dustriearbeiter, allein er ist absolut rechtlos, von der Laune seines Ge­bieters abhängig, steht unter dessen Peitsche.

Wollen Sie für den Bettel einiger kleiner materiellen Vortheile Ihre Freiheit und die Ihrer Mitbürger hingeben? Wollen Sie die Junker peitsche auf Ihrem Rücken herumtanzen lassen?

Es ist unmöglich.

Die Arbeiterklasse, die in allen Ländern Europa's   die Fahne der Zivi­lisation und des Fortschrittes trägt, die alle Schlachtfelder der Freiheit mit ihrem Blute gedüngt hat, wird im Lande der Bildung, in unserem Deutschland   ihrer Kulturmission nicht untreu werden, sich nicht gegen die Freiheit wenden, der allein sie ihre Emanzipation verdanken kann. Die Arbeiter Deutschlands   sollten ihre Wange dem Judaskuß der Herrn Wagener und Konsorten hinhalten und für das Linsengericht eines feudal- sozialistischen Misch­maschs ihr Erstgeburtsrecht, ihre Zukunft, die Zu­kunft unseres Volkes verschachern? Unmöglich! Un­möglich!

Freilich, mit der Fortschrittspartei kann die Arbeiter­tlasse nicht gehen, aber der Umstand, daß die Fortschrittspartei*) ihre Pflicht nicht erfüllt hat, ist für die Arbeiter kein Grund, daß sie ebenfalls ihre Pflicht nicht erfüllen, und einen Ver= rath an der Freiheit verübend, sich Denen in die Arme zu werfen, die selbst die unzureichenden Forderungen der Fortschrittspartei als zu weit gehend bekämpfen. Man bietet Ihnen Konzessionen gut, nehmen Sie, was Sie bekommen, nehmen Sie es ohne Dank als ein Bruchtheilchen Ihres Rechtes, als eine Waffe, um mehr zu erkämpfen. Sie machen sich damit keiner Undankbarkeit schuldig, denn was Ihnen geboten wird, wird Ihnen nicht geboten um Ihret willen, nicht zu Ihrem Nußen, sondern um der Herren Willen, die es bieten, und zu dieser Herren Nutzen. Man liebäugelt mit den Arbeitern und will sie kaufen, damit sie dem Junkerthum Hand- und Spanndienste thun, und in toller Verblendung die Ketten schmieden, mit denen das Proletariat so gut wie das Bürger­thum gefesselt werden soll.

Die deutschen   Arbeiter werden nicht in die Falle gehen.

Nur ein Kurzsichtiger kann unter den jetzigen Parteiverhältnissen, an gesichts der Fortschrittspartei und der Regierung, das Entweder Oder aussprechen: Entweder mit den Feudalen, oder mit der Fortschrittspartei!

Die wahre Losung lautet: Weder Noch!

-

-

und in großen

Die Arbeiter haben weder mit den Feudalen noch mit der Fortschrittspartei gemeinsame Ziele; sie müssen ihren eigenen Weg wandeln. Organisiren Sie sich, diskutiren Sie. Benützen Sie das Koalitionsrecht, welches Ihnen voraussichtlich bald bewilligt werden wird! Benützen Sie das Bischen Wahlrecht, welches Sie haben, um Ihre eigenen Kandidaten aufzustellen Städten, wie Berlin  , wo das Bürgerthum nicht siegen kann, wenn Sie nicht zu ihm stehen, haben Sie es in Ihrer Macht, Arbeiterkandidaten durchzubringen. Arbeiten Sie unermüdlich an Ihrer Emanzipation! Stoßen Sie mit Verachtung die Allianz zurück, welche die Reaktion Ihnen anbietet! Treten Sie mit gleicher Verachtung Denen entgegen, welche Sie bloß zum Claque Chor der Fortschritts­partei degradiren wollen!

