Erscheint
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Verlag
N: 10.
Der Sozialdemokrat
Internationales Organ
Sonntag, 7. Dezember.
Avis au die korrespondenten und Abonnenten des„ Sozialdemokrat".
Da der„ Sozialdemokrat" sowohl in Deutschland als auch in Oesterreich verboten ist, bezw verfolgt wird und die dortigen Behörden sich alle ühe geben, unsere Verbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Vorsicht im Postverkehr nothwendig und darf keine Vorsichtsmaßregel versäumt werden, die Brieimarder über den wayren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und letztere dadurch zu schützen. Haupterforderniß ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten
Preßgeschichtliche Rückblicke.
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Größeres Jnteresse bieten die Bundesbeschlüsse vom 5. Juli 1832. Tie Verordnunger betreffend die Zensur ganz bei Seite lassend, wenden wir uns zum zweiten Punkte der Beschlüsse, der wie folgt lautet: Alle Vereine, welche politische Zwecke haben, ober unter anderen Namen zu politischen Zwecken benutzt werden, sind in sämmtlichen Bundesstaaten zu verbieten und ist gegen deren Urheber und die Theilnehmer an denselben mit angemesse ner Strafe vorzuschreiten." Volksversammlungen und Volksfeste, die bis dahin noch nicht gestattet waren, sollten ohne vorher eingeholte Erlaubniß nicht veranstaltet werden. Deffentliche Reden politischen Inhalts find überhaupt zu halten verboten. Wer eine Volksversammlung dazu mißbraucht(!), Adressen oder Beschlüsse in Vorschlag zu bringen und durch Unterschrift oder mündliche Beistimmung genehmigen zu lassen, ist mit geschärfter Ahndung zu belegen."
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Juferate
Die dreigespaltene Petitzeile
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227
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1879.
als möglich an den Sozialdemokrat", resp. dessen Verlag selbst adressiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtig Adresse außerhalb Deutschlands und Oesterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Verbindung setzt; anderseits aber, daß auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Retommandirang. Soviel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch kosten scheuen, um trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.
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schlecht angebracht. Die Geschichte und das deutsche Volt haben längst über jenen Diplomaten- Beschluß zu Gericht gesessen, und mit dem Brandmal, das dieser dem„ jungen Deutschland " auf zudrücken versuchte, die Urheber selbst gekennzeichnet. Heine ist längst der Liebling seines Volkes und sein Wort:
Nennt man die besten Namen, Wird auch der meine genannt
ist vollauf in Erfüllung gegangen. Gußkow und Laube stehen auf einem ehrenvollen Blaze im Gedächtniß der Nation. Hier wie oft war das Volk, indem es dem jungen Deutschland folgte, in seinem dunkeln Drange fich des rechten Weges wohl bewußt, während seine hochweisen Regierungen und Diplomaten auf dem Holzwege waren. Für uns Sozialdemokraten aber ist der Ver: gleich mit dieseu Männern, denen man damals genau dieseiben Ehrentitel: Beschimpfer der Religion, Herabwürdiger aller be
Da blieb allerdings etwaigen Volksverstehenden Verhältnisse, Zerstörer all r Zucht und Ordnung" 2c. an den Kopi warf, wie heute uns, rur ehrend und geeignet, ſammlungen nur noch übrig, Gebete für die ewige Dauer der be Vernünftigen die Augen zu öffnen. stehenden Ordnung abzuhalten! Springen aber die deutschen Regierungen von heute mit dem Versammlungsrecht die Sozialisten betrifft viel anders um?
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so weit es
gefährlichen Partei die Spizze abzubrechen, gab der König von Preußen seinem Volk im Jahre 1847 eine neue„ Verfassung", in der man den Ständen zwar einige tleine Berechtigungen einräumte, der damals am lautesten geltend gemachten Forderung aber der Einführung einer Konstitution, wie sie jetzt besteht eben so fern blieb, wie früher. Ja, über diese Forderung der Bourg oisie äußerte sich der König in der Eröffnungsrede des Vereinigten Landtags am 11. Ap. 1847, wie folgt:„ Es drängt Mich zu der feierlichen Erklärung: daß es keiner Macht der Erde je gelingen soll, Mich zu bewegen, das natürliche, gerade, bei uns durch seine innere Wahrheit so mächtig machende Verhältniß zwischen Fürst und Volk in ein konventionelles, konftitutionelles zu wandeln, und daß Ich es nimmermehr zugeben werde, daß sich zwischen unsern Herrgott im Himmel und dieses Land ein beschriebenes Blatt, gleichsam als eine zweite Vorfehung eindränge, um uns mit seinen Paragraphen zu regieren
und durch sie die alte heilige Treue zu erseyen."
