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Erscheint

wöchentlich einmal

in

Zürich  ( Schweiz  )

Verlag

A. Herter, Industriehalle

Riesbach  - Zürich  

Poffendungen

franco gegen franco. Gewöhnliche Briefe

nach der Schweiz   fosten

Doppelporto.

M: 17.

Der Sozialdemokrat

Zentral- Organ der deutschen   Sozialdemokratie

Sonntag, 24. April.

Avis au die Borrefpondenten und Abonnenten des Sozialdemokrat".

Da der Sozialdemokrat" sowohl in Deutschland   als auch in Oesterreich   verboten ist, bezw. verfolgt wird, und die dortigen Behörden sich alle Mühe geben, unsere Berbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Vorsicht im Postverkehr nothwendig und darf keine Vorsichtsmaßregel versäumt werden, die Briefmarder über den wahren Abfender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und letztere dadurch zu schützen. Haupterforderniß ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten

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Abonnements werden nur beim Verlag und dessen bekannten Agenten ent­gegengenommen und zwar zum voraus zahlbaren Vierteljahrspreis von:

Fr. 2.- für die Schweiz  ( Kreuzband) Mt. 3. für Deutschland  ( Couvert) f. 1. 70 für Oesterreich( Couvert) Fr. 2. 50 für alle übrigen Länder des Weltpostvereins( Kreuzband).

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Die dreigespaltene Petitzeile 25 Gts. 20 Bfg.

1881.

als möglich an den Sozialdemokrat", resp. dessen Verlag selbst adressiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtige Adreffe außerhalb Deutschlands   und Oesterreichs   wenden, welche sich dann mit uns in Verbindung setzt; anderseits aber, das auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Rekomandirung. Soviel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch kosten scheuen, um trotz aller ent­gegenstehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.

Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten und Gemaßregelten nicht!

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In Memoriam!

Am 15. April unserer Zeitrechnung, also am 3. April alten Stils, erlitten in Petersburg   den Tod durch Henkers­hand:

Nikolaus Ryssakoff, 19 Jahre alt, Timotheus Michailoff, 21 Jahre alt, Sophia Perowskaja, 27 Jahre alt, Nikolaus Ribaltschitsch, 27 Jahre alt, Andrej Shelia bow, 30 Jahre alt.

Im westlichen Europa   feierte man an demselben Tage, fast um dieselbe Zeit, den sogenannten Charfreitag, den Tag, an welchem nach der Legende des Christenthums Jesus von Nazareth   die Sünden der Menschheit durch seinen Tod büßte. Die Religion, die seinen Namen trägt, soll die Religion der Liebe, der Ver­söhnung, der Vergebung sein.

Diejenigen, welche die Hinrichtung anordneten, diejenigen, welche sie gutheißen, nennen sich Christen. Ihr Gebet lautet: Vergieb uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldnern.

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Was die Erhängten gethan haben sollen, was einige von ihnen gethan in Rußland   nennt man es Verbrechen. Ihre Verurtheilung geschah von Rechtswegen". Auch Jesus Christus  wurde, wie aus den Evangelien hervorgeht, von Rechtswegen ans Kreuz geschlagen.

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Freilich, Jesus Christus   war kein Attentäter", er fabrizirte feine Dynamitbomben, aber er predigte Auflehnung gegen die bestehenden Geſetze", er schmähte die Religionseinrichtungen", reizte zum Aufruhr", denn er sprach: Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert!"

Wo aber steht geschrieben, daß man ihm das freie Wort vorenthalten, daß man seine Freunde um ihrer Gesinnung willen verbannt, eingeferfert und gehängt hatte?

Die Anhänger von Christi Lehre feiern sein Gedächtniß, unbekümmert um die Verbrechen", die er begangen. Es waren andere Verhältnisse, andere Sitten, als er sie verübte.

Andere Verhältnisse, andere Sitten als bei uns herrschen in Rußland  . Wir stimmen daher nicht mit ein in das Ver­dammungsurtheil, welches das anständige" Publikum über die " Zarenmörder" gefällt.