W

Marschiren Sie voran ohne nach Rechts oder nach Links abzuirren! Marschiren Sie vorwärts, kühn und in dem stolzen Bewußtsein, daß die Arbeiterklasse jetzt die alleinige Hüterin der heiligen Flamme der Freiheit ist! Marschiren Sie vorwärts, als die wahre Fortschritts­partei, als die wahre Volkspartei, und Sie werden fiegen!

Briefe aus dem Gefängniß Gefängniß Deutschland.

Den 8. Oktober 1881.

Wir haben in unserer Geschichte verschiedene Perioden, die von den Geschichtsschreibern als Zeiten unserer tiefsten Erniedrigung bezeichnet wor den sind, keiner kommt diese Bezeichnung aber mit solchem Rechte zu, wie der gegenwärtigen Periode. Die sittliche Verrohung, welche den 30jährigen Krieg und das nachfolgende Halbjahrhundert charak­terisirte, findet sich in verstärktem Maße jetzt wieder der Massen­mord wird zur höchsten Kulturthat gestempelt und die Vorbereitung zum Massenmord ist nach der herrschenden Anschauung die vornehmste natio­nale Thätigkeit. Alles was brutal ist, wird gefeiert, und der entweihte Tempel der Wissenschaft und Kunst duftet nach der Kaserne und dem Pferdestall. Wenn der Verfasser des Simplicius Simplicissimus" heute lebte, er fände wohl etwas mehr äußerliche Gelecktheit, dafür aber wo möglich eine noch größere innere Rohheit als zu seiner Zeit. Und nehmen wir die zweite Periode, die neben dem 30jährigen Krieg mit Vorliebe als Zeit der tiefsten Erniedrigung Deutschlands   bezeichnet wird: die Zeit der Fremdherrschaft zu Anfang dieses Jahr­hunderts war die Servilität, das Denunziantenthum, der Druc

-

"

-

von Oben, die Niedertracht von Unten damals auch nur annähernd so groß wie gegenwärtig, unmittelbar nach der vielgerühmten nationalen Wiedergeburt"?

Hat Napoleon  , haben seine Marschälle die Schamlosigkeit besessen, hunderttausende von ehrlichen Bürgern für vogelfrei zu erklären? Hat selbst ein Davo ust es gewagt, mitten im Frieden Hunderte von Eri­stenzen zu zerstören, Hunderte von Unschuldigen aus ihrem Heim zu ver­treiben? Hat Napoleon  , haben seine Marschälle sich zu der Schurkerei verstiegen, die Post in eine riesige Spioniranſtalt zu verwandeln, jeden Boftbeamten amtlich und durch öffentliche Verordnung zu den niedersten Spionirdiensten zu verpflichten? Hatte die unter Fouché   stehende ge­heime Polizei, die vermehrte Einwohnerzahl in Rechnung gezogen, auch nur den zehnten, den hundertsten Theil des Umfangs erreicht, welchen die geheime Polizei jetzt hat? Hatte die Polizeiwillkür   unter Napoleon  und Fouché   auch nur annähernd die Höhe erreicht, zu welcher sie heute gelangt ist? Und war unter Napoleon   und Fouché   in unserem Deutsch­ land   bei einem großen Theil der Bevölkerung der Sinn für Freiheit, Ehre und Recht so abgeftumpft, ja so vollständig erloschen, wie dies jetzt der Fall ist?

Wer die Geschichte jener Zeit fennt und wer in unserer Zeit sich die Urtheilsfähigkeit bewahrt hat, kann auf keine dieser Fragen mit Ja! antworten, kann bei einer Vergleichung der beiden Perioden einen Augen­blick schwanken, sein Urtheil dahin abzugeben, daß unsere Zeit, wenn wir die deutsche   Geschichte durchstreifen, in der That die Periode der tiefften, der weitaus tiefsten Erniedrigung Deutschlands   ist.

Bismard, seinem ganzen Wesen nach slavisch  , hat die slavisch- zarische Regierungsmarime zu der Seinigen gemacht: a vilir pour asservir: herabwürdigen um zu versklaven. Er hat, in treuer Nach­ahmung seiner russischen Vorbilder, seine geniale" Staatsmannskunst daran gesetzt, Deutschland   moralisch zu degradiren und so dem Volke jede Widerstandskraft zu rauben.