Das
sprach der König im Jahre 1847. Das Jahr 1848 tam, und
Trotz Utas und Verbot nahm aber die revolutionäre Propaganda täglich zu, sei es, daß sie sich auf religiösem Gebiete, Doch alle diese schrecklich drohenden Erlasse und Gesetze machin Freigemeinden 2c., sei es, daß sie sich in den Ständeverten das mit den damaligen sozialen und politischen Versammlungen oder Zeitungen äußerte. Um dieser unruhigen und hältnissen unzufriedene Bürgerthum nicht tobt eine Sache, die sich von selbst versteht für jeden mit dem menschheitlichen Entwicklungsgang Vertrauten und unergründlich nur ist für jene zünftigen Diplomaten, die gar nicht begreifen wollen, daß sich der Geist der Geschichte nicht in die engen Formen ihrer kleinlichen Schachzüge und Intriguen hineingießen lasse. Es traten nun Anfangs 1834 die deutschen Regierungen in Wien zusam men, wo der damalige„ Geniale", der große" Metternich, in der Fröffnungsrede Folgendes sagte:„ Aus den Stürmen der Zeit ist eine Partei entsprossen, deren Kühnheit, wenn nicht durch Entgegenkommen, so doch durch Nachgiebigkeit, bis zum Uebermaß gestiegen ist. Jede Autorität anfeindend, weil sie sich selbst zur Herrschaft berufen wähnt, unterhält sie mitten im allgemeinen politischen Frieden einen inneren Krieg, vergiftet den Geiſt und das Gemüth des Volfes, verführt die Jugend, bethört selbst das reifere Alter, trübt und verstimmt alle öffentlichen und Pribatverhältnisse, stachelt mit voller Ueberlegung die Völker zu systematischem Mißtrauen gegen ihre rechtmäßigen Herrscher auf, und predigt Zerstörung und Vernichtung gegen Alles, was be= steht." Wir enthalten uns, weiter zu zitiren, und wollen auch auf das lange, in Wien gebraute Protokoll nicht eingehen: Alles athmet denselben Geist der blinden Rathlosigkeit und Schwäche, die ihre Zuflucht zu drakonischen Maßregeln nehmen. Zudem braucht man ja auch, um solche Herzensergüsse zu lesen, wahr lich nicht bis auf Metternich zurückzugehen. Das Vorstehende genügt, um zu zeigen, daß man in jener Zeit von der Bourgeoisie genau so sprach, wie heute von der Sozialdemokratie! Die Zeitungen der Bamberger und Laster drucken die Schmähreden, die f. 3. die Feudalen gegen fie im erkünftelten heiligen Zorne aus sich herauspreßten, täglich in unveränderter Auflage ab. Wie früher die Feudalen, so ge= ben sich jetzt die Bourgeois als Beschützer aller Palladien der Menschheit aus, während der von ihnen auf allen Gebieten der menschlichen Thätigkeit proklamirte Individualismus in der That in die bodenloseste Versumpfung und beispielloseste Verflachung hineinführen muß. Alle hierher gehörige Polemik, die heute ar.'s Tageslicht tritt, ist nur ein Abklatsch der früheren; nicht einmal für das Wort„ Untergrabung" im Sinne des Sozialistengesetzes fann Herr Lasfer für sich Originalität beanspruchen!
