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Die geologische Thätigkeit der Pflanzen und Thiere.

( Schluß.)

Von Eurt Groffewih.

Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Sine Gattung der Gitterthierchen, die sogenannten

Nummuliten, die in der Frühzeit der tertiären Epoche lebten, hat das Staunenswertheste bon gesteinsbildender Thätigkeit geleistet. Obwohl sie mur während einer verhältnißmäßig furzen Zeitspanne Erdenbürger waren, nur einen fleinen Theil einer einzigen Epoche ihren Lebensfaden spinnen fonnten, so haben sie doch während dieser Zeit sich die gewaltigsten Denkmäler gesezt, die jemals Wesen zu erbauen im Stande waren. Sie bilden eine ununterbrochene, bisweilen mächtig auschwellende Gesteinsschicht, die sich von Marokko   und Spanien   durch Nordafrika  und die europäischen   Gebirge, Alpen  , Apenninen, Karpathen, ferner durch die Balkanhalbinsel über Kleinasien  , Persien  , Indien  , China   bis nach den hinterasiatischen Inseln dahinzieht. Sie besaßen also einen ganz ungeheueren Verbreitungsbezirk, und ihre Zahl muß eine so unermeßliche gewesen sein, daß menschliche Auffassung sich davon keinen Begriff machen kann. Wie ungeheuer viele Millionen dieser Thiergerüste mögen auf einen einzigen Kubikmeter Kaltstein gehen; und nun denke man sich die ungezählten Millionen von derartigen Kaltsteinwürfeln, aus denen der Nummulitenfalt nur der Alpen besteht.

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Wenn andere falfverwendende Wesen auch nicht diese gigantische Bauthätigkeit entwickelten, so ist ihre Spur doch allenthalben auf der Erde nachweisbar. Denn es handelt sich hier nicht um kleine und lokale Betheiligung der Organismen am Bau der Erd­oberfläche, ihre Bedeutung dabei ist im Gegentheil eine ganz gewaltige und äußerst vielseitige. Die Thätigkeit vieler Wesen aber bekommt noch eine ganz besondere Wichtigkeit dadurch, daß sie selbst als wirkliche Baumeister Gebilde aufführen, welche das Niveau der Erdoberfläche unmittelbar verändern. Denn die Thiere und Pflanzen, deren faltige Ueberreste den Meeresboden bedecken oder bedeckt haben, sind zunächst nur dafür thätig, die Tiefen auszufüllen. Es giebt nun aber Thiere-es sind die bekannten Korallen welche sich des" Hochbaues" befleißigen. Unter Storallen ist keineswegs eine einzelne Thierart zu verstehen, der Name umfaßt vielmehr eine ganze Gruppe von Wesen, die, in der Hauptsache aus einer das Meerwasser aufnehmenden Magenröhre bestehend, zu Kolonien, sogenannten Stöcken vereinigt oder vielmehr zusammengewachsen sind. Die Koralle sigt mit ihrer unteren Seite auf dem Meeresboden fest. Sie vermehrt sich besonders durch Knospung, wobei bie jungen Thiere an den Seiten des alten, ähnlich wie pflanzliche Triebe hervorwachsen. Die Jungen bleiben dabei mit dem Mutterthiere immer verbunden und indem sie sich nun ihrerseits auf dieselbe Weise bermehren, kommen jene seltsam verzweigten Stöcke zu Stande, aus denen die Korallen bestehen. Jedes dieser Wesen besitzt ein falfiges Sfelett, die Hunderte von Individuen aber, die einen Stock zusammen­sezen, bilden ein zusammenhängendes Kalfgerüst, aus dessen Zweigspizen die Einzelthiere hervorgucken. Nun lagern aber bei den riffbauenden Korallen viele Stöcke nebeneinander, und die abgestorbenen Kolonien, die ganz und gar verfalfen, werden als Unterlagen benutzt, auf denen neue Korallenstaaten ihr Heim gründen. So wachsen denn die Korallenriffe vom Meeresboden aus allmälig in die Höhe. Allerdings lieben die Thiere verhältnißmäßig seichte Meere, tiefer als sechzig Meter darf der Grund nicht sein, auf dem sie sich ansiedeln. Außerdem sind die Korallen, wenigstens die der jetzigen Erdperiode, Bewohner heißer Gegenden. Sie gedeihen nur in einem Wasser, dessen Temperatur nie unter 20 Grad Celsius fintt. Sie sind demnach auf die tropischen und subtropischen Meere beschränft. Aber da gerade in diesen Zonen das Meer ungeheuere Dimensionen einnimmt und der ganze Stille Ozean in diese Region fällt, so ist die Verbreitung der riffbauenden Korallen eine ganz gewaltige. Obwohl die Korallen nur eine mäß ge Meertiefe lieben, so sind sie keineswegs nur

an den Küsten vorhanden. Denn abgesehen davon, daß es auch mitten im Meere seichte Stellen giebt, so entwickeln die Thiere auch überall an hervor ragenden unterſeeischen Felsen oder auch an Inseln ihre Bauthätigkeit. Es kommt aber vor Allem dazu, daß die Korallen vielfach ihre Arbeit schon in früheren Erdepochen begonnen haben, als das Meer ein ganz