-

Wohlan bei der Bourgeoisie ist es ihm gelungen, bei den Arbei­tern aber nicht. An den Arbeitern, die all seinen Lockungen und Ver­führungen sich unzugänglich erwiesen haben, wird das Bismard'sche Sy ftem auch zu Schanden werden.

Von der schuftigen Denunzianten- und Spionen- Wirthschaft, wie sie jetzt in Deutschland   grassirt, kann man sich im Ausland unmöglich einen richtigen Begriff machen. Aehnliches ist nie dagewesen. Wohl hat es Regierungen gegeben, welche das Denunziantenthum und die Spionage gehegt und gepflegt haben, allein bisher hat es noch keine Regierung ge­*) In den Auszügen der liberalen Blätter heißt es aus hand­greiflichen Motiven gefälscht- Liberalismu 8.

geben, welche so zarisch gewesen wäre, dies öffentlich, im hellen Lichte des Tages zu thun.

Gerade in dieser Oeffentlichkeit der Spionage und des Denunzianten­thums, in dieser Abwesenheit jeglicher Schaam, liegt das Aus- und Kennzeichnende der Aera Bismarck. Freilich, diese Deffentlich­keit hat ihrerseits das Gute, daß sie dem Uebel seine Gefährlichkeit nimmt, wenigstens für Diejenigen, gegen die diese Infamieen gerichtet sind.

Jeder Sozialdemokrat, von dem die Behörden vermuthen, daß er Wahlagitation beabsichtige, wird auf Schritt und Tritt von einer Schaar ,, Geheimer" verfolgt, die indeß, abgesehen von gelegentlichen Durchsuch­ungen, Verhaftungen und sonstigen Schifanirungen und Belästigungen, die vortreffliche Eigenschaft haben, erstens: oft mehr Schaam zu besitzen, als die, von denen sie geschickt worden, und zweitens: das nicht zu be= merken, was sie eigentlich bemerken sollten. Ich könnte da eine Reihe der ergötzlichsten Dinge aus den jüngsten Tagen erzählen, es liegt jedoch nicht in unserem Interesse, den Feinden das Bewußtsein ihrer Dumm­heit beizubringen. Mit dem Bewußtsein der Dummheit kommt bekannt­lich die Herrschaft der Dummheit ins Wanken, und wir wollen den Fein­den keine Gefälligkeiten erweisen.

-

"

