Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Der Untersuchungsrichter war nicht im Zimmer auwesend; nur ein Schreiber saß, ohne Notiz von meinem Eintritt genommen zu haben, über einen Stoß Akten gebeugt, an einem Tische. Rastlos flog seine Feder übers Papier.
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Dein Vater und der Emil müssen gehörig brummen; Dn kommst in eine Anstalt, da kriegſt Du's nicht schlecht Du wirst gut erzogen, das heißt, wenn Du die Wahrheit sagst, im anderen Fall kann es Dir schlimm ergehen. Am Ende Fürs stecken sie Dich auch ins Zuchthaus ." Zuchthaus war ich zu jung, das wußte ich; ich war ja noch keine zwölf Jahre, deshalb fürchtete ich mich auch nicht.„ Ich thät an Deiner Stelle die Wahrheit bekennen." Ich blieb bei meinen früheren Aussagen; ich hätte das Messer vor dem Hause gefunden, und weil es mir eben so sehr gut gefallen, behalten.
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Ich wiederholte die eingelernten Worte: wie böse mein Vater auf mich sein werde, welch furcht bare Angst ich vor den Prügeln habe, die mir sicher seien; wenn ich an die dachte, so standen mir die Thränen leicht zu Gebot." Oh, wie wird er mich schlagen" winselte ich" halb zu Tode wird er mich prügeln, wenn er nächste Woche frei wird!" und ich heulte ganz erbärmlich, denn ich spürte schon den Stock meines Vaters über meinen Rücken tanzen. Und erst die Vorwürfe! au die zu denken, war mir beinahe noch peinlicher; Daß ich mich so blamirt hatte; ich, der ich für so talentvoll, für so verläßlich gegolten!- Auch der Verlust des Messers schmerzte mich, so oft davon gesprochen wurde. Und ich verhüllte mein Gesicht mit dem Taschentuch und weinte aufrichtige Thränen. Da schau her!" Unwillkürlich blickte ich auf. Der Alte zeigte auf den Tisch; meine Augen bliẞten: da lag auf einmal das Messer mit dem beinernen Griff- mein Herz zog sich zusammen vor Wehmuth. Wie schön es war! Es erschien mir wunderbarer denn je. Oh, daß ich so dumm gewesen und es das eine Mal herausgezogen; auf offener Straße, unter der Gaslaterne. Diese UnDiese Un vorsichtigkeit! Ein Mal und solche Folgen! Da lag das Messer! Der Alte streďte langsam die Hand aus und griff daruach. Er besah es von allen Seiten er flappte es auf und zu oh, den Klang tannte ich! Wie er mir ins Herz schnitt dieser feste, eigene, entschiedene Ton klipp, flapp!-
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" Ist doch ein feines Messer," schmunzelte der Alte„ bin froh, daß ich es wieder hate heute nehme ich es mit," wandte er sich an den stillen Schreiber, ,, ich darf es doch, da die beiden Herren eingestanden haben?"- Dieser drehte etwas den Kopf und nickte zustimmend, indem er ruhig in seiner Arbeit fortfuhr.. Der Hausherr schob das Messer ein.
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Da wars mir, als risse man mir das Herz aus dem Leibe ich biß die Zähne zusammen meine meine Fäuste ballten sich. Langsam zog der Alte das Messer nochmals aus der Tasche und hielt es mir vor die Augen; gierig langte ich darnach. Aber rasch zog er die Hand zurück und das Messer hoch in der Luft haltend, sprach er:„ Wenn Du die volle Wahrheit sagst, soll es Dein sein, dann schenke ich es Tir."
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Ich konnte nicht widerstehen, ich wollte nicht widerstehen; keinen Augenblick zögerte ich- ich mußte das Messer haben und wenn es mein Leben gegolten! Und ich gestand, gestand Alles haar flein. Ich verrieth meinen Vater, den Emil und die Alte; selbst die schwarze Fanny schoute ich nicht. - Das Versteck des Geldes gab ich an, den Aufbewahrungsort der gepackten Koffer; nichts verschwieg ich. Da nun doch Alles gleich war, beißte ich die Gelegenheit, der Frau und dem Emil Eins hinaufzugeben. Der Alte kochte vor Eifersucht sein Gesicht wurde beinahe schwarzblau vor Wuth, als er erfuhr, wie er von seiner Frau betrogen worden: sie soll es büßen," furrte er.
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Haben Sie die Aussagen des Jungen genan protokollirt?" fragte der Untersuchungsrichter, welcher in dem Augenblick, als ich mein Geständniß beendet, vom offenen Nebenzimmer herein getreten war; dieser
drehte etwas den Kopf und nickte zustimmend, indem er ruhig in seiner Arbeit fortfuhr.
