heit durch eine Kleine Minderheit, mit der Herrschaft Weniger und der geistigen, politischen und physischen Knechtschaft Vieler ist es bald für immer vorbei.
Freilich lassen die herrschenden Klassen kein Mittel unversucht, die errungenen Wahrheiten in ihrer Verbreitung zu hemmen, namentlich ist das brüderlich geeinte Pfaffen und Junkerthum aufs äußerste bemüht, die Volksschule von dem Gift der modernen Naturwissenschaften rein zu halten und eine möglichst armselige, aber streng konfessionelle Schule als Drillanstalt für das Volk gehört zu den höchsten Kulturidealen dieser edlen Sippschaft. Das bloße Verhehlen der Wahrheit ist an sich schon schlimm genug, ein Verbrechen an der Menschheit aber ist es, wenn dieselbe, wie in unsern Schulen, durch eine positive Unwahrheit er setzt wird, infolge davon unsere Kinder an einem Widerspruch zwischen Schule und Haus, zwischen Worten und Thaten, also Kurzweg an Verstellung und Heuchelei gewöhnt werden. Unbe kümmert um die erhabenen Lehren der Geschichte, nichtbeachtend die kampfvollen Thaten und schmerzensreichen Arbeiten der Menschheit, höhnend und verleßend die Rechte und Ansprüche, welche durch tausendjährige Arbeiten die Vernunft sich erworben hat, wagt man es heute, zu dem Alten zurückzukehren und die Fesseln, welche die freie Forschung kaum erst zu lockern begonnen hatte, aufs neue fester zu schnüren. Aber in dem Maße, in welchem man die Sprache des Gedankens hemmt, wird diejenige der Geschütze das vorherrschende Verständigungsmittel, und wer den Austausch von Ideen hintertreibt, wird denjenigen von Kugeln selbst verschulden. Glaubt man denn, die Blutströme vergangener Zeiten seien umsonst vorübergerauscht oder höchstens nur zu dem Zwecke vorübergeflossen, daß gewisse Individuen dadurch nur um so sorgloser in den Hängematten des alten Glaubens fich schaukeln und an dem Strome umsonst verflossener Jahrhunderte einen Spiegel der Herrlichkeit, Festigkeit und Beständigkeit ihres partikulären Eigenthums, ihres Glaubens befißen sollten? Zum Trost lehrt uns die Geschichte, daß gerade dann, wenn etwas am Rande seines völligen Untergangs steht, es noch einmal mit aller Gewalt sich erhebt, als wollte es von Neuem seinen schon vollbrachten Lebenslauf beginnen.ddsde
Mögen auch heute die Reaktionäre aller Farben, zitternd vor dem erwachten Volksbewußtsein, den wahnwißigen Versuch machen, Staat und Gesellschaft um Jahrhunderte zurückzuschleudern; mag Vircho: v aus Angst vor den Sozialisten die Deszendenzlehre für sich behalten und die Schule noch so sehr bewahren, weil der Darwinismus den revolutionären Elementen zu scharfe Waffen in die Hand liefere; mag Häckel noch so hoch und theuer ver fichern, der Darwinismus führe zu nichts weniger als demokratischen Konsequenzen, sondern sei vielmehr eine aristokratische Lehre; mag das von seiner feilen Presse verhette und mit dem rothen Gespenste kopfscheu gemachte, selbstständige und feige Bürgerthum noch so angstvoll in die rettenden Arme der Polizei und unter die schüßenden Fittige der Kirche sich flüchten es ist zu spät! Der Mensch des 19. Jahrhunderts will sich nicht mehr beugen vor selbstgemachten Autoritäten, er will nicht mehr erzittern vor selbsterfundenen Schrecken, er will nicht mehr anbetend niedersinken vor selbstgemachten Gößen; denn Furcht und Abhängig keit sind nach der von ihm gewonnenen Erkenntniß keine Bestand: theile echten religiösen Gefühls, und das Urbild wahrer Frömmigkeit ist ihm nicht das geduldige Schaf.