-

Unter unsern Gegnern wird die Konfusion um so größer, je näher die Wahlen heranrücken. Das blödsinnige Geschrei: Alles gegen die Sozialisten! ist rasch verstummt, und statt daß alle ,, Ordnungs­parteien" nach einheitlichem Plan auf die rothen Umstürzler" losschla gen, schlagen die verschiedenen Ordnungsparteien mit wahrhaft herzstär­kender Wuth auf einander los. Selbst bei der 1878er Wahl, wo die famose Sauhatz" inszenirt ward, wurde das liberale" Wild aller Schat­tirungen nicht so unbarmherzig gejagt wie jetzt. Wenn man die Po­lemik der liberalen Blätter einerseits und der konservativen( agrarischen, antisemitischen 2c.) andererseits betrachtet, so wird man unwillkürlich an den Fischmarkt erinnert: Die saftigsten Ausdrücke des Schimpflexikons Ausdrücke, wie man sie sonst, außer auf dem Fischmarkt, höchstens in den gemeinsten Spelunken zu hören erwartet, fliegen hier lustig hin und her, die kolossale Rohheit der sogenannten Ordnungsparteien drastisch bekundend. In diesen und jenen Wahlbezirken ist nach der famosen Maxime des Pack schlägt sich, Back verträgt sich" allerdings eine Koa­lition zu Stande gekommen, allein nur da, wo die verschiedenen Parteien nicht scharf getrennt sind und persönliche Eifersüchteleien ein Zusammen­gehen nicht verhindern. In den meisten Wahlkreisen sind die Koalitions­versuche gescheitert ein Beweis, daß das Geheul gegen die Sozial­demokratie zum großen Theil eine widerliche Komödie ist. Ein ergötz­liches Erempel ordnungsparteilicher Zerfahrenheit bietet u. A. der Leip­ ziger   Landkreis, der schon zweimal in den Händen der Sozial­demokratie war und bei der letzten Wahl nur durch die Koalition sämmt­licher Ordnungsparteien, unter dem Eindruck des Attentatsschreckens uns entrissen ward. Hier haben die Feinde seit mindestens vier Monaten lauter als irgend wo sonst das: Nieder mit den Sozialdemokraten!" ge­brüllt, die Nothwendigkeit einer Koalition aller Ordnungsparteien be­tont und siehe da, über die Kandidatenfrage sind sie einander so arg in die Haare gerathen, daß es schon wiederholt nahe daran war, urwüch­sige Prügel zu setzen. Der Bruch ist vollkommen. Die Fortschrittler und Sezessionisten wollen einen eigenen Kandidaten aufstellen, und die übrigen Reaktionäre haben sich in Ermangelung eines besseren entschlof­sen, in den saueren Apfel zu beißen und mit dem bisherigen Vertreter, dem unglücklichen-skopf"( Epitheton, das einer seiner Genossen im Reichstag   ihm vor Zeugen verliehen) Dietze- Bommsen, einer der lächerlichsten Figuren des an lächerlichen Figuren wahrhaftig nicht armen Reichstags, vorlieb zu nehmen. Herr Dietze hat auch, nachdem er mit seinem Arzte Rücksprache genommen( ob das Jasagen nicht eine zu große Gehirnanstrengung involvire) die Kandidatur gnädigst zu akzeptiren ge­ruht. Freilich, Muth hat der Mann, das muß man ihm lassen. So heldenhaft dem Fluch der Lächerlichkeit trotzen und einem grandiosen Durchfall entgegengehen, dazu gehören solide Nerven, wie sie nur ein vom Denken nicht angetränkeltes, mit solider Verdauungskraft begabtes Individuum besitzen kann. Honneur au courage malheureux! Hut ab vor der Kourage des Herrn Dieze- Bommsen! Aber auch Hut ab vor den braven Ordnungspolitikern, die uns durch Aufstellung dieser seltsamen Personnage, an deren Kopf nur der jeden Morgen vom Fri­seur sorgfältig präparirte Nackenscheitel bemerkenswerth ist, den Sieg so freundlich erleichtert haben. Also Diege contra Dieggen" wird der Wahl Schlachtruf im Leipziger   Landkreis lauten. Und der große Dietze wird von seinem Diminutivum luftig geflopft werden.

--

"

Bekanntlich leugnet die Fortschrittspartei, jemals den Ruf: Fort mit dem Reichsfanzler! erhoben zu haben. Das ist eine feige Lüge. In dem offiziellen Organ der Fortschrittspartei, der von Richter und Parifius redigirten fortschrittlichen Korrespondenz" wurde im Juli 1879( und ist in Nro  . 165 der Berliner ,, Volkszeitung" aus jenem Jahre abgedruckt) buchstäblich erklärt: Der Herr Reichskanzler Fürst Bismard muß fort von seinem Platz!" und in einer um die gleiche Zeit im Reichstag gehaltenen Rede, auf welche in der nämlichen Nummer der Korrespondenz" empfehlend und reklamenhaft Bezug ge­nommen wird, sagte Herr Eugen Richter   mit dürren Worten: Das geltende Regierungssystem muß aufhören, der Kanzler muß auf­hören zu regieren." Trotzdem läßt der tapfere Eugen Richter   keine Gelegenheit vorübergehen, ohne sich gegen die schändliche Verläumdung" der reaktionären Presse zu verwahren, daß er jemals die Absetzung des Reichskanzlers gefordert habe. Und da gibt es noch Köhlergläubige, welche die Oppositionsphrasen dieses jämmerlichen Falstaff für ernst nehmen!