Wenn es ein Verbrechen war, wessen man sie beschuldigte, der grausige Tod, den sie am 15. April erlitten nicht Henfersarbeit, nein Schinderarbeit, nennt es selbst der Bericht erstatter der anständigen" Kölnischen Zeitung  "- er hat es nicht nur gefühnt, er hat es gerechtfertigt.

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Sie tämpften nicht um materiellen Vortheil, nicht um Ehren­stellen, nicht um Ruhm; sie fämpften überhaupt nicht für sich. Ihre gesellschaftliche Stellung, ihre anerkannt glänzende Be­gabung hätten vier von ihnen und der fünfte, Michailoff, und der fünfte, Michailoff, starb, ohne daß man ihn einer Schuld überführt hätte eine ehrenvolle Laufbahn gesichert, ehrenvoll in des Wortes geläufiger Bedeutung, voll der Ehren sie verzichten darauf. Sie fannten nur ein Ziel: das Wohl des armen, des unter­drückten Volkes. Es zu belehren, es über seine Interessen auf­zuklären, waren sie zu ihm gegangen, hatten seine Leiden ge­theilt, seine schwere Arbeit mit ihm verrichtet. Man kerkerte sie dafür ein, verbannte sie, man ächtete sie.

Verzweifelt griffen sie zu den Mitteln, die ihnen allein noch übrig blieben, zum Schrecken. Nicht muthwillig, wie in Ueber­einstimmmung mit ihren Henkern einige alberne Schreier in London   und New York   ausposaunten, sondern gezwungen. Ihnen blieb kein anderes Kampfmittel.

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Es ist nicht wahr", sagte die kühne, edle Sophia Berowskaja, daß wir grausam sind, wir konnten nicht frei in unseren Mitteln wählen, aber wir wählten jene, welche die geringste Gefahr für die Allgemeinheit in sich schlossen. Wir legten die Mine in der Gartenstraße an, weil wir wußten, daß Niemand dort sein dürfe, wenn der Kaiser durchfährt. Aus demselben Grunde wählten wir das Ufer des wenig besuchten Katharinen­Kanals. Der Werfer der Bombe war in derselben Gefahr wie sein Opfer, und er wußte dies."

ordnete, nachdem er sich in aller Stille aus der Hauptstadt in ein wohlgeschütztes Lustschloß geflüchtet. Wie Giordano Bruno   seinen Beinigern, konnten sie ihm zurufen: Du fürchtest uns mehr, als wir Dich.

Die Kampfmittel, welche sie angewendet, sind nicht die unseren, wohl aber sind ihre Ziele die gleichen wie die unsrigen. Sie kämpften gleich uns für die Beseitigung aller wirthschaftlichen Ausbeutung und politischen Unterdrückung, gleich uns für Gleichheit alles dessen, was Menschen antlig trägt.

Darum halten wir, hält die Sozialdemokratie aller Länder ihr Gedächtniß in Ehren, darum sind ihre Namen unauslöschlich in unsere Herzen eingegraben.

Die Bourgeoisie und die Republik  .

Ein Hauptvergnügen der offiziellen und offiziösen Presse Deutschlands  besteht in letzter Zeit darin, die Fortschrittler als Republikaner hinzu­stellen, was diesen Herren erwünschten Anlaß gibt, ihre ,, Königstreue" zu betonen, und auf diese Weise ausdrücklich darzuthun, wie Unrecht Die­jenigen haben, welche- namentlich für Deutschland  - die bürgerliche " blaue" Republik   als Uebergangsform zum sozialistischen   Staats- und Gesellschaftsorganismus betrachten.