anderes Niveau hatte. In demselben Maße, wie das Wasser im Laufe der Zeit stieg, wuchs auch der Korallenbau mehr und mehr in die Höhe, sodaß die Korallenriffe heute ganz bedeutend weiter als 60 Meter, mitunter 1000 Meter in die Tiefe reichen. Natürlich stammt dann nur der obere Theil aus der Jeßtzeit, und von diesem oberen Theile ist wieder nur der oberste von lebenden Thieren bewohnt. Diese aber bauen ununterbrochen weiter, bis sie die Ober­fläche des Wassers erreichen. Hierdurch ist dann eine Koralleninsel entstanden, die durch das Gespüle des Meeres und durch Pflanzenwuchs bisweilen um einige Meter über die Oberfläche erhoben wird. Es giebt freilich auch Koralleninseln, die durch allmälige oder plötzliche vulkanische Erhebung des Meeresbodens weit über den Wasserspiegel emporgeriickt werden. Dabei über den Wasserspiegel emporgerückt werden. Dabei ist die Ausdehnung mancher Korallenbauten außer ordentlich groß, einige dieser Riffe sind 150 Kilo meter breit und fast 2000 Kilometer lang. Im meter breit und fast 2000 Stilometer lang. Im Stillen Ozean   allein werden 300 Koralleninseln ge­Stillen Ozean allein werden 300 Koralleninseln ge­zählt, ganz abgesehen von den vielen Niffen und sonstigen Bauten, die auf die Thätigkeit von Korallen zurückzuführen sind. Auch im Atlantischen Ozean haben diese Thiere eine rege Wirksamkeit entfaltet. So ist die Halbinsel Florida   zum großen Theil von Korallen gebaut. Außerordentlich reich an Bauwerken dieser Thiere aber ist die südasiatische Küste. Hier liegen auch die größten Storalleninseln, die es über­haupt giebt, die Laffediven und die Malediven. So haupt giebt, die Laffediven und die Malediven. So fann man denn sagen, daß die Korallen den Meeres­boden der tropischen Ozeane in ganz wesentlichem Grade verändern, daß sie ihm eine Menge steiler Erhebungen geben, von denen nur ein geringer Theil Erhebungen geben, von denen nur ein geringer Theil als Insel sichtbar wird, und daß sie weiterhin auch das Festland erweitern oder die Küste mit einem festen Walle umgeben, der sie vor der Zerstörung durch die Wogen schüßt. Auch in der Vorzeit haben diese Thiere ihre Niffe gebaut, die heute als feste Kaltsteingebirge an den verschiedensten Punkten der Erde zu Tage treten und sich äußerlich kaum von den Erde zu Tage treten und sich äußerlich kaum von den Erbschichten unterscheiden, welche der kalfverwendenden Thätigkeit anderer organischer Wesen zuzuschreiben sind.

In früheren

Bei der gesteinsbildenden Arbeit der Thiere und Pflanzen spielt also der Stalt eine Hauptrolle. Indeß ist er nicht das einzige Material, das jene bei ihrer geologischen Bauthätigkeit verwandt haben. Neben dem Kalt ist es der Kohlenstoff, der in derselben Weise als Ueberrest organischer Wesen, speziell der Pflanzen, große und mächtige Lager der Erdober­fläche zusammenseßt. Es ist die bekannte Erschei­nung, daß die Wälder der Vorzeit unter besonders günstigen Verhältnissen sich erhielten und im Laufe der Zeit als Kohle mehr oder minder große und dicke Lager im Erdboden bildeten. Erdepochen, als das Klima noch bedeutend wärmer und feuchter war, mehr Kohlensäure die Luft er= füllte, entwickelte sich die Baumwelt zu üppigster Blüthe. Die Bäume, zum Theil aus riesigen Farren, Blüthe. Die Bäume, zum Theil aus riesigen Farren, Cykadeen, Nadelhölzern und Palmen bestehend, wucherten aus feuchtem Boden schnell empor. Sant einer dieser Niesen aus Altersschwäche oder, von anderen seinesgleichen bedrängt, dahin, so wuchsen anderen seinesgleichen bedrängt, dahin, so wuchsen über ihn, ehe er verwesen konnte, neue Pflanzen empor. Ueberschwemmungen bedeckten ihn mit einer empor. Ueberschwemmungen bedeckten ihn mit einer diinnen Erdschicht, jedenfalls wurde der zerstörende Einfluß der Luft ihm ferngehalten, und das ist das Wesentliche bei der Umwandlung des Holzes in Kohle. Der Baum machte einen Vermoderungsprozeß durch, bei welchem sich sein Hauptbestandtheil, der Kohlen­bei welchem sich sein Hauptbestandtheil, der Kohlen­stoff erhielt, während die übrigen Bestandtheile durch das Wasser nach und nach hinweggeführt wurden. Aber diese Veränderung geht nur außerordentlich langsam vor sich. Daher kommt es auch, daß die Braunkohlen, die aus der Tertiärzeit stammen, nie so weit in der Verkohlung vorgeschritten sind, wie die Steinkohlen, die aus der vorhergehenden Epoche die Steinkohlen, die aus der vorhergehenden Epoche stammen, und daß auch die Braunkohlen wie die