Der Wahlkampf verläuft überall sehr gut; die Stimmung ist höchst günstig, das Mißvergnügen allgemein. Bismarck  , das muß man ihm lassen, hat mit viel Genialität für die rothen Umstürzler" gearbeitet. Und arbeitet fortwährend im Schweiß seines Angesichts für sie.

Sozialpolitische Rundschau.

-ml­

3ürich, 12. Oktober 1881.

Es mag vielfach in Deutschland   einiges Aufsehen gemacht haben, daß der deutsche Delegirte auf dem Weltkongreß sein Referat über die deutschen   Verhältnisse in französischer Sprache abgab. Es geschah dies aber erstens, nachdem alle nur deutschredenden Genossen sich damit ein verstanden erklärt hatten, und zweitens aus dem sehr einfachen Grunde, um defto ausführlicher zu den der deutschen Sprache nicht mächtigen Sozialisten sprechen zu können.

Es war absolut nothwendig, ein genaues Bild der deutschen   sozialistischen  Bewegung zu liefern, über welche im Ausland die wunderbarsten Vor­stellungen herrschten. Später gab übrigens Genosse Braun den deutsch­redenden Delegirten in einer privaten Sizung und in Anwesenheit eines der französischen   Sprache mächtigen Genoffen eine gedrängte Darstellung dessen, was er in französischer Sprache ausgeführt hatte.

- Eine treffliche Jllustration zu unserem heutigen Leit­artikel liefert die Frks. 3tg." in einer ihrer letzten Nummern. Mit frechem Zynismus streitet das volksparteiliche Blatt da den Kompromiß ab, zu dem sich im Jahre 1878 unsere Nürnberg  - Fürther   Genossen angesichts des bevorstehenden Ausnahmegesetzes von Herrn Sonne­mann verleiten ließen und das darin bestand, daß unsere Fürther   Ge­noffen für Herrn Sonnemann stimmten, während die Nürnberger   Volks­parteiler ihre Stimmen für Grillenberger abgeben sollten. Bei dieser Ableugnung entschlüpft der edlen Frankfurterin im Eifer das Geständniß, daß die Nürnberger   Volksparteiler doch nicht für Grillenberger gestimmt haben. Und das ist die uns angeblich nächststehende Partei!!

Es ergibt sich daraus die Nothwendigkeit für unsere Genossen, mit

teiner Partei irgendwelche Kompromisse abzu­schließen, da sie dabei doch nur über's Ohr gehauen würden.

1

Die edle deutsche Jugend, die vor Kurzem auf dem Kyffhäuser   zur Schmach Deutschlands   ein Fest der Reaktion und des Antisemismus feierte, kann nicht auf ihrem mittelalterlich- dumpfen faulen Stroh ruhig schlafen und hat eine Kyffhäuserzeitung gedruckt unter Redak­tion eines Dr. Richard Hamel in Rostock  . Die bisher erschienenen Nummern dieses moderduftenden Blattes hat der Redakteur, doch wohl im Einverständniß und im Sinne der bei Gründung dieses Blattes bethei­ligten reaktionären studirenden Jugend, dem Fürsten Bismarck eingesandt, der sich in längerem Schreiben für den in diesem Blatte wehenden patriotischen Geist bedankt, dessen Pflege sich die deutsche Jugend unter Ihrem Wahlspruche( Juden hetze für Kaiser, Kanzler und Reich) angelegen sein läßt und welcher der schönste Ausdruck unserer gemeinsamen Bestrebungen ist".

Dieser Wahlspruch: Für Kaiser, Kanzler und Reich könnte aber Lehmann, der in solchen Dingen keinen Spaß versteht, verschnupfen- dachte der Schöpfer des deutschen Reiches, und bescheiden" schrieb er seinen tapferen Myrmidonen zurück: ,, Laßt mich aus dem Spiel, Kinder, wenn Ihr sagt: Für Kaiser, so bin ich auch dabei als treuester Diener Sr. Majestät-- und der olle Willem muß ja doch nach meiner Pfeife tanzen!