Die Bourgeoisie im Großen und Ganzen war nie republikanisch und heute ist sie's weniger, als je. Ja noch mehr, die Monarchie ist gerade diejenige Regierungsform, die der Bourgeoisie vorzüglich eigenthümlich ist. Die aristokratischen Staaten kennen eine Monarchie in unserem Sinne

nicht. Abgesehen von den antiken Staaten, vermochte auch während des Mittelalters fich im Abendlande nirgends eine unumschränkte Königs­gewalt zu behaupten. Die Könige" und" Kaiser  " waren gewählte lebens­längliche Präsidenten von sehr geringem Einflusse. Polen  , wo unter allen europäischen   Staaten die Herrschaft des Adels am längsten dem Abso­ lutismus   Widerstand geleistet haben dürfte, wurde bezeichnender Weise bald Königreich, bald Republik   genannt. Es war in Wirklichkeit eine Republik   mit einem König an der Spitze.

Mühsam kämpfte das Königthum gegen den Adel an, um sich eine un­

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beschränkte und erbliche Stellung zu verschaffen. Unterstützt war es bei diesen Bemühungen von der Wissenschaft, namentlich dem römischen Recht und der Entwicklung der Technik und von der Bourgeoisie. Die Bourgeoisie ist es, die den Königen hilft, den gemeinsamen Feind, den Adel, niederzuwerfen, sie ist es, die dem Absolutismus zum Siege verhilft. Dieser Absolutismus ist der aufgeklärte Absolutismus, so lange er daran arbeitet, den Adel und nach dem Adel den zweiten ge­meinsamen Feind, die römische Kirche, das dem Absolutismus nicht unter­worfene Pfaffenthum( nicht das Pfaffenthum überhaupt), zu bekämpfen. Daher die Popularität Elisabeths von England, in gewissem Sinne Ludwig XIV.  , Friedrich II.  , Joseph II.  , Katharinas von Rußland  .

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Aber bald ändert sich das Bild. Der unterworfene Adel wird aus einer selbständigen Klasse ein Werkzeug des Königthums, der Hofadel; das gleiche ist mit dem Pfaffenthum der Fall. Ihnen gegenüber steht die erstartte Bourgeoisie, welche als selbständige, herrschende Klasse angesehen sein will der Kampf zwischen Bourgeoisie einerseits Königthum, Hofadel und Hofflerus andererseits, ist unvermeidlich. Trotzdem tritt die Bourgeoisie bei diesem Kampfe nirgends als Feindin des Königthums im Prinzip auf, fie will nicht das Königthum vernichten, sondern es sich unterwerfen, es zu einem Werkzeug machen: das Ideal der Bour­geoisie ist nicht die Republit, sondern die konstitu= tionelle Monarchie.

Die Monarchie ist mit der Bourgeoisie aufgewachsen, die Tradition knüpft sie beide aneinander. Der Kampf um's Dasein während der histo­rischen Entwicklung hat dafür gesorgt, daß die monarchischen Neigungen beim Bourgeois zum Instinkt geworden sind, dem er ohne Nachdenken folgt. Aber auch abgesehen davon, muß die kühle Erwägung dem Bour­geois die Nothwendigkeit der Monarchie darlegen.

Die Herrschaft des Adels ist die Herrschaft einer physisch stärkeren, in den Waffen besser geübten Rasse über eine physisch schwächere. Die Herr­schaft des Klerus ist die Herrschaft einer höher gebildeten Klasse über eine ungebildete. Sie beide herrschen vermöge Eigenschaften, die ihnen Niemand rauben kann. Sie brauchen kein Königthum, fie akzeptiren dasselbe erst, wenn sie nicht mehr den anderen Klassen im Waffenhandwerk oder an Bildung überlegen sind.

Anders die Bourgeoisie. Ihre Herrschaft beruht auf dem Kapital, etwas, was man ihr sehr leicht nehmen kann. Sicherheit des Eigenthums, gute Polizei, eine starke Regierung", das sind die Hauptbedingungen ihrer Herrschaft. Die Bourgeoisie fühlt sich weder physisch noch geistig den Ausgebeuteten überlegen und darum theilt sie willig ihre politische Macht mit Demjenigen, der sie vor den Ausgebeuteten schützt.

