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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Brille ist entzwei. Jezt kann ich nicht lesen. Ei, ei! Ihr müßt bis Morgen warten. Na,' s schadet auch nichts. Ihr seid doch recht müde, Lene."

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Das war Lene in der That; da sie einsah, daß der Meister ohne Brille nicht lesen konnte, gab sie sich zufrieden und ließ sich nach einiger Zeit in ihre Wohnung schicken. Die Augen fielen ihr vor Müdig­feit beinahe zu.

Kaum war ihr Schritt auf der Treppe verhallt, so schoß der Meister nach dem Eckschränkchen, wo er eine zweite Brille aufbewahrte, und las hastig den Brief durch. Er schüttelte mehrere Mal den Kopf, ballte das Schreiben zusammen, warf es in's Feuer und gab genau Acht, bis das letzte Stückchen Papier   zu Asche geworden war. Dann holte er einen Bogen hervor, framite eine alte Feder und eine staubige Tintenflasche aus einer Schublade und begann eifrig zu schreiben. Mitternacht   war vor­über, als er unter freundlichem Schmunzeln die Lampe   löschte.

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Am folgenden Abend so lange dauerte es, bis ein neues Glas in die Brille gesetzt war- las Meister Tobias seiner alten Freundin den Brief vor, welchen er verfaßt hatte. Frau Lene Liefen die Thränen fortwährend über die hageren Backen, als sie hörte, wie dankbar ihr Karl an sie gedacht hatte und ihr Alter bequem machen wollte. Er hatte

Ein Hebermensch.**-

nd, da ihm aus dem Stimmgewirr des Seins Ein Ton vom Neuen fiets das Herz verlekte, Der Ton der Seufzer und des Hülfeschrei'ns, Wenn in sein Dek der Tod die Beute hekke,

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Erbat er eins: Gefilgt aus meinem Dhr Sei völlig der Empfindung Weberfeinheit, Daß von dem ungeheu'ren Daseinschor Ich nur das Braufen hör' der Allgemeinheit!"

Thm ward fein Wunsch. Kein Schluchten förk ihn mehr.

Den Donner hörk er durch die Tüfte grollen, Die großen Stürme brausen um ihn her, Und seine Seele lauscht der Brandung Rollen.

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Er nennt sich Hebermensch; er höhnt den Schmerz, Die Augen feines Mitleids sind erblindet. Doch in der stillen Nacht quält ihn sein Herz, Das aufschrei'n will und keinen Taut mehr findet... Hugo Salus  .

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Im norwegischen Hochgebirge. In eine wilde und rauhe Szenerie führt unser heutiges Bild, mitten hinein in die schier unzugänglichen Felswüsten des norwegischen Hochlandes. Deutlich heben sich die charakterischen Formen dieses Gebirges heraus: Im Hintergrunde dehnt sich in welligem Zuge, so weit das Auge reicht, eins jener Fels­und Eisfelder( Fielde), aus denen sich die Hauptmasse des norwegischen Gebirges zusammensetzt; schroff, mit scharfen, zackigen Linien steigen im Mittelgrunde drei Berggipfel empor, und jäh fallen die Abhänge zu der tiefen Kluft ab, die zwischen jenem Felde drüben und dem vorderen, von dem aus die Szene gesehen ist, gähnt. Nur die Rennthiere, denen das rauhe Klima Lebensbedingung ist, vermögen sich in dieser unwirthlichen Natur noch zu halten; eben sind zwei starke Thiere der Heerde, die das vordere Plateau erflettert, aneinander gerathen.... Es ist dem Zeichner gelungen, etwas von dem machtvollen Eindruck des wilden Verglandes in seinem Bilde festzuhalten. Ein Sturm fegt über die Eisfelder, jagt die schweren dunklen Wolkenmassen am Himmel hin, reißt aus den Felsspalten den Schnee und wirbelt ihn wie eine Schneewolfe durch die Schlucht....