Die moderne Naturwissenschaft hat die Fesseln einer vergangenen Weltanschauung zerbrochen und die Grundsteine einer neuen, großartigern Kulturepoche gelegt, deren Eintritt spätern Geschlechtern als eben solcher Abschnitt in der Entwicklung der Menschheit erscheinen wird, wie uns der Sieg des Monotheismus vor 2000 Jahren. An die Stelle des Wunders setzte sie das Gesetz. Wie vor dem anbrechenden Tag erblichen vor ihr Geister nnd Gespenster, sie löschte die Scheiterhaufen der Heren und Kezer und wird nicht müde, den Wust alten Aberglaubens hinwegzufegen, die otrüben Nebel scholastischer und dogmatischer Vorurtheile zu zerstreuen und dem reinen Lichte der Wahrheit freie Bahn zu schaffen. Sie ist von ihrem staubigen Schulthron herabgestiegen und, alles gelehrte Phrasenwerk abstreifend, redet sie jetzt in verständlicher Sprache zu allem Volk, das sie hören will; denn das Recht auf Wahrheit ist kein Monopol, es ist das erste Recht des ganzen Volkes. Und dieses sein Recht läßt sich das Volk nicht mehr verkümmern merkt's euch, ihr Herren Darwinianer! Und wenn ihr eure erhabene Wissenschaft zur Frohnmagd des Kapitals herabzuwürdigen versucht, indem ihr auf Grund eurer Forschungen den Kampf Aller gegen Alle proklamirt, so laßt es euch gesagt sein: wir durchschauen den Betrug! Wir wissen sehr wohl, daß der Kampf ums Dasein in der ganzen belebten Natur herrscht und sogar das treibende Prinzip in der Entwicklungsgeschichte der Organismen bildet, aber einerseits beruht auch in der Thierwelt dieser Kampf nicht allein auf dem Recht des physisch Stärkeren, sonst müßte es ja lauter Löwen und Tiger geben! und andrerseits hat, was für die Thierwelt gilt und für die Menschheit auf ihrem langen Weg vom Höhlen bewohner bis zum Kulturmenschen gegolten hat, für die zivilisirte Gesellschaft des 19. Jahrhunderts längst seine Gültigkeit verloren. So gut wir die gewaltigen Naturkräfte, vor denen unsere kindlichen Vorfahren anbetend niedersanken, uns dienstbar gemacht haben und uns schützen vor ihren drohenden Ausbrüchen und verheerenden Wirkungen, denen jene fich rettungslos preisgegeben sahen, so gut haben wir auch das Recht und die Pflicht, jenes naturgefeßliche Prinzip. mit dessen Hilfe wir uns so unendlich weit über unsere thierischen Vorfahren erhoben haben, zu überwinden und zu beherrschen, denn der kulturhististorische Prozeß der Menschheit zeigt in letter Instanz nichts anderes, als eine allmälig immer weiter schreitende Beherrschung der Natur durch den Menschen, d. h. eine Emanzipation von den Naturgefeßen.on and pur di
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Heute herrscht allerdings noch der Kampf ums Dasein in seiner rohesten Form; derjenige, welcher durch Geburt, Erziehung, Freunde 2c. bevorzugt ist, welcher die besten Waffen besißt und die schwächsten Feinde sich gegenüber findet, der hat die meisten Aussichten, zu gewinnen; besser als andere kann er sich eine Stellung verschaffen, von deren Höhe herab er seine weniger begünstigten Mitmenschen verachten kann. Es gab eine Zeit, da man sich scheute, diese Blut- und Eisentheorie einzugestehen und mit dem rechten Namen zu benennen, jetzt aber wagt es eine gewisse Sorte von verschlagenen Politikern und hinterlistigen Betrügern, auf die Entdeckungen der Wissenschaft hinzuweisen mit den Worten:„ Seht, das ist das fatale Naturgesetz; also will
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es das Geschick der Menschheit, dem wir nicht entrinnen können!" Wohlan! Die Gewalt regiert", sagen die Vertheidiger der sozialen Ungleichheit! Ja, die Gewalt regiert, sagt die moderne Ausbeutung in ihrer brutalen Vollkommenheit. Was aber die Politiker sagen, was die Ausbeuter sagen, können das wir, die Revolutionäre nicht ebenfalls sagen? Ist es denn nothwendig, daß das Recht des Stärkeren immer zu Gunsten der Ausbeutung regiert?„ Gewalt geht vor Recht" hat Bismarck nach so vielen Andern gesagt; gut! bereiten wir den Tag vor, da Recht vor Gewalt gehen wird.