Weder die Schweiz   noch Amerika   können als Einwände gelten. Die Schweizer   Bourgeoisie und ihre Presse zeigt sich so servil und monarchisch gesinnt, als sich's nur irgend ein russischer oder deutscher   Despot wünschen kann. Nicht sie, sondern die Bauern und die Arbeiter halten den repu­

Wir wissen nicht, ob wir in gleicher Lage wie Jene das Gleiche gethan, wir wünschen uns aber, daß wir, wenn es darauf ankommt, den gleichen Muth, die gleiche Selbſtverleng- blikanischen Gedanken hoch. nung an den Tag zu legen vermöchten.

Wir zögern nicht, es auszusprechen: Unsere Sympathie gehört den Gehenkten, nicht Jenem, der ihre Hinrichtung an­

Ebenso ist's mit den Vereinigten Staaten:

Die Komödie, die man mit Grant aufgeführt hat, zeigt deutlich, wie sehr sich dort die Bourgeoisie nach einem Monarchen sehnt, und daß

allein die Bauern, die Arbeiter und sind, welche die Republik   schützen.

die Aristokraten des Südens es

Blicken wir auf England. Als Elisabeth's Nachfolger versuchten, mit Hilfe des Hofadels den Absolutismus auch gegen die Bourgeoisie durch­zuführen, da erhob sich diese allerdings, aber nicht, um Karl I.   zu ver­nichten, sondern um ihn zu demüthigen, ihn zum Werkzeuge des Parla­ments zu machen. Die puritanische Bauern armee mit Cromwell   an der Spitze war es, welche das Parlament sprengte, Karl I.   köpfte und die Republik   proklamirte. Um diese Bauernarmee loszuwerden, schloß die englische Bourgeoisie jenen Kompromiß mit Adel und Königthum, an deffen Folgen England heute noch leidet. Die Bauern haben Karl I.   hin­

gerichtet, die Bourgeoisie aber hat Karl II.   wieder auf den Thron

gesetzt.

Schließlich werden die Stuarts verjagt, weil sie, wie die Bourbonen, nichts gelernt und nichts vergessen haben und Könige, nicht Werkzeuge sein wollen. Wie in Frankreich   die Orleans  , kommt in England das Haus Oranien   auf den Thron man hält's ohne König nicht aus.

Auch sonst zeigt Frankreich   viele Analogien mit England. Die Bour­geoisie hat 1789 nicht im Mindesten die Absicht, Ludwig XVI.   zu be­seitigen, sie will ihn blos aus einem Könige des Hofadels zu einem Könige der Bourgeoisie machen. Hätte er sich mit dieser Rolle begnügt, so wäre es kaum zu den staunenswerthen Ereignissen der französischen  Revolution gekommen. Aber es ist undenkbar, daß irgend ein König einerseits energisch genug gewesen wäre, den Hofadel niederzuhalten, und anderseits zahm genug, die ganze Bourgeoisrevolution geduldig mitzu­machen. Und dann hätten vielleicht die andern europäischen   Monarchen gegen seinen Willen den Krieg an Frankreich   erklärt. Man kann also wohl sagen, daß der Gang, welchen die französische   Revolution nahm, unabwendbar war.

Sicher ist, daß die französische   Bourgeoisie 1789 nicht im Entferntefien an eine Republik   dachte. Aber vom Königthum verrathen, vom Ausland mit der Vernichtung bedroht, ist die Bourgeoisie, sehr wider Willen, ge­zwungen, ihren bisherigen Schutzherrn, das Königthum, fallen zu lassen und sich einen andern zu suchen denn sich selbst zu vertheidigen, war

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die Bourgeoisie nicht fähig. Sie ruft daher das Proletariat zur ,, Rettung des Vaterlandes" auf, und mit dem Proletariat tritt die republikanische Idee auf die Bühne.