Ueber die Lippen als Rassenmerkmal legte A. Bloch der Anthropologischen Gesellschaft in Paris   eine Arbeit vor, über die der Globus  " einen Bericht bringt. Während man früher nur die Größenverhältnisse der Lippen, ob start, mittelstark oder fein, beachtete, weist Bloch nach, daß es sehr wichtig sei, auch die Färbung in Betracht zu ziehen. Was die Größenverhältnisse anbetrifft, so muß die Höhe, die Länge und die Dicke der Lippen, namentlich aber der

immer fleißig gearbeitet und sich hübsch Geld ge­spart, war aber durch schlechte Leute um sein Gut spart, war aber durch schlechte Leute um sein Gut gebracht worden. Die Sehnsucht nach der Mutter ließ ihm feine Nuhe mehr; er wollte eine Werkstatt aufmachen und es daheim zu einem tüchtigen Manne bringen.

Frad Lene wischte sich die Augen. Ja, ja, er war wirklich ein Ausbund von einem Menschen ge­wesen, ihr Karl. So ein schöner Brief! Und ihr lieber Bub war todt, und sie konnte nicht einmal sein Grab recht hübsch mit Aftern bepflanzen.

Seit jenem Abend mußte der Meister täglich den Brief Karl's lesen; Frau Lene wurde nicht miide, ihn zu hören. Inzwischen arbeitete er tiichtig an den neuen Stiefeln und eines Samstags Abends zeigte er sie triumphirend Frau Lene. Wunderbar zierlich sahen sie gerade nicht aus; aber sicher paẞten sie trefflich. Lene zog und zog; aber sie konnte nicht hineinkommen. Als sie endlich meinte, sie seien etwas eng, erwiderte der Meister, das sei ganz in Ordnung. Wißt Ihr, sie müssen schwer angehen, dann legen sie sich weich wie ein Handschuh um den Fuß. Nehmt mal etwas Seife."

Frau Lene rieb die Strümpfe tüchtig ein und wirklich rutschte der Fuß endlich in den Stiefel. Aber er drückte, daß sie vor Schmerzen hätte auf schreien mögen.

Силж

Feuilleton.

Oberlippe, in Betracht gezogen werden. Die Höhe der Oberlippe giebt mit anderen bestimmten Verhältnissen ein brauchbares Rassenmerkmal. So ist die Oberlippe bei den Engländertypen nach Bloch sehr in die Höhe gestreckt. Dasselbe findet sich beim Stamme der Mandingos in Afrika   und bei dem feinen Typus der Japaner. In anderen Fällen, aber nur bei einzelnen Individuen, ist die Oberlippe so kurz, daß beim Lachen nicht nur die Zähne, sondern sogar das Zahnfleisch freigelegt werden. Die Länge der Oberlippe längs der Linie gemessen, die Haut und Schleimhaut trennt, ist größer als die Länge der Unterlippe. Hente wies nach, daß die Krümmung der Oberlippe bei verschiedenen Rassen verschieden sei; zum Beispiel ist bei den Semiten, besonders bei den Juden, der mittlere Theil der Krümmung länger als die seitlichen Theile, während bei Engländern und Deutschen   das um­gefehrte Verhältniß bemerkbar ist. Die Größe der Mund­öffnung bei den verschiedenen Rassen ist verschieden. Der Mund des Negers ist größer als der eines Weißen, wird aber von gewissen Australiern übertroffen, bei denen man Mundöffnungen bis 66 mm gemessen hat, während Testut bei 40 Europäern( 20 Männern und 20 Frauen) im Durchschnitt nur 53 mm für die Männer und 47 mm für die Frauen fand. Dennoch ist der Frauenmund nicht bei allen Rassen kleiner wie derjenige der Männer. Weis­bach fand, daß bei Sudanesen und Australnegern die Lippen der Frauen länger und dicker seien als die der Männer. Auch bei den Javanen resp. Malaien will Bloch dasselbe bemerkt haben. In Bezug auf die Dicke unter­scheidet Bloch vier Abstufungen bei den Lippen: dünne, mittelstarke, bicke und umfangreiche Lippen. Bemerkens­werth ist, daß die Lippen, ebenso wie die Augenlider, nie fett werden. Die feinen Lippen finden wir hauptsächlich bei der blonden europäischen Rasse. Die mittelstarken Lippen sehen wir hauptsächlich bei den verschiedenen weißen kaukasischen Rassen, Semiten usw., aber auch bei dem feineren Typus der Japaner und Koreaner und den Rassen mit brauner und rother Haut. Eine Beziehung zwischen Form der Lippen und Charaktereigenschaften, wie Lavater sie annahm, weist Bloch von der Hand. Dicke Lippen finden wir nur bei farbigen Rassen der Alten und Neuen Welt. Bei Mischlingen tritt immer die dicke Lippe der farbigen Rasse auf. Umfangreiche oder wurstähnliche Lippen endlich haben die afrikanischen Neger. Die Farbe der Lippen ist nach Bloch entweder rosenfarbig, veilchen­artig- bläulich oder schwarz bezw. braun.