Wenn es wahr ist, daß die Ideen der Solidarität sich mehr und mehr ausbreiten; wenn es wahr ist, daß die Errungenschaften der Wissenschaft bis in die niedersten Hütten dringen, wenn es berillaz bie Wahrheit zum Gemeingut Aller wird, wenn wahr ist, daß die Wahrheit zum Gemeingut Aller wird, wenn die Entwicklung im Sinne der Freiheit und Gleichheit, der Gerechtigkeit und Menschenliebe fortschreitet, so werden die Arbeiter, die Pioniere einer neuen Zeit, welche zugleich im Besize des Rechtes und der Gewalt sind, die Revolution durchführen, welche das Reich Gottes" auf Erden einrichten und alle Menschen zu Menschen machen wird!
Der Krieg um die Rechtschreibung. Gedanken über Kanzlerwillkür und Reichstagsbummheit. Von einem Lehrer.
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Ist denn aus deutschen Landen alles Schamgefühl entflohen? Dder ist der blaue Dunst, welchen ein allmächtiger Minister und Reichskanzler zu machen versteht, so start, daß durch ihn alles flare Sehen verhindert wird? Oder ist der Nebel nur im Haupte einer hochlöblichen Volksvertretung" und benimmt derselbe alle Fähigkeit zu denken? Im Erzgebirge hungern die Arbeiter; in Schlesien auch; Arbeitslosigkeit und Nothstand überall! Die faule, feige Bürgerschaft aber zittert vor dem rothen Gespenst. Die Steuerlast ist kaum zu tragen und doch Erhöhung derselben in sicherer Aussicht. Dann Vermehrung des Militärs! Und was thut die Volksvertetung? Sie beschäftigt sich hört! hört! hört! hört! mit der deutschen Rechtschreibung!
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Ist das nicht Hohn? Der Voden Deutschlands glüht vor vulkanischer Bewegung; aber der dumme Bürger will es vor lauter Furcht nicht merken, ehe er nicht sich den Steiß verbrennt, ehe nicht sein Lagerstroh in Flammen steht! Und Bismard? Man weiß nicht, ob man den Mann bewundern soll wegen seiner geschickten Behandlung unserer famosen Volksvertretung oder verachten, weil er mit klarem Bewußtsein das deutsche Volk einem Bürgerkrieg entgegenführt. Und die deutsche Volksvertretung? Nun ja, die beschäftigt sich mit der Rechtschreibung; und um recht schreiben zu lernen, läßt sie das Recht nach Herzenslust mit Füßen treten. Doch das ist ja auch interessant und wichtig, daß wir deutsch schreiben lernen und keine Kleinigkeit; denn hört! der Reichskanzler interessirt sich dafür, es ist sogar ein Konflikt im Ministerium das muß doch wichtig sein! Bismarc ist für die alte historische Rechtschreibung, Puttkammer und Stosch sind für die neue phonetische; es werden Erlasse veröffentlicht, Buttfammer fann nicht bleiben Alles wegen der Rechtschreibung! Es wird eine Vorlage an den Reichstag kommen, die Sache muß genau untersucht werden, und widerliches Bild die Volksvertretung stürzt sich in diese Untersuchung und ist taub und blind gegen das, was während dessen vorgeht! Bismarck sieht dasselbe Bild, gerade so, wie wir es hier schildern, und verachtet eine Volksvertretung, welche sich so nasführen und treten läßt. Wahrhaftig, er lacht nicht, sondern er verachtet und hat ein Recht zu verachten. Aber er hat keinen Theil an der Blindheit unseres Reichstages.