Die ganze Schmach, welche das Königthum Ludwig's XV. und XVI. über Frankreich   gebracht, sie wird glänzend weggewaschen durch die wundervollen Thaten des republikanischen Proletariats, welches das mon­archische Europa   zu Boden wirft. Diese Periode, die großartigste des letzten und bisher auch unseres Jahrhunderts, sie hat sich in den Herzen und Köpfen der Franzosen   eingegraben und daher kommt es, daß die republikanische Idee so feste Wurzeln in Frank­ reich   geschlagen hat. Die Monarchie bedeutet dem Franzosen   die Zeit der Schmach, die Republik   die Zeit des höchsten Glanzes. Und trotzdem, trotz alledem hat die Bourgeoisie es stets wieder mit der Mon­archie versucht. Im Februar 1848 wollte die Bourgeoisie Louis Philipp blos zur Raison bringen, nicht ihn stürzen. Das Pariser Proletariat war es, welches ihn vertrieb. Und wieder war es das Proletariat, das sich 1871 erhob, um die bedrohte Republik zu vertheidigen. Daß sich nach der Niederschlagung der Kommune nicht das Schauspiel wiederholte, das Frankreich   nach der Junischlacht erlebte: die Aufrichtung eines neuen Thrones, ist nicht der republikanischen Gesinnung der französischen   Bour­geoisie zu verdanken, sondern der Uneinigkeit der Prätendenten und dem Umstande, daß der einzige, der unter denen des Jahres 1848 noch eini­germaßen auf eine fast ebenso glanzvolle Periode wie die der ersten Re­volution hinweisen konnte, der Bonapartistische, im Jahre 1871 ebenso schmachbedeckt dastand wie der Bourbonische und Orleanistische. Aber trotzdem war das einzige Zugeständniß, das man den republikanischen Tendenzen machte, der republikanische Name: mit Stolz konnten Thiers und Mac Mahon   und bisher auch Grevy darauf hinweisen, daß ihre Regierung ebenso stark sei als irgend eine in Europa  , wie sie denn auch mit demselben Apparat arbeitet wie das Kaiserthum.

Auch in Deutschland   und schon gar in Oesterreich  ( abgesehen von dem Agrikulturland Ungarn  , wo die Aristokratie noch ziemlich unabhängig war) waren die revolutionären" Bestrebungen der Bourgeoisie nur dar­auf gerichtet, das Königthum dem Einflusse des Hofadels zu entziehen und es ihr selbst dienstbar zu machen. Selbst ein Heine und Börne dachten nur an eine konstitutionelle Monarchie. Börne meint zwar, ein jedes Volk hat das Recht, seinen König fortzujagen, wenn ihm dessen Nase nicht gefalle aber daraus folgt nicht, daß die Könige fortgejagt werden sollen, sondern daß sie ihre Nasen nach dem Willen des Volkes" einzurichten haben.

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Die republikanische Idee, von Frankreich   nach Deutschland   verpflanzt, ist hier stets eine exotische Pflanze gewesen, eine Spielerei für Stu­denten in ihren jungen Jahren. Heute auch das nicht. Die meisten Der­jenigen, die 1848 Republikaner waren, sind heute Königstreue. Die wenigen, denen es ernst war mit ihrem Republikanismus, sind später fast alle auf Seiten des Proletariats, in die Reihen der Sozialdemo­fratie getreten.

Es ist übrigens vielleicht nicht zufällig, daß die republikanische Idee am stärksten im Rheinland   und in Baden war, zwei Länder, in denen der bäuerliche Grundbesitz stark ist und noch zahlreiche Refte des ehemaligen Gemeineigenthums an Grund und Boden zu finden sind.

Die Bourgeoisie als Klasse war also nie republikanisch. Sie brauchte ftets einen gekrönten Nachtwächter, der ihr Eigenthum beschützt. Sie wollte nur, daß der Nachtwächter Ordnung parire, sich dem Parlamente flige. Heute will sie nicht einmal mehr das. Die Bour­geoisie von heute ist so schwach, so feige, so bankrott, daß sie mit dem zu­frieden ist, mit dem sie sich bereits 200-100 Jahre bevor, als sie noch schwach und unentwickelt war, zufrieden zeigte: mit dem aufgeklärten" Despotis