Am 10. Dezember desselben Jahres 1834 faßte die Bundesbersammlung einen Beschluß, der werth ist, dem Gedächtniß des deutschen Volkes eingeprägt zu bleiben. Derselbe begann:„ Nachdem sich in Deutschland in neuerer Zeit und zuletzt unter der Benennung„ das junge Deutschland " oder„ die junge Literatur" eine literarische Schule gebildet hat, deren Bemühungen unver holen dahin gehen, in belletristischen, für alle Klassen von Lesern zugänglichen Schriften die christliche Religion auf die frechste Weise anzugreifen, die bestehenden sozialen Verhältnisse herabzuwürdigen und alle Zucht und Ordnung zu zerstören: so hat die deutsche Bundesversammlung, in Erwägung, daß es dringend nothwendig sei, diesen verderblichen, die Grundpfeiler aller geseylichen Ordnung untergrabenden Bestrebungen durch Zusammen: wirken aller Bundes- Regierungen sofort Einhalt zu thun, und unbeschadet weiterer vom Bunde oder von den Regierungen zur Erreichung des Zweckes nach Umständen zu ergreifenden Maßregeln, sich zu nachstehenden Bestimmungen vereinigt"... folgen nun die näheren Angaben, daß und wie die Verfasser, Berleger, Trucker und Verbreiter von Schriften, die aus der genannten Schule hervorgingen, bestraft werden sollen. Als zu jener Schule gehörend, werden Heinrich Heine , Karl Gußkow, Heinrich Laube , Rudolf Wienbarg und Theodor Mundt genannt. Jedes Wort der Rechtfertigung für diese
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ohne daß es eine Macht der Erde " bedurft hätte, wurde die konstitutionelle Monarchie zu Recht angenommen. So viel gilt in der Geschichte ein Königswort
In derselben Eröffnungsrede bezeichnet der König die Bestrebungen der Bourgeoisie wie folgt:„ Bei aller Anerkennung des ehrenhaften Strebens, die Presse durch einen edlen und gewissen Geiſt zu heben, ist es doch unzweifelhaft, daß in einem Theile derselben ein finsterer Geist des Verderbens herrscht, ein Geist der Auflockerung zum Umsturz und frechster Lüge, schmachvoll für die deutsche Treue und die preußische Ehre. Ich weiß es, daß der reine Volkssinn fest steht, doch täuschen wir uns darum
nicht über die argen Früchte des argen Baumes, die uns unter der Gestalt der Verstimmung, des Mißtrauens und schmählicher Einschüchterung vor dem des Liberalismus entgegentraten und an der Hand noch schlimmerer Erfahrungen, offenen Ungehorsams, geheimer Verschwörung, erklärten Abfalls von Allem, was guten Menschen heilig ist, versuchten önigsmords."
Wir schließen. Vierzigjährige Maßregeln haben das Jahr niſſe mußten kommen, entweder mit allen Segnungen des 1848 nicht abwenden können. Die damals eintretenden Ereig Friedens, wenn die Regierungen den Forderungen der Zeit genügt hätten oder- und da sie dies letztere nicht thaten, blieb leider kein anderer Weg übrig auf dem Wege der gewaltsamen Revolution!
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Kann es wirklich Menschen, Politiker, Staatsmänner geben, welche furzsichtig genug sind, zu glauben, daß ihre abgenutzten Polizeimittelchen gegen die kraftvolle, welterschütternde Arbeitet bewegung mehr Erfolg haben werden, als sie gegen die bürgerz lich freiheitliche Bewegung vor und mit 1848-49 hatten? Betrogene Betrüger ihr! Der Siegestag der Arbeiterbewegung, des Sozialismus wird anbrechen und ihr werdet seine aufgehende Sonne weder durch Minister und Pfaffengeschwät, noch durch
Kettenraffeln und Waffengeklirre verscheuchen! Das Einzige, was
in Eurer Macht steht, ist die Wahl, auf welche Weise die Umwandlung der alten staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung in die neue sich vollziehen soll: ob sie den Charakter einer ruhigen, allmäligen Entwicklung tragen oder ob die soziale Revolution gewaltsam hereinbrechen soll mit wild wehendem Lockenhaar und eherne San dalen an den Füßen!
Birmingham , 24. November. Die Ursache der heutigen Bewegung in Irland ist die Grund- und Bodenfrage. Leider ist dies eine Frage, deren Lösung augenscheinlich außerhalb der Tragweite der gegenwärtigen Agitation liegt, und doch hat durch das Grund- und Boden- Monopol kein Land mehr gelitten als Irland. Die Irländer sind stets als eine besiegte, abhängige und zugleich als eine rebellische Nation behandelt worden, die man nur durch brutale Gewalt im Zaume halten könnte. Nach der Eroberung Irlands ward dessen parlamentarische Unabhängigfeit vernichtet, indem es vollkommen abhängig von der Krone Englands gemacht wurde. Im Jahre 1800 wurde es Groß britannien einverleibt, aber die Vereinigung geschah mittelst ver ächtlichster Bestechung; die große Masse des Volkes war der= selben durchaus nicht geneigt.