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Oder meint man, daß Bismarck nicht weiß, was im Volke vorgeht? Seine Handlungen beweisen das Gegentheil; sie zeigen, daß Bismarck gar wohl das Bewußtsein hat von dem Kampfe, welcher bereits zwischen der Sozialdemokratie und der absoluten Monarchie entbrannt ist und noch viel heftiger und blutiger entbrennen wird. Die Sozialdemokratie rüstet zum Kampfe durch die Agitation, das einzige Mittel, welches ihr zu Gebote steht. Ihr gegenüber hat Bismarck reiche Mittel. Erstens versucht er der Sozialdemokratie den Boden streitig zu machen, indem er ihre Jdeen auf seine Weise verwirklichen will, durch das Monopol; denn durch dieses würde ja in der That der Staat das Risiko der Produktion übernehmen und die Arbeiter gegen die Schwankungen und Uebermacht des Kapitals sicher stellen können; ob es wirklich der Fall sein würde, ist freilich sehr fraglich. Auch kann die Sozialdemokratie niemals darauf eingehen, denn sie ist demokratisch, und nur durch sie können durch die Uebergabe der Produktion und ihres Ertrages an die Arbeiter, diese wirklich sicher: gestellt werden. Auf eine Demokratie kann Bismard wiederum nicht eingehen, denn er ist ein Junker und kein Perikles . Das zweite Kampfmittel Bismarcks ist das Sozialistengesetz, durch welches er die Agitation zu hindern sucht und die Gegner materiell an ihrem Vermögen und Hülfsmitteln schädigt. Das dritte Mittel ist die Unterdrückung der Preß- und Redefreiheit und hängt mit dem zweiten eng zusammen, zieht aber weitere Kreise in Mitleidenschaft. Das vierte Mittel ist aber positiv: die Verstär: fung der Heeresmacht; sie soll die absolute Monarchie( denn daß wir eine konstitutionelle hätten, wird sich wohl Niemand einbilden, welcher einigermaßen klar sieht) die kommende Revolution niederzuschlagen. Denn die Zucht des preußischen Unteroffiziers ist anerkannt eine wirksame und weiß manchem guten Deutschen Liebe zum Herrscherhause einzuprügeln; außerdem ist die Macht in Waffen größer, also auch die Aussicht des Sieges auf jener
Seite.
Bismarck weiß seine Pläne wohl zu berechnen und durchzusezen. Er hütet sich allerdings, dieselben offen darzulegen, denn er müßte ja unserer„ Volksvertretung" dann selbst die Augen öffnen. Deshalb läßt er, der verantwortliche Minister, sich niemals sehen und unverantwortliche Staatssekretäre für sich reden herrliche Verantwortlichkeit! Dann rechnet er unfehlbar auf die Dummheit der erleuchteten Volksvertretung", und diese Berechnung ist vollkommen sicher. So bei der Militäretatdebatte: Seht in Rußland die Nihilisten und ihr verwerfliches Treiben! Seht nach Frankreich ! Zwar droht uns dort kein Krieg, wir brauchen die Armeevermehrung eigentlich gar nicht indeß es ist uns nur um des lieben Friedens willen." Und die Volksvertretung schaut nach Rußland , blickt nach Frankreich und sieht nicht, was
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im eigenen Lande vorgeht, sondern bei diesem Augenverdrehen wird sie abgespannt und fällt in einen magnetischen Schlaf, schlimmer als den von Professor Hansen hervorgebrachten. Und wie im Traume nickt sie dann ihr" Ja" und das Militärgeset ist durchgegangen! Damit der Reichstag sich ja nicht zu lange mit der anstrengenden Politik befasse, wird ihr dann ein anderer Brocken hingeworfen und über der Rechtschreibung vergißt sie alles andere, namentlich die sozialen Verhältnisse; so ist dafür gesorgt, daß keiner je auf schlimme Gedanken komme.
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Bismarck , anstatt dem Volke entgegenzukommen, greift zu den gewaltthätigsten, tyrannischsten Mitteln und schärft dadurch den Haß und den Gegensatz zwischen Volk und Monarchie, er führt so mit flarem Bewußtsein das Land einem blutigen Bürgerkriege entgegen. Die elendeste Rolle aber spielt die Volksvertretung". Es wäre wahrlich an der Zeit, daß die Arbeiterfäufte die ganze Gesellschaft auseinanderjagten und ihr mit Ruthen das Recht recht auf den Rücken schrieben!
Erwiderung.