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Steinkohlen immer reicher an Kohlenstoff werden, einem je älteren Abschnitt ihrer Epoche sie angehören. Beim Anthrazit, der noch in der Periode vor der Steinkohlenzeit entstand, sind alle anderen Bestand­theile so weit entwichen, daß er sogar bis 94 Prozent Kohlenstoff enthält, während die jüngste Braunkohle davon 67 Prozent aufweist. Am weitesten vor­

geschritten in der Verkohlung aber ist der Graphit,

der aus der archäischen Periode stammt, der Zeit, in welcher die Erdfruste eben erst festgeworden war und das Wasser und die Pflanzenwelt ihre geologische Thätigkeit begannen. Der Graphit, der sich nur in einzelnen Nestern an verschiedenen Punkten der Erde findet, besteht vollständig aus Kohlenstoff, in ihm ist der Verkohlungsprozeß beendet, der so unermeßliche Jahrmillionen in Anspruch nimmt. Uebrigens waren die Pflanzen, die dem Graphit seinen Ursprung gaben, Algen, doch ist die Pflanzenart für den Werth und die Vermoderungsstufe, auf der die Kohle steht, von keinem Belang. Nur die Zeit verwandelt allmälig eine Pflanze in Braunkohle, Steinkohle, Anthrazit und schließlich in Graphit. Allerdings können be sondere Ereignisse, hauptsächlich die Berührung mit vulkanischen Massen, eine schnellere Entwickelung des Verkohlungsprozesses hervorrufen. So ist beim Zu­sammenstoß mit dem aus der Tiefe hervorquellenden gluthflüssigen Basalt die Braunkohle des Meißners in der Nähe von Kassel   in Anthrazit umgewandelt worden. Der erste Prozeß der Verkohlung kann aber noch heutzutage beobachtet werden. Denn die Bildung des Torfes ist der erste Schritt auf dem langen Wege, der zur Umwandlung der Pflanzen­substanz in reinen Kohlenstoff führt. An feuchten, fumpfigen Stellen siedeln sich eine Menge Pflanzen, besonders Torfmoose an, die auf den abgestorbenen Theilen ihrer Gefährten immer weiter wuchern, dabei aber eine so feste, luftabschließende Decke über diesen bilden, daß nie eine Verwesung, sondern nur eine Vermoderung unter Konservirung des Kohlenstoffes eintreten kann. Ist die vermodernde Schicht bereits sehr dick, so wird sie fester, und nun können auch einzelne Sträucher und Bäume, besonders Erlen und Weiden  , ihr Fortkommen hier finden. Werden diese Gehölze aber größer, so versinken sie häufig genug, durch ihr eigenes Gewicht herniedergerissen, in dem weichen Sumpf, und Torfmoose, Wollgräser und haideartige Pflanzen bedecken sie in furzer Zeit so dicht, daß auch sie zu Torf umgewandelt werden können. Blätter, Zweige, Früchte der Pflanzen, die am Ufer oder in der Nähe des Sumpfes wachsen, werden häufig genug vom Winde in diesen gefegt und hier der allgemeinen Torfschicht einverleibt. Solche Torfmoore giebt es zum Beispiel in der Mark Brandenburg ungeheuer viele, und manche von ihnen ziehen sich, mehrere Meter dick, viele Meilen weit dahin. Sie fehlen aber wohl überhaupt keinem Lande, sie treten überall auf als Zeugniß der kohlen­bildenden Thätigkeit der Pflanzen, die allerdings früher ungleich viel stärker gewesen sein muß.

Der Uebergang von Torf zur Braunkohle ist auch heutigen Tages zu beobachten. Wo ein Torf= lager in der Nähe der See vom Flugsande bedeckt und unter dicken Dünenhügeln zusammengepreßt wird, da ist der Torf bereits in eine Art Braun­tohle übergegangen. Die Braunkohle, die wir in der tertiären Epoche so häufig finden, wurde von mächtigen Bäumen eines Klimas gebildet, das be= sonders im Anfang bedeutend wärmer war als das jest in Mitteleuropa   herrschende. Denn außer Wall­nissen, Eichen, Cypressen und Feigen waren auch Palmen an der Bildung der Braunkohle betheiligt. Wie noch heutzutage ganz Norddeutschland ein er= giebiger Boden für Pflanzenverkohlung ist, so war dies auch in tertiärer Zeit der Fall. Denn die Braunkohlenablagerung ist am großartigsten und aus­gedehntesten im norddeutschen Tieflande vor sich ge­gangen. Dieses weite Gebiet, das im Wesentlichen ein tertiäres Gebilde ist, das aber während der Eis­zeit mit nordischem Geröll oberflächlich bedeckt wurde, war in jener tertiären Periode fast vollständig über­zogen von weiten, flachen Sümpfen, in deren warment Boden und an deren Nändern eine subtropische Pflanzenwelt auf's leppigste gedieh. So ist denn überall der Boden Norddeutschlands bis in die Leip=