben vorher einmal... Mein Schicksal hätt ein mutig Nein gewandt. Doch als dereinst wir süß und selig

Hab' ich den Himmel nur, die Hölle nie geahnt.

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Inhalt: Die Alten und die Neuen. Roman von M. Kautsky).( Forts.) Die Umgestaltung des Menschengeschlechts, insbesondere durch Krankheitsprozesse. Von E. Klebs in Zürich.  ( Schluß.) Wie es im vorigen Jahrhundert dem Gesinde" erging. Von Dr. Bräutigam. Bilder aus dem Auswandererleben. Von Hans Flux. Eine Produktiv- Genossenschaft. Ein Bild aus dem deutschen Arbeiterleben. Von H. Grosz.( Mit Illustration: Die Schiffswerfte in Memel  . Eigentum der Schiffszimmerergenossenschaft in Hamburg  .)- Die asiatische Cholera und ihre europäischen Verwandten. Von Bruno Geiser.( Schluß.)- Ein schnurrig Stück Menschenleben. Humoristische Erzählung von Hans Eckart.( Forts.) Unsere Illustrationen: Der Flamingo. Mamelukengräber bei Kairo  . Gärtnerische Kunst in Japan  . Der Wilderer. Mitteilungen aus dem Gebiete der Industrie, Technik und Landwirtschaft: Fortschritte der Glimmerwaaren- Industrie. Von Dr. H. Kräßer. - Die Schädigung Frankreichs   durch die Phylloxera. Dreifache Eisenbahnkreuzung. Celluloid  - Imitation als Erfaz für Elfenbein. Braune Holzbeize. Für unsere Hausfrauen: Ueber die Konservirung des Fleisches. II. D. Konservirung des Fleisches durch fäulniswidrige Stoffe: 6) Essigsäure; 7) Alkohol; 8) Aeter; 9) Schwefelfohlenstoff; 10) Holzkohle; 11) Borsäure, Boray; 12) Essigsaures Natrium, Natriumsulfit. Vermischtes: Der Blut- Wunder- Pilz. Der Rettig. Rätsel.  - Aerztlicher Ratgeber.- Redaktionskorrespondenz.- Allgemeinwiſſenſchaftliche Auskunft. Ueber die Ernte und Aufbewahrung des Obstes.

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