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In Nro. 12 des„ Sozialdemokrat" hat ein Parteigenosse„ aus Süd deutschland " mich wegen meiner Rede, die ich am 2. März im deutschen Reichstag gehalten, deshalb angegriffen, weil ich darin unter anderem erklärte, daß auch die Sozialdemokratie gegen einen äußern Feind Front wirklich deutsches Gebiet angreife.
machen werde, wenn ein folibrigens nichts weniger als in einer feier
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Diese Erklärung lichen Weise abgegeben war, wie man dies nach der eifrigen Verbreitung durch das Wolff'sche Telegraphenbureau glauben könnte hat den Zorn des süddeutschen Genossen erregt, der darin eine Art von Prinzipienverstoß erblicken zu müssen glaubte.
Ich erkläre nun, daß ich meine damaligen Worte auch heute voll und ganz aufrecht erhalte und daß, wenn es Parteigenossen gibt, die da glauben, ich sei zu weit" gegangen, ich andere in Menge gefunden habe, die sagen: es sei durchaus nothwendig gewesen, eine solche Erklärung resp. Erläuterung unseres Standpunktes abzugeben, um der geflissentlich verbreiteten Meinung entgegenzuwirken, als sei die international
ihr völlig gleich giltig sei, ob
Sinne vaterland slog, deutsche Sozialdemokratie in dem eine beliebige fremde Macht Feyzen deutschen Gebietes an sich reiße, oder ob Deutschland unter Fremdherrschaft komme. Nach dem Tone, den der Genoſſe aus Süddeutschland angeschlagen hat, soll diese Gleichgiltigkeit die einzig richtige Taktik der deutschen Sozial demokratie sein, und unsere Freunde verbreiten diese Auffassung in der That feit langem geflissentlich und mit gutem Erfolg. Ich bestreite aber die Richtigkeit di ser Auffassung ganz entschieden.
Wir bekämpfen den Patriotismus nicht an und für sich, sondern nur in so fern, als dieser als Hetzmittel gegen fremde Nationalitäten dient, als er dazu benützt wird, den Chauvinismus, den Nationalitätenhaß und die Nationaleitelkeit groß zu ziehen, um mit Hilfe dieser Eigenschaften beliebig Kriege entzünden zu können, die nur dazu dienen sollen, die Ketten, die das Volk trägt, weniger fühlbar zu machen, indem man seine Aufmerksamkeit von den inneren Zuständen nach Außen abzulenken sucht. Der Patriotismus, der in der Liebe zu dem Lande besteht, in dem man geboren, in dessen Sitten und Sprache man erzogen ist, der mit einem Wort den Boden bildet, in dem unser Sein wurzelt und sich entfaltet, dieser Patriotismus wird von der Sozialdemokratie nicht nur nicht verworfen, er wird dadurch tagtäglich von ihr im höch sten Maaße geübt, daß sie das System, das auf diesem Boden herrscht, mit aller Kraft und allen Verfolgungen zum. Troß bekämpft und Jedem, der diesen Boden verlassen will, zuruft: ,, Hic Rhodus, hic salta" bleibe hier und die neue Welt zu erkämpfen und zu schaffen haben." kämpfe mit, hier ist der Boden, auf dem wir die neue Zeit,
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Diese einfache Thatsache beweist, daß uns das Land, das unsere Heimath ist, trotz unserer weltbürgerlichen Gesinnung nicht gleichgiltig ist. Und wenn dies richtig ist und unsere ganze Thätigkeit für bessere Zustände in unserm Heimattande beweist es lo fann der Genoffe aus Süddeutschland auch nicht bestreiten, daß die erste Bedingung für die Befreiung dieses Bodens in unserem Sinne die ist, daß dieser Boden dem Volke, das auf ihm lebt, gehört, und nicht fremde Eroberer sich auf demselben breit machen. Unsere weltbürgerliche Gesinnung bedingt oder fordert nicht die Gleichgiltigkeit gegen das Heimathland; sie bedingt vielmehr die brüderliche Gesinnung gegen die Bewohner aller anderen Länder, vorausgesetzt daß man dort die gleiche Gesinnung gegen uns hegt. Mich aus brüderlicher Liebe zu einem Andern, der mich haßt, todtschlagen zu lassen, würde einfach an Wahnwitz grenzen.