-

-

Begeistert druckt Dr. Hammel diesen Brief ab, begeistert trällen seine Mithammel: Hoch Kaiser und Reich! Der Arbeiter aber sieht dem ganzen Treiben ruhig zu und denkt sich: Jedes Thierchen hat sein Plä­firchen, ein Glück nur, daß Hammel keine Nachzucht ziehen!

-

So ist's recht, immer auf Posten. In Barmen ha­ben unsere Genossen, denen die Abhaltung einer eigenen Versammlung verboten war, am 3. Okt. dem konservativen Bauernfänger Julius Schulze, der für den Herrn Adolf Wagner ins Geschirr gehen wollte, das Handwerk gründlich gelegt. Nachdem die Herren Volksbeglücker dem Kandidaten der Arbeiter, M. Oppenheimer, das Wort verweigert hatten, verzichteten die massenhaft anwesenden Arbeiter auch auf den Vortrag des Herrn Schulze. Hierauf Schluß der Versammlung, und kräftig ertönte die Marseillaise durch den Saal. Dazwischen, berichtet Stöcker's ,, Reichs­bote", wurden verschiedene Versuche, Hochs auf den Kaiser auszubringen, immer wieder durch betäubende Hochrufe auf Moses Oppenheimer unter brochen", und augenverdrehend jammert das edle Blatt: Pfui über solche ,, deutsche Arbeiter!" Wir aber sagen: Ein Bravo solchen deutschen  Arbeitern, die sich nicht durch Phrasen fangen laffen, sondern Thaten sehen wollen, die nicht um Gnade flehen, sondern ihr Recht verlangen und ihre Stimmen nicht einem Manne geben, der da bittet, sondern einem der fordert.

-

Wie in Barmen, Elberfeld  , so überall im Reich sind unsere wackeren Genossen auf dem Platze, wo immer es nur gilt und möglich ist, die Fahne des Proletariats zu entfalten. Daß sie sich dabei durch keine Rück sichten auf die Gegner, noch durch die Auflösungsgelüfte übereifriger Polizeiseelen bestimmen lassen, ist nicht nur selbstverständlich, sondern so­gar ihre Pflicht. Es muß den deutschen   Spießbürgern immer wieder gezeigt werden, was es heißt, von der Gnade der Polizei abhängen! So hat es uns ganz besonders gefreut, daß in Altenburg   unser Genosse Hadlich trotz der Drohung" des Polizisten, er werde die Versammlung auflösen, wenn ein Ausgewiesener auch nur ums Wort bitte, das Wort verlangt und dadurch den Schluß der Versammlung herbeigeführt hat. Aehnlich sind unsere Genossen in Hanau   c. vorgegangen. In Chem­nit gelang es unserem Genossen Kayser, dem liberalen Kandidaten Roth unter dem großen Beifall der Arbeiter ordentlich heimzuleuchten, und als ein schlichter Arbeiter hierauf Hrn. Roth der Wortbrüchigkeit überwies, da zeigte es sich, daß die Chemnitzer   Arbeiter noch treu zur Fahne stehen, unter der sie schon so ruhmreiche Siege erfochten. Ferner wollen wir nicht unterlassen, im Parteiorgan der glänzend besuchten Cigarrenarbeiter­Versammlung in Bremen   zu erwähnen, in der unser Genosse Blos das Märchen vom Segen" des Bismarck  'schen Tabaksmonopols un­barmherzig seines lügnerischen Flittergoldes entkleidete und in welcher dann die Kandidatur des Genossen Frick mit unbeschreiblichem Jubel proklamirt wurde. Der bayerischen Polizei, die mit ganz besonderer Angst und sprichwörtlicher Schlauheit darüber wacht, daß keine umstürz lerische Versammlung stattfinde und kein Umstürzler in einer Versamm­lung spreche, haben unsere Genossen in Nürnberg Fürth einen lufti­gen Streich gespielt. Als nämlich der Kandidat der volk sparteilich- fort­schrittlich nationalliberalen Mischmaschpartei, der Hr. v. Stauffenberg, seine Kandidatenrede halten wollte, verbreitete sich urplötzlich das Gerücht, die Sozialdemokraten wollten unter Leitung ihrer Haupträdelsführer Lö­wenstein und Grillenberger die Versammlung sprengen. Infolgedessen Massenaufgebot bis zum letzten Gensdarm zum Schutz des bedrohten Mischmasch und 450 rothe Buben" beriethen an sicherer Stelle un­belauscht ihre umstürzlerischen Pläne.