Gekrümmte Lichtstrahlen. Ein Strahl ist seiner Natur nach etwas Geradliniges, und ein gekrümmter Lichtstrahl scheint daher eine widerspruchsvolle Wortbildung zu sein. Und doch ist es eine unbezweifelbare Thatsache, daß das Licht, welches doch stets in geraden Linien von der Licht­quelle nach allen Seiten ausstrahlt, unter Umständen auch eine frummlinige Bahn einschlägt. Es beruht das auf der Eigenschaft des Lichtes, beim llebergehen in einen anderen Stoff, z. B. aus Luft in Wasser oder umgekehrt, eine Ablenkung vom geraden Weg zu erleiden, so daß der Strahl an der Berührungsstelle von Luft und Wasser einen Knick bekommt. Man kann das sehr deutlich sehen, wenn man einen Stab, etwa eine Ruderstange, in's Wasser taucht; die Stange scheint da, wo sie in's Wasser geht, einen scharfen Bruch zu haben.

* Aus: Neue Gedichte". München  , Albert Langen  . Berantwortlicher Rebatteur: Oscar Kühl in Charlottenburg  .

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Ich glaub', Ihr müßt sie noch' mal über den Leisten schlagen," erlaubte sie sich schüchtern zu be­merken.

Der Meister unterwarf die Stiefel einer sach­gemäßen Prüfung.

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Die Waare ist gut," entschieb er dann, sizzen müssen sie ganz ausgezeichnet. Am Stiefel fann's nicht liegen, höchstens hat sich Euer Fuß geändert.

Frau Lene verbiß sich ihre Schmerzen, sie würde nicht um Alles in der Welt den Meister, den ihr Karl auf seinem Sterbebett gelobt hatte, getadelt haben.

Ihr habt recht," sagte sie; mein Fuß ist vom vielen Laufen geschwollen. Ich will die Stiefel auf's Brett stellen. Ich brauch' sie jetzt nur selten. Lest mir lieber noch' mal den Brief von meinem Karl."

Der Meister las. Die wassergefüllte Glaskugel warf im Schein der Lampe   bunte Lichter, das Mohrchen schnurrte, und das Rothkehlchen auf der Lehne des großen Sessels piepte einmal traumver­loren im Schlafe. Und leise, wie ein verklingendes Lied raunte während des Lesens im Herzen des Meisters eine Stimme: Necht hat eigentlich die Lene doch! Aus all' deinen großen Hoffnungen und Plänen ist nichts geworden. Nicht einmal' nen ordentlichen Schuh bringst du fertig. Aber... zu etwas nus Schuh bringst du fertig. wird dein Leben doch gewesen sein!