Nach der Vernichtung oer parlamentarischen Unabhängkeit Jrlands schritt die englische Regierung zu den tyrannischsten Maßregeln, um den Handel und die Industrie des unterworfenen Landes brach zu legen, so daß die Bevölkerung gezwungen ganz allein auf dea Aderbau angewiesen wurde. Seine Mineral- Hülfsquellen durften sich ebenfalls nicht entwickeln, damit das Volk ja desto leichter in armer und entwürdigter Stellung gehalten wurde. Weder vor noch bei oder nach seiner Einver leibung hat England je gerecht oder edel an Irland gehandelt. Im Jahre 1801, während England mit einer Bevölkerung von 10,471,778 Seelen 489 Mitglieder, also 1 Mitglied auf je 21,414 Seelen im Parlamente zählte, hatte Irland mit einer Bevölkerung von 5,393,000 nur 100 Repräsentanten, also 1 Mitglied auf je 53,930. Dieses Mißverhältniß stieg noch durch die Reform Akte von 1832, wonach in England auf je 27,790, in Jrlano aber nur auf je 77,880 Köpfe 1 Mitglied kam.
Wollen wir uns auch nur oberflächlich mit der irländischen Grund- und Bodenfrage beschäftigen, so müssen wir um drei Jahrhunderte zurückgehen. So gefnebelt Irland auch schon lange vor der Reformation war, so brachte die Reformation selbst Irland doch ausnahmsweise grausame Gesetze, grausamer als sie in irgend einem Zeitalter oder Lande existirten. Man begann die systematische Ausrottung der ganzen Nation zu unternehmen, so grausam, wie sie die Geschichte nur je aufzuweisen hat. So erzählen uns die Geschichtsschreiber z. B., daß zwischen Smerwicke und Waterford , auf einer Strecke von 120 englischen Meilen, nicht ein einziger Eingeborner, weder Mann noch Frau noch Kind, ungemordet blieb. Das auf diese Weise entvölkerte und sodann von der Krone tonfis; irte Land wurde hierauf von der Königin Elisabeth mit englischen Soldaten neu besiedelt, indem jeder sich niederlassende Fußsoldat 120 und jeder Reiter 200 Icfer erhielt. James 1. zog 6 ganze Grafschaften ein, Charles II. 8 Millionen Acker und William III. nahm 2 Millionen Acker weg und belohnte dami theilweise Diejenigen, die ihm bei der Plünderung des Landes geholfen. Es erhielten Mr. W. Bentind( später Lord Bentinck ) 135,000 Adker, Lord Albemarle 108,000 Acer, Lord Romsay 49,500 Acer , Lord Rochford 39,000 Acer , Lord Galway 36,000 2c. Die Folge dieser Länderräuberei ist, daß heute 52 Grundbesizer je über 5,000 50,000 und 3 je über 100,000-170,000 Ader besitzen. Acer , 135 je über 10,000, 90 je über 20,000, 16 je über
Es besitzen 292 Personen zusammen 6,500,000 Ader, 744 9,612,000 Adfer, 942 Personen aber zwei Drittel ganz Jrlands!
Kann es etwas Widernatürlicheres geben, als solch ein Sym? Braucht man sich da zu wundern, daß das Volk arm ist und heute am Rande des Verhungerns und der Empörung steht? Aber schlimmer noch sieht die Sache aus, wenn man bedenkt, daß die Pachten meistens von a bwesenden Grundbefizern bezogen werden, die das Geld in fremden Ländern berzehren. Die ganzen Pachtgelder Jrlands betrugen nach parlamentarischen Statistiken im Jahre 1876 13,319,255 Pfund ( 266,833,100 Mart) von benen wenigstens 9,000,000 Pfund ( 180 Millionen Mt) außerhalb der Grenzen Irlands verausgabt wurden. Das Resultat kann unter solchen Umständen nicht zweifelhaft sein. 8,296,000, im Jahre 1875 5,297,000, also eine Abnahme Die Bevölkerung betrug im Jahre 1845 von nahezu 3 Millionen Köpfen! Ju Jahre 1847 herrschte eine schreckliche Hungersnoth, die die Menschen zu Zehntausenden hinraffte. Die Ursache war aber nicht etwa der Mangel an Nahrungsmitteln überhaupt, sondern der Umstand, daß die Vächter zunächst die Renten zu bezahlen hatten und dann nicht soviel übrig hatten, um das Leben zu fristen. Große
Quantitäten Korn und Vich wurden nach englischen Märkten verschifft, um die Pachtgelder zu bezahlen, während das irische Volk selbst verhungerte. Im Jahre 1849 wurden 50,000 Fa milien vertrieben, aus ihren Häusern und Hütten gewiesen und die letztern zerstört. An der Zeit von 1852 bis 1872 wurden mehr als 180,000 Familien ausgewiesen. Lord Lueau, ein