Wie wichtig die nationale Einheit, wie immer sie gestaltet sein mag, auch für die ökonomische und die sozialistische Entwickelung ist, das haben uns die letzten 10 Jahre gezeigt. Was hat der sozialisti schen Bewegung in Deutschland seit 1871 den mächtigen Aufschwung gegeben, der unsere Feinde zittern machte und die endliche Vereinigung der früher sich heftig bekämpfenden Fraktionen herbeigeführt hat? Einfach der Umstand, daß mit Beendigung des deutsch französischen Krieges der Zantapfel über die nationale Gestaltung Deutschlands so gut wie beseitigt war und gleichartige wirthschaftliche Gesetze die Gleichartigkeit der ökonomischen Entwickelung möglichst förderten.
Bewegung, als er augenscheinlich ist, so würde er wissen, wie eine der Wäre der Genoffe aus Süddeutschland älter und erfahrener in der Hauptkontroversen zwischen dem Allg. deutschen Arb.- Verein und den Eisenachern vor 1870 die Stellung zu den Ereignissen des Jahres 1866 und deren Folgen war. Er wirde aber auch ferner willem Anglinge
Ansicht, die deutsche Sozialdemokratie habe sich auch in einem AngriffsKriege seitens des Auslandes einfach neutral zu verhalten, schon durch die Stellung, welche dieselbe den Ereignissen des Jahres 1870 gegenüber einnahm, als eine grundirrige anerkannt wurde. Als der Krieg von 1870 ausbrach, war in der ganzen deutschen Sozialdemokratie darüber kein Zweifel, daß man bei einem Angriffs- und Eroberungskrieg gegen Deutschland verpflichtet sei, alles für die Vertheidigung der natio nalen Unabhängigkeit aufzubieten. Wohl aber waren damals die Meinungen darüber sehr gespalten, ob der von Napoleon formell erklärte Krieg wirklich ein Angriffs- und Eroberungskrig und nicht vielmehr ein durch die Bismarck 'sche Politik gewollter und aufgedrungener sei.
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und
Diese letztere Ansicht hatten damals im norddeutschen Reichstag Liebknecht und ich und diesen Standpunkt habe ich in der hier in Frage stehenden Rede am 2. März im Reichstag auf's neue gewahrt Krieg erklärt, derselbe aber das nothwendige und gewollte Resultat der wir gaben demgemäß damals die Erklärung ab, daß zwar Napoleon den Bismarck 'schen Politik sei, weßhalb wir uns der Abstimmung für Be willigung der Kriegsmittel enthalten mußten. Dieser Ansicht standen die damaligen Vertreter des Allg. deutschen Arb.- Ver.( Schweißer, Hasenclever, Fritzsche) diametral gegenüber. Sie erklärten: der Krieg sei unzweifelhaft ein Vertheidigungstrieg von deutscher Seite, und für diesen die Mittel zu bewilligen sei eine Pflicht, der gegenüber alle sonstigen Meinungsverschiedenheiten zu verschwinden hätten; und sie stimmten dem nach für die Bewilligung. Und diese letztere Auffassung wurde getheilt vom Ausschuß der Eisenacher( Bracke,
knecht und mich erklärte, und mit dieder sich gegen Lieb
Einigkeit wurde erst erzielt, als durch den Sturz Napoleons der angebReihe Mitgliedschaften. liche Friedensstörer verschwunden war und durch die nunmehr offen betriebene Agitation für die Annexion von Elsaß- Lothringen aus dem Vertheidigungskrieg ein Eroberungskrieg wurde.
Diese Auffrischung eines geschichtlichen Vorkommnisses im Leben der deutschen Sozialdemokratie dürfte dem süddeutschen Genossen beweisen, daß die von ihm verlangte absolute Neutralität auch in einem Angriffskrieg auf wirklich deutsches Gebiet etwas schwerer aufrecht zu er halten sein dürfte, als er sich vorstellt. Und es liegt das ganz in der Natur der Sache.
Zum Ueberfluß will ich ihm noch mittheilen, daß gerade Genosse Kayser, auf den er sich in seinem Angriff auf mich für seine Ansicht glaubt berufen zu dürfen, es war, der sein volles Einverständniß mit meiner Erklärung sofort im Reichstag aussprach, weil damit ein für allemal dem albernen Geschwätz, als wollte die deutsche Sozialdemokratie deutsches Land jedem beliebigen Eroberer Preis geben, ein Ende gemacht