-

N

Die Bismärder sans phrase machen Riesenanstrengungen, um in Berlin   bei den Wahlen einen Erfolg zu erzielen. Auf die Macht ihrer Argumente setzen sie allerdings kein großes Vertrauen mehr, nach­dem infolge des muthigen Auftretens unserer braven Genossen im sechsten Wahlkreis ihr Anhang bedeutend zusammengeschmolzen ist.

Jetzt wollen sie es daher mit klingenden Argumenten versuchen und die Arbeiter für Bismarck's Projekte wenn nicht überzeugen, so doch faufen. Zum 18. Oktober, dem Jahrestag der Schlacht bei Leipzig  , und dem Geburtstag unseres Fritz", haben die Herren sämmtliche größeren Sääle Berlins  , über 50 an der Zahl, gemiethet, in denen das ,, Volk von Berlin  " durch lebende Bilder unterhalten, mit Freibier und Frei­tabak gestärkt und mit unvermeidlichen konservativen Reden von dem Wohlwollen dieser Voltsbeglücker überzeugt werden soll. Nun wir hoffen, daß unsere Parteigenoffen sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen werden, ihre Wahlorganisation auf Kosten und in den Versammlungen der Herren Konservativen abzuschließen. Weiter hat dieser höhere Bauernfang doch teinen Zwed. Das Proletariat kaufen! Auf eine so alberne Idee können nur Ignoranten von der Sorte eines Stöcker, Schulze, Meier, Lieber­mann und wie die Berliner   Kandidaten alle heißen, verfallen, Leute, die keine Ahnung davon haben, welcher Unterschied zwischen dem Proletariat der modernen Gesellschaft und dem römischen Proletariat besteht, ein Unterschied, den Marr mit den treffenden Worten bezeichnete: In Rom  lebte das Proletariat auf Kosten der Gesellschaft, heute lebt die Gesell­schaft auf Kosten des Proletariats! Man kann daher auch heute das Proletariat nur über seine Interessen täuschen, durch allerlei Intriguen felbft zeitweilig spalten, aber sobald es seine Interessen einmal erkannt hat, nun und nimmermehr kaufen! Und deshalb nur zu, ihr Herren Hoflieferanten und ähnliches Geschmeiß, wir lachen über eure krampfhaften Bocksprünge!

Ein günstiges Omen. In Gera   erhielt unser Genosse Brätter bei der Wahl zum reußischen Landtag gegen seinen fortschrittlichen Gegner mit 176 gegen 175 Stimmen die Oberhand.

M

In den Wahlkreisen Sora u Forst und Cottbus- Sprem= berg ist Genosse A. Zisowski in Forst Kandidat der Sozial­demokratie.

In Köln   blüht die Aera der Haussuchungen, wobei die Spiir­hunde so schlau sind, immer wieder bei denselben Leuten zu suchen, natürlich auch nur mit demselben Resultat. Mit langer Nase rücken sie ein, mit langer Nase ziehen sie ab!

Auch ein Jubiläum. Ein Parteigenosse in Augsburg  hatte am letzten Sonntag die 18. Haussuchung seit Jahresfrist. Sag', Deutschland  , was willst du noch mehr?