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Mittelst dieser Eigenschaft kann man mun einen Licht strahl resp. ein Strahlenbündel vollständig krumm biegen man braucht nur dafür zu sorgen, daß es beständig aus einem Stoff in einen von etwas anderer Beschaffenheit übergeht, wobei fortwährende Ablenkung vom geraden Wege, also eine Krümmung eintreten muß. Es kann das in folgender einfachen Weise geschehen:

Gießt man in eine Glaswanne Wasser und vorsichtig darüber Alkohol und läßt die Wanne einige Stunden stehen, so wird von der Berührungsfläche der beiden Flüssigkeiten aus allmälig eine Mischung vor sich gegangen sein. An der Oberfläche ist reiner Alkohol vorhanden, dann folgen Schichten mit etwas Wassergehalt, der immer reichlicher wird, bis er den Alkoholgehalt überwiegt, und in den untersten Schichten ist schließlich noch reines Wasser vorhanden. Fällt ein Lichtstrahl auf diese Flüssigkeit, so muß er zunächst einen scharfen Knick erleiden, dann aber in der Flüssigkeit, deren Zusammenseßung sich ja schichts weise ändert, beständig abgelenkt werden, also eine ges frümmte Bahn verfolgen. Man kann dies leicht sichtbar machen. Umgiebt man eine Lichtquelle mit einem dunklen Schirm, der nur eine kleine Oeffnung hat, und läßt man die aus dieser Oeffnung nach allen Seiten dringenden Strahlen auf eine Glaslinje, ein einfaches Brennglas fallen, so werden sie durch die Linse parallel gemacht und verfolgen ihren Weg als ein einziges Strahlenbündel in derselben Richtung. Im dunklen Zimmer sieht man diesen Weg deutlich an den erhellten Staub- und Rauchtheilchen, namentlich, wenn man etwas Bigarrendampf in den Weg des Strahlenbündels bläst. Läßt man den auf diese Weise sichtbar gemachten Lichtstrahl in die vorhin erwähnte Glas wanne eintreten, so ist sein Weg auch in der Flüssigkeit an den erhellten Staubtheilen bequem zu verfolgen. Man sieht dann, wie er von der Bruchstelle an dauernd nach der anderen Seite abweicht und sich allmälig so weit um biegt, daß er in die untersten Schichten garnicht mehr einbringt, sondern in gekrümmter Bahn wieder nach oben geht. An der Grenzfläche wird er noch einmal, statt in die Luft auszutreten, in die Flüssigkeit zurückreflektirt und verfolgt in dieser wieder einen ebenso gekrümmten Weg Wenn nur die Wanne lang genug ist, kann man sehr bequem fünf, sechs und noch mehr solcher leuchtenden Bogen in der Flüssigkeit, mit anderen Worten, einen glänzenden, gebogenen Lichtstrahl verfolgen, der durch das Ungewohnte des Anblicks höchst überraschend wirkt.

Auch unsere Atmosphäre hat von Schicht zu Schicht andere Dichtigkeit, und deshalb erfahren auch in ihr die Lichtstrahlen eine dauernde Ablenkung oder Krümmung Darauf beruhen eine Reihe von sog. Luftspiegelungen ebenso fallen die von den Gestirnen herrührenden Licht strahlen aus einer anderen Richtung in's Auge, als vo da, wo das Gestirn wirklich steht. Die Sonne z. B. sehen wir deswegen bereits zwei Minuten, bevor sie über den Horizont wirklich heraufkommt, und Abends scheint sic noch eben so lange am Himmel zu stehen, nachdem sie in bt. Wirklichkeit bereits untergegangen ist.

Nachdruck des Inhalts verboten! Alle für die Redaktion der Neuen Welt bestimmten Sendungen sind nach Berlin  , SW 19 Beuthstraße 2, zu richten.

Berlag: Hamburger Buchbruceret und Berlagsanftalt Auer& Co. in Hamburg  .

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- Drud: Mar Bading in Berlin  .