Nie im Leben werde ich die haßerfüllten Blicke vergessen, die mich aus den Augen meines Vaters trafen, als ich ihm als Zeuge gegenüber gestellt wurde. Seine Züge waren in ohnmächtigem Grimm Seine Züge waren in ohnmächtigem Grimm verzerrt; um seinen Mund zuckte es voll Haß. Er war um Jahre gealtert. Wenn er mich in seine Klauen bekommen, er hätte mich todtgeschlagen.
Weder ihm noch dem Emil half ihr hartnäckiges Leugnen; sie waren glänzend überführt worden. Ganz allein durch mich; ich hatte mit einem Schlag Alles zertrümmert; ich war eben doch ein Sakra
menter!
Beide wurden zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt- auch die beiden Frauenzimmer mußten dran glauben.
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Als man meinen Vater abführte, rief er mir böse, drohende Worte zu. Ich fürchtete mich ganz entseßlich auf später; ein Schauder lief mir über den Körper, wenn ich aus Wiedersehen dachte.
Aber ich hatte Glück, Glück wie immer; nach einem halben Jahre ist der Mann im Zuchthaus gestorben.
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Als mir diese Nachricht überbracht wurde, athmete ich auf, jezt erst konnte ich mich so recht über das Messer freuen.
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Ich besitze es heute noch.
Unsere Körperhaut.
Von Dr. S.
ie Außenhaut unseres Körpers ist nicht in allen
ihren Theilen von gleicher Dicke; auf dem Nasenrücken ist sie dünn, auf dem Hacken dick und dazwischen von verschiedener Dicke an den übrigen Körpertheilen. Benußt der Mensch einzelne Hautstellen sehr oft, wie z. B. der Maurer den HandHautstellen sehr oft, wie z. B. der Maurer den Handteller oder viele Völkerschaften die Sohle, weil sie stets barfuß gehen, so wehrt sich die Haut gegen die Abnuzung dadurch, daß sie die äußere Schicht hornartig verdickt. Wie den Thieren das Fell über die Ohren gezogen" werden kann, so auch, und nicht blos bildlich, den Menschen, doch liegen für Europa jene Zeiten hinter uns, da edle Nitter Kriegshand schuhe ausnahmsweise aus Menschenhaut trugen. Noch vor fünfzig Jahren zählte Leipzig zu seinen Wahrzeichen eine Menschenhaut, die 1795 im anatomischen Museum der dortigen Universität aufgestellt worden war. Ein braver Schuster hatte sie, die vom Kopf bis zu den Füßen von seltsamen Balggeschwüren bedeckt war, auf dem Leibe getragen und gegen Verabreichung eines Wochengeldes nach seinem Tode dem Theatrum anatomicum überwiesen. Im obenerwähnten Jahre starb nun Johann Gottlieb Reinhardt,„ regelrecht" wurde die Haut abgezogen, ausgestopft, an einem Gestelle befestigt und den anderen Merkwürdigkeiten des Museums einverleibt. Die den Feinden abgezogene Kopfhaut mitsammt den langen Haaren bildete bis in die neueste Zeit hinein einen vielbegehrten Kriegerschmuck der nordamerikanischen Judianer.
Da nun die Haut unser wichtigstes Sinnesorgan ist, wollen wir in Kürze ihres anatomischen Baues uns erinnern. Sie besteht aus zwei in ihrer Dicke sehr verschiedenen Lagen. sehr verschiedenen Lagen. Die äußere bildet die dünne, gefäß- und nervenloſe, also unempfindliche Oberhaut( Hornhaut) mit der Schleimhaut; unter dieser liegt die viel dickere, feste Lederhaut. Sie ist reich an Blutgefäßen und Nerven und besteht aus zwei verschiedenartigen Schichten, deren erste die schwer zerreißbare Lederhaut ist, welche bei Thieren gegerbt das Leder liefert, bei uns nur sichtbar wird, wenn Brandblasen oder spanische Fliegenpflaster die Oberhaut abgeschält haben. Die zweite Schicht ist das Unterhautfettgewebe. Wie alle Theile des mensch lichen Körpers in fortwährender Erneuerung der mikroskopischen Zellen durch die Ernährung, durch das Blut, begriffen sind, so auch die Haut, doch fönnen wir diese Erneuerung nur an den obersten Theilen beobachten, die sich nach und nach lösen und den sogenannten Schinn, den weißlichen Staub unter den Haaren des Kopfes bilden.
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Bei den höher organisirten Thieren und folglich auch bei den Menschen übernehmen den Gasverkehr zwischen der Atmosphäre und dem Körper nicht ausschließlich die Lungen, sodann die Ausscheidung verbrauchter Flüssigkeiten nicht ausschließlich die Nieren, sondern auch die Haut, und deshalb ist es für unsere Gesundheit von größter Wichtigkeit, durch Waschungen möglichst des ganzen Körpers die Haut derartig rein zu erhalten, daß die Schweißdrüsen in ihren kleinen Ceffnungen( Poren) sich nicht verstopfen. Ihre Zahl beträgt ja gegen 2/2 Millionen. Mit dem Schweiß werden aber auch gegen zwei Prozent feste Stoffe abgesondert, besonders Kochsalz und in geringer Menge Kali, Kalk, Magnesia und Eisenoryd. Wie wichtig für die Ernährung das Salz ist, entnehmen wir daraus, daß, wo Salze den Ertboden und den Pflanzen fehlen, unsere Forstleute für das Wild " Salzlecken" errichten, und unsere Hausthiere, zumal in manchen Gegenden Asiens , sich gegenseitig den Schweiß ablecken. Durch die Talgdrüsen der Haut, welche besonders an den stärker behaarten Theilen sich befinden, wird eine nicht unbedeutende Fettmenge abgesondert, um die Haut geschmeidig zu erhalten. Reicht diese nicht aus, wird die Haut spröde. Weil bei den farbigen Menschenrassen die Wasserverdunstung und Fettabgabe durch die Haut bedeutender ist als bei den weißen Europäern, weil manche außerdent oft unreinlich sind und stark riechende Nahrungsmittel( Zwiebeln, Knoblauch) zu sich nehmen, wird deren Nähe für unsere Nasen oft recht unangenehm.
Wodurch wird aber unsere Haut, die als Decke unseren Körper gegen die Außenwelt abschließt und doch mit ihr in unausgesetzter Berührung steht, unser wichtigstes Sinnesorgan? Die anatomische Unterſuchung zeigt uns auch in der Haut ein Gewebe zarter und zartester Nervenfasern, die zwischen den Zellen, doch nicht immer in gleicher Entfernung, von einander endigen, und den Beweis kann uns jeder Bekannte liefern. Wir bitten ihn, die Augen zu schließen, nehmen dann einen Zirkel mit abgeſtumpften Spizen, berühren mit dessen mehr oder minder weit geöffneten Schenkeln gleich stark und gleichzeitig die Haut an verschiedenen Körpertheilen; er wird dann bald zwei, bald nur eine Empfindung merken. Professor E. H. Weber stellte in einer Tabelle diejenigen Hautstellen zusammen, die bei gleicher Zirkelöffnung nur eine Empfindung hervorbrachten. Die Haut zeigte dort die größte Feinheit des Tast- und Druckfinnes, wo die Zirkelschenkel sehr nahe aneinanderlagen, also z. B. an der Zungenspite bei nur 1 mm Entfernung der Schenkelspißen, an der Junenfläche der dritten Fingerglieder 2 mm, an der Nasenspize 4, an der Wange 11, an der Kniescheibe 35, am Rückgrat bei den oberen Rückenwirbeln 52, an der Mitte des Halses, des Armes oder Schenkels sogar 66 mm Entfernung der Zirfelspigen. Geringe Temperaturunterschiede empfinden wir als Wärme oder Kälte, sehr starke Hize oder Kälte verursacht uns schmerzhaftes Brennen, desgleichen Elektrizität und äßende Hautreize. und äßende Hautreize. Angenehme Lustempfindungen werden hervorgerufen durch schwächere, unterbrochen einwirkende Reize auf die Haut, Schmerzen dagegen durch schwächere andauernde oder plößliche einmalige.
Die so mannigfachen Farbenveränderungen in der Haut der verschiedenen Völferstämme werden nur durch braune Farbstoffkörperchen in der Schleimschicht unter der durchsichtigen Hornhaut hervorgerufen. Je nachdem sie mehr oder weniger in den oberen oder unteren Lagen dieser Schicht, je nachdem sie in größerer oder geringerer Menge dort vorkommen, bestimmen sie die Farbe der Haut und, was innig damit zusammenhängt, die der Augen und Haare. Ist die Zahl dieser braunen Körperchen unerheblich, so erhalten wir die Hautfarbe der Europäer, die unter dem Mikroskope durchaus nicht weiß ist, sondern hellwachsgelb wie bei unseren Todten. Weil nun unsere Stadtbewohner, welche Seebäder oder Sommerfrischen besuchen, nach kurzer Zeit im Gesicht, am Hals und an den Händen gebrännt werden, und weil es ähnlich den im Freien arbeitenden Menschen und ererzirenden Soldaten ergeht, so schrieb man dies ausschließlich atmosphärischen Einflüssen zu, aber Leute von dunkelgefärbten Rassen, z. B. aus Afrika oder Neu- Guinea, die längere Zeit